Stadtwerke IserlohnKundennutzen stets im Blick

„Bei der Energiewende ist das Managen der Flexibilität eine große Herausforderung“, findet Stadtwerke-Geschäftsführer Reiner Timmreck.
(Bildquelle: Stadtwerke Iserlohn)
Reiner Timmreck, Geschäftsführer der Stadtwerke Iserlohn, erläutert im stadt+werk-Interview, wie der Energieversorger zum Vorreiter bei der Elektromobilität wurde, was die von ihm genutzte Lade-Infrastruktur auszeichnet und wie Stadtwerke Smart-City-Initiativen unterstützen.
Herr Timmreck, die von Ihnen eingesetzte Lade-Infrastruktur ist insbesondere für die Wohnungswirtschaft interessant. Woran liegt das?
Der Aufbau einer Lade-Infrastruktur vor einem Mehrfamilienhaus mit vielen unterschiedlichen Nutzern und Parkmöglichkeiten ist nicht trivial, da die Ladepunkte oft für lange Zeit, zum Beispiel über Nacht, blockiert werden und sich eine Investition in teure Ladesäulen mit mehr als 20 Kilowatt (kW) somit nicht wirtschaftlich darstellen lässt. Wenn man nicht vom jeweiligen Wohnungszähler ein Kabel zur Ladevorrichtung legen möchte, verteuert ein aufwendiges Abrechnungssystem den Ladepunkt zusätzlich. Wir kommen mit unserer Lösung zu einem deutlich einfacheren und kostengünstigeren Ergebnis für unsere Immobiliengesellschaften. Wir bauen für den Vermieter unabhängig vom künftigen Nutzer eine Lade-Infrastruktur mit günstigen Simple Sockets auf und nutzen dafür den nächstgelegenen Anschlusspunkt der Hausinstallation. Das reduziert die Kosten für den Vermieter so drastisch, dass er eine ausreichende Anzahl von Ladepunkten anbieten kann. Mit unserem intelligenten Ladekabel erkennt das System dann selbstständig den jeweiligen Mieter und rechnet die Kilowattstunde Mobilstrom automatisch mit diesem ab.
Die Stadtwerke Iserlohn sind Vorreiter beim Thema Elektromobilität. Was machen Sie anders als andere?
Wir haben uns schon sehr früh die Frage gestellt, an welcher Stelle wir unseren Kunden Nutzen bieten können und welche Produkte perspektivisch nachgefragt werden. Wir haben uns überlegt, wie der Markt in Bewegung kommt und wie wir dem Henne-Ei-Problem mit der Lade-Infrastruktur begegnen können. Dabei haben wir immer den Blick auf die Finanzierung und geeignete Geschäftsmodelle beim Aufbau der Lade-Infrastruktur gerichtet. Die bis dahin etablierte Technik der Ladesäule mit integrierter Abrechnung haben wir schnell verworfen. Zum einen waren uns die Investitionskosten zu hoch und somit eine Refinanzierung über die Strompreise nicht zu erwarten. Zum anderen wurde das Thema Energiewende damals noch nicht ausreichend berücksichtigt. Die bis zu diesem Zeitpunkt angebotenen Produkte konnten die Fahrzeugbatterie nur in eine Richtung beladen und boten keine Option, den Speicher im Fahrzeug zu bewirtschaften. Auch eine intelligente Steuerung der Ladekapazitäten war kein Thema. So sind wir nach einiger Recherche mit dem Unternehmen Ubitricity zusammengekommen, das unsere Sichtweise auf die künftigen Herausforderungen geteilt hat. Herausgekommen ist eine Systemlösung, mit der man heute kostengünstig Fahrzeuge aufladen und perspektivisch auch den Speicher bewirtschaften kann. Da der Stromzähler neben der Kommunikationseinheit im Ladekabel integriert ist, ist zusätzlich zur Speicherbewirtschaftung eine intelligente Ladesteuerung möglich. Wenn es unsere Kunden zulassen, können wir künftig auf einen Teil ihres Speichers zugreifen. Der Strom, den wir von den Autobesitzern bekommen, wird vergütet. Der Autofahrer erhält also für jede Kilowattstunde, die er über seinen Speicher zur Verfügung stellt, eine Gutschrift. Das heißt, er kann mit seinem Auto Geld verdienen. Das gibt es in Deutschland bislang noch nicht.
„Der Autofahrer kann mit seinem Auto Geld verdienen. Das gibt es bislang noch nicht in Deutschland.”
Das ist aber noch Zukunftsmusik.
Ja, und zwar weil es derzeit im deutschen Energiemarkt noch keinen Abrechnungsmodus für dieses bislang einmalige Modell gibt. Da sich der Strompreis aus vielen Bestandteilen zusammensetzt, der Speicher beweglich ist und somit keine feste Adresse hat, ist die Abrechenbarkeit im derzeitigen Energiemarktdesign nicht geklärt. Wir sind hier mit den Behörden in Kontakt, um eine Lösung zu finden. Technisch ist dies bereits realisierbar wie unsere Labortests bewiesen haben.
Ihre ganzen Investitionen sind also auf eine Zukunft mit Elektroantrieb gerichtet?
Wir glauben an das Thema Elektroantrieb. Sei es, dass der Strom aus einer Batterie kommt oder zukünftig im Fahrzeug beispielsweise durch Wasserstoff produziert wird. Bei dieser Antriebsart werden über 90 Prozent der elektrischen Energie in Bewegungsenergie umgesetzt. Damit ist sie unschlagbar effizient gegenüber herkömmlichen Antriebsarten, bei denen höchstens 60 Prozent in Bewegungsenergie umgesetzt werden können.
Das Interesse anderer Kommunen und Marktteilnehmer an Ihrer Herangehensweise beim Thema Elektromobilität ist sehr groß.
Einige unserer Nachbarkommunen wie Schwerte und Unna setzen bereits auf die von uns genutzten Systeme. Wir sind der Meinung, dass das mediale Interesse die Verkehrswende beflügelt und dadurch eine hohe Nachfrage nach Elektrofahrzeugen generiert wird. Wenn wir den Informationen einiger Fahrzeughändler Glauben schenken dürfen, ist die Nachfrage sogar höher als das Angebot, das mit Lieferzeiten von bis zu neun Monaten quittiert wird. Natürlich führt dies nicht zu der erwarteten Kostendegression, sondern zu einer Preisstabilität oder gar einem Anziehen der Konditionen. Dem gegenüber steht eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten für private, gewerbliche und kommunale Fahrzeuge sowie die zugehörige Lade-Infrastruktur. Wir nehmen selbst an einigen Förderprogrammen teil und beraten Kunden zu den einzelnen Möglichkeiten.
Wo sehen Sie die künftigen Trends?
Bei der Energiewende ist das Managen der Flexibilität eine große Herausforderung. Die Erzeugungswelt wird immer kleinteiliger und dezentraler, die Netzinfrastruktur ist künftig noch intelligenter auszulegen. Dadurch entstehen Angebote, die auch für Stadtwerke neue Chancen bieten. Das Management der städtischen Infrastruktur erlangt somit eine noch zentralere Bedeutung. Unsere Stadt wird smart und durch Sensorik und Aktorik werden der Komfort für die Bürger erhöht und neue Angebote geschaffen. Infrastrukturen wachsen zusammen. Künftig werden Mehrwerte für Bürger und Kommune generiert, wenn die Systeme intelligent verbunden und smart gemanagt werden. Stadtwerken ist diese Rolle wie auf den Leib geschnitten.
Was ist jetzt zu tun?
Es gilt, auf die richtigen Geschäftsmodelle zu setzen, immer mit Blick auf die Frage, was den Kunden Nutzen bringt. Das Angebot an Möglichkeiten ist riesengroß. Es geht also darum, die richtigen Themen zu identifizieren und sich weiterzuentwickeln.
Stadtwerke Iserlohn: Vorreiter bei der Elektromobilität
Angefangen 2012 mit der Einführung eines eigenen Ladesystems und dem flächendeckenden Ausbau an Ladestationen zusammen mit der Stadt, nimmt das Geschäftsmodell Elektromobilität der Stadtwerke Iserlohn jetzt Fahrt auf. Stadt und Stadtwerke verfügen heute über eine stattliche Flotte an Elektrofahrzeugen. Es gibt 40 öffentliche Ladepunkte, weitere sind in Planung. Stromer dürfen seit drei Jahren auf den 5.000 bewirtschafteten Parkplätzen kostenlos abgestellt werden. Eine offensive Öffentlichkeitsarbeit hat nicht nur die Vorteile des emissionsfreien Antriebs in Iserlohn bekannt gemacht. Viele Initiativen laufen in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk e-iserlohn, das Stadtwerke, Stadt und regionale Wirtschaft zusammenbringt. Neben dem weiteren Ausbau der Infrastruktur soll künftig ein Pilotprojekt zum autonomen Fahren gestartet werden. Gemeinsam mit der Fachhochschule Südwestfalen und der Märkischen Verkehrsgesellschaft sollen Elektrobusse – unter anderem auf Anforderung per App – als Shuttle zwischen Bahnhof und Hochschule pendeln.
http://www.heimatversorger.de
Dieser Beitrag ist in der Juli/August-Ausgabe von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
DStGB: Stellungnahme zum Masterplan Ladeinfrastruktur 2030
[29.10.2025] Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) begrüßt die Ziele des Masterplans Ladeinfrastruktur 2030 der Bundesregierung, sieht jedoch Nachbesserungsbedarf bei Zuständigkeiten, Fristen und der Unterstützung der Kommunen. mehr...
Köln: Schnellladesäulen für E-Reisebusse geplant
[17.10.2025] Ab 2026 sollen in Köln erstmals öffentliche Schnellladesäulen für elektrische Reisebusse entstehen. Die Stadt kooperiert dazu mit Daimler Buses und der Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate in einem Pilotprojekt für nachhaltigen Tourismusverkehr. mehr...
Stadtwerke Stuttgart: Schnellladepark mit Batteriespeicher eröffnet
[15.10.2025] Am Bahnhof Zuffenhausen ist ein neuartiger Schnellladehub der Stadtwerke Stuttgart in Betrieb gegangen. Dank Batteriespeicher und intelligentem Energiemanagement können Elektroautos dort erstmals im Niederspannungsnetz mit bis zu 300 Kilowatt laden – ohne Anschluss an die Mittelspannung. mehr...
Baden-Württemberg: Kompetenznetzwerk soll Bau von Lkw-Ladesäulen vorantreiben
[10.10.2025] Baden-Württemberg will den Ausbau der Lade-Infrastruktur für Elektro-Lkw beschleunigen. Ein neues Kompetenznetzwerk soll bis 2030 den Aufbau eines landesweiten Netzes von rund 2000 Ladesäulen koordinieren. mehr...
BMV: E-Lkw-Ladestation in Betrieb
[08.10.2025] An der Raststätte Lipperland Süd an der A2 ist die erste öffentliche Megawatt-Ladestation für elektrische Lkw in Betrieb gegangen. Das Bundesministerium für Verkehr will damit den Startschuss für das schnelle Laden von E-Lkw im Fernverkehr geben. mehr...
Stadtwerke Bayreuth: Elektro statt Wasserstoff
[02.10.2025] Die Stadtwerke Bayreuth beenden ihr geplantes Wasserstoffprojekt für den Stadtbusverkehr. Stattdessen setzen sie künftig auf batterieelektrische Busse, deren Reichweiten inzwischen deutlich gestiegen sind. mehr...
Speyer: Trafostationen für Elektrobus-Ladepark geliefert
[01.10.2025] In Speyer entsteht ein Ladepark für 29 Elektrobusse, die ab Mitte Dezember auf allen städtischen Linien eingesetzt werden. Die Stadtwerke versorgen die Anlage ausschließlich mit Regionalstrom aus Wind- und Solaranlagen im Umkreis von 50 Kilometern. mehr...
Lichtblick eMobility/GP Joule: Kooperation für Schnellladenetz
[30.09.2025] Lichtblick eMobility und GP Joule Connect errichten mehr als 150 neue Schnellladepunkte im Einzelhandel. Damit wollen die Partner den Zugang zum Laden für Elektroautofahrer erleichtern und neue Modelle für Preistransparenz einführen. mehr...
Elektromobilität: Mehr E-Autos, mehr Ladesäulen
[17.09.2025] So viele Elektroautos wie noch nie wurden im ersten Halbjahr 2025 neu zugelassen. Auch das öffentliche Ladeangebot ist deutlich gewachsen. Der Branchenverband BDEW sieht Deutschland auf einem guten Weg, mahnt aber eine klare Strategie der Politik an. mehr...
Bad Nauheim: Sechs neue E-Busse im Einsatz
[15.09.2025] In Bad Nauheim fahren ab sofort sechs neue Elektrobusse im regulären Linienbetrieb. Die Stadtwerke versprechen sich davon saubere Luft, weniger Lärm und eine spürbare Entlastung für die Umwelt. mehr...
Rodgau: Projekt zu Management von E-Ladeplätzen
[04.09.2025] In Rodgau entsteht eine neue Lösung für das Management von E-Ladeplätzen. Das hessische Digitalministerium fördert das Projekt mit rund 119.000 Euro, um Belegungen präzise zu erfassen und Elektromobilität alltagstauglicher zu machen. mehr...
Stuttgart: Neuer Ladepark eröffnet
[04.09.2025] Die Stadtwerke Stuttgart haben im Römerkastell in Bad Cannstatt einen neuen Ladepark mit 56 Ladepunkten eröffnet, darunter sechs Schnellladepunkte. Damit wächst das städtische Ladenetz für E-Fahrzeuge weiter und soll den Umstieg auf klimafreundliche Mobilität erleichtern. mehr...
Dortmund: Ladebordsteine in Betrieb genommen
[01.09.2025] In der Dortmunder Innenstadt sind erstmals Ladebordsteine in Betrieb gegangen. Das Gemeinschaftsprojekt von DEW21 und der Stadt soll platzsparendes und alltagstaugliches Laden von Elektroautos ermöglichen. mehr...
M3E: Analyse-Tool für Aufbau von Lade-Infrastruktur
[28.08.2025] Das Berliner Beratungsunternehmen M3E hat ein digitales Analyse-Tool entwickelt, das Kommunen und Unternehmen beim Aufbau von Lade-Infrastruktur unterstützt. Der „Bedarfscheck Ladeinfrastruktur“ bündelt Informationen, automatisiert Abfragen und schafft so eine solide Basis für Investitionsentscheidungen. mehr...
E.ON: Studie zum Laden
[19.08.2025] Eine aktuelle E.ON-Studie zeigt: Viele E-Autofahrerinnen und -fahrer interessieren sich für innovative Stromtarife und das bidirektionale Laden. Vor allem Tarife mit Nachtladebonus und die Möglichkeit, das Auto als Energiespeicher zu nutzen, stoßen auf Zuspruch. mehr...














