[11.10.2018] Der Hamburger Senat beabsichtigt den vollständigen Rückkauf des Fernwärmenetzes vom bisherigen Energieversorger Vattenfall. Der Entscheidung waren intensive rechtliche, technische und wirtschaftliche Prüfungen vorausgegangen.
Im Jahr 2013 haben die Bürger der Freien und Hansestadt Hamburg in einem Volksentscheid mehrheitlich für den Rückkauf des Strom-, Gas- und Fernwärmenetzes von Energieversorger Vattenfall gestimmt (
wir berichteten). Der Hamburger Senat beabsichtigt nun nach eigenen Angaben, die mit Vattenfall vertraglich vereinbarte Option zum vollständigen Rückkauf des Fernwärmenetzes fristgerecht auszuüben. Eine entsprechende Senatsdrucksache werde derzeit vorbereitet.
„Wir haben in den vergangenen Monaten unterschiedliche Szenarien zur Umsetzung des Volksentscheids in rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht geprüft und dazu konstruktive Gespräche mit Vattenfall geführt“, erklärt Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher. „Die Ausübung der 2014 mit Vattenfall vereinbarten Option zur vollständigen Übernahme der Fernwärmegesellschaft zum 1. Januar 2019 hat sich als die beste Lösung erwiesen, um im Zusammenwirken mit den anderen städtischen Unternehmen eine klimaschonende Fernwärmeversorgung aufzubauen, stabile Preise für die Kunden sicherzustellen und das Fernwärmenetz zeitnah und sicher in die öffentliche Hand zu übernehmen.“
Nachdem ein standardisiertes Wertgutachten im Auftrag der Hamburgischen Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement (HGV) den Wert des Fernwärmenetzes im Frühjahr dieses Jahres auf rund 645 Millionen Euro taxiert hatte (
wir berichteten), war laut der Senatsverwaltung unter anderem zu prüfen, inwieweit die Landeshaushaltsordnung bei den gegebenen Bedingungen das Ziehen der Kaufoption verbietet oder maßgebliche andere rechtliche Vorgaben zu beachten sind. Die noch final in der Auswertung befindlichen Gutachten hätten die rechtlichen Fragen soweit geklärt, dass von einer Zulässigkeit der Ausübung der Call Option ausgegangen werden könne.
Wie der Senat weiter mitteilt, haben die Hamburger Umweltbehörde und Vattenfall in den vergangenen Monaten darüber hinaus ein technisches Konzept erstellt, das einen schrittweisen Kohleausstieg bei der Fernwärmeversorgung ermöglicht und keine Preissteigerungen begründet, die über die allgemeine Entwicklung im Energiemarkt hinausgehen. Damit werde dem Volksentscheid Rechnung getragen, die Fernwärmeversorgung in Hamburg klima- und sozialverträglich weiterzuentwickeln.
„Wir fühlen uns der Umsetzung des Volksentscheids von 2013 verpflichtet. Genau wie beim Strom- und Gasnetz ging und geht es bei der Fernwärme darum, einen rechtlich sicheren, wirtschaftlich tragfähigen und technisch machbaren Weg hierfür zu finden“, betont Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel. „Nun haben wir eine sachgerechte Entscheidungsgrundlage, die wir selbstverständlich nach dem Senatsbeschluss auch der Bürgerschaft transparent machen werden.“ Anders als bei den Strom- und Gasnetzen gehe es im Bereich Fernwärme aber nicht nur um einen reinen Anteilserwerb, sondern auch um die Erneuerung der Erzeugungsanlagen. Dressel: „Vor diesem Hintergrund war es auch richtig, auszuloten, ob gemeinsam mit dem bisherigen Mehrheitseigentümer Vattenfall eine einvernehmliche Kooperation im Sinne des Volkentscheids möglich gewesen wäre – die Verhandlungsfortschritte für ein Konsensmodell waren zwar beachtlich, im Sinne des Volksentscheids aber nicht ausreichend. Insofern ist die Ausübung der Kaufoption wahrlich keine leichtfertige, aber eine umfassend abgewogene Entscheidung.“ Die Umsetzung werde zwar nicht einfach, die Freie und Hansestadt sehe sich aber durch die zahlreichen Gutachten und Prüfungen gut auf diese Aufgabe vorbereitet.
Vattenfalls Deutschland-Chef Tuomo Hatakka kommentiert: „Wir machen keinen Hehl daraus, dass wir gern gemeinsam mit der Stadt am Umbau des Fernwärmesystems hin zu umweltverträglicher Wärmeerzeugung und zunehmender Integration erneuerbarer Energien weitergearbeitet hätten. Wir respektieren die Entscheidung und werden alles tun, um einen reibungslosen Übergang des Unternehmens an die Stadt sicherzustellen.“ Hamburg bleibe trotz allem auch weiterhin ein wichtiger Unternehmensstandort, so Hatakka: „Wir haben bereits über 100 dezentrale Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung in Hamburg in Betrieb genommen und werden uns zukünftig auf den Ausbau des dezentralen Geschäfts konzentrieren.“
(bs)
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