EnergiepolitikEU veröffentlicht Winterpaket

Maroš Šefčovič, Vizepräsident für die Energieunion and Miguel Arias Cañete, Kommissar für Klimapolitik und Energie, stellen das EU-Energiepaket vor.
(Bildquelle: Europäische Kommission)
Die Europäische Kommission hat jetzt ein Paket von Maßnahmen zum Thema Saubere Energie für alle Europäer– das so genannte Winterpaket – vorgestellt. Es soll die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union im Zuge der globalen Energiewende sichern. Dabei strebt die Kommission laut eigenen Angaben an, dass Europa beim Übergang zu einem klimafreundlichen Energiesystem eine Vorreiterrolle einnimmt, anstatt sich nur anzupassen. Deshalb habe sich die EU dazu verpflichtet, ihre CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren. Um dies zu erreichen, habe die Energieeffizienz oberste Priorität, sie soll verbindlich um 30 Prozent gesteigert werden. Dazu sollen etwa die EU-Energieeffizienzrichtlinie und die Gebäudeeffizienzrichtlinie neu verhandelt werden. Zudem wolle man die weltweite Führung im Bereich erneuerbare Energien übernehmen – hier wird bis 2030 ein Anteil von 27 Prozent angestrebt – und gleichzeitig ein faires Angebot für Verbraucher bereitstellen. Auch zu den Bereichen Gestaltung des Strommarktes, Sicherheit der Stromversorgung und Steuerung der Energieunion soll es Gesetzesvorschläge geben. Zudem hat die Kommission neue Möglichkeiten für das Öko-Design und eine Strategie für vernetzte und automatisierte Mobilität vorgeschlagen. Der Vizepräsident für die Energieunion, Maroš Šefčovič, erklärte: „Mit dem vorgestellten Paket soll der Übergang zu sauberer Energie bei gleichzeitiger Modernisierung der Wirtschaft unterstützt werden. Europa hat in den letzten Jahren die globale Klimapolitik angeführt und wird auch jetzt durch die Schaffung der Voraussetzungen für nachhaltige Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen mit gutem Beispiel vorangehen.“ Miguel Arias Cañete, Kommissar für Klimapolitik und Energie, ergänzte: „Unsere Vorschläge ermöglichen eine erhebliche Steigerung der Nachfrage nach neuen Technologien, schaffen günstige Voraussetzungen für Investoren, stärken die Stellung des Verbrauchers, sorgen für besser funktionierende Energiemärkte und helfen uns, unsere Klimaziele zu erreichen.“ Durch das ambitionierte Energieeffizienzziel verringere sich die Abhängigkeit Europas von Energieimporten, Arbeitsplätze würden geschaffen und die Emissionenen weiter reduziert. Während sich der Europäische Rat schon im Oktober 2014 auf den Rahmen für die gemeinsame Klima- und Energiepolitik der EU bis 2030 geeinigt hatte, betreffen die jetzigen Vorschläge die wichtigsten verbleibenden Gesetzestexte zur vollständigen Umsetzung dieser Politik. Neben der Revision von Energieeffizienz- und Gebäuderichtline umfasst das Legislativpaket eine so genannte Governance-Verordnung für eine bessere Koordinierung der nationalen Energiepolitiken, eine neue Erneuerbaren-Richtlinie und ein neues europäisches Strommarktdesign.
Es regnete Lob…
Das Winterpaket der Europäischen Kommission hat schnell für Wirbel gesorgt; sowohl Befürworter als auch Gegner politischer Parteien und Verbände haben sich umgehend zu Wort gemeldet. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft lobte etwa das Paket als wichtigen Schritt für einen effizienten EU-Energiebinnenmarkt. „Die Vorschläge der Europäischen Kommission sind ein logischer Schritt auf dem Weg zu einem funktionierenden EU-Energiebinnenmarkt. Einheitliche Regeln, zum Beispiel für die Förderung von Erneuerbaren oder die Ausgestaltung von Kapazitätsmärkten, werden helfen, die klima- und energiepolitischen Ziele der EU auf kosteneffiziente Weise zu erreichen“, sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Es gebe zwar sicherlich noch Diskussionsbedarf, wer aber voreilig Kassandrarufe ausstoße und im Winterpaket das Ende der Erneuerbaren sieht, ignoriere die technischen und ökonomischen Realitäten. Gleichzeitig machte Kapferer klar, dass sichergestellt werden müsse, dass den Erneuerbaren ein vorrangiger Netzzugang garantiert werde. Wenn erneuerbare Energien zeitweise abgeregelt werden müssen, sollten die Entschädigungsregeln so gefasst werden, dass sich Anlagenbetreiber nicht gezwungen sehen, Risikoprämien einzupreisen. Auch die European Energy Exchange (EEX) begrüßt das so genannte Winterpaket. „Wir sehen dieses Paket als grundlegende Entscheidung dafür, wettbewerblichen und marktbasierten Prinzipien zu vertrauen“, erklärte Tobias Paulun, Strategievorstand der EEX. Die Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) zollte ebenfalls Beifall: Die Fortsetzung wichtiger Energieeffizienzpolitiken sei notwendig, um die dringend benötigte Planungssicherheit für Investitionen zu gewährleisten. Eine aktuelle Unternehmensbefragung der DENEFF zeige, dass die EU-Energieeffizienzrichtlinie von der Energieeffizienzbranche als sehr effektiv bewertet werde. Die befragten Unternehmen wünschten sich aber eine deutlich ambitioniertere Weiterführung von Zielen und Maßnahmen für die Zeit bis 2030. Carsten Müller, Mitglied des Deutschen Bundestages und Vorstandsvorsitzender von DENEFF: „Die Energieeffizienzrichtlinie ist extrem wirkungsvoll. Ohne sie ist eine bezahlbare Energiewende in Europa undenkbar. Wenn wir hier ehrgeiziger sind, können unsere Volkswirtschaften nur gewinnen. Kein Wunder also, dass viele Unternehmen eine ambitionierte Revision der Richtlinie wünschen. Energieeffizienz ist ein Jobmotor, und außerdem ist sie gut für die Verbraucher und den Klimaschutz.“ Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lobte das Paket als einen ersten wichtigen Schritt, um den europäischen Energierahmen grundlegend neu zu gestalten. Mehr Koordinierung, ein gestärkter europäischer Binnenmarkt und ein ambitioniertes Energieeffizienzziel – das sei der richtige Weg. Das Strommarktdesign greife die deutsche Richtungsentscheidung für einen Strommarkt 2.0 auf und es sei auch richtig, die Versorgungssicherheit zukünftig grenzüberschreitend zu betrachten. Der Minister räumte aber auch ein, dass bei anderen Themen noch der richtige Wurf fehle.
… und Tadel
Als verpasste Chance hingegen bezeichnete der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) das Paket, es verlangsame die europäische Energiewende. „Das veröffentlichte Energiepaket verpasst die Chance, die Europäische Union zur Nummer eins bei den Erneuerbaren Energien zu machen“, kommentierte Rainer Hinrichs-Rahlwes, Europaexperte im BEE-Vorstand, das mehrere hundert Seiten starke Papier. „Durch die jetzigen Rahmenbedingungen für Fördersysteme fehlen Investoren Investitions- und Rechtssicherheit. “ So sehe das Energiepaket etwa eingeschränkte Regelungen zum Einspeisevorrang für erneuerbare Energien vor, nur noch Anlagen mit einer Leistung unter 250 Kiolwatt (kW) sollen bevorzugt einspeisen dürfen und zwar dann, wenn gleichzeitig der Ökostrom einen Anteil von 15 Prozent an der Stromerzeugung erreicht. „Die Europäische Union greift mit ihren Vorgaben zu sehr in die Gestaltungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Energiewende ein. Sie verhindert damit Flexibilität und nimmt den Mitgliedsstaaten Gestaltungsfreiheit“, kritisiert Hinrichs-Rahlwes. Auch Energieexperte Niklas Schinerl von der Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert: „Das Paket legt die deutsche Energiewende in Ketten und tritt das Pariser Klimaabkommen mit Füßen. Die noch immer mächtige Kohle- und Atomlobby will sich mit Kapazitätsmärkten eine Lebensversicherung für ihre schmutzigen und gefährlichen Meiler erschleichen. Wenn künftig ganze Windparks abgeklemmt werden, damit Kohlekraftwerke und Atommeiler an windigen Tagen durchlaufen können, dann bringt das Energiepaket Deutschland um die Früchte der Energiewende.“ Ebenso wies die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer, Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie, darauf hin, dass das mit der Klimaschutzvereinbarung von Paris vereinbarte 2-Grad-Ziel mit dem Maßnahmenpaket verfehlt werde. Auch Bündnis 90/Die Grünen lehnen das EU-Energiepaket ab. Der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter bekräftigte: „Die EU-Kommission stellt sich mit ihrem Energiepaket fest an die Seite der alten Energiewelt. So schreibt sie das Pariser Klimaabkommen in den Wind und dreht die Uhr der Energiewende zurück. Dieser Entwurf will die Stromversorgung einer Hand voll Großkonzerne überlassen, anstatt einer Energiewende von unten den Rücken zu stärken.“ Deshalb sagte Hofreiter, er erwarte, dass die Bundesregierung entschlossen interveniert. Und auch die Vision von Oliver Krischer, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen sieht anders aus: „Statt Milliarden-Subventionen für bestehende klimaschädliche Kohlekraftwerke und hochgefährliche AKWs brauchen wir ein Strommarktdesign, welches Anreize für Erneuerbare und Speicher setzt. Doch weder die EU-Kommission noch die Bundesregierung macht hier zukunftsorientierte Vorschläge. Dabei kann ein ökologischer Flexibilitätsmarkt kostengünstig die emissionsärmsten und flexibelsten Emissionen anreizen.“
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