Dienstag, 30. Dezember 2025

Stadtwerke WunsiedelAuf dem Weg zur Energieautonomie

[13.02.2017] Im oberfränkischen Wunsiedel wird die Energiewende vor Ort vorbildlich umgesetzt. Dafür erhielten die Stadtwerke Wunsiedel den Stadtwerke Award 2016. stadt+werk sprach mit Geschäftsführer Marco Krasser über den Wunsiedler Weg Energie 2.0.
Marco Krasser: Die Akzeptanz der Bürger für Veränderungen erreichen wir mit deren aktiven Beteiligung.

Marco Krasser: Die Akzeptanz der Bürger für Veränderungen erreichen wir mit deren aktiven Beteiligung.

(Bildquelle: SWW Wunsiedel)

Herr Krasser, die Stadtwerke Wunsiedel haben den ersten Preis beim Stadtwerke Award 2016 erhalten. In der Begründung der Jury heißt es, Ihr Unternehmen liefert eine Blaupause für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Wie sieht diese aus?

Der Wunsiedler Weg Energie 2.0 ist ein ganzheitlicher Ansatz zur lokalen Umsetzung der Energiewende. Unsere Vision ist eine Energiezukunft auf Basis erneuerbarer Energien in allen Sektoren, also Wärme, Strom und Mobilität. In vielen Projekten ist diese Vision bereits in die Realität umgesetzt worden. Die SWW Wunsiedel setzt seit einigen Jahren verstärkt auf regenerative Energien und nachhaltige Technologien. Durch die Nutzung von Solarenergie, Holz, Windenergie und moderne Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung entstehen nicht nur neue Arbeitsplätze – wir sichern kommenden Generationen auch eine lebenswerte Zukunft.

Welche Ziele wollen Sie erreichen?

Das von den Stadtwerken und der Stadt entwickelte Konzept hat langfristig die Energieautonomie zum Ziel. Die Energieautonomie ist jedoch kein Selbstzweck, vielmehr stellt sie einen Betriebszustand dar. Wichtigste Aufgabe ist es, ein großes Verbundnetz zu schaffen und einen wichtigen Beitrag zu dessen Stabilität zu leisten. Die SWW betreiben auch Forschung und Entwicklung und sensibilisieren die Einwohner mit verschiedenen Projekten für regenerative Energien.

Welche Schwerpunkte setzen Sie beim Ausbau erneuerbarer Energien?

Die Schwerpunkte liegen im Ausbau der Photovoltaik, Windenergie und Biomasse. Diese Technologien liefern uns inzwischen mehrere Millionen Kilowattstunden Ökostrom im Jahr. Hinzu kommt eine Nahwärmeversorgung mittels der besonders effizienten Kraft-Wärme-Kopplung. Unser Anliegen ist die Nutzung der gesamten bei der Stromerzeugung anfallenden Wärme und die komplett regionale Verwendung des Rohstoffes Holz, vom Wipfel bis zum Span. Unsere zertifizierten Holzpellets etwa werden im Werk Holenbrunn aus regional anfallenden Sägespänen produziert. Seit 2004 setzen wir auf Photovoltaik in Form von Bürgerbeteiligungsanlagen. 2010 kam die Windenergie hinzu, 2012 Bioenergieanlagen, Nahwärme und das schnelle Internet mit Bandbreiten bis zu 200 Megabit pro Sekunde. 2016 startete dann noch das neue Ökostromangebot mit dem Namen FichtelgebirgsStrom, das wir mit dem Energieverbund Zukunftsenergie Fichtelgebirge entwickelt haben. Verbraucher aus einem Gebiet mit mehr als 70.000 Einwohnern können regionalen Strom aus Photovoltaik, Biomasse und Windkraft beziehen. Der neue Stromtarif bringt Konsumenten und Produzenten von Ökostrom in der Region zusammen, denn auch private Stromerzeuger aus der oberfränkischen Gegend dürfen ihren regenerativen Strom künftig an das Projekt der Partner verkaufen.

„Unsere Vision ist eine Energiezukunft auf Basis erneuerbarer Energien in allen Sektoren.”
Sie setzen auch auf Bürgerbeteiligung. Was sind die Erfolgsfaktoren?

Die Akzeptanz der Bürger für Veränderungen erreichen wir mit deren aktiven Beteiligung. Die Bürger sind in alle Stadien der Projekte eingebunden und können sich an entsprechenden Vorhaben auch finanziell beteiligen und den in den Anlagen erzeugten Strom erwerben. Ein weiterer Faktor ist eine niedrige Beteiligungsschwelle, in unseren Fällen konnten sich die Bürger bereits mit 500 Euro an den Projekten beteiligen. Wir haben bei unseren Bürgern erfolgreich darum geworben, dass eine zukunftsfähige Energieversorgung dezentral und erneuerbar sein muss. Das lohnt sich auch wirtschaftlich, die Wertschöpfung von Bioenergieanlagen oder einer Nahwärmeversorgung bleibt zu einem großen Teil in der Region – im Gegensatz zu fossilen Energietechnologien. Dieser Aspekt erhöht ebenfalls die Akzeptanz.

Was können sich andere Stadtwerke bei Ihnen abschauen?

Ein Erfolgsfaktor ist, dass wir die kommunale Energiewende in allen Sektoren, sowohl im Wärme- und Strombereich als auch in der Mobilität, vorantreiben. Darüber hinaus vernetzen wir die Sektoren miteinander. Die Nahwärmeversorgung etwa nutzt die Abwärme der Bioenergie-BHKW, das Regionalstrommodell bietet den daraus gewonnenen Strom an. Konkrete Projekte sind in anderen Kommunen sicherlich regional unterschiedlich auszugestalten, hier ist es sinnvoll, die individuellen Potenziale vor Ort zu nutzen. Besonders wichtig für uns sind auch die Beteiligung der Bürger und die Integration der kommunalen Klimaschutzziele. Nicht zuletzt gehört eine fachkundige Beratung zum Erfolg hinzu. In Energie- und Rechtsfragen haben uns die Experten des Beratungsunternehmens Sterr-Kölln & Partner begleitet. Kommunen können das nötige Know-how angesichts der Komplexität des sich ständig wandelnden Energiemarkts nicht mehr alleine aufbringen.

Interview: Alexander Schaeff

Krasser, MarcoMarco Krasser, Jahrgang 1972, arbeitet seit 1998 bei der SWW Wunsiedel GmbH. Im Jahr 2001 wurde er zum Geschäftsführer des kommunalen Versorgers berufen. Der Diplom-Ingenieur (FH) studierte Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Energieerzeugung.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Unternehmen

Steag Iqony Group: Führungswechsel im kommenden Jahr

[18.12.2025] Bei der Steag Iqony Group steht ein Führungswechsel an: Gundolf Schweppe übernimmt im Mai 2026 den Vorstandsvorsitz. Er folgt auf Andreas Reichel, der das Unternehmen seit 2020 geführt hat und planmäßig in den Ruhestand geht. mehr...

MVV Energie: Solides Ergebnis für 2025

[16.12.2025] Trotz sinkender Großhandelspreise hat MVV Energie im Geschäftsjahr 2025 ein solides operatives Ergebnis erzielt und ihr Investitionsvolumen deutlich erhöht. Mehr als 500 Millionen Euro flossen vor allem in Projekte der Wärme- und Stromwende sowie in grüne Kundenlösungen. mehr...

Thüga: Zusammenschluss zu regionalem Versorger

[15.12.2025] Thüga Energie und ThügaNETZE wollen ab 2026 unter einem Dach auftreten und so ihre Kräfte in den Regionen bündeln. Der Zusammenschluss soll Effizienz schaffen, die Energie- und Wärmewende unterstützen und zugleich einen Wechsel an den Unternehmensspitzen bringen. mehr...

Stadtwerke Lübeck: Kommunale Partnerschaft erweitert

[08.12.2025] Stadtwerke Lübeck Solutions hat drei neue kommunale Partner gewonnen, die sich als Kommanditisten an der Digitaleinheit beteiligen. Mit der Stadt Mölln, dem Kreis Segeberg und der IT-Allianz Nord soll die Entwicklung skalierbarer Lösungen für die öffentliche Verwaltung vorangetrieben werden. mehr...

Trianel: Award für Nachhaltigkeitsbericht

[03.12.2025] Trianel hat für seinen ersten Nachhaltigkeitsbericht nach dem ESRS VSME Standard den Exzellenz Status der ESG Transparency Awards 2025 erreicht. mehr...

Kreis Dingolfing-Landau: Bezug von Ökostrom verlängert

[03.12.2025] Der Landkreis Dingolfing-Landau bezieht auch in den kommenden drei Jahren zertifizierten Ökostrom der Stadtwerke Dingolfing. Die Stadtwerke gingen erneut als wirtschaftlichster Anbieter einer bundesweiten Ausschreibung hervor. mehr...

Konstanz: Gründung von Wärmeverbund

[27.11.2025] Die Stadtwerke Konstanz gründen gemeinsam mit Solarcomplex eine Gesellschaft für den Aufbau eines regenerativen Wärmeverbunds im neuen Stadtteil Hafner. Der Entscheidung des Gemeinderats zufolge soll Wärmeversorgung Hafner Wärmepumpen und eine eigene Photovoltaikanlage bündeln. mehr...

Stadtwerke Fürstenfeldbruck: Digitaler Assistent im Kundenservice

[26.11.2025] Die Stadtwerke Fürstenfeldbruck setzen seit Mitte November auf einen KI-basierten Telefonassistenten, um ihre Erreichbarkeit zu verbessern. Der digitale Mitarbeiter namens Oskar beantwortet Anrufe rund um die Uhr und übernimmt erste Kundenanliegen selbstständig. mehr...

JUWI: Grüner Strom für Stahlproduktion

[19.11.2025] Feralpi Stahl und der Projektentwickler JUWI wollen prüfen, ob Wind- und Solarkraft aus Sachsen künftig grünen Strom für die Stahlproduktion in Riesa liefern kann. Die Unternehmen sehen darin einen möglichen Schritt zu klimafreundlicherem Stahl und zu mehr regionaler Wertschöpfung. mehr...

sewikom/BeSte Stadtwerke: Start von kombinierten Tarifen

[18.11.2025] sewikom und BeSte Stadtwerke starten kombinierte Tarife für Glasfaserinternet, Ökostrom und Gas in mehreren Kommunen des Kreises Höxter. Die Kooperation soll Haushalten günstigere Konditionen und einen einfacheren Einstieg in die nachhaltige Energieversorgung bieten. mehr...

Stadtwerke Bocholt Gruppe: Übernahme der Stadtwerke Rhede

[07.11.2025] Die Stadtwerke Rhede schließen sich Anfang November 2025 der Stadtwerke Bocholt Gruppe an, um die Energie- und Wasserversorgung in der Region zukunftssicher zu stärken. Für Kundinnen und Kunden sollen sich dabei weder Tarife noch bestehende Angebote ändern. mehr...

dena: Energy Efficiency Awards 2025 vergeben

[06.11.2025] Auf dem dena-Energiewende-Kongress in Berlin sind fünf Unternehmen mit dem Energy Efficiency Award 2025 geehrt worden. Die Auszeichnung würdigt innovative Projekte, die zeigen, wie Energiewende und Klimaschutz in der Wirtschaft vorankommen. mehr...

Steag Iqony: Übernahme von Uniper Wärme abgeschlossen

[04.11.2025] Die Steag Iqony Group hat die Übernahme von Uniper Wärme abgeschlossen und stärkt damit ihre Position im Fernwärmemarkt im Ruhrgebiet. Laut Unternehmensangaben soll die Wärmeversorgung in der Region sicherer und klimafreundlicher werden. mehr...

Frankfurt am Main: Mainova bleibt Energiepartnerin

[04.11.2025] Die Stadt Frankfurt am Main bezieht auch ab 2026 weiter Strom und Erdgas von Mainova. Der regionale Energiedienstleister versorgt tausende kommunale Gebäude und stellt vollständig Ökostrom bereit. mehr...

EnBW: Gründung des Energy Launchpad

[28.10.2025] Mit dem Energy Launchpad haben EnBW und Partner aus Wissenschaft, Industrie und Start-up-Szene eine neue europäische Plattform für Energieinnovation ins Leben gerufen. Ziel ist es, grenzüberschreitend Lösungen für ein widerstandsfähiges und nachhaltiges Energiesystem zu entwickeln. mehr...