Montag, 28. Juli 2025

KundenserviceIntelligente Voicebots

[28.07.2025] Der Kundenservice bei Stadtwerken und Energieversorgern muss auf immer komplexere Fragestellungen reagieren – und das bei dünner Personaldecke und knappen Budgets. Fortschrittliche KI-gestützte Voicebots können die Zufriedenheit der Kunden trotzdem sichern.

KI entlastet Supportmitarbeiter und stellt Kunden zufrieden.

(Bildquelle: PB Studio Photo/stock.adobe.com)

Die Energiewende lässt die Servicetelefone der Stadtwerke und Energieversorger heiß laufen. Mit Wärmepumpen, Solaranlagen und Co. wird der Energiemix immer vielfältiger. Entsprechend komplexer werden die Anliegen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Der resultierende erhöhte Beratungsbedarf kollidiert vielerorts mit begrenzten personellen Ressourcen im Kundenservice. Immer weniger Supportmitarbeitende müssen neben Fällen mit hohem Beratungsbedarf auch Standardprozesse wie Abschlagsanpassungen, Vertragswechsel oder Zählerstandsmeldungen bewältigen. Diese binden durch ihr hohes Aufkommen operative Ressourcen – vor allem, wenn das Automatisierungspotenzial bei Routine-Workflows noch nicht ausgeschöpft wurde.

Gerade im Kundensupport stehen für die Automatisierung von Standardprozessen einige Tools zur Verfügung. Doch werden diese akzeptiert? Unter den 411 Stadtwerken, die das Unternehmen Botfriends im Rahmen der aktuellen Studie „Status Quo im Stadtwerke-Kundenservice 2025“ untersucht hat, nutzen gerade mal elf Prozent Chatbots aktiv für die Kundenbetreuung. Diese Zurückhaltung und der mangelnde Investitionswille könnten zum Teil darin begründet sein, dass viele Stadtwerke vor der KI-Ära negative Erfahrungen mit rudimentären Chatbots gemacht haben. Verbraucherinnen und Verbraucher haben dabei oft mehr Frust als Unterstützung erfahren – insofern generierten frühere Chatbot-Modelle insbesondere bei komplexen Anfragen nur wenig Nachfrage. Laut der Umfrage gelten die Klassiker Telefon und E-Mail immer noch als Kontaktmittel der ersten Wahl und werden ausnahmslos von allen befragten Stadtwerken angeboten. Allerdings setzt der Personalmangel den Stadtwerken Grenzen beim Besetzen ihrer Tele­fone.

Mit natürlicher Sprache

Vor diesem Hintergrund sind Voicebots ein vielversprechender Kompromiss zwischen dem Redebedarf der Verbraucherinnen und Verbraucher und der Personalausstattung in Stadtwerken und Energieversorgungsunternehmen. Die digitalen Assistenten können telefonische Anfragen eigenständig entgegennehmen und vorbearbeiten, um so wertvolle Arbeitszeit einzusparen. Dabei werden die Anrufenden nicht wie bei frühen Chatbots von einer mechanischen Stimme begrüßt, die sie unflexibel durch ein nummeriertes Optionsmenü lotst. Dank KI-gestützter Sprach- und Intent-Erkennung gehört dies der Vergangenheit an – moderne Voicebots verstehen Anfragen in natürlicher Sprache. Machine Learning (ML) und Natural Language Processing (NLP) versetzen sie in die Lage, ebenso natürlich und zielgerichtet zu antworten. In vielen Fällen kann also ein Telefonat mit einem Voicebot bereits zum Fallabschluss führen.

Fallabschluss als Ziel

Gerade im Energiesektor gehen viele Informationen jedoch nicht per Telefon, sondern weiterhin über Text ein – etwa Zählerstände per E-Mail. Deshalb bietet das Unternehmen Aristech auch eine automatisierte E-Mail-Verarbeitung per KI an. Die Plattform von Aristech integriert Voice- und Mailbots aufeinander abgestimmt. Auch lassen sich mehrere Voicebot-Instanzen gleichzeitig betreiben – etwa, wenn ein Supportdienstleister im Auftrag mehrerer Stadtwerke agiert. Unterschiede in Sprache, Prozessen oder Systemlandschaften können berücksichtigt werden, ohne dass dafür separate Infrastrukturen nötig sind. 

Auf der E-Mail-Seite geht Aristech über einfache Klassifikation hinaus. Ziel ist die fallabschließende Bearbeitung wiederkehrender Anliegen – etwa Adress- oder Bankdatenänderungen, Zählerstandsmeldungen oder Standardauskünfte. Dafür analysieren NLP-Modelle den Inhalt der E-Mail und etwaiger Anhänge, extrahieren relevante Informationen und führen automatisch eine kontextbezogene Verknüpfung mit bestehenden Back-End-Daten durch. Selbst komplexe Authentifizierungsschritte lassen sich so datenschutzkonform automatisieren – zum Beispiel durch eine mehrdimensionale Analyse von Kundendaten aus Text und Dokumenten. Wo eine vollständige Automatisierung nicht möglich ist, erleichtert das System seinen menschlichen Kolleginnen und Kollegen die Arbeit durch eine strukturierte Übergabe: Anfragen werden mit allen relevanten Metadaten angereichert, potenzielle Antwortvorschläge bereitgestellt und notwendige Folgeprozesse vorbereitet. So wird auch der manuelle Service effizienter, ohne an Qualität zu verlieren. Die Integration in bestehende CRM-, Abrechnungs- oder Ticketsysteme erfolgt über standardisierte APIs.

Maßgeschneiderte Lösungen

Im Umgang mit sensiblen Daten müssen Energieversorger strikte Datenschutzauflagen erfüllen. Um dem Rechnung zu tragen, greift das mehrstufige Datenschutzkonzept von Aristech bereits bei der Entwicklung der Systeme. Trainingsdaten für die ML- und NLP-Algorithmen werden vor der Nutzung vollständig anonymisiert, Zugriffspfade präzise geregelt, und die Verarbeitung erfolgt grundsätzlich in zertifizierten Umgebungen, wahlweise On-Premises oder in einer Private-Cloud. Auch bei der Anbindung an bestehende Systeme bleibt der Datenschutz gewahrt, etwa durch die Trennung von Mandantendaten, fein granulierte Rechtevergaben und individuell konfigurierbare Logging- und Audit-Mechanismen. KI-gestützte Automatisierung muss also nicht im Widerspruch zu regulatorischer Sicherheit stehen. Auch hochspezialisierte Prozesse lassen sich abbilden, ohne die Kontrolle über Kundendaten aus der Hand zu geben.

Viele Stadtwerke arbeiten mit gewachsenen Anwendungen im Bereich CRM, Abrechnung oder Dokumentenmanagement – eine Lösung von der Stange greift hier zu kurz. Die Plattformarchitektur von Aristech erlaubt es, gemäß den hochindividuellen Erfordernissen der Energieversorger und Stadtwerke, neue Komponenten im laufenden Betrieb einzuführen, zu testen und sukzessive auszubauen. So lassen sich Automatisierungsprozesse zunächst in eng umrissenen Bereichen starten – etwa bei der Kategorisierung eingehender E-Mails oder der Vorqualifizierung telefonischer Anfragen. Mit zunehmender Systemreife können weitere Aufgaben wie Zählerstandserfassung, Datenänderungen oder Authentifizierungsprozesse schrittweise übernommen werden. Der Vorteil: Es entsteht kein technologischer Bruch im Kundenservice, sondern eine kontinuierliche, kontrollierte Evolution auf Basis realer Anforderungen.

Carolin Edler-Mende ist Mitgründerin und Geschäftsführerin der Aristech GmbH, die seit zwölf Jahren KI-­basierte Sprachtechnologien entwickelt.




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