[21.8.2014] Sonderkennzeichen, reservierte Parkplätze sowie eine Nutzung der Busspur – der Entwurf zum Elektromobilitätsgesetz (EmoG) sieht einen ganzen Privilegienkatalog für Elektrofahrzeuge vor. Für Umwelt- und Energieverbände gehen die geplanten Regelungen dennoch nicht weit genug.
Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, sollen ab Februar 2015 Sonderrechte für Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr gelten. Der Entwurf zum Elektromobilitätsgesetz (EmoG) sieht unter anderem ein Sonderkennzeichen für begünstigte Fahrzeuge, reservierte Parkplätze sowie eine Nutzung der Busspur vor. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) zeigt sich über das geplante Gesetzesvorhaben erfreut: „Das Elektromobilitätsgesetz könnte für die deutsche Verkehrspolitik das werden, was das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Anfang der 2000er-Jahre für den Strommarkt erreicht hat – ein Paradigmenwechsel, der Schritt für Schritt an Fahrt gewinnen wird“, sagt BEE-Geschäftsführer Hermann Falk. Der Entwurf sei jedoch zu einseitig auf den Automobilbereich beschränkt. Regelungen für elektrische Zweiräder und Leichtkraftfahrzeuge wie S-Pedelecs und Elektro-Roller mit einer Spitzengeschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde würden noch fehlen. Zudem kritisiert der BEE, dass auch schwere Plug-in-Hybride privilegiert werden sollen. „Mit einer rein elektrischen Reichweite von 50 Kilometern könnten die meisten Nutzer ihre Mobilitätsbedürfnisse abdecken und auf den Verbrennungsmotor verzichten“, sagt Thomic Ruschmeyer, BEE-Vorstandsmitglied. „Das Gesetz soll nun aber schon für Fahrzeuge mit nur 30 Kilometer Reichweite gelten.“ In den Genuss der Privilegien kämen damit auch Fahrer großer Autos, die den Elektroantrieb nur beim Anfahren und weniger wegen der Emissionsfreiheit verwenden. Den Vorschlag, die Busspur für Elektroautos freizugeben, wertet der BEE als zwiespältig. „Für Bus und Krankenwagen sieht jeder eine Bevorrechtigung ein“, so Ruschmeyer. „Wenn nun aber hybride SUVs rechts an der Mehrheit vorbeifahren dürfen, wird damit der Akzeptanz der Elektromobilität ein Bärendienst erwiesen.“ Der Verband fordert außerdem den Aufbau einer flächendeckenden und diskriminierungsfreien Schnellladeinfrastruktur mit Grünstrom. Dies würde neben den vorgesehenen Fördermaßnahmen zu einer schnelleren Verbreitung von Elektroautos führen, so der BEE.
Gesetz ohne ökologische Ausrichtung
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält den Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) für unausgereift und fordert Nachbesserungen. „Dem Gesetz fehlt die umweltpolitische Ausrichtung“, sagt BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg. „Die geplante Privilegierung bestimmter Fahrzeuggruppen leistet keinen Beitrag zur Lösung der Verkehrsprobleme.“ Eine Bevorzugung von Elektroautos müsse dabei helfen, den Verkehr in den Städten zu verringern und CO2-Emissionen zu vermeiden. „Wenn das nicht der Fall ist, bringen Privilegien mehr Nach- als Vorteile“, so Hilgenberg. Radfahrer würden im Straßenverkehr gefährdet, wenn plötzlich Busspuren für Hybrid- und Elektrofahrzeuge freigegeben würden. Zudem fehlen laut BUND im Gesetzentwurf jedwede Vorgaben zum Höchstgewicht der Autos sowie Kriterien für die Antriebsenergien Strom und Wasserstoff. Das geplante Gesetz sei daher vor allem als ein Staatsprogramm zum Erwerb von Elektro- und Hybridautos zu betrachten, meint Hilgenberg. Den Autoherstellern gehe es primär darum, die künftig geltenden CO2-Grenzwerte zu erreichen. „Jedes zusätzlich verkaufte Hybrid-, Wasserstoff- oder reine Elektrofahrzeug ermöglicht den Herstellern deutscher Nobelkarossen, auch in Zukunft viel zu viele übermotorisierte Fahrzeuge zu produzieren“, erklärt Hilgenberg. Viel wichtiger sei es, strengere Verbrauchsvorgaben für sämtliche Neufahrzeuge einzuführen und mehr Anreize zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu schaffen.
(ma)
Zur Stellungnahme des BEE zum Elektromobilitätsgesetz (PDF, 356 KB) (Deep Link)
Zur Stellungnahme des BUND zum Elektromobilitätsgesetz (PDF, 844 KB) (Deep Link)
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