Dienstag, 23. April 2024
Sie befinden sich hier: Startseite > Themen > Politik > Viel Luft nach oben

Elektromobilitätsgesetz:
Viel Luft nach oben


[21.8.2014] Sonderkennzeichen, reservierte Parkplätze sowie eine Nutzung der Busspur – der Entwurf zum Elektromobilitätsgesetz (EmoG) sieht einen ganzen Privilegienkatalog für Elektrofahrzeuge vor. Für Umwelt- und Energieverbände gehen die geplanten Regelungen dennoch nicht weit genug.

Elektrofahrzeuge sollen künftig auch die Busspur mitbenutzen dürfen. Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, sollen ab Februar 2015 Sonderrechte für Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr gelten. Der Entwurf zum Elektromobilitätsgesetz (EmoG) sieht unter anderem ein Sonderkennzeichen für begünstigte Fahrzeuge, reservierte Parkplätze sowie eine Nutzung der Busspur vor. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) zeigt sich über das geplante Gesetzesvorhaben erfreut: „Das Elektromobilitätsgesetz könnte für die deutsche Verkehrspolitik das werden, was das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Anfang der 2000er-Jahre für den Strommarkt erreicht hat – ein Paradigmenwechsel, der Schritt für Schritt an Fahrt gewinnen wird“, sagt BEE-Geschäftsführer Hermann Falk. Der Entwurf sei jedoch zu einseitig auf den Automobilbereich beschränkt. Regelungen für elektrische Zweiräder und Leichtkraftfahrzeuge wie S-Pedelecs und Elektro-Roller mit einer Spitzengeschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde würden noch fehlen. Zudem kritisiert der BEE, dass auch schwere Plug-in-Hybride privilegiert werden sollen. „Mit einer rein elektrischen Reichweite von 50 Kilometern könnten die meisten Nutzer ihre Mobilitätsbedürfnisse abdecken und auf den Verbrennungsmotor verzichten“, sagt Thomic Ruschmeyer, BEE-Vorstandsmitglied. „Das Gesetz soll nun aber schon für Fahrzeuge mit nur 30 Kilometer Reichweite gelten.“ In den Genuss der Privilegien kämen damit auch Fahrer großer Autos, die den Elektroantrieb nur beim Anfahren und weniger wegen der Emissionsfreiheit verwenden. Den Vorschlag, die Busspur für Elektroautos freizugeben, wertet der BEE als zwiespältig. „Für Bus und Krankenwagen sieht jeder eine Bevorrechtigung ein“, so Ruschmeyer. „Wenn nun aber hybride SUVs rechts an der Mehrheit vorbeifahren dürfen, wird damit der Akzeptanz der Elektromobilität ein Bärendienst erwiesen.“ Der Verband fordert außerdem den Aufbau einer flächendeckenden und diskriminierungsfreien Schnellladeinfrastruktur mit Grünstrom. Dies würde neben den vorgesehenen Fördermaßnahmen zu einer schnelleren Verbreitung von Elektroautos führen, so der BEE.

Gesetz ohne ökologische Ausrichtung

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält den Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) für unausgereift und fordert Nachbesserungen. „Dem Gesetz fehlt die umweltpolitische Ausrichtung“, sagt BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg. „Die geplante Privilegierung bestimmter Fahrzeuggruppen leistet keinen Beitrag zur Lösung der Verkehrsprobleme.“ Eine Bevorzugung von Elektroautos müsse dabei helfen, den Verkehr in den Städten zu verringern und CO2-Emissionen zu vermeiden. „Wenn das nicht der Fall ist, bringen Privilegien mehr Nach- als Vorteile“, so Hilgenberg. Radfahrer würden im Straßenverkehr gefährdet, wenn plötzlich Busspuren für Hybrid- und Elektrofahrzeuge freigegeben würden. Zudem fehlen laut BUND im Gesetzentwurf jedwede Vorgaben zum Höchstgewicht der Autos sowie Kriterien für die Antriebsenergien Strom und Wasserstoff. Das geplante Gesetz sei daher vor allem als ein Staatsprogramm zum Erwerb von Elektro- und Hybridautos zu betrachten, meint Hilgenberg. Den Autoherstellern gehe es primär darum, die künftig geltenden CO2-Grenzwerte zu erreichen. „Jedes zusätzlich verkaufte Hybrid-, Wasserstoff- oder reine Elektrofahrzeug ermöglicht den Herstellern deutscher Nobelkarossen, auch in Zukunft viel zu viele übermotorisierte Fahrzeuge zu produzieren“, erklärt Hilgenberg. Viel wichtiger sei es, strengere Verbrauchsvorgaben für sämtliche Neufahrzeuge einzuführen und mehr Anreize zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu schaffen. (ma)

Zur Stellungnahme des BEE zum Elektromobilitätsgesetz (PDF, 356 KB) (Deep Link)
Zur Stellungnahme des BUND zum Elektromobilitätsgesetz (PDF, 844 KB) (Deep Link)

Stichwörter: Politik, Elektromobilität, BEE, BUND

Bildquelle: romelia / pixelio

Druckversion    PDF     Link mailen


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Politik

Sachsen-Anhalt: Neues Beteiligungsgesetz
[23.4.2024] In Sachsen-Anhalt hat das Kabinett ein Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz zugunsten des Ausbaus erneuerbarer Energien beschlossen. Vor allem für Kommunen und unmittelbar betroffene Anwohner soll sich der Neubau oder das Repowering entsprechender Anlagen finanziell auszahlen. mehr...
Sachsen-Anhalt bringt ein Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz auf den Weg, das Kommunen unbürokratisch am Ausbau erneuerbarer Energien beteiligen soll.
BEE/VKU: Stellungnahme zum Solarpaket I
[18.4.2024] Der BEE und der VKU haben sich jetzt zum Solarpaket I geäußert, auf den sich am 15. April die Bundestagsfraktion von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP geeinigt haben. Zwar begrüßen beide Verbände die Einigung, mahnten aber auch ein schnelleres Ausbautempo für erneuerbare Energien an. mehr...
Schleswig-Holstein: Bürgschaftsprogramm für Wärmenetze
[15.4.2024] In Schleswig-Holstein startet heute das Bürgschaftsprogramm Wärmenetze. Dabei übernimmt das Land Bürgschaften und Garantien von bis zu zwei Milliarden Euro für Investitionen in Wärmenetze. mehr...
BEE: 100 GW flexible Leistung möglich
[19.3.2024] Der BEE fordert in einem Grundsatzpapier, die Potenziale erneuerbarer Energien umfassend zu nutzen, um die Versorgung verlässlich zu sichern. Dafür seien 100 GW zusätzliche flexible erneuerbare Leistung möglich und nötig. mehr...
100 GW zusätzliche flexible erneuerbare Leistung sind in einem reformierten Strommarkt möglich.
AGEE-Stat: Erneuerbare auf Rekordkurs
[12.3.2024] Im vergangenen Jahr überholte die Windenergie erstmals die Kohleverstromung. Nach einer aktuellen Analyse der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik stieg der Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Stromverbrauch auf den Rekordwert von fast 52 Prozent. mehr...

Suchen...

 Anzeige

 Anzeige



Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
VIVAVIS AG
76275 Ettlingen
VIVAVIS AG
ITC AG
01067 Dresden
ITC AG
VOLTARIS GmbH
67133 Maxdorf
VOLTARIS GmbH

Aktuelle Meldungen