Sonntag, 15. Juni 2025

SolarenergieAuf ins Solarzeitalter

[18.10.2022] Durch die aktuellen energiepolitischen Weichenstellungen zieht die Nachfrage im Bereich Photovoltaik deutlich an. Neben der Stromerzeugung bietet die Solartechnik auch im Wärmesektor viel Potenzial, wie zahlreiche solarthermische Großprojekte beweisen.
Fernwärme-Solaranlage der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim.

Fernwärme-Solaranlage der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim.

(Bildquelle: Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim/GREENoneTEC)

Die jetzt beschlossene Vervielfachung der Solarstrom-Ausbauziele ist ein unübersehbares Zeichen des Aufbruchs, zugleich aber auch eine Messlatte für die Energie- und Klimaschutzpolitik der kommenden Jahre. Dafür war die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Juli 2022 ein wichtiger Meilenstein. Das Gesetz sieht vor, die Leistung von Solarstromkraftwerken in Deutschland von heute rund 60 Gigawatt bis zum Jahr 2030 auf 215 Gigawatt zu steigern. Dafür muss sich der Anteil der Solarenergie an der heimischen Stromversorgung in den kommenden zehn Jahren von derzeit rund zehn auf nahezu 30 Prozent verdreifachen. Dieses Ziel ist ehrgeizig, aber alternativlos – und erreichbar, wenn bestehende Investitionsbarrieren nun konsequent eingerissen werden. Dafür braucht es schnell weitere Reformpakete. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) begrüßt, dass die Ampelkoalition mit dem energiepolitischen Osterpaket auch auf konkreter regulatorischer Ebene erste Weichen in die richtige Richtung gestellt hat: Photovoltaik-Auktionsvolumen werden ab 2023 erhöht, die Flächenkulisse für künftige Solarparks etwas erweitert, der solare Eigenverbrauch bei großen Solardächern erleichtert und die Förderanreize zum Teil verbessert.

Nachfrage zieht an

Bei privaten Immobilienbesitzern und im Bereich großer Solarparks zeichnet sich bereits ein deutliches Anziehen der Nachfrage ab. So registrierte die Bundesnetzagentur bis Ende Mai dieses Jahres rund 45 Prozent mehr Anmeldungen von Solarstromanlagen im Eigenheimsektor und 80 Prozent mehr im Kraftwerksbereich. In den kommenden Monaten dürften die Zahlen weiter steigen. Jeder sechste Eigenheimbesitzer gab in einer vom Meinungsforschungsinstitut Yougov im Auftrag des BSW-Solar im Mai dieses Jahres durchgeführten Repräsentativbefragung an, in den kommenden zwölf Monaten eine Solaranlage installieren zu wollen. All diese Maßnahmen sind wichtig, betreffen aber ausschließlich den Stromsektor. Der Krieg gegen die Ukraine war ein Weckruf, der die in den vergangenen Jahren eher stiefmütterlich behandelte Wärmewende plötzlich ins öffentliche und politische Rampenlicht gebracht hat. Wenn von der Bundesregierung die Alarmstufe Gas ausgerufen wird und der Bundesverband der Verbraucherzentralen vor einer Verdopplung bis Verdreifachung der Gaspreise binnen weniger Monate warnt, dann prüfen auch kommunale Entscheider und Stadtwerke alle verfügbaren Optionen in neuem Licht.

Potenziale auch bei Wärme

Allerorten wächst gegenwärtig die Erkenntnis, dass mithilfe von Solartechnik in den kommenden Jahren im Wärmesektor riesige heimische Energieressourcen erschlossen werden können. Solarthermische Kollektoren lassen sich eben nicht nur sinnvoll auf Eigenheimen für die Brauchwasser- und Heizungsunterstützung einsetzen. Hiervon profitieren hierzulande bereits rund 2,5 Millionen Haushalte. Solarwärme kann ebenso in großen Mengen im Kraftwerksmaßstab für die Einspeisung in Nah- und Fernwärmenetzen erzeugt und mit nahezu allen anderen Kraftwerkstechnologien kombiniert werden. Wie bei Photovoltaik-Solarparks, so kann auch mittels Solarthermie-Megawattanlagen Solarenergie besonders preiswert geerntet werden. Häufig gelingt das bereits für unter fünf Cent je Kilowattstunde (ct/kWh). Zahlreiche solarthermische Großprojekte belegen inzwischen bundesweit, wie Solarwärme großtechnisch genutzt werden kann, um den Preisanstieg zu dämpfen und die Versorgungssicherheit mit heimischer Energie zu sichern. Bundesbauministerin Klara Geywitz überzeugte sich im Juli dieses Jahres in ihrer Heimatstadt Potsdam von der beeindruckenden Leistungsfähigkeit der Solarwärme XL. Auf einem ehemaligen Deponiegelände nahmen die Stadtwerke Potsdam bereits im Jahr 2019 ein Solarkraftwerk mit einer Leistung von 3,1 Megawatt in Betrieb, bestehend aus 1.044 Vakuumröhrenkollektoren, gefertigt von der Firma Ritter XL – Made in Germany. Dutzende weitere, häufig noch deutlich größere Solarkraftwerke werden in Deutschland gegenwärtig geplant und gebaut. Über Laufzeiten von 20 bis 30 Jahren werden sie die Kunden kommunaler Energieversorger mit günstiger, unabhängiger Wärme versorgen. Die voraussichtlich noch in diesem Jahr startende Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) und die aktuelle Preisentwicklung bei der fossilen Wärmeerzeugung dürften der Solarthermie im Kraftwerksmaßstab den entscheidenden Wachstumsschub verpassen. Mit dem Förderangebot aus dem Klimaschutzministerium von Bundesminister Robert Habeck soll der Umstieg auf solare Wärme noch attraktiver werden: In einem Zeitraum von sechs Jahren sollen erstmals die erneuerbare und klimaneutrale Wärmeerzeugung sowie der Ausbau der nötigen Netzinfrastruktur gefördert werden, so die aktuellen Planungen der Bundesregierung. Neben einer Investitionskostenförderung von 40 Prozent winkt eine Betriebskostenprämie von zwei ct/kWh, stabil über zehn Jahre. Der BSW-Solar hat sich zum Ziel gesetzt, in zehn Jahren bereits rund zehn Prozent des heimischen Raumwärmebedarfs durch unzählige Solardächer und große Solarheizkraftwerke zu decken.

Erfahrungen aus der Praxis

Als Hilfestellung für kommunale Entscheider hat der Branchenverband jüngst eine Infobroschüre herausgegeben, die anhand von fünf der rund 50 bereits realisierten Fernwärme-Solarkraftwerke aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg veranschaulicht, welche konkreten Wärmeerträge und CO2-Einsparungen bereits jetzt erzielt werden konnten und vermittelt Kontakte zu deren Machern und unabhängigen Beratungseinrichtungen. Die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim etwa berichten hier von ihrer im März 2020 mithilfe der Firma GREENoneTEC in Betrieb genommenen Fernwärme-Solaranlage. Sie erstreckt sich über 25.000 Quadratmeter Aufstellfläche und deckt rechnerisch emissionsfrei den Wärmebedarf von 363 Haushalten. Die Anlagenbetreiber wollen ihre Erfahrungen gerne teilen: Ein eigens angelegter Infopfad vermittelt bildhaft und medienunterstützt Informationen rund um das Solarkraftwerk. Während in Ludwigsburg Fernwärme geliefert wird, ist ganz in der Nähe in Horb eine von der Ravensburger Firma cupasol geplante Nahwärmeanlage im Bau. Hier sind die Planer der Anlage kreativ geworden: Eine intelligente Seilbrückenkonstruktion nutzt den Raum zwischen zwei Hallendächern zur Ernte der Sonnenwärme. Über nunmehr zwei Jahre Betriebserfahrung verfügt auch die noch weiter südwestlich gelegene Fernwärme Ettenheim GmbH mit ihrer von der Firma Savosolar realisierten Großanlage. Sie ersetzt seit dem Jahr 2020 ein altes, erdgasbefeuertes Blockheizkraftwerk. Zufrieden zeigt sich auch Daniel Steube von den Stadtwerken Lemgo über ein von der Firma Viessmann im Frühjahr dieses Jahres in Betrieb genommenes 17.000 Quadratmeter großes Solarkollektorfeld: „Die Anlage weist über die gesamte Laufzeit nur sehr geringe variable Kosten aus und nimmt uns das CO2-Preisrisiko. Der derzeitige immense Anstieg des Gaspreises und des CO2-ETS-Preises bestätigen das.“

Carsten Körnig

Der Autor, Carsten KörnigCarsten Körnig ist seit Anfang 2006 Geschäftsführer des BSW – Bundesverband Solarwirtschaft, der Interessenvertretung der Solartechnik- und Solarspeicherbranche in Deutschland. Zuvor hatte er neun Jahre die Geschäftsführung der Vorgängerorganisation UVS – Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft inne. Seit 2006 ist Körnig zudem Vizepräsident im Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE).



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Photovoltaik | Solarthermie

metergrid: Neuer Tarif für Mieterstromprojekte

[13.06.2025] Ab dem 1. Juli 2025 bietet metergrid gemeinsam mit Rabot Energy einen vollständig integrierten Ökostromtarif für Mieterstromprojekte an. Ziel ist es, die Stromversorgung in Mehrparteienhäusern zu vereinfachen. Bereits über 1.500 Projekte sollen von dem Angebot profitieren. mehr...

WSW: Erste Freiflächen-Solaranlage entsteht

[12.06.2025] Die Wuppertaler Stadtwerke errichten im Stadtteil Dönberg ihre erste Freiflächen-Solaranlage. Baubeginn ist im Juli, die Inbetriebnahme soll im Herbst erfolgen. mehr...

Frankfurt am Main: Über 1.000 PV-Anlagen bezuschusst

[12.06.2025] Die Stadt Frankfurt am Main hat über das Förderprogramm Klimabonus inzwischen mehr als 1.000 Mini-Photovoltaikanlagen bezuschusst. Der Fördertopf ist ausgeschöpft, doch das Programm unterstützt weiterhin zahlreiche weitere Klimaanpassungsmaßnahmen. mehr...

Heidelberg: Meilenstein bei PV-Ausbau erreicht

[11.06.2025] Heidelberg hat das im Klimaschutzaktionsplan von 2019 gesetzte Ziel erreicht, bis 2025 25 Megawatt Solarleistung zu installieren. Mit der neuen Photovoltaikanlage auf dem Dach der Agentur für Arbeit wächst die Solarstromerzeugung der Stadt weiter, um die Energiewende voranzutreiben. mehr...

Schwerin: Photovoltaikanlage berücksichtigt Artenschutz

[11.06.2025] Die Stadtwerke Schwerin errichten am Stadtrand von Schwerin eine 10,27-Megawatt-Photovoltaikanlage, die unter Berücksichtigung des Artenschutzes gestaltet wird. mehr...

Nordrhein-Westfalen: Anstieg bei Agri-PV-Projekten

[10.06.2025] Nordrhein-Westfalen verzeichnet einen starken Anstieg bei Agri-Photovoltaik-Projekten. Innerhalb weniger Wochen gingen über 25 Förderanträge für Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Flächen ein. mehr...

Braunschweig: Solarzwilling online

[05.06.2025] Die Stadt Braunschweig stellt ihren neuen Solarzwilling online. Die interaktive 3D-Anwendung analysiert das Solarpotenzial sämtlicher Gebäude im Stadtgebiet und liefert fundierte Daten für Planung und Umsetzung von Solaranlagen. mehr...

LichtBlick: Millerntor-Stadion erhält PV-Anlage in Regenbogenfarben

[04.06.2025] FC St. Pauli und LichtBlick errichten auf dem Millerntor-Stadion die weltweit erste Solaranlage in Regenbogenfarben. Das Projekt verbindet erneuerbare Energie mit einer klaren Botschaft für Vielfalt und gesellschaftliche Offenheit. mehr...

Stuttgart: Mehr Solarstrom von Dächern

[02.06.2025] Die Stadt Stuttgart kommt beim Ausbau der Photovoltaik gut voran. Die installierte Leistung ist 2024 deutlich gestiegen. Schulen, Sportanlagen und Verwaltungsgebäude liefern zunehmend Sonnenstrom. mehr...

Stadtwerke Herne: Werksgelände mit Solarmodulen ausgestattet

[23.05.2025] Die Stadtwerke Herne treiben den Ausbau der Solarenergie voran: Auf nahezu allen Dächern ihres Werksgeländes am Grenzweg erzeugen jetzt 1.442 neue Solarmodule umweltfreundlichen Strom. Die Altanlage von 1993 wurde dafür demontiert – zugunsten einer deutlich effizienteren Lösung. mehr...

Trianel: Solarpark bei Berlin in Betrieb

[14.05.2025] In Wiesenhagen bei Berlin hat Trianel seinen bislang größten Solarpark mit 70,4 Megawatt Leistung ans Netz gebracht. Errichtet wurde die Anlage vom Hamburger Solarunternehmen greentech auf einer Fläche von 48 Hektar entlang der Bahntrasse Berlin–Halle. mehr...

Bundesverband Solarwirtschaft: Beschleunigung des Ausbaus gefordert

[13.05.2025] In Deutschland sind mittlerweile über zwei Millionen Solarstromspeicher in Betrieb. Die Branche fordert nun entschlossene politische Schritte, um den weiteren Ausbau der Speicherinfrastruktur zu beschleunigen. mehr...

Lübeck: Maßnahmenpaket zum Ausbau von Solarenergie

[12.05.2025] Die Hansestadt Lübeck will ihren Beitrag zur Energiewende mit einer klaren Strategie für den Ausbau von Photovoltaik leisten. Bis 2040 sollen jährlich 800 Gigawattstunden Solarstrom erzeugt werden – hälftig auf Dächern und Freiflächen. mehr...

Berlin: Fortsetzung des Solar-Förderprogramms

[08.05.2025] Berlin will beim Solarausbau weiter Tempo machen: Mit dem neuen Masterplan Solarcity 2025–2030 setzt die Hauptstadt ihre Strategie fort. Ziel ist es, bis 2035 ein Viertel des Berliner Stroms aus Sonnenenergie zu erzeugen. mehr...

Trianel / greentech: 70 MWp starker PV-Park startet

[30.04.2025] Trianel und greentech nehmen ihren größten gemeinsamen Solarpark in Brandenburg in Betrieb. mehr...