Dienstag, 25. November 2025

VKU-GutachtenDer Strommarkt der Zukunft

[04.03.2013] Damit die Energiewende gelingt, muss der Strommarkt umgebaut werden. Vorschläge in drei wesentlichen Bereichen liefert das aktuelle VKU-Gutachten.

Das vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) am Freitag vergangener Woche (1. März 2013) vorgestellte Gutachten über den Energiemarkt der Zukunft (15488+wir berichteten) wurde von den Firmen BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung und enervis energy advisors erarbeitet. Im wesentlichen schlagen die Energieexperten der beiden Beratungsunternehmen den Umbau des Systems in drei Bereichen vor: Einrichtung eines Leistungsmarkts, Änderung der Förderung der erneuerbaren Energien und Neugestaltung der Regulierungsbedingungen für die Stromnetze.

Der Leistungsmarkt

Der im Gutachten vorgeschlagene Leistungsmarkt soll als umfassender Kapazitätsmarkt organisiert sein, an dem alle Anbieter gesicherter Leistung – etwa konventionelle Kraftwerke, KWK-Anlagen, Speicher – teilnehmen können. Voraussetzung ist, dass diese Anlagen für längere Zeiträume im Voraus gesicherte Leistung garantieren können. Diese Garantie würde verbrieft und sei so als Zertifikat handelbar. Anbietern gesicherter Leistung eröffne sich über die Verkäufe am Strommarkt hinaus eine zusätzliche Erlösquelle. Horst Wolter, Bereichsleiter Marktberatung bei BET, erklärt: „Durch die Diversifizierung der Erlössituation wirkt die Einführung des Leistungsmarktes risikodämpfend.“ Denn bei entsprechender Ausgestaltung des Marktes sei zu erwarten, dass das Angebot, die Nachfrage und damit der Preis von Leistung auch über längere Zeiträume vergleichsweise stabil seien. Julius Ecke, Berater bei enervis, ergänzt: „Ziel eines Leistungsmarktes ist nicht nur, dass ein angemessenes Rendite-/Risikoverhältnis für Kraftwerksinvestoren und -betreiber erreicht würde. Darüber hinaus wird über die Vertriebe die Flexibilität auf der Verbrauchsseite aktiviert, weil auch die Stromkunden profitieren können. Dazu teilen sie ihren Verbrauch in einen gesicherten Teil und einen kostengünstigeren, unterbrechbaren Teil, der den Leistungsbedarf des jeweiligen Vertriebs reduziert.“

Förderung erneuerbarer Energien

Das Fördersystem für erneuerbare Energien soll volkswirtschaftlich effizienter gestaltet werden, schlagen die Gutachter vor. Nicolai Hermann von enervis erläutert: „Im neuen Marktdesign werden die Erneuerbaren besser mit den Konventionellen koordiniert. Die erneuerbare Erzeugung aus neuen Anlagen wird grundsätzlich wie konventioneller Strom über den Spotmarkt vermarktet. Gleichzeitig wird das Kostensenkungspotenzial eines Wettbewerbs zwischen den Erzeugern erschlossen. Falls zusätzlich zu den Erlösen aus der Vermarktung eine Förderung erforderlich ist, erfolgt sie durch eine mengengesteuerte Auktion der gewünschten Erzeugungsleistung. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Förderung technologisch und räumlich zu differenzieren, was insbesondere eine Koordination mit dem Um- und Ausbau der Netze erlaubt.“ Der Vorteil laut Gutachten: Der Förderbedarf sinkt mit steigenden Markterlösen sowie mit sinkenden Anlagenkosten sukzessive ab. Dieser Effekt würde von den Teilnehmern im Wettbewerb um Vergütungsrechte antizipiert, sodass die Förderkosten ebenfalls sinken. Sobald eine erlösbasierte Marktintegration der erneuerbaren Energien erreicht sei, könne die Förderung vollständig entfallen.

Intelligente Netze sparen Kosten

Das Gutachten plädiert zudem für einen weitgehenden Um- und Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze bereits bis 2020. Dies sei erforderlich, um die wachsende Produktion erneuerbarer Energien im System aufzunehmen und die Kosten für die Systemstabilisierung (Redispatch) deutlich zu reduzieren. BET-Geschäftsführer Wolfgang Zander: „Erstmals ist nachgewiesen worden, dass der Netzausbau auch auf der Verteilnetzebene kostengünstiger ist als das Abregeln der Einspeisungen. Innovative Lösungen im Netzausbau sind möglich und tragen zur Kostendämpfung bei. Im heutigen Regulierungssystem werden die Kosten für das Redispatch auf die Netzentgelte umgelegt. Somit ergeben sich in Summe geringere Netzentgelte als ohne Netzausbau. Was fehlt, ist ein Regulierungssystem, das diese dringend notwendigen Investitionen den Investoren im Verteilnetzbereich angemessen vergütet. Vorschläge hierzu liegen auf dem Tisch.“ Es bedürfe geeigneter Instrumente, die es erlauben, die Verteilnetze zu intelligenten Netzen um- und auszubauen. Christoph Niehörster, BET-Bereichsleiter Netzberatung, sagt: „Deshalb müssen hier die Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass insbesondere für innovative Maßnahmen der Zeitverzug bei der Anerkennung in der Erlösobergrenze beseitigt wird.“

Kapazitätsmarktmodell ist möglich

Die Autoren des VKU-Gutachtens verstehen das vorgeschlagene Energiemarktmodell als wichtigen Beitrag in der Diskussion um den Systemumbau. BET-Geschäftsführer Michael Ritzau: „Es konnte gezeigt werden, dass ein wettbewerblich organisiertes Kapazitätsmarktmodell möglich ist und etliche Vorteile hat. Die Bereitstellung gesicherter Leistung bekommt einen Preis und für Erzeuger ist eine bessere Kalkulierbarkeit der Investitionen gegeben.“ Nun müssten die Vorschläge diskutiert werden. Das Modell sei so offen gestaltet, dass ohne Systembrüche weitere Elemente hinzugefügt werden können, so Ritzau.



Stichwörter: Politik, Energiemarktdesign, VKU


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik

Lausitz: EU genehmigt Entschädigung für Kohleausstieg

[24.11.2025] Die EU-Kommission hat die Entschädigungsregelung für den Braunkohleausstieg der LEAG genehmigt und damit Milliardenhilfen für die Lausitz freigegeben. Für Brandenburg und Sachsen bedeutet das Planungssicherheit beim Strukturwandel und bei der Rekultivierung der Tagebaue. mehr...

Stiftung Umweltenergierecht: Landesregeln zur Beteiligung sind widersprüchlich

[21.11.2025] Eine neue Untersuchung zeigt, dass die Landesregeln zur finanziellen Beteiligung an erneuerbaren Energien teils widersprüchlich wirken und den Ausbau bremsen können. Laut der Stiftung Umweltenergierecht schafft die Vielfalt der Vorgaben Unsicherheit und in manchen Fällen sogar rechtliche Risiken. mehr...

Umweltministerkonferenz: Willingmann wirbt für stärkere Nutzung von Flusswärme

[21.11.2025] Sachsen-Anhalts Umweltminister Armin Willingmann hat bei der Umweltministerkonferenz für die stärkere Nutzung von Flüssen als klimafreundliche Wärmequelle geworben. Auslöser ist ein Projekt in Tangermünde, das der Elbe Wärme entziehen und ganze Stadtquartiere versorgen soll. mehr...

Berlin: Fünftes Solarpaket vereinbart

[20.11.2025] Reinickendorf und die Berliner Stadtwerke bringen das fünfte gemeinsame Solarpaket auf den Weg und erweitern die Photovoltaikleistung auf öffentlichen Dächern. Bis Mitte 2026 sollen zehn neue Anlagen mit zusammen 827 Kilowatt ans Netz gehen. mehr...

BSW-Solar: Verband begrüßt Bauänderung

[18.11.2025] Der Bundestag erleichtert den Bau von Strom-, Wärme- und Wasserstoffspeichern: Eine Änderung des Baurechts und neue Regeln zur Netzentgeltbefreiung sollen Projekte beschleunigen und wirtschaftlicher machen. Der Bundesverband Solarwirtschaft begrüßt die Beschlüsse und sieht darin einen Schub für den Speicherausbau. mehr...

BDEW/VKU: Wichtiger Schritt für die Energiewende

[17.11.2025] Die schwarz-rote Koalition hat sich auf neue Regeln für den Bau steuerbarer Kraftwerke sowie auf einen Deutschlandfonds zur Finanzierung der Energie-Infrastruktur geeinigt. Die Branchenverbände BDEW und VKU bewerten dies als Schritt in die richtige Richtung. Kritik gibt es jedoch dafür, dass die Kraft-Wärme-Kopplung im Beschluss der Koalition keine Rolle spielt. mehr...

Baden-Württemberg: Klima-Kooperation mit Kalifornien

[17.11.2025] Baden-Württemberg und Kalifornien wollen ihre Kooperation zu Klima, Energie und Umwelt weiter ausbauen. Auf der Weltklimakonferenz in Belém unterzeichneten beide Regierungen eine neue gemeinsame Erklärung. mehr...

Energiepolitik: Einigung im Koalitionsausschuss

[14.11.2025] Die schwarz-rote Koalition hat sich auf eine Kraftwerksstrategie und ein umfassendes Strompreispaket geeinigt, das Wirtschaft und Verbraucher spürbar entlasten soll. Mit Ausschreibungen für zwölf Gigawatt neuer Kraftwerkskapazitäten will die Regierung zudem Versorgungssicherheit gewährleisten und den Industriestandort stärken. mehr...

Dr. Karin Thelen, Geschäftsführerin Regionale Energiewende der Stadtwerke München (SWM), im Unternehmenssitz der SWM.

Wärme-Gesetz: SWM fordern Nachbesserungen

[06.11.2025] In einer Anhörung des Bundestags haben die Stadtwerke München die Pläne der Bundesregierung zum schnelleren Ausbau klimaneutraler Wärmequellen begrüßt. SWM-Managerin Karin Thelen betrachtet den Gesetzentwurf zwar als wichtigen Schritt, fordert jedoch verbindliche Fristen, klare Zuständigkeiten und einfachere Verfahren. mehr...

Zwei große Fernwärmerohre werden in einem aufgeschütteten Graben entlang einer Straße verlegt, im Hintergrund sind Bauarbeiten und Gebäude zu sehen.
bericht

BDEW: Kein überhöhtes Preisniveau bei Fernwärme

[06.11.2025] Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft begrüßt die Einschätzung der Monopolkommission zum Wettbewerb im Energiesektor, sieht aber bei der Bewertung der Fernwärme Nachbesserungsbedarf. Auch zur Elektromobilität äußert sich der Verband zustimmend – mit Einschränkungen. mehr...

Thüga: Klare Regeln beim Gas-Gesetz gefordert

[06.11.2025] Thüga fordert beim geplanten Gas-Gesetz klare Regeln für den Umbau der Verteilnetze hin zu Wasserstoff und Biomethan. Vorstandschef Constantin H. Alsheimer warnt vor überzogenen Vorgaben und ungelöster Finanzierung. mehr...

Bundesrechnungshof: Wasserstoffstrategie gefährdet

[05.11.2025] Der Bundesrechnungshof sieht die Umsetzung der deutschen Wasserstoffstrategie weit hinter den Zielen zurück und warnt vor massiven Risiken für Energiewende, Industriestandort und Bundesfinanzen. Trotz Milliardenförderung drohen Preisprobleme, Infrastrukturfehler und zusätzliche Emissionen. mehr...

Mecklenburg-Vorpommern: Zurück zum Atom

[05.11.2025] Sechs Bundesländer bündeln ihre Kräfte zur Weiterentwicklung der Kernfusion in Deutschland. Mecklenburg-Vorpommern unterzeichnet die Eckpunkte der neuen Fusionsallianz und bringt seine Forschungskompetenz ein. mehr...

Nordrhein-Westfalen: Von Dänemark bei der Wärmewende lernen

[05.11.2025] Nordrhein-Westfalen und Dänemark vertiefen ihre Zusammenarbeit bei der Wärmewende. Eine auf drei Jahre angelegte Vereinbarung soll den Austausch über Fernwärme, Digitalisierung und industrielle Abwärme beschleunigen. mehr...

Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder steht im Freien vor ihrem Ministerium in Mainz. Sie trägt einen dunkelblauen Blazer und ein weißes T-Shirt mit Blumenmotiv. Im Hintergrund sind Bäume, ein Platz und Verwaltungsgebäude zu sehen.

Rheinland-Pfalz: Neue Aufgaben für Energieagentur

[03.11.2025] Die rheinland-pfälzische Energieagentur trägt jetzt den Zusatz „Klimaschutz” im Namen. Sie firmiert nun unter Energie- und Klimaschutzagentur Rheinland-Pfalz. Mit der Namensänderung gehen neue Aufgaben einher: Die Agentur soll Kommunen noch stärker bei Klimaschutzprojekten, Wärmeplanung und Förderberatung unterstützen. mehr...