Mittwoch, 17. Dezember 2025

VKU-GutachtenDer Strommarkt der Zukunft

[04.03.2013] Damit die Energiewende gelingt, muss der Strommarkt umgebaut werden. Vorschläge in drei wesentlichen Bereichen liefert das aktuelle VKU-Gutachten.

Das vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) am Freitag vergangener Woche (1. März 2013) vorgestellte Gutachten über den Energiemarkt der Zukunft (15488+wir berichteten) wurde von den Firmen BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung und enervis energy advisors erarbeitet. Im wesentlichen schlagen die Energieexperten der beiden Beratungsunternehmen den Umbau des Systems in drei Bereichen vor: Einrichtung eines Leistungsmarkts, Änderung der Förderung der erneuerbaren Energien und Neugestaltung der Regulierungsbedingungen für die Stromnetze.

Der Leistungsmarkt

Der im Gutachten vorgeschlagene Leistungsmarkt soll als umfassender Kapazitätsmarkt organisiert sein, an dem alle Anbieter gesicherter Leistung – etwa konventionelle Kraftwerke, KWK-Anlagen, Speicher – teilnehmen können. Voraussetzung ist, dass diese Anlagen für längere Zeiträume im Voraus gesicherte Leistung garantieren können. Diese Garantie würde verbrieft und sei so als Zertifikat handelbar. Anbietern gesicherter Leistung eröffne sich über die Verkäufe am Strommarkt hinaus eine zusätzliche Erlösquelle. Horst Wolter, Bereichsleiter Marktberatung bei BET, erklärt: „Durch die Diversifizierung der Erlössituation wirkt die Einführung des Leistungsmarktes risikodämpfend.“ Denn bei entsprechender Ausgestaltung des Marktes sei zu erwarten, dass das Angebot, die Nachfrage und damit der Preis von Leistung auch über längere Zeiträume vergleichsweise stabil seien. Julius Ecke, Berater bei enervis, ergänzt: „Ziel eines Leistungsmarktes ist nicht nur, dass ein angemessenes Rendite-/Risikoverhältnis für Kraftwerksinvestoren und -betreiber erreicht würde. Darüber hinaus wird über die Vertriebe die Flexibilität auf der Verbrauchsseite aktiviert, weil auch die Stromkunden profitieren können. Dazu teilen sie ihren Verbrauch in einen gesicherten Teil und einen kostengünstigeren, unterbrechbaren Teil, der den Leistungsbedarf des jeweiligen Vertriebs reduziert.“

Förderung erneuerbarer Energien

Das Fördersystem für erneuerbare Energien soll volkswirtschaftlich effizienter gestaltet werden, schlagen die Gutachter vor. Nicolai Hermann von enervis erläutert: „Im neuen Marktdesign werden die Erneuerbaren besser mit den Konventionellen koordiniert. Die erneuerbare Erzeugung aus neuen Anlagen wird grundsätzlich wie konventioneller Strom über den Spotmarkt vermarktet. Gleichzeitig wird das Kostensenkungspotenzial eines Wettbewerbs zwischen den Erzeugern erschlossen. Falls zusätzlich zu den Erlösen aus der Vermarktung eine Förderung erforderlich ist, erfolgt sie durch eine mengengesteuerte Auktion der gewünschten Erzeugungsleistung. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Förderung technologisch und räumlich zu differenzieren, was insbesondere eine Koordination mit dem Um- und Ausbau der Netze erlaubt.“ Der Vorteil laut Gutachten: Der Förderbedarf sinkt mit steigenden Markterlösen sowie mit sinkenden Anlagenkosten sukzessive ab. Dieser Effekt würde von den Teilnehmern im Wettbewerb um Vergütungsrechte antizipiert, sodass die Förderkosten ebenfalls sinken. Sobald eine erlösbasierte Marktintegration der erneuerbaren Energien erreicht sei, könne die Förderung vollständig entfallen.

Intelligente Netze sparen Kosten

Das Gutachten plädiert zudem für einen weitgehenden Um- und Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze bereits bis 2020. Dies sei erforderlich, um die wachsende Produktion erneuerbarer Energien im System aufzunehmen und die Kosten für die Systemstabilisierung (Redispatch) deutlich zu reduzieren. BET-Geschäftsführer Wolfgang Zander: „Erstmals ist nachgewiesen worden, dass der Netzausbau auch auf der Verteilnetzebene kostengünstiger ist als das Abregeln der Einspeisungen. Innovative Lösungen im Netzausbau sind möglich und tragen zur Kostendämpfung bei. Im heutigen Regulierungssystem werden die Kosten für das Redispatch auf die Netzentgelte umgelegt. Somit ergeben sich in Summe geringere Netzentgelte als ohne Netzausbau. Was fehlt, ist ein Regulierungssystem, das diese dringend notwendigen Investitionen den Investoren im Verteilnetzbereich angemessen vergütet. Vorschläge hierzu liegen auf dem Tisch.“ Es bedürfe geeigneter Instrumente, die es erlauben, die Verteilnetze zu intelligenten Netzen um- und auszubauen. Christoph Niehörster, BET-Bereichsleiter Netzberatung, sagt: „Deshalb müssen hier die Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass insbesondere für innovative Maßnahmen der Zeitverzug bei der Anerkennung in der Erlösobergrenze beseitigt wird.“

Kapazitätsmarktmodell ist möglich

Die Autoren des VKU-Gutachtens verstehen das vorgeschlagene Energiemarktmodell als wichtigen Beitrag in der Diskussion um den Systemumbau. BET-Geschäftsführer Michael Ritzau: „Es konnte gezeigt werden, dass ein wettbewerblich organisiertes Kapazitätsmarktmodell möglich ist und etliche Vorteile hat. Die Bereitstellung gesicherter Leistung bekommt einen Preis und für Erzeuger ist eine bessere Kalkulierbarkeit der Investitionen gegeben.“ Nun müssten die Vorschläge diskutiert werden. Das Modell sei so offen gestaltet, dass ohne Systembrüche weitere Elemente hinzugefügt werden können, so Ritzau.



Stichwörter: Politik, Energiemarktdesign, VKU


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik

BDEW: Kritik an NEST-Paket

[12.12.2025] Das von der Bundesnetzagentur veröffentlichte NEST-Paket überzeugt die Branche nicht. Aus Sicht des BDEW fehlt ein verlässlicher Rahmen für die neue Anreizregulierung. Die Verbände warnen vor Folgen für Investitionspläne vieler Netzbetreiber. mehr...

Biogasrat: Warnung vor Wettbewerbsnachteilen

[12.12.2025] Der Biogasrat warnt, dass der neue Kabinettsentwurf zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote die Existenz mittelständischer Produzenten fortschrittlicher Biokraftstoffe gefährde. mehr...

AGFW: Statement zum Geothermie-Beschleunigungsgesetz

[10.12.2025] Der Bundestag hat das Geothermie-Beschleunigungsgesetz beschlossen und damit neue Standards für schnellere Planfeststellungsverfahren bei Wärmeleitungen gesetzt. Der Energieeffizienzverband AGFW warnt vor möglichen zusätzlichen Hürden durch unklare Formulierungen im Gesetz. mehr...

interview

Interview: Der Schnellere und Bessere gewinnt

[09.12.2025] Wenn wir heute von vorne beginnen würden, ein Energiesystem aufzubauen, würden wir es dezentral gestalten, sagt Milan Nitzschke. stadt+werk sprach mit ihm und Stefan Liesner über Wege zu einem sinnvollen und zukunftsfähigen Strommarktdesign. mehr...

Energieministerkonferenz: Verlässliche Rahmenbedingungen gefordert

[09.12.2025] Die Energieministerkonferenz in Stralsund hat ein gemeinsames Signal an den Bund gesendet: Für den Erfolg der Energiewende braucht es verlässliche Rahmenbedingungen, bezahlbaren Strom und Tempo beim Wasserstoffhochlauf. Ländervertretern zufolge stocken zentrale Projekte wie Kernnetz, Elektrolyse und Offshore-Ausbau, während die Industrie Planungssicherheit einfordert. mehr...

Energiepolitik: Länder warnen vor Ausbremsen der Energiewende

[02.12.2025] Sieben Bundesländer fordern vom Bund mehr Klarheit und Verlässlichkeit in der Energiepolitik. Ein gemeinsames Positionspapier warnt vor Einschnitten bei Förderprogrammen und beim Ausbau der Erneuerbaren. mehr...

Bundesnetzagentur: Monitoringbericht 2025 erschienen

[01.12.2025] Der Monitoringbericht 2025 von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur sieht den Wettbewerb auf den Energie­märkten weiterhin als verlässlichen Stabilitätsanker. Trotz der Turbulenzen der vergangenen Jahre zeigen die Daten für 2024 eine hohe Wechselbereitschaft, fallende Preise und eine Stromerzeugung, die sich deutlich in Richtung erneuerbarer Energien verschiebt. mehr...

Biogasrat: Kritik an Referentenentwurf

[01.12.2025] Der Biogasrat kritisiert den Referentenentwurf zum Gas- und Wasserstoff-Binnenmarktpaket als unzureichend und warnt vor Rückschritten bei Klimaschutz und Versorgungssicherheit. Der Verband fordert verlässliche Regeln für den Netzanschluss von Biomethananlagen, den Erhalt bestehender Privilegien und klare Vorgaben zur Investitionssicherheit. mehr...

Deutscher Bundestag: Anhörung zu Wasserstoffgesetz

[26.11.2025] Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Beschleunigung des Wasserstoffhochlaufs hat der Ausschuss für Wirtschaft und Energie jetzt eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Dabei zeigte sich ein breiter Wunsch nach mehr Tempo und einem deutlich erweiterten Anwendungsbereich des geplanten Gesetzes. mehr...

Lausitz: EU genehmigt Entschädigung für Kohleausstieg

[24.11.2025] Die EU-Kommission hat die Entschädigungsregelung für den Braunkohleausstieg der LEAG genehmigt und damit Milliardenhilfen für die Lausitz freigegeben. Für Brandenburg und Sachsen bedeutet das Planungssicherheit beim Strukturwandel und bei der Rekultivierung der Tagebaue. mehr...

Stiftung Umweltenergierecht: Landesregeln zur Beteiligung sind widersprüchlich

[21.11.2025] Eine neue Untersuchung zeigt, dass die Landesregeln zur finanziellen Beteiligung an erneuerbaren Energien teils widersprüchlich wirken und den Ausbau bremsen können. Laut der Stiftung Umweltenergierecht schafft die Vielfalt der Vorgaben Unsicherheit und in manchen Fällen sogar rechtliche Risiken. mehr...

Umweltministerkonferenz: Willingmann wirbt für stärkere Nutzung von Flusswärme

[21.11.2025] Sachsen-Anhalts Umweltminister Armin Willingmann hat bei der Umweltministerkonferenz für die stärkere Nutzung von Flüssen als klimafreundliche Wärmequelle geworben. Auslöser ist ein Projekt in Tangermünde, das der Elbe Wärme entziehen und ganze Stadtquartiere versorgen soll. mehr...

Berlin: Fünftes Solarpaket vereinbart

[20.11.2025] Reinickendorf und die Berliner Stadtwerke bringen das fünfte gemeinsame Solarpaket auf den Weg und erweitern die Photovoltaikleistung auf öffentlichen Dächern. Bis Mitte 2026 sollen zehn neue Anlagen mit zusammen 827 Kilowatt ans Netz gehen. mehr...

BSW-Solar: Verband begrüßt Bauänderung

[18.11.2025] Der Bundestag erleichtert den Bau von Strom-, Wärme- und Wasserstoffspeichern: Eine Änderung des Baurechts und neue Regeln zur Netzentgeltbefreiung sollen Projekte beschleunigen und wirtschaftlicher machen. Der Bundesverband Solarwirtschaft begrüßt die Beschlüsse und sieht darin einen Schub für den Speicherausbau. mehr...

BDEW/VKU: Wichtiger Schritt für die Energiewende

[17.11.2025] Die schwarz-rote Koalition hat sich auf neue Regeln für den Bau steuerbarer Kraftwerke sowie auf einen Deutschlandfonds zur Finanzierung der Energie-Infrastruktur geeinigt. Die Branchenverbände BDEW und VKU bewerten dies als Schritt in die richtige Richtung. Kritik gibt es jedoch dafür, dass die Kraft-Wärme-Kopplung im Beschluss der Koalition keine Rolle spielt. mehr...