[31.1.2020] Versorgungsunternehmen haben eine Vielzahl von Möglichkeiten, im Breitband-Ausbau tätig zu werden. Synergien, langfristige Netzplanungen und die passenden Kooperationspartner zählen zu den Erfolgsfaktoren eines solchen Vorhabens.
Kein Versorgungsunternehmen wird umhinkommen, sich mit dem Breitband-Ausbau zu befassen. Denn das große Ziel flächendeckender gigabitfähiger Glasfasernetze ist nur über synergetische Baumaßnahmen der regionalen Versorgungsunternehmen sowie deren spezifische Ortskenntnisse zu erreichen. Zwei zentrale Fragen müssen sie sich hierzu stellen: die nach der angestrebten Wertschöpfungstiefe und die nach dem daraus resultierenden Geschäftsmodell.
Auf der untersten Stufe der Wertschöpfung treten die Versorgungsunternehmen als reine Bauausführende, etwa als Generalunternehmer bei der Umsetzung geförderter kommunaler Projekte wie Betreibermodelle oder als reine Dienstleister zur Mitverlegung passiver Telekommunikationsinfrastruktur für Dritte auf. Wirtschaftlich ergeben sich dabei eher Einmaleffekte für die Versorgungsunternehmen, da kein langfristiges neues Geschäft generiert werden kann. Es ist deshalb nur in Ausnahmefällen empfehlenswert, solche Tätigkeiten zu übernehmen.
Stufen der Wertschöpfung
Etwas nachhaltiger ist die nächste Wertschöpfungsstufe, die Vermietung passiver Infrastruktur. Die Versorgungsunternehmen können beispielsweise Leerrohre vermieten. Der größte Teil der Wertschöpfung verbleibt dann aber nicht bei ihnen, sondern kann von den jeweiligen Mietern realisiert werden. Wirtschaftlich interessanter ist die Vermietung unbeleuchteter Glasfaser, so genannter Dark Fibre, insbesondere, wenn sie der Versorgung höherwertiger Industrie- und Gewerbekunden oder der Standortvernetzung dient.
Vielen kleinen und mittleren, meist kommunalen Versorgungsunternehmen fehlt allerdings das Know-how oder die Organisationsstruktur, um die geforderten Service-Level zur Versorgung dieser anspruchsvollen Kundengruppen mit aktiven TK-Dienstleistungen sicherzustellen. Sie sollten deshalb mehrere Partner zur Seite haben, die geeignete Produkte mit dem geforderten Service-Level auf dem Dark-Fibre-Netz des Versorgungsunternehmens anbieten können.
Dienstewettbewerb zulassen
Deutlich niedriger sind die geforderten Service-Level für Privatkunden oder haushaltsnahe Gewerbekunden. Mit geeigneten Partnern können deshalb auch kleinere Versorgungsunternehmen eine zuverlässige Versorgung dieser Kundengruppe sicherstellen. In dem Fall sollte das Versorgungsunternehmen Dark Fibre nicht an Dritte vermieten, sondern die Kundengruppe selbst mit entsprechenden Triple-Play-Diensten versorgen oder aber dritten Diensteanbietern einen Open Access auf dem eignen Netz gewähren. Für die Kunden hat das den Vorteil, dass sie zwischen verschiedenen Dienstleistern und Diensten wählen können. Dass es ratsam ist, als Betreiber eines Telekommunikationsnetzes grundsätzlich allen Diensteanbietern diskriminierungsfreien Open Access anzubieten, hat die Liberalisierung der Energiewirtschaft gezeigt: Verhindern Netzbetreiber den Dienstewettbewerb auf ihren Netzen, wird dieser irgendwann durch staatliche Behörden herbeireguliert.
Ergänzend zum Breitband-Ausbau oder zu den Telekommunikationsdiensten kann es für ein Versorgungsunternehmen wirtschaftlich sinnvoll sein, für die örtlichen mittelständischen Unternehmen Rechenzentrumsdienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Die Kernkompetenz der Versorgungsunternehmen liegt hier allerdings mehr in der Bereitstellung und Bewirtschaftung der Rechenzentrumsflächen und weniger darin, IT-Dienstleistungen zu erbringen.
Versorgungsunternehmen miteinbeziehen
Kein Geschäftsmodell stellen derzeit der Bau und Betrieb eigener Mobilfunk- und 5G-Netze dar, denn auf absehbare Zeit wird es keine regionalen 5G-Netze geben. Wirtschaftlich interessant könnte es für die Versorgungsunternehmen aber werden, mit den großen Mobilfunkanbietern beim Ausbau der 5G-Netze zu kooperieren.
Die Mobilfunknetzbetreiber benötigen in den Städten und Gemeinden geeignete Antennenstandorte, die sowohl über einen Glasfaser- als auch einen Stromanschluss verfügen. Entsprechende Standorte können die Mobilfunkunternehmen in der geforderten Zeit nur mit hohem Investitions- und Personalaufwand realisieren. Auch benötigen sie Ortskenntnisse. Zugriff auf geeignete Standorte, etwa öffentliche Gebäude, Straßenbeleuchtung, Verkehrsschilder oder Signalanlagen, haben die Kommunen. Regionale Versorgungsunternehmen können deshalb in Kooperation mit den Kommunen gute Komplettangebote zur Entwicklung von 5G-Antennenstandorten unterbreiten.
Ressourcen ausschöpfen
Wollen Versorgungsunternehmen den Breitband-Ausbau wirtschaftlich erfolgreich umsetzen, sind Effizienz und Synergien gefragt. Nur so können die knappen Ressourcen im Tiefbausektor bestmöglich ausgeschöpft und die erforderlichen Investitionen im überschaubaren Rahmen gehalten werden. Auch die Belastung der Kommunen und der Bürger durch die Baumaßnahmen bleibt dann erträglich. Sollen diese Ziele erreicht werden, sind umfangreiche Zielnetzplanungen für die Netzentwicklung aller Versorgungssparten erforderlich. Auf diese Weise können Baumaßnahmen langfristig geplant, koordiniert und kostenoptimiert realisiert werden.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor sind Kooperationen. Kaum ein Versorgungsunternehmen hat die notwendige Unternehmensgröße und technische Leistungsfähigkeit, um alle Anforderungen des erfolgreichen Breitband-Ausbaus alleine erfüllen zu können. Die einfachste Form der Zusammenarbeit sind horizontale Kooperationen zwischen einzelnen Versorgungsunternehmen.
Wechsel vermeiden
Ziel dieser Kooperationen ist es meist, das entsprechende Versorgungs- oder Einsatzgebiet mit benachbarten Unternehmen zu vergrößern oder aber wichtige Querschnittsfunktionen gemeinsam zu besetzen. Bei dauerhaft angelegten Kooperationen ist es meist sinnvoll, gemeinsame Unternehmen zu gründen.
In Kooperationen mit Dienstleistern wiederum können sich die Versorgungsunternehmen kompetente Partner für die Planung und den Bau der leistungsfähigen Netze an die Seite holen. Noch wichtiger ist die Wahl der Partner für den Betrieb der Netze. Denn eine Fehlentscheidung kann der Auftraggeber hier nur schwer korrigieren. Die Laufzeiten der Dienstleistungsverträge können zwar begrenzt werden, allerdings geht der Wechsel eines Dienstleisters für den Netzbetrieb mit erheblichem Aufwand und möglicherweise auch erheblichen Beeinträchtigungen für die Kunden einher.
Moderne Breitband-Netze sind für die Kunden nur mit leistungsfähigen Produkten interessant. Die wenigsten Versorgungsunternehmen stellen entsprechende TK-Produkte selbst her. Deshalb ist es auch in diesem Bereich ratsam, geeignete Partner ins Boot zu holen. Ob die Produkte als White Label zugeliefert oder aber vom Partnerunternehmen unter fremdem Markennamen vertrieben werden ist eher nebensächlich. Wichtig ist, dass die Partner sorgfältig ausgewählt werden, denn auch hier kann ein Wechsel aufwendig werden.
Dr. Karl Peter Hoffmann ist Geschäftsführer der Stadtwerke Sindelfingen GmbH und Vorsitzender des Ausschusses Telekommunikation des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU).
https://www.stadtwerke-sindelfingen.dehttps://www.vku.deDieser Beitrag ist in der Ausgabe November/Dezember 2019 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
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