[1.6.2017] Mainova-Chef Constantin H. Alsheimer kritisiert die „Doktrin der stromgeführten Energiewende“ des Bundeswirtschaftsministeriums und fordert mehr Wettbewerb bei der Erzeugung.
Auf der gestrigen (31. Mai 2017) Hauptversammlung des Frankfurter Versorgers Mainova kritisierte der Vorstandsvorsitzende Constantin H. Alsheimer die Energiepolitik der Bundesregierung deutlich. Insbesondere die vom Bundesministerium für Wirtschaft ausgegebene „Doktrin der stromgeführten Energiewende“ gefährde den Erfolg beim Umbau des Energiesystems. Alsheimer sagte vor den Aktionären: „Der Energieträger Gas und die Gas-Infrastruktur haben in dieser Vorstellung keinen Platz mehr. Dass mit dieser Grundhaltung bestimmte Technologien von vorneherein verworfen werden, wird in Kauf genommen. Das ist das Gegenteil von Technologieoffenheit.“ Lösungsansätze wie Power-to-Gas und die Rückverstromung des gespeicherten grünen Gases würden ins Abseits gestellt, ohne dass eine ähnlich großvolumige Speicherlösung auch nur am Horizont erschiene. Dabei sei der Energieträger Gas – ob Erdgas oder erneuerbares Gas – ein wichtiger Schlüssel zum Erreichen der deutschen Klimaschutzziele, gab sich Alsheimer überzeugt.
Gefährung dezentraler KWK-Anlagen
Die Doktrin der stromgeführten Energiewende impliziere auch eine Absage an verbrauchernahe Lösungen. Die Wirtschaftlichkeit dezentraler Erzeugung mittels hocheffizienter Kraftwärme-Kopplung (KWK) werde derzeit durch das Vorhaben in Frage gestellt, die vermiedenen Netznutzungsentgelte für KWK-Anlagen abzuschaffen. Alsheimer konstatierte: „Derzeit wird gezielt Strukturpolitik gegen die Betreiber von dezentraler Erzeugung mittels KWK-Anlagen und Verteilnetzbetreiber gemacht.“
Hingegen würden die vier Übertragungsnetzbetreiber systematisch gestärkt. Beim Netzausbau setzten Bundeswirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur ausschließlich auf den Ausbau der Übertragungsnetze. „Mögliche Alternativen zum alleinigen Ausbau der Stromautobahnen werden gar nicht erst erwogen“, kritisierte Alsheimer. Der ungeheure Ausbaubedarf beim Stromnetz, der durch einen ausschließlichen Wechsel von Gas auf Strom im Wärmesektor entstehen würde, wird offenbar nicht gesehen: Allein für das Frankfurter Stromverteilnetz sei – unter optimistischen Annahmen – überschlägig von Investitionskosten in Höhe von drei bis vier Milliarden Euro auszugehen. Alsheimer: „Insbesondere lässt man die Möglichkeit außer Acht, durch die intelligente Verknüpfung von Erzeugung, Speicherung und Verbrauch in einem regionalen Rahmen auf Basis eines Ausbaus von Stromschnellstraßen der Hochspannungsebene die Stromautobahnen des Übertragungsnetzes zu entlasten und so den Netzausbaubedarf insgesamt zu minimieren.“
Neues Oligopol der Übertragungsnetzbetreiber
Alsheimer forderte zudem mehr Wettbewerb bei der Energieerzeugung. „Der Wettbewerb im Vertrieb hat für den Verbraucher zu Wahlfreiheit und tendenziell zu niedrigeren Preisen geführt“, betonte er. Anders bei der Erzeugung: „Wenn marktwirtschaftliche Prinzipien im Erzeugungsbereich auch weiterhin höchstens halbherzig angewendet, ja sogar konterkariert werden, hat das negative Konsequenzen.“ Beispiel dafür sei „das neue Oligopol“ der Übertragungsnetzbetreiber. Ihnen habe der Gesetzgeber das Recht eingeräumt, eigene Erzeugungsanlagen zu errichten und zu betreiben, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Alsheimer: „Das Problem dabei ist, dass Netzbetreiber typischerweise keine Kraftwerke errichten und betreiben. Es gibt andere Unternehmen, die dies zu Marktbedingungen und nicht im regulierten Kontext tun. Diejenigen allerdings, die am Markt Kraftwerke betreiben, kommen nicht zum Zuge. Die Übertragungsnetzbetreiber müssen diese Investitionen noch nicht einmal ausschreiben. Vielmehr bekommen sie dafür – vom Stromkunden bezahlt – eine staatlich garantierte Rendite.“
Dagegen plädierte Alsheimer dafür, die Herausforderungen der Energiewende so weit wie möglich durch den Markt und im Wettbewerb zu lösen. In diesem Zusammenhang forderte Alsheimer, dass die relevanten Entscheidungsträger sich konsequenter an die von ihnen selbst im Energiewirtschaftsgesetz formulierten Grundsätze halten. Dort heiße es, wettbewerbliche Marktmechanismen sollten die Grundlage der Stromerzeugung bilden.
(al)
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