Dienstag, 18. November 2025

KlimawandelKlimaresiliente Infrastruktur

[04.07.2025] Hitzeperioden, Trockenzeiten, Starkregen und Überflutungen nehmen zu – der Klimawandel stellt Städte und Gemeinden vor Herausforderungen. Klimaschutz und gezielte Maßnahmen zur Klimaanpassung werden wichtiger. Kommunale Unternehmen nehmen dabei eine zentrale Rolle ein.

Hitze in der Stadt: Kommunale Unternehmen sind für den Klimaschutz und die Klimaanpassung systemrelevant.

(Bildquelle: Adobe Stock)

Der Klimawandel ist keine abstrakte Zukunftsbedrohung mehr, sondern bereits Realität – auch in Deutschland. Hitze, Dürren, Starkregen und Überschwemmungen treten immer häufiger auf und stellen Städte und Gemeinden vor enorme Herausforderungen. Gleichzeitig wächst der Druck, die CO₂-Emissionen zu senken und die Energieversorgung klimafreundlich, sicher und bezahlbar umzubauen. Kommunale Unternehmen spielen bei der Umsetzung vor Ort eine Schlüsselrolle – als Versorger, Entsorger, Infrastrukturdienstleister und Innovationstreiber.

Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine Herkulesaufgabe – lokal wie global. Allein für die Energiewende müssen in Deutschland bis zum Jahr 2030 laut Gutachten rund 721 Milliarden Euro investiert werden. Hinzu kommen 800 Milliarden Euro für die Instandhaltung und Anpassung der Wasser- und Abwasserinfrastruktur an den Klimawandel bis 2045.

Ausbau erneuerbarer Energien

Die Stadtwerke investieren massiv in den Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere in Windkraft, Photovoltaik und Biomasse. Gleichzeitig treiben sie die Wärmewende voran, beispielsweise durch den Ausbau von Wärmenetzen, die Nutzung industrieller Abwärme und Geothermie oder den Einsatz von Großwärmepumpen. Zudem setzen viele kommunale Energieversorger auf Kraft-Wärme-Kopplung, um besonders effizient Strom und Wärme zu erzeugen.

Zudem engagieren sie sich beim Aufbau von Wasserstoffinfrastrukturen und fördern die Elektromobilität, beispielsweise durch den Ausbau von Lade-Infrastrukturen oder den Einsatz eigener E-Fahrzeugflotten. Damit gestalten sie die Energiewende vor Ort aktiv mit und sorgen zugleich für Versorgungssicherheit und regionale Wertschöpfung.

Vorreiter Abfallwirtschaft

Die Abfallwirtschaft war Pionier und hat seit 1990 die Treibhausgasemissionen in diesem Bereich um 90 Prozent reduziert – ein Spitzenwert im Vergleich zu anderen Sektoren. Dies wurde durch das konsequente Ende der Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle, den Ausbau der getrennten Sammlung, das Recycling und die energetische Verwertung ermöglicht. In Müllheizkraftwerken werden Strom, Wärme und sogar Wasserstoff erzeugt.

Ein nachhaltiger Beitrag zum Klimaschutz entsteht jedoch nicht allein durch die Verwertung von Abfällen, sondern vor allem durch deren Vermeidung und die konsequente Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft. Zukünftig kommt es darauf an, Recyclingprozesse weiter zu optimieren und auf bislang wenig genutzte Stoffströme – wie etwa Alttextilien – auszuweiten. Nur so kann der Ressourcenverbrauch wirksam gesenkt werden und die Transformation hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft gelingen.

Bei der thermischen Abfallverwertung sind Restemissionen von Kohlendioxid unvermeidbar. Deshalb hat die CO₂-Abscheidung für die kommunale Abfallwirtschaft eine besondere Bedeutung. Wichtige Bausteine für die Stabilisierung des globalen Klimas sind die unterirdische Speicherung (CCS) und die Wiedernutzung von Kohlenstoff (CCU). Wenn bei der Verbrennung von Siedlungsabfällen das Kohlendioxid künftig vollständig aufgefangen wird, kann die thermische Abfallbehandlung zu einer klimapositiven Technologie werden, die der Atmosphäre Kohlendioxid entzieht und somit die Erderwärmung bremst.

Klimaschutz allein reicht nicht aus. Ebenso entscheidend ist die Anpassung an die Folgen des Klimawandels – besonders in der Wasserwirtschaft. Langanhaltende Trockenperioden beeinträchtigen die Grundwasserneubildung und somit die wichtigste Trinkwasserressource Deutschlands. Gleichzeitig steigt in Hitzephasen der Wasserverbrauch in Haushalten, in der Landwirtschaft und in der Industrie.

Auch Starkregenereignisse nehmen zu. Innerhalb kürzester Zeit fallen dabei enorme Wassermengen, die auf versiegelten Flächen nicht versickern können. Die Folge sind Spitzenlasten, die technische Systeme wie Pumpen und Speicher an ihre Grenzen bringen. Die Kanalisation ist überfordert und es kommt zu Überflutungen.

Interkommunale Zusammenarbeit

Die kommunalen Unternehmen fordern mehr Spielräume für Investitionen in eine klimaresiliente Infrastruktur, eine klare Priorisierung der öffentlichen Trinkwasserversorgung bei Nutzungskonflikten sowie eine stärkere Unterstützung bei der interkommunalen Zusammenarbeit. Zudem sind die Integration von Starkregengefahrenkarten in die Stadtplanung und die rechtssichere Veröffentlichung dieser Karten zentrale Anliegen. Denn nur, wenn Risiken sichtbar sind, können sie auch gemindert werden.

Im Bereich der Starkregenvorsorge fehlen die notwendigen Regelungen, die es im Hochwasserschutz bereits gibt. Um bestmöglich auf Starkregenereignisse vorbereitet zu sein, sind klare Begrifflichkeiten, Maßstäbe und Definitionen unerlässlich. Besonders gefragt sind oberirdische Lösungen wie Notwasserwege und Rückhalteflächen. Hinzu kommt, dass vielerorts die in den 1950er oder 1960er Jahren gebauten Netze an ihr natürliches Nutzungsende stoßen.

Um Städte und Gemeinden besser gegen Hitzewellen und Starkregen zu wappnen, müssen wir mehr Grün- und Wasserflächen schaffen. Diese Flächen wirken wie ein Schwamm, der Regenwasser gezielt aufnimmt und somit die Abwasserkanäle entlastet. All das ist kapitalintensiv und die dadurch entstehenden Kosten werden nicht überall von den Kundinnen und Kunden über ihre Entgelte gestemmt werden können. Ohne staatliche Mittel wird das nicht funktionieren.

Eine vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) in Auftrag gegebene Studie der Kanzlei Becker Büttner Held hat ergeben, dass die jährlichen Investitionen in den kommenden 20 Jahren auf durchschnittlich 40 Milliarden Euro steigen werden. Dabei gehen Erhalt und notwendige Anpassungsmaßnahmen Hand in Hand. Etwa 10 bis 15 Prozent der Gesamtinvestitionen sind auf die beschleunigte Anpassung an den Klimawandel zurückzuführen.

Faire Finanzierung

Ob Energie-, Wasser- oder Abfallwirtschaft: Kommunale Unternehmen sind für den Klimaschutz und die Klimaanpassung systemrelevant. Damit wir unsere Energie- und Wasserinfrastrukturen und -systeme aus- und umbauen können, benötigen die kommunalen Unternehmen verlässliche gesetzliche Grundlagen, eine faire Finanzierung und eine stärkere Einbindung ihrer Expertise in Planungsprozesse. Das neue Sondervermögen „Infrastruktur“ bietet zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten, die aber auch genau für diese Zwecke genutzt werden müssen. Eines ist klar: Die Transformation hin zu einer klimaneutralen und klimaresilienten Gesellschaft gelingt nur gemeinsam – mit starken Kommunen und ihren Unternehmen.

Ingbert Liebing ist Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU).




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