Virtuelle KraftwerkeInnovation im Verbund

Virtuelles Kraftwerk Würzburg: Abruf des Regelleistungspools im Jahr 2015.
(Bildquelle: Heizkraftwerk Würzburg)
Die Änderungen des Strommarktdesigns und das Gesetz zur Digitalisierung des Strommarkts schaffen den Rahmen für eine Entwicklung weg vom einzelnen Großkraftwerk mit konstant verfügbarer Leistung hin zum Ausbau so genannter virtueller Kraftwerke. Sie basieren auf einer Zusammenschaltung verschiedener dezentraler Einheiten und können elektrische Leistung nachfragegerecht bereitstellen. Das Konzept des virtuellen Kraftwerks eröffnet Möglichkeiten, bestehende Strukturen des Energieversorgungssystems zu ergänzen und zu optimieren. Außerdem soll es bis zum Jahr 2050 Großkraftwerke weitgehend ersetzen.
Kommunale Anlagen bündeln
Ein Weg, der auch dem geforderten innovativen Ansatz nach dem Weißbuch 2015 zum Strommarkt 2.0 entspricht, ist das virtuelle Kraftwerk Würzburg. Betreiber ist die Heizkraft Würzburg GmbH (HKW), ein Unternehmen der Stadtwerke Würzburg. Als drittgrößter kommunaler Energieerzeuger Bayerns erzeugt und vermarktet die HKW Strom und bündelt dabei die Leistung ihrer eigenen Anlagen mit der von dezentralen Kundenanlagen. Sie ist damit sowohl im Primär- als auch im Sekundärregelenergiemarkt aktiv. Das Unternehmen bietet seinen Partnern und sich selbst so die Möglichkeit, durch Laststeuerung wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Der von der HKW geführte Anlagen-Pool bündelt kommunale Kraftwerksanlagen, Müllverbrennungsanlagen, Industriekraftwerke, Biogas-Blockheizkraftwerke, Power-to-Gas-Anlagen und Notstromaggregate. Das Portfolio zur Vermarktung umfasst neben den eigenen Anlagen auch diejenigen kleinerer und größerer Energieversorger. Zu den eingebundenen Anlagenkomponenten zählen unter anderem Gas- und Dampfturbinen, Gasmotoren und Elektrodenkessel. Sie unterscheiden sich erheblich hinsichtlich Grenzkosten und Abrufleistungen, was jeweils diversifizierte Vermarktungsstrategien notwendig macht. Von der HKW-Leitstelle aus wird der Anlagen-Pool bundesweit zentral gesteuert. Dabei werden die Anforderungen der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) an den Betrieb eines Regelleistungspools berücksichtigt – etwa die Erfüllung der Standards zur IT-Sicherheit und die ständige Erreichbarkeit von fachkundigem Betriebspersonal. So gelingt die Steuerung mithilfe einer modernen Leittechnik, vorhandenem Know-how und Schichtpersonal. Denn das Ziel war es, bestehende und in ihrer Struktur optimierte sowie bewährte Prozesse für das neue Geschäftsfeld der Regelleistung zu verwenden. Dieses ist in die Organisation der Konzern-Holding, der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs GmbH (WVV), eingebettet. Für die Entwicklung und den Ausbau des Regelleistungspools werden Experten aus mehreren Konzerngesellschaften eingesetzt. Somit fließt auch Spezialwissen zu Fernwirk- und Telekommunikationstechnik, Energiehandel und Vermarktung, Kraftwerksbetrieb und Einsatzoptimierung in die Praxis ein. Das Ergebnis ist eine schlanke und flexible Organisation mit geringen Stückkosten.
Partner werden
Prinzipiell kann jeder Anlagenbetreiber am Pool der HKW teilnehmen. Ihre Experten unterstützen den potenziellen Partner bei der Ermittlung freier Kapazitäten und der leittechnischen Umsetzung. Wer sich als Anlagenbetreiber für eine Zusammenarbeit mit der HKW entscheidet, kann durchschnittlich in rund zehn Wochen mit der Vermarktung der von ihm erzeugten Energie starten. Dafür muss zunächst der Datenaustausch der Anlagen und Systeme reibungslos funktionieren, sodass die Steuerung und Überwachung von der Leitstelle in Würzburg aus erfolgen kann. Darüber hinaus prüfen Experten der HKW, ob die potenzielle Mitgliedsanlage alle für den ÜNB notwendigen technischen Anforderungen zur Präqualifikation erfüllt. Nach der schriftlichen Genehmigung des Übertragungsnetzbetreibers kann die wöchentliche Vermarktung beginnen. Die Anlagenbetreiber entscheiden dabei selbst über ihre jeweiligen Kapazitäten. Hierzu steht eine webbasierte Serviceoberfläche zur Eingabe der bereitgestellten Leistung mit Arbeits- und Leistungspreisen zur Verfügung. Die HKW übernimmt anschließend die Vermarktung in den Auktionen. Die Mitglieder erhalten eine monatliche Vergütung ihrer Vermarktungserlöse. Im Rahmen wöchentlicher Marktberichte erhalten die Partner des virtuellen Kraftwerks auch Hinweise dazu, wie sie ihre Vermarktungsstrategien optimieren können. Die Zulassung für den Betrieb eines Regelleistungspools setzt die Erfüllung von IT-Mindestanforderungen voraus. Diese sind durch Experten der vier ÜNB entwickelt worden und werden kontinuierlich angepasst. Deshalb erfolgt die Kommunikation zwischen der HKW und den Pool-Partnern in verschlüsselten und redundanten Systemen. Die Vielschichtigkeit der Anlagen aller Partner ermöglicht für jeden Anlagentyp eine optimierte Vermarktungsstrategie. Im Pool-Portfolio befinden sich einzelne Erzeugungsanlagen mit einer verfügbaren Sekundärregelleistung zwischen 100 Kilowatt und 35 Megawatt. Parallel dazu verfahren die Pool-Partner nach unterschiedlichen Vermarktungsstrategien zwischen hoher und geringer Abrufwahrscheinlichkeit. Aktuell steuert die HKW rund 260 Anlagen, sodass auch kleine Anlagen im Bündel mit vergleichbaren Partnern für die jeweils gewünschte Strategie erfolgreich vermarktet werden.
Neue Rolle für Stadtwerke
Die Digitalisierung bedeutet für die Energiewirtschaft neue Chancen und neue Wettbewerber durch sich auflösende Branchengrenzen. Die neue zentrale Rolle der Stadtwerke kann das Management virtueller Systeme sein. Hier ist die HKW einer der größten Pool-Betreiber in Süddeutschland: Aktuell beträgt die präqualifizierte Regelenergieleistung des virtuellen Kraftwerks etwa 800 Megawatt. Rund 160 Anlagenbetreiber haben die Heizkraftwerk Würzburg GmbH mit der Vermarktung von Regelenergie beauftragt. Bislang werden zwei von vier Regelzonen bedient: die der Übertragungsnetzbetreiber Tennet TSO und TransnetBW. Eine Kooperation mit Kraftwerksbetreibern in den Regelzonen von Amprion und 50 Hertz wird derzeit vorbereitet. Das Besondere am virtuellen Kraftwerk Würzburg ist, dass hier kleine und große und sowohl konventionelle als auch erneuerbare, flexible Erzeugungsanlagen aufeinandertreffen und bei gleicher Strategie auch gemeinsam vermarktet werden können. Dabei eignen sich derzeit insbesondere Biogasanlagen als erneuerbare Erzeugungsanlagen zur Vermarktung im Regelenergiemarkt: Sie sind schnell steuerbar und verfügen über ausreichende Speicherkapazitäten (Gasspeicher). Die HKW hat bereits rund 160 Biogasanlagen in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen in die Direktvermarktung übernommen und im Regelleistungspool integriert.
Dieser Beitrag ist in der Mai/Juni-Ausgabe von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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