Freitag, 12. September 2025

ElektromobilitätLeitfaden für die Infrastruktur

[17.04.2019] Immer mehr Elektrofahrzeuge verkehren auf Deutschlands Straßen. Damit nimmt auch der Bedarf an Ladesäulen zu. Wie Kommunen ihre Infrastruktur in fünf Schritten bedarfsgerecht ausbauen können, zeigt ein Leitfaden des Unternehmens endura kommunal.
Mit zunehmender Verbreitung von Elektrofahrzeugen wird auch die kommunale Lade-Infrastruktur immer wichtiger.

Mit zunehmender Verbreitung von Elektrofahrzeugen wird auch die kommunale Lade-Infrastruktur immer wichtiger.

(Bildquelle: innogy SE)

Es kommt Bewegung in die Elektromobilität: Anfang vergangenen Jahres ist der Bestand in Deutschland auf 98.000 Fahrzeuge gestiegen – ein Plus von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Da diese Zahlen aller Voraussicht nach weiter wachsen, rückt auch die Frage nach der Lade-Infrastruktur in den Kommunen stärker in den Fokus. Wie Städte und Gemeinden das Thema richtig angehen können, zeigt ein Leitfaden des Beratungsunternehmens endura kommunal.
Kommunalverwaltungen müssen sich mit zahlreichen Fragen rund um die Mobilität befassen. Dazu zählen neben dem Aufbau der Lade-Infrastruktur drohende Fahrverbote, die Etablierung des Carsharing oder die Elektrifizierung des eigenen Fuhrparks. Die Transformation der fossilen Verkehrsinfrastruktur hin zu einer klimafreundlichen ist eine Herkulesaufgabe. Grund sind nicht nur die Komplexität und Fülle der Themen. Es ist auch eine Herausforderung, diese aufeinander abgestimmt, bedarfsorientiert und kostengünstig zu realisieren. Besonders deutlich wird das bei der Lade-Infrastruktur. Aktuell entstehen in vielen Kommunen öffentliche, geförderte Ladesäulen.

Fehlplatzierung vermeiden

In nur wenigen Fällen werden diese aber im Rahmen eines bedarfsorientierten Lade-Infrastrukturkonzepts, geschweige denn als abgestimmter Baustein eines regionalen Mobilitätskonzepts geplant und aufgebaut. In der jüngeren Vergangenheit haben die häufig nur kurzfristig verfügbaren Landes- und Bundesfördermittel dazu geführt, dass Ladesäulen ohne umfassendes Infrastrukturkonzept an mutmaßlich relevanten Standorten, etwa dem Rathausvorplatz, errichtet wurden. Steht die Ladesäule erst einmal, wird sie so schnell nicht wieder abgebaut oder versetzt. Angesichts der Baukosten und Nutzungsdauer solch einer Infrastruktur sollte eine Fehldimensionierung und -platzierung jedoch unbedingt vermieden werden.
Klar ist: Die wachsende Zahl an Elektrofahrzeugen wird langfristig den Bedarf an öffentlich zugänglicher Lade-Infrastruktur deutlich erhöhen. Die Nationale Plattform Elektromobilität geht davon aus, dass bis zum Jahr 2020 bis zu 70.000 öffentliche Ladepunkte benötigt werden könnten. Im Dezember 2018 waren laut Bundesnetzagentur aber nur knapp 14.000 Ladepunkte registriert. Die Kommunen werden eine wichtige Rolle spielen, um diese Lücke zu schließen.

Am Nutzer orientieren

Soll die öffentliche Lade-Infrastruktur bedarfsgerecht geplant werden, muss sie sich an den künftigen Nutzern und deren Ladeverhalten orientieren. Voraussichtlich werden öffentlich zugängliche Ladesäulen diejenigen in der eigenen Garage oder am Arbeitsplatz ergänzen. Typische Einsatzszenarien sind deshalb das Schnellladen an der Raststätte bei weiten Fahrten und das Zwischenladen im Parkhaus oder auf dem Kundenparkplatz. Außerhalb des direkten Gestaltungsspielraums der Kommune liegen dabei halb-öffentliche Räume, also Lade-Infrastruktur auf privaten Flächen wie einem Supermarktparkplatz, der zwar für jedermann zugänglich ist, jedoch privat bewirtschaftet wird.
Hilfestellung bei der Planung, Genehmigung und Umsetzung gibt der Leitfaden von endura kommunal, der fünf Schritte zur kommunalen Lade-Infrastruktur beschreibt: das Standortkonzept, Betreiber der Infrastruktur, die technische Vorplanung, den Antrags- und Genehmigungsprozess sowie die Errichtung und den Betrieb. Der Leitfaden zeigt den Verwaltungen einerseits die einzelnen Prozessschritte und Einflussmöglichkeiten bei der Planung und Errichtung von Ladesäulen auf, andererseits gibt er ihnen Kriterien für die Bewertung von geeigneten Standorten an die Hand.

Genaue Daten zum Standort

Im ersten Schritt beantwortet ein Standortkonzept die W-Fragen (wo, was, wieviel…) in Bezug auf die Lade-Infrastruktur. Dazu wird der Bestand erfasst und anhand von Verkehrsdaten der Ladesäulenbedarf abgeschätzt. Mittels ausgewählter Parameter leitet endura kommunal geeignete Standorte ab und bewertet sie. Die Anzahl und Leistung der Lade-Infrastruktur bemisst sich am erwarteten Nutzerverhalten. Idealerweise ist ein solches Konzept in ein übergeordnetes Stadtentwicklungs- oder Mobilitätskonzept eingebunden, um Synergieeffekte zu nutzen und Fehlplanungen zu vermeiden.
Eine wesentliche Frage ist auch, wer der Betreiber der öffentlichen Ladesäuleninfrastruktur sein wird. In der Regel ist dies das Stadtwerk oder ein spezialisierter Dienstleister, der über das Know-how und die Kapazitäten für einen reibungslosen Betrieb sowie die Wartung und Abrechnung der Ladesäulen verfügt. Der oder die potenziellen Betreiber sollten ein schlüssiges Betreiberkonzept vorlegen. Bei der technischen Vorplanung der Infrastruktur untersuchen Planer vor Ort die vorgeschlagenen Standorte aus dem Standortkonzept auf ihre technische Eignung. Es wird Kontakt mit dem Netzbetreiber und den ausführenden Elektro- und Baufirmen aufgenommen und konkrete Angebote für die Umsetzung eingeholt.

Konformität mit dem Bebauungsplan

Will ein Betreiber Ladestationen im öffentlichen Raum aufstellen, muss er an die Kommunalverwaltung einen Antrag auf straßenrechtliche Sondernutzung stellen. Die Kommune wird darüber nach ihrem Ermessensspielraum entscheiden. In der Regel dauert dieser Prozess, je nach Verwaltung, mehrere Wochen. Der zukünftige Betreiber muss genaue Daten für den jeweiligen Standort einreichen, wie Lagepläne, Fotoaufnahmen oder die Verkehrsbeschilderung. Die zuständige Behörde prüft den Antrag auf verschiedene Aspekte, etwa die optische Integration der Infrastruktur in das Stadtbild, die Konformität mit dem Bebauungsplan, die Notwendigkeit der Ausweisung von Sonderparkflächen, die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht sowie die Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs nach Straßenverkehrsrecht. In der Sondernutzungserlaubnis können mittels Nebenbestimmungen Auflagen für den Betreiber festgesetzt werden. Dies sind beispielsweise Vorgaben zur Tarifierung oder eine Rückbauverpflichtung.
Erteilt die Verwaltung die Sondernutzungserlaubnis, kann der Betreiber eine Baugenehmigung beantragen. Ist diese bewilligt, darf mit der Bauausführung begonnen werden. Die Errichtung der Ladesäule erfolgt im Auftrag oder durch den Betreiber selbst. Dazu gehören unter anderem die Fundamentsetzung, der Anschluss der Ladesäule ans Stromnetz und die Erstellung von Prüfprotokollen. Ist die Ladesäule errichtet, trägt der Betreiber für diese die so genannte Verkehrssicherungspflicht. Er hat alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu gewährleisten.

Zusätzliche Vorteile heben

Ist der Prozess klar strukturiert, lässt sich die öffentliche Lade-Infrastruktur in Kommunen jeder Größenordnung realisieren. Ist die Planung darüber hinaus in einen übergeordneten Kontext, wie ein regionales Mobilitätskonzept oder -netzwerk eingebettet, ergeben sich zusätzlich Vorteile: Zum einen lassen sich auf regionaler Planungsebene der Bedarf und die möglichen Standorte besser ermitteln und verteilen. Zum anderen können weitere Maßnahmen, etwa Carsharing-, E-Bus- oder ÖPNV-Angebote, besser aufeinander abgestimmt werden, sodass sie sinnvoll ineinander greifen und sich ergänzen. Der Leitfaden kann kostenfrei über die Webseite von endura kommunal bezogen werden.

Lennart Frenschkowski

Frenschkowski, LennartLennart Frenschkowski ist Projektleiter im Bereich Mobilität der Beratungsfirma endura kommunal, die sich auf erneuerbare Energien und die kommunale Energieversorgung spezialisiert hat.



Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Elektromobilität

Rodgau: Projekt zu Management von E-Ladeplätzen

[04.09.2025] In Rodgau entsteht eine neue Lösung für das Management von E-Ladeplätzen. Das hessische Digitalministerium fördert das Projekt mit rund 119.000 Euro, um Belegungen präzise zu erfassen und Elektromobilität alltagstauglicher zu machen. mehr...

Stuttgart: Neuer Ladepark eröffnet

[04.09.2025] Die Stadtwerke Stuttgart haben im Römerkastell in Bad Cannstatt einen neuen Ladepark mit 56 Ladepunkten eröffnet, darunter sechs Schnellladepunkte. Damit wächst das städtische Ladenetz für E-Fahrzeuge weiter und soll den Umstieg auf klimafreundliche Mobilität erleichtern. mehr...

Dortmund: Ladebordsteine in Betrieb genommen

[01.09.2025] In der Dortmunder Innenstadt sind erstmals Ladebordsteine in Betrieb gegangen. Das Gemeinschaftsprojekt von DEW21 und der Stadt soll platzsparendes und alltagstaugliches Laden von Elektroautos ermöglichen. mehr...

M3E: Analyse-Tool für Aufbau von Lade-Infrastruktur

[28.08.2025] Das Berliner Beratungsunternehmen M3E hat ein digitales Analyse-Tool entwickelt, das Kommunen und Unternehmen beim Aufbau von Lade-Infrastruktur unterstützt. Der „Bedarfscheck Ladeinfrastruktur“ bündelt Informationen, automatisiert Abfragen und schafft so eine solide Basis für Investitionsentscheidungen. mehr...

E.ON: Studie zum Laden

[19.08.2025] Eine aktuelle E.ON-Studie zeigt: Viele E-Autofahrerinnen und -fahrer interessieren sich für innovative Stromtarife und das bidirektionale Laden. Vor allem Tarife mit Nachtladebonus und die Möglichkeit, das Auto als Energiespeicher zu nutzen, stoßen auf Zuspruch. mehr...

Stadtwerke Baden-Baden: Busflotte um E-Fahrzeuge erweitert

[15.08.2025] Die Stadtwerke Baden-Baden erweitern ihre Busflotte um Elektrofahrzeuge. Zehn von insgesamt 15 geplanten E-Bussen sind bereits eingetroffen, der vollständige Betrieb soll Mitte September starten. mehr...

BMWE: Studie zu batterieelektrischen Lkws veröffentlicht

[15.08.2025] Eine neue Studie aus dem Technologieprogramm „IKT für Elektromobilität“ beleuchtet den Stand batterieelektrischer Lkw. Sie zeigt Einsatzmöglichkeiten und Forschungsbedarf rund um intelligentes Laden schwerer Nutzfahrzeuge. mehr...

WEMAG: Wash’n Go

[25.07.2025] WEMAG hat gemeinsam mit EasyCarWash zwei neue Schnellladesäulen in Schwerin und Lübz in Betrieb genommen. Die Stationen mit bis zu 150 kW Ladeleistung sollen Elektromobilität in Mecklenburg-Vorpommern weiter stärken. mehr...

Sachsen: Tool stellt Parkplatzflächen bereit

[10.07.2025] Der Freistaat Sachsen stellt über 50 eigene Parkplatzflächen im FlächenTOOL der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur zur Verfügung. Damit sollen private Investoren den Ausbau öffentlich zugänglicher Lade-Infrastruktur weiter vorantreiben. mehr...

enercity: 75 E-Transporter fahren in Hannover

[08.07.2025] Volkswagen Nutzfahrzeuge und der Energieversorger enercity bauen ihre Partnerschaft aus. Inzwischen sind 75 elektrische ID. Buzz Cargo im Fuhrpark von enercity im Einsatz. Ziel ist eine vollständig emissionsfreie Fahrzeugflotte bis 2035. mehr...

Ladetechnik: Neue Wallbox-Serie von Hager

[06.06.2025] Die Firma Hager stellt mit witty eine neue Produktfamilie für Ladeinfrastruktur vor. Die Modelle sind für Privathaushalte, Mischimmobilien und öffentliche Parkplätze konzipiert. Ein Modell für den öffentlichen Raum soll ab Oktober 2025 erhältlich sein. mehr...

WSW: Erste Schnellladestation in Betrieb

[05.06.2025] Die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) haben ihre erste Schnellladestation für Elektrofahrzeuge in Betrieb genommen. An der Immermannstraße in Elberfeld können E-Autos nun mit bis zu 150 Kilowatt Leistung pro Ladepunkt deutlich schneller geladen werden. mehr...

Witten: Erster HPC-Lader integriert

[04.06.2025] Die Stadtwerke Witten erweitern ihre Lade-Infrastruktur um die Schnellladetechnologie eTower 200 von Compleo. Der erste HPC-Lader wurde jetzt in Witten-Herbede in Betrieb genommen – weitere sollen folgen. mehr...

BDEW-Elektromobilitätsmonitor: Geringe Auslastung der Ladepunkte

[30.05.2025] Im ersten Quartal 2025 wurden so viele Elektroautos zugelassen wie nie zuvor. Öffentliche Ladesäulen sind inzwischen fast überall verfügbar – und in den meisten Fällen ist Strom günstiger als Benzin. Das zeigt der neue Elektromobilitätsmonitor des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. mehr...

Stuttgart: 360 Ladepunkte für Parkgaragen

[21.05.2025] In sechs zentralen Parkgaragen haben die Stadtwerke Stuttgart insgesamt 360 neue Ladepunkte für Elektroautos in Betrieb genommen. Die Maßnahme ist Teil der beiden vom Land geförderten Projekte E-Quartiershub 1 und 2 und soll Elektromobilität sowie nachhaltige Stadtentwicklung vorantreiben. mehr...