[2.4.2020] Die sinkende Stromnachfrage könnte nach Einschätzung des Beratungshauses enervis vermehrt zu negativen Strompreisen führen. Ein Grund ist die sinkende Nachfrage aus der Industrie, die auch zu sinkenden CO2-Emissionen führen wird.
Die aktuell deutlich gesunkene Stromnachfrage in Deutschland sorgt nicht nur für sinkende Strompreise an Spot- und Terminmärkten, sondern dürfte kurz- und mittelfristig auch zu einer steigenden Anzahl negativer Strompreise führen. Dies bedeutet Erlöseinbußen auch für geförderte erneuerbare Energien. Diese Erwartung leitet das energiewirtschaftliche Beratungshaus enervis aus seinen aktuellen Strommarktmodellierungen ab, welche die Effekte der Corona-Krise auf Strompreise und Marktwerte erneuerbarer Energien analysieren. So gehen die Energiemarktexperten davon aus, dass sich durch die Corona-Krise die deutsche Industriestromnachfrage 2020 deutlich reduziert. Auch im Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen wird mit einem Nachfragerückgang gerechnet. Zusätzlich ergeben sich aktuell deutliche Verschiebungen im eingesetzten Kraftwerkspark. Trotz der krisenbedingt niedrigen CO2-Preise (ungefähr um 17 Euro je Tonne CO2) verdrängen Gaskraftwerke durch einen historisch niedrigen Erdgaspreis (8 Euro je Megawattstunde) zunehmend Kohlekraftwerke aus dem Markt. Dadurch wird der CO2-Ausstoß des Stromerzeugungssektors dieses Jahr deutlich zurückgehen.
Dies klingt eigentlich nach guten Nachrichten, jedoch weist das enervis-Strommarktmodell auch einen anderen Effekt des Rückgangs der Stromnachfrage aus, der die Energiebranche inklusive der Erneuerbaren betrifft. Es wird eine größere Häufigkeit negativer Spotpreise erwartet, die zu Erlöseinbußen auch bei erneuerbaren Kraftwerksbetreibern führt. „Strompreise bilden sich im Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage und die Nachfrage geht aktuell deutlich zurück, während das Angebot vor allem aus erneuerbaren Energien weiter im Markt vorhanden ist. Damit nehmen nun die Stunden zu, in denen eine hohe Einspeisung erneuerbarer Energien, vor allem durch Windenergie, auf niedrige Stromnachfrage trifft und zu negativen Spotpreisen führt“, erklärt Tim Steinert, Senior Consultant bei enervis. Allein bis Ende März 2020 habe man, vornehmlich bei sehr guten Windverhältnissen, rund 130 negative Preise gesehen; im gleichen Vorjahreszeitraum seien es hingegen nur etwa 90 negative Stunden gewesen. enervis geht davon aus, dass sich die Anzahl negativer Strompreisstunden insbesondere kurzfristig im laufenden Jahr deutlich erhöhen könnte.
(ur)
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