[26.10.2020] Um kritische Netzsituationen zu beheben, sollen Anlagen aus nachgelagerten Netzen stufenweise gesteuert werden. Erstmals haben Stadtwerke und Netzbetreiber nun die Funktionsweise dieses teilautomatisierten Kaskadenprozesses demonstriert.
Die Stadtwerke Schwäbisch Hall, der Verteilnetzbetreiber Netze BW und der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW haben am Mittwoch (21. Oktober 2020) erstmals die teilautomatisierte Umsetzung des Kaskadenprozesses nach § 13 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) demonstriert. Der Paragraf sieht im Notfall die stufenweise Steuerung von Anlagen aus nachgelagerten Netzen vor, um kritische Netzsituationen zu beheben. Wie die Unternehmen mitteilen, wurde in der Demonstration eine simulierte Systembilanzgefährdung mittels des teilautomatisierten Kaskadenprozesses und eines intelligenten Messsystems behoben. Dabei seien Anlagen bis in die unterste Spannungsebene gesteuert worden.
Nach Angaben der drei Partner bildet die im SINTEG-Projekt C/sells (Forschungsprogramm Schaufenster intelligente Energie) entwickelte Abstimmungskaskade die Basis. Diese definiert für die jeweiligen Netzbetreiber klare Regeln und Prozesse in Abhängigkeit der Ampelphasen. Durch eine Kopplung von Leitstellen werden so kontinuierlich Informationen zum Netzzustand über die Spannungsebenen hinweg ausgetauscht. Dank dieser kommunikationstechnischen Kopplung von TransnetBW und Netze BW sowie des bidirektionalen Informationsaustauschs in Echtzeit lassen sich nun Notfallsituationen gemeinsam über alle Spannungsebenen hinweg innerhalb nur weniger Minuten meistern.
Zum Einsatz kommt dabei ein Tool zur Verteilnetzautomatisierung der Firma VIVAVIS. Damit erfassen und übertragen die Stadtwerke Schwäbisch Hall energieträger- und netzknotenscharf die Einspeisungen an den vorgelagerten Netzbetreiber Netze BW. Zudem können an die Stadtwerke Schwäbisch Hall gerichtete Maßnahmen der Netze BW über das in das Netzführungssystem integrierte Netzstabilitätsmanagementsystem automatisiert abgewickelt werden. Dazu wird, je nach Maßnahmenart, auf steuerbare Einspeiser oder Lasten im Netzbereich der Stadtwerke Schwäbisch Hall diskriminierungsfrei zugegriffen. VIVAVIS-Manager Peter Maas erläutert: „So wird das Leitstellenpersonal optimal entlastet und die Maßnahmen können innerhalb des engen Zeitfensters umgesetzt werden.“
Rainer Enzenhöfer, Teilprojektleiter C/sells, von TransnetBW erklärt: „Mit der Teil-Automatisierung der Kaskade ist es möglich, gemeinsam mit Verteilnetzbetreibern einfach und unkompliziert innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl dezentraler Anlagen zu steuern, um eine kritische Netzsituation zu beseitigen.“ Jens Wiedenmann von Netze BW ergänzt: „Aufbauend auf den gesammelten Erfahrungen im Projekt können nun weitere Umsetzungsschritte geplant werden. Für uns als Flächennetzbetreiber mit mehr als 90 nachgelagerten Netzbetreibern muss in den nächsten Schritten insbesondere die Skalierbarkeit angegangen werden.“
(al)
https://www.csells.net
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