Montag, 20. Oktober 2025

VKU-GutachtenDer Strommarkt der Zukunft

[04.03.2013] Damit die Energiewende gelingt, muss der Strommarkt umgebaut werden. Vorschläge in drei wesentlichen Bereichen liefert das aktuelle VKU-Gutachten.

Das vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) am Freitag vergangener Woche (1. März 2013) vorgestellte Gutachten über den Energiemarkt der Zukunft (15488+wir berichteten) wurde von den Firmen BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung und enervis energy advisors erarbeitet. Im wesentlichen schlagen die Energieexperten der beiden Beratungsunternehmen den Umbau des Systems in drei Bereichen vor: Einrichtung eines Leistungsmarkts, Änderung der Förderung der erneuerbaren Energien und Neugestaltung der Regulierungsbedingungen für die Stromnetze.

Der Leistungsmarkt

Der im Gutachten vorgeschlagene Leistungsmarkt soll als umfassender Kapazitätsmarkt organisiert sein, an dem alle Anbieter gesicherter Leistung – etwa konventionelle Kraftwerke, KWK-Anlagen, Speicher – teilnehmen können. Voraussetzung ist, dass diese Anlagen für längere Zeiträume im Voraus gesicherte Leistung garantieren können. Diese Garantie würde verbrieft und sei so als Zertifikat handelbar. Anbietern gesicherter Leistung eröffne sich über die Verkäufe am Strommarkt hinaus eine zusätzliche Erlösquelle. Horst Wolter, Bereichsleiter Marktberatung bei BET, erklärt: „Durch die Diversifizierung der Erlössituation wirkt die Einführung des Leistungsmarktes risikodämpfend.“ Denn bei entsprechender Ausgestaltung des Marktes sei zu erwarten, dass das Angebot, die Nachfrage und damit der Preis von Leistung auch über längere Zeiträume vergleichsweise stabil seien. Julius Ecke, Berater bei enervis, ergänzt: „Ziel eines Leistungsmarktes ist nicht nur, dass ein angemessenes Rendite-/Risikoverhältnis für Kraftwerksinvestoren und -betreiber erreicht würde. Darüber hinaus wird über die Vertriebe die Flexibilität auf der Verbrauchsseite aktiviert, weil auch die Stromkunden profitieren können. Dazu teilen sie ihren Verbrauch in einen gesicherten Teil und einen kostengünstigeren, unterbrechbaren Teil, der den Leistungsbedarf des jeweiligen Vertriebs reduziert.“

Förderung erneuerbarer Energien

Das Fördersystem für erneuerbare Energien soll volkswirtschaftlich effizienter gestaltet werden, schlagen die Gutachter vor. Nicolai Hermann von enervis erläutert: „Im neuen Marktdesign werden die Erneuerbaren besser mit den Konventionellen koordiniert. Die erneuerbare Erzeugung aus neuen Anlagen wird grundsätzlich wie konventioneller Strom über den Spotmarkt vermarktet. Gleichzeitig wird das Kostensenkungspotenzial eines Wettbewerbs zwischen den Erzeugern erschlossen. Falls zusätzlich zu den Erlösen aus der Vermarktung eine Förderung erforderlich ist, erfolgt sie durch eine mengengesteuerte Auktion der gewünschten Erzeugungsleistung. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Förderung technologisch und räumlich zu differenzieren, was insbesondere eine Koordination mit dem Um- und Ausbau der Netze erlaubt.“ Der Vorteil laut Gutachten: Der Förderbedarf sinkt mit steigenden Markterlösen sowie mit sinkenden Anlagenkosten sukzessive ab. Dieser Effekt würde von den Teilnehmern im Wettbewerb um Vergütungsrechte antizipiert, sodass die Förderkosten ebenfalls sinken. Sobald eine erlösbasierte Marktintegration der erneuerbaren Energien erreicht sei, könne die Förderung vollständig entfallen.

Intelligente Netze sparen Kosten

Das Gutachten plädiert zudem für einen weitgehenden Um- und Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze bereits bis 2020. Dies sei erforderlich, um die wachsende Produktion erneuerbarer Energien im System aufzunehmen und die Kosten für die Systemstabilisierung (Redispatch) deutlich zu reduzieren. BET-Geschäftsführer Wolfgang Zander: „Erstmals ist nachgewiesen worden, dass der Netzausbau auch auf der Verteilnetzebene kostengünstiger ist als das Abregeln der Einspeisungen. Innovative Lösungen im Netzausbau sind möglich und tragen zur Kostendämpfung bei. Im heutigen Regulierungssystem werden die Kosten für das Redispatch auf die Netzentgelte umgelegt. Somit ergeben sich in Summe geringere Netzentgelte als ohne Netzausbau. Was fehlt, ist ein Regulierungssystem, das diese dringend notwendigen Investitionen den Investoren im Verteilnetzbereich angemessen vergütet. Vorschläge hierzu liegen auf dem Tisch.“ Es bedürfe geeigneter Instrumente, die es erlauben, die Verteilnetze zu intelligenten Netzen um- und auszubauen. Christoph Niehörster, BET-Bereichsleiter Netzberatung, sagt: „Deshalb müssen hier die Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass insbesondere für innovative Maßnahmen der Zeitverzug bei der Anerkennung in der Erlösobergrenze beseitigt wird.“

Kapazitätsmarktmodell ist möglich

Die Autoren des VKU-Gutachtens verstehen das vorgeschlagene Energiemarktmodell als wichtigen Beitrag in der Diskussion um den Systemumbau. BET-Geschäftsführer Michael Ritzau: „Es konnte gezeigt werden, dass ein wettbewerblich organisiertes Kapazitätsmarktmodell möglich ist und etliche Vorteile hat. Die Bereitstellung gesicherter Leistung bekommt einen Preis und für Erzeuger ist eine bessere Kalkulierbarkeit der Investitionen gegeben.“ Nun müssten die Vorschläge diskutiert werden. Das Modell sei so offen gestaltet, dass ohne Systembrüche weitere Elemente hinzugefügt werden können, so Ritzau.



Stichwörter: Politik, Energiemarktdesign, VKU


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik

EnWG-Novelle: Verbände fordern Nachbesserungen

[16.10.2025] Die Branchenverbände BDEW und BEE begrüßen die Reform des Energiewirtschaftsgesetzes, mahnen aber einfachere Verfahren und weniger Bürokratie an. Beide sehen beim Energy Sharing und beim Netzanschluss dringenden Änderungsbedarf. mehr...

BMWE: Entwurf für Wasserstoff-Beschleunigungsgesetz verabschiedet

[06.10.2025] Die Bundesregierung will den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur beschleunigen. Das Kabinett hat dazu einen Gesetzentwurf beschlossen, der Verfahren vereinfacht, digitalisiert und rechtlich absichert. mehr...

BMWE: Förderaufruf für Wasserstoffprojekte gestartet

[30.09.2025] Das Bundeswirtschaftsministerium hat den zweiten Förderaufruf für internationale Wasserstoffprojekte gestartet. Unternehmen können bis 18. Dezember 2025 Projektskizzen einreichen, um bis zu 30 Millionen Euro Förderung zu erhalten. mehr...

bericht

Wasserstoff: Vom Hochlauf keine Spur

[29.09.2025] Der viel beschworene Wasserstoffhochlauf ist in Deutschland bislang nicht in Sicht, viele Projekte liegen derzeit auf Eis. Die Gründe: fehlende wirtschaftliche Perspektiven, unsichere regulatorische Rahmenbedingungen und eine geringe Nachfrage aus der Industrie. mehr...

BDEW: Wärmepolitik bleibt hinter Bedarf zurück

[25.09.2025] Der BDEW begrüßt die im Bundeshaushalt 2026 vorgesehenen zusätzlichen Mittel für den Ausbau und die Dekarbonisierung der Wärmenetze. Die vorgesehene Summe reiche aber nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. mehr...

bericht

Energiepolitik: Grüne Flexibilität

[25.09.2025] Die Bundesregierung muss im Energiesektor dringend Prioritäten setzen. Insbesondere sollten flexible Erzeugungskapazitäten konsequent aufgebaut und nutzbar gemacht werden. Dadurch eröffnet sich für Stadtwerke ein wirtschaftliches Zukunftsfeld. mehr...

bericht

Monitoringbericht: Positives Echo und Kritik

[17.09.2025] Die Reaktionen auf den Monitoringbericht zur Energiewende zeigen: Der eingeschlagene Kurs wird überwiegend bestätigt, doch die Bewertungen der Akteure fallen unterschiedlich aus. Während Verbände die Klimaziele bekräftigen und den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien einfordern, kritisieren andere eine Verlangsamung und fehlende Planungssicherheit. mehr...

bericht

Monitoringbericht: Energiewende am Scheideweg

[16.09.2025] Die Bundesregierung hat den aktuellen Monitoringbericht zur Energiewende vorgelegt. Er zeigt Erfolge beim Ausbau erneuerbarer Energien, macht aber auch erhebliche Probleme sichtbar. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche schlägt deshalb zehn wirtschafts- und wettbewerbsfreundliche Maßnahmen vor. mehr...

KRITIS-Dachgesetz: Kabinett beschließt Entwurf

[11.09.2025] Die Bundesregierung will Deutschland widerstandsfähiger gegen Krisen und Angriffe machen. Jetzt hat das Kabinett den Entwurf für ein neues KRITIS-Dachgesetz beschlossen. mehr...

GAIA: Kritik an geplanter Änderung des Referenzertrags

[11.09.2025] GAIA warnt vor einem Aus der Windenergie in Süddeutschland. Der Projektentwickler sieht durch die geplante Änderung des Referenzertrags tausende Anlagen, Arbeitsplätze und Investitionen bedroht. mehr...

Baden-Württemberg: Pflicht zur Wärmeplanung ausgeweitet

[05.09.2025] Seit dem 6. August gilt in Baden-Württemberg ein novelliertes Klimaschutzgesetz. Laut KEA-BW betrifft die wichtigste Änderung die Pflicht aller Kommunen, eine Wärmeplanung vorzulegen. mehr...

BDEW: Statement zum Monitoring Energiewende

[01.09.2025] Anlässlich des vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragten Monitorings zur Energiewende fordert der BDEW größere Handlungsspielräume für die Digitalisierung. mehr...

NRW: PV-Initiative gestartet

[27.08.2025] Nordrhein-Westfalen will mehr Sonnenstrom von den Dächern seiner Städte holen. Landesregierung und Wohnungswirtschaft haben dazu eine gemeinsame Initiative für Photovoltaik auf Mehrparteienhäusern gestartet. mehr...

Metropolregion Nordwest: Förderaufruf für Projektideen

[26.08.2025] Die Metropolregion Nordwest ruft zur Einreichung neuer Projektideen für die Energietransformation auf. Bis zum 15. Oktober 2025 können Vorhaben beantragt werden, die Innovationen und länderübergreifende Kooperationen in Bremen und Niedersachsen fördern. mehr...

BSW-Solar: Einschätzung zu Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums

[21.08.2025] Der Bundesverband Solarwirtschaft sieht im aktuellen Entwurf zur Änderung des Energiesteuer- und Stromsteuergesetzes Fortschritte, warnt aber vor fortbestehenden Hürden. Besonders die doppelte Stromsteuer-Belastung für Speicher und E-Autos müsse dringend korrigiert werden. mehr...