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Donnerstag, 28. März 2024

Smart Metering:
Gateway-Administration im Jahr 2030


[18.5.2018] Bis zum Jahr 2021 läuft die erste Roll-out-Phase der Gateway-Administration 2030. Wie es danach weitergeht ist noch ungewiss. Michał Sobótka, Geschäftsführer des Berliner Full-Service-Anbieters GWAdriga, wagt im stadt+werk-Interview einen Blick in die Zukunft.

Dr. Michał Sobótka, Geschäftsführer der GWAdriga GmbH & Co. KG. Herr Sobótka, wir schreiben das Jahr 2030: Wird es die Rolle der Gateway-Administration dann überhaupt noch geben oder läuft alles über die Blockchain?

Die Blockchain ist eine interessante Technologie. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass die Clearing-Funktion zwischen Erzeugern und Verbrauchern von der Blockchain übernommen wird. Hierdurch würde der Handel auch von kleinen Strommengen Peer-to-Peer und ohne dazwischengeschalteten Akteur möglich – sogar mit einem transparenten Herkunftsnachweis. Der Gateway-Administrator hingegen kümmert sich um die Kopplung der digitalen mit der physischen Welt über das Smart Meter Gateway. Er überwacht den Zugriff auf das Gateway und damit kritische Prozesse wie die Messwertübertragung oder das Schalten von Anlagen. Diese Aktivitäten werden vermutlich auch künftig nicht von einer Blockchain ersetzt werden können. Meine Prognose ist, dass der Gateway-Administrator auch im Jahr 2030 der Wächter über das Gateway sein wird, er sich jedoch zur Aufgabenumsetzung gegebenenfalls und teilweise auch der Blockchain-Technologie bedient.

Smart Meter Gateways werden heute in erster Linie mit der Sparte Strom in Verbindung gebracht. Doch das Gateway kann ja noch viel mehr…

Der Gesetzgeber hat das Smart Meter Gateway von vornherein als eine Kernkomponente für die Digitalisierung angelegt – nicht nur für die Energiewirtschaft. Denn es bietet eine hochsichere Schnittstelle zum Kunden, über die zahlreiche Dienste abgewickelt werden können. Das beginnt beim Smart Metering und erstreckt sich über Flexibilitätsmaßnahmen, wie etwa die Steuerung dezentraler Erzeuger und Verbraucher oder die Integration von Smart Home and Building sowie Elektromobilität, bis hin zu ganz neuen Smart Services etwa im Gesundheitsbereich.

Welche Chancen eröffnen sich dabei für die Stadtwerke?

Stadtwerke definieren den Begriff der Daseinsvorsorge, der sich bislang auf ihre Versorgungsaufgabe beschränkte, zunehmend global. Unter dem Begriff Smart City werden Lösungen entwickelt, die dem Bürger umfassende, sektorenübergreifende Angebote machen. Energie, Wohnen, Verkehr und Umwelt verschmelzen miteinander. Bereits heute gibt es Projekte, die den Wohnungsbau mit EEG-Anlagen, dezentralen Erzeugungskonzepten und Elektromobilität kombinieren. In der Smart City kommt eine Vielzahl von Sensoren hinzu, etwa um den Verkehrsfluss zu analysieren oder ein effizientes Parkraum-Management zu ermöglichen. Im Jahr 2030 werden solche Dienste selbstverständlich sein. Ununterbrochen werden dann Millionen von Informationen erfasst und ausgetauscht. All das muss solide und ausfallsicher geschehen und vor externer Manipulation geschützt sein. Die Gateway-Technologie kann dabei eine zentrale Rolle spielen. Insbesondere aufgrund der hohen Sicherheitsstandards, die heute, im Kontext der reinen Messwertübertragung, oftmals als übertrieben und typisch deutsch gewertet werden. In einer vernetzten Welt, wie wir sie im Jahr 2030 sehen werden, wird dieser Sicherheitsstandard Garant für die erforderliche Zuverlässigkeit der Systeme sein.

Welche Rolle wird das Unternehmen GWAdriga in dieser Energiewelt spielen?

Wir sind und bleiben der vertrauenswürdige Gatekeeper für alle sensiblen und kritischen Daten, die über das Gateway ausgetauscht werden. Darüber hinaus sehen wir uns aber auch als Service-Partner und Enabler, wenn es um datenbasierte Mehrwertdienste geht, mit denen Stadtwerke neue Geschäftsfelder aufbauen können. Unser Messdaten-Management-System bildet eine Basis, die wir künftig an neue Applikationen anbinden werden, die ganz unterschiedliche Bedürfnisse unserer Kunden befriedigen können: Ob günstigeres, schnelleres Laden von Elektroautos, Komfortsteigerung in Privathaushalten, Optimierung der Mieterwechselprozesse in der Wohnungswirtschaft oder Steigerung der Energieeffizienz in Filialbetrieben.

„Stadtwerke definieren den Begriff der Daseinsvorsorge zunehmend global.”


Heute steht noch der grundzuständige Messstellenbetrieb im Fokus. Wie wird sich das in den kommenden Jahren entwickeln?

Ich gehe davon aus, dass die Zahl der wettbewerblichen Messstellen die Zahl der grundzuständigen schon gegen Ende des Pflicht-Roll-outs deutlich übersteigen wird. Bereits jetzt sehen wir, dass viele Stadtwerke die Rolle des wettbewerblichen Messstellenbetreibers (wMSB) ausbilden, auch wenn sich dahinter oft noch wenige konkrete Angebote verbergen. Mehr und mehr Vertriebe steigen in den wMSB ein, die diesen Zugang als Instrument zur Kundengewinnung und -bindung besetzen wollen. Für diese Akteure werden wir künftig die wMSB-Prozesse sozusagen hinter dem Vorhang organisieren und abwickeln, bis hin zur Logistik und Installation, die wir über Partner abbilden. Neben den wettbewerblichen Messstellenbetreibern suchen insbesondere die Wohnungswirtschaft und Betreiber von Gewerbeimmobilien nach Lösungen, die ein modernes Gebäude- und Energie-Management ermöglichen. Dazu gehören zum Beispiel das Energie-Monitoring sowie eine intelligente Wärme-, Klima- und Lichtsteuerung. Das Gateway wird hier die zuverlässige Schnittstelle sein, die einen reibungslosen Betrieb und eine sichere Steuerung gewährleistet. Genau aus diesem Grund haben wir inzwischen einen Full-Service für das Mehrsparten-Metering aufgebaut und digitale Zähler für Gas, Wasser und Wärme in die Prozesse integriert. Aber auch für die Umsetzung von Mieterstrom- und Eigenversorgungsmodellen sowie die wachsende Zahl von IoT-Anwendungen kann das Gateway eingesetzt werden.

Wer oder was sind die Treiber dieser Entwicklung?

Ein ganz wichtiger Treiber war und ist der Gesetzgeber. Rechtliche Vorgaben wie das Messstellenbetriebsgesetz sind aber auch eine Starthilfe für neue Geschäftsmodelle. Deren wahrer Erfolg setzt allerdings erst ein, wenn die Kunden den Mehrwert für sich entdeckt haben. Ab diesem Zeitpunkt wird sich die treibende Kraft vom Gesetzgeber auf den Kunden verschieben, und erfolgreiche Unternehmen werden ihre Aktivitäten vermehrt am Kundenwunsch ausrichten – so wie es in vielen anderen Branchen längst üblich ist.

Interview: Alexander Schaeff

Sobótka, Michał
Dr. Michał Sobótka studierte Elektrotechnik. 2008 wurde er Projektleiter Konzernentwicklung der EWE AG, ab 2012 war er Leiter des Büros der Geschäftsführung der EWE NETZ GmbH. Seit 2016 ist er Geschäftsführer der GWAdriga GmbH & Co. KG.

http://www.gwadriga.de
Das Interview ist in der April-Sonderausgabe 2018 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Smart Metering, GWAdriga,

Bildquelle: Thomas Koehler/photothek.net

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