Pfaffenhofen a. d. IlmPulsierendes Carsharing

Die Carsharing-Flotte der Stadtwerke bietet auch E-Autos und eine ständig wachsende Lade-Infrastruktur.
(Bildquelle: J. Maria Lutz Schule)
Pfaffenhofen a. d. Ilm ist eine oberbayerische Kleinstadt mit 26.500 Einwohnern, die zwischen den Wirtschaftsmetropolen Ingolstadt und München in der Hopfenregion Hallertau liegt. Ausgezeichnet bei den International Awards for Liveable Communities (LivCom Awards) als „Lebenswerteste Kleinstadt der Welt“ hat sich die idyllische Kreisstadt in den vergangenen zehn Jahren zu einem beliebten Wohn- und Arbeitsstandort entwickelt. Im jüngsten Focus Money Ranking der wirtschaftsstärksten Landkreise hat Pfaffenhofen deutschlandweit den Spitzenplatz erobert.
Doch der Wohlstand bringt auch Probleme mit sich: Im Landkreis Pfaffenhofen kommen über 1.000 zugelassene Fahrzeuge auf 1.000 Einwohner – eine Fahrzeugdichte, die in Deutschland ihresgleichen sucht. So ist es nicht verwunderlich, dass der tagtägliche Stau selbst in der oberbayerischen Kleinstadt an den Verkehrsknotenpunkten immer länger wird, die Parkplätze auf den Firmengeländen sind längst überfüllt, und vor den Haustüren der Bürger fahren bis zu 13.000 Fahrzeuge pro Tag vorbei.
Kostenloser Stadtbus
„Der Stadtrat ist seit einigen Jahren dabei, dieser Entwicklung entgegenzuwirken“, erklärt Bürgermeister Thomas Herker (SPD), der seit zwölf Jahren die Geschicke der Stadt lenkt. „So haben wir bei der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans im Stadtrat einstimmig einen Verkehrsentwicklungsplan verabschiedet, der den Verkehr in der Stadt weiter reduzieren wird. Einen Meilenstein im öffentlichen Nahverkehr hat der Stadtrat Ende 2018 beschlossen: Für eine Testphase von drei Jahren fährt der Stadtbus kostenlos – eine Entscheidung, mit der Pfaffenhofen deutschlandweit eine Vorreiterrolle im öffentlichen Nahverkehr einnimmt.“
Mit der Gründung eigener Stadtwerke haben sich die Stadträte schon 2013 neben den städtebaulichen Maßnahmen ein zusätzliches Instrument geschaffen, um die Energie- und Mobilitätswende voranzubringen. Standen in den ersten Jahren die Rekommunalisierung der Energienetze, der Aufbau eines ökologischen Stromvertriebs und die Organisation als bürgerorientierter, wirtschaftlicher Dienstleister im Zentrum des Handelns, rückt jetzt die Mobilitätswende in den Fokus.
Eingestiegen sind die Stadtwerke Pfaffenhofen in das Geschäftsfeld mit einer vom Bund geförderten Beratung für die betriebliche Mobilität. Ursache waren die überfüllten Mitarbeiterparkplätze – am Tag stehen unzählige Fahrzeuge der Mitarbeiter ungenutzt auf dem Parkplatz. Die Mitarbeiter beklagten einen zu geringen dienstlichen Fuhrpark, am Abend wird der Platz für die Dienstfahrzeuge eng und die Mitarbeiterparkplätze sind leer. Die Idee war, dass eine Mobilitätswende nur dann glaubhaft kommuniziert werden kann, wenn sich die Stadtwerke auch selbst damit beschäftigen und ihr Handeln ändern.
Förderung vom Bund
Zusammen mit den Mitarbeitern wurde eine Reihe von Maßnahmen entwickelt, um dem Problem beizukommen. Daraus entstand ein Projekt, mit dem sich die Stadtwerke für eine Förderung im Rahmen von „mobil gewinnt“ vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erfolgreich bewarben. Nach der Förderzusage Ende 2018 startete das Projekt, das bis September 2020 läuft. Kern ist die Zusammenführung des privaten und dienstlichen Fuhrparks mithilfe eines pulsierenden Carsharings. Die Mitarbeiter können nicht nur während ihrer Arbeitszeit auf den betrieblichen Sharing-Fuhrpark zugreifen, sondern mit der Carsharing-Technik auch private Fahrten nach Hause anlegen.
Am Wohnort der Mitarbeiter können die Fahrzeuge am Abend und am Wochenende zusätzlich von Nachbarn genutzt werden. Damit würde es auch gelingen, Carsharing in ländlichen Regionen zu etablieren. Daneben soll das Angebot für Radfahrer verbessert werden und Fahrgemeinschaften entstehen. Im nächsten Schritt soll das Konzept auch bei anderen Betrieben umgesetzt werden. Der entstehende Fuhrpark wird sukzessive für alle Bürger freigegeben, sodass ein flächendeckendes Carsharing in einer Kleinstadt entsteht – ein Markt, der für die großen Sharing-Anbieter aufgrund der ländlichen Strukturen noch weitestgehend uninteressant ist.
Initiative mitanand mobil
Von Anfang an war klar, dass der Aufbau des Carsharings allein die Verkehrsprobleme der Stadt nicht lösen kann. Daher suchten die Initiatoren bei den Stadtwerken nach etwas Größerem, woran sie und die Bürger glauben konnten: etwas, das die Mobilität nachhaltig positiv beeinflusst. So entstand die Idee von mitanand mobil – denn wenn es im eigenen Umfeld gelingt, miteinander mobil zu sein, besteht die realistische Chance, dass die Anzahl der Fahrzeuge drastisch gesenkt werden kann.
Die Bausteine der Initiative und der aktuelle Stand lauten:
– Aufbau des Car- und Bikesharings für Mitarbeiter und Bürger – die Pilotphase des ersten Jahres mit 50 Testern wurde beendet, das Angebot steht aktuell im Stadtzentrum und an der Betriebszentrale allen Mitarbeitern und Bürgern zur Verfügung. Der Fuhrpark soll im Laufe des Jahres auf 30 Fahrzeuge anwachsen.
– Übernahme des Stadtbus-Betriebs zum 1. Januar 2020 und Konzeption des neuen Stadtbusses ab 2022 – damit integrierte Mobilitätslösungen entwickelt werden können, müssen unterschiedliche Angebote zusammenwachsen, deshalb erfolgt die Übernahme des Betriebs des Stadtbusses zunächst für zwei Jahre. Bei der Neukonzeption werden die Möglichkeiten von Bedarfsverkehren mit einbezogen und es erfolgt eine Absprache mit den umliegenden Gemeinden, um die bestehenden Angebote besser zu vernetzen.
– Intensive Zusammenarbeit mit den Bürgern – über Aktionen und eine Online-Plattform teilen die Bürger ihre Ideen für eine Neue Mobilität in Pfaffenhofen mit. In all diesen Überlegungen begleiten die Bürger die Ideen, die, soweit möglich und sinnvoll, nach und nach in die Umsetzung gebracht werden.
– Die Mobilitätswerkstatt – das Reallabor für neue Mobilitätslösungen. Im Rahmen eines Wettbewerbs wurde im Sommer 2019 ein Quartier ausgewählt, in dem die Projektmitglieder bei den Stadtwerken zusammen mit den Anwohnern neue Lösungen erarbeiten, testen und umsetzen wollen. Bei der ersten Veranstaltung waren mehr als 40 aktive Bürger dabei, die mithilfe von agilen Methoden Prototypen entwickelten. Derzeit arbeiten fünf Teams an der realen Umsetzung von neuen Mobilitätsangeboten, die in der ersten Jahreshälfte 2020 getestet werden sollen.
Erfreuliches Feedback
Inwieweit es gelingt, das Verhalten der Bürger so zu verändern, dass die Anzahl der Fahrzeuge auf den Straßen spürbar reduziert wird, wird die Zeit zeigen. Das erfreuliche Feedback beim Carsharing-Piloten, die Vielzahl der von den Bürgern eingebrachten Ideen und vor allem deren Engagement im Rahmen der Mobilitätswerkstatt motivieren alle Beteiligten, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen. Dabei helfen agile Methoden schnell voranzukommen, aus Fehlern zu lernen und Lösungen kontinuierlich zu verbessern.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe März/April 2020 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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