ANGACOM-2403.05-rotation

Freitag, 29. März 2024

EWI-Studie:
Kohleaus wirkt auf Netzfrequenz


[3.3.2020] Weil die konventionelle Stromerzeugung, etwa durch den Kohleausstieg, zurückgeht, ist die Stabilität der Stromnetze ohne Gegenmaßnahmen künftig nicht mehr uneingeschränkt gesichert. Das zeigt eine Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI).

Die Frequenzstabilität könnte durch zu wenig konventionelle Erzeugungskapazitäten gefährdet werden. Der Kohleausstieg hat viele Wirkungen, unter anderem auf die Strompreise, den CO2-Ausstoß und den Strommix in Deutschland. Und es gibt weitere Folgen, die sich erst auf den zweiten Blick erschließen. Der Kohleausstieg beeinflusst auch die Stabilität der Stromnetze. Denn die Trägheit der konventionellen Kraftwerksgeneratoren sorgt mit dafür, dass die Frequenz von 50 Hertz gehalten wird. Wenn ein Kraftwerk ausfällt, dämpft diese Momentanreserve die Frequenzabweichung aufgrund des Leistungsungleichgewichts zwischen Erzeugung und Last, das wegen des Ausfalls entsteht. Dies verschafft der Primärregelleistung Zeit zur Aktivierung, um das Leistungsungleichgewicht wieder ausgleichen zu können. Damit werden kritische Netzzustände vermieden, die im schlimmsten Fall zu Stromausfällen führen können.

Aktive Maßnahmen

Ein Team des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) hat nun gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen ef.Ruhr untersucht, wie sich der Kohleausstieg in Deutschland auf die Momentanreserve im Energieversorgungssystem auswirkt. Die im Auftrag von Siemens erstellte Studie zeigt: Um die Frequenzstabilität des Energieversorgungssystems auch im Jahr 2040 zu gewährleisten, sind die dann noch aktiven konventionellen Kraftwerke nicht ausreichend. Es müssen aktiv Maßnahmen zur Steigerung der Momentanreserve und der Frequenzstabilisierung getroffen werden.
Mithilfe des EWI-eigenen Modells DIMENSION für den europäischen Strommarkt haben die Autoren Eglantine Künle, Philipp Theile und Christian Wagner die Kraftwerksparks für das Jahr 2040 in zwei Szenarien optimiert. Beide Szenarien bilden den von der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung – der Kohlekommission – beschlossenen deutschen Kohleausstieg ab. Im zweiten Szenario nutzen außerdem die europäischen Länder mit einem derzeit hohen Anteil konventioneller Stromerzeugung künftig mehr erneuerbare Energien. Die Autoren betrachteten zwei Fälle: einen normativen Ausfall, also einen Ausfall von drei Gigawatt Kraftwerksleistung, und einen System-Split-Fall, also einen Zerfall des Europäischen Verbundsystems in mehrere Netzinseln.

Momentanreserve sinkt

Ein solcher System-Split-Fall war im Jahr 2006 schon einmal eingetreten. Das Ergebnis der Analyse: Mehr Strom aus erneuerbaren Energien und weniger Strom aus konventionellen (Kohle-)Kraftwerken senkt die Momentanreserve. Im Szenariojahr 2040 würde laut Berechnungen von EWI und ef.Ruhr im Fall eines normativen Ausfalls das zulässige Frequenzminimum im europäischen Verbundbetrieb unterschritten. Im System-Split-Fall würde der Frequenzgradient kritisch ansteigen. Beides verursacht kritische Systemzustände, die es für eine sichere und unterbrechungsfreie Stromversorgung unbedingt zu vermeiden gilt.

Schnellere Frequenzregelung

Zur Lösung schlagen die Autoren vor, die Frequenzstabilität durch konkrete Maßnahmen zu sichern: Die Erhöhung der Momentanreserve etwa durch entsprechende Umrichter von Erneuerbare-Energie-Anlagen wäre eine Möglichkeit. Eine weitere Möglichkeit ist eine schnellere Frequenzregelung. Die Primärregelleistung könnte hierzu beschleunigt werden, oder es könnte eine zusätzliche schnellere Form der Primärregelung, die so genannte Fast Frequency Response, etabliert werden. Diese könnten sowohl konventionelle Kraftwerke, aber beispielsweise auch Windkraftanlagen, Batteriespeicher, Schwungräder oder leistungselektronische Bauteile wie HGÜ-Verbindungen erbringen. (ur)

Hier kann die vollständige Studie kostenlos heruntergeladen werden. (Deep Link)
https://www.ewi.uni-koeln.de

Stichwörter: Smart Grid, Netze, Siemens, EWI, Netzstabilität, Kohleausstieg, Regelenergie, Momentanreserve, Frequenzstabilität

Bildquelle: Frank Urbansky

Druckversion    PDF     Link mailen


 Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Netze | Smart Grid

BNetzA: Netzentwicklungsplan genehmigt
[4.3.2024] Die Bundesnetzagentur hat den neuen Netzentwicklungsplan der deutschen Übertragungsnetzbetreiber genehmigt. Darin wird erstmals ein klimaneutrales Stromübertragungsnetz skizziert. mehr...
Im Netzentwicklungsplan der deutschen Übertragungsnetzbetreiber wird erstmals ein klimaneutrales Stromübertragungsnetz skizziert.
BDEW: Mehr Tempo beim Netzanschluss
[29.2.2024] Das Bundeswirtschaftsministerium hat ein Eckpunktepapier zur Beschleunigung des Anschlusses von Erneuerbare-Energien-Anlagen an das Stromnetz vorgelegt. Der BDEW macht nun in einem Positionspapier konkrete Vorschläge. mehr...
TransnetBW: Bauauftrag für Hitachi Energy
[27.2.2024] Ab dem Jahr 2025 entstehen an den Umspannwerken in Wendlingen und Oberjettingen STATCOM-GFM-Anlagen. Ihre Aufgabe ist es, die Netzstabilität aufrechtzuerhalten und wetterbedingte Schwankungen zu kompensieren. mehr...
Vertragsunterzeichnung zwischen TransnetBW und Hitachi Energy.
O2 Telefónica: Münchner Vernetzung
[20.2.2024] O2 Telefónica unterstützt die Stadtwerke München bei der Digitalisierung der bayerischen Landeshauptstadt. Dabei geht es unter anderem um den Einsatz von IoT-Anwendungen für die Smart City. mehr...
Mobilfunkantenne in München: O2 Telefónica ist Partner der Stadtwerke München.
Stadtwerke Baiersdorf: Vorteil Visualisierung
[31.1.2024] In den Trafostationen der Stadtwerke Baiersdorf wird die Netzüberwachungslösung SMIGHT Grid2 installiert. Ziel ist es, einen besseren Überblick über das Niederspannungsnetz zu erhalten. mehr...
Die Stadtwerke Baiersdorf rüsten ihre Trafostationen mit SMIGHT Grid2 aus.

Suchen...

 Anzeige

Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Ausgewählte Anbieter aus dem Bereich Netze | Smart Grid:
SMIGHT GmbH
76185 Karlsruhe
SMIGHT GmbH
Trianel GmbH
52070 Aachen
Trianel GmbH

Aktuelle Meldungen