Dienstag, 16. Dezember 2025

WuppertalVom Abfall zum Kraftstoff

[31.03.2020] Im Projekt „H2-W – Wasserstoffmobilität für Wuppertal“ arbeiten verschiedene kommunale Sektoren zusammen, um Wasserstoff als nachhaltigen Energieträger für den ÖPNV herzustellen und zu nutzen. Nun sind die ersten Brennstoffzellenbusse im Einsatz.
Bis Ende des Jahres 2020 sollen in Wuppertal zehn wasserstoffbetriebene Busse im Linienverkehr eingesetzt werden.

Bis Ende des Jahres 2020 sollen in Wuppertal zehn wasserstoffbetriebene Busse im Linienverkehr eingesetzt werden.

(Bildquelle: WSW mobil)

Um sich die Vorteile des Energieträgers Wasserstoff zunutze zu machen, wurde im nordrhein-westfälischen Wuppertal das Projekt „H2-W – Wasserstoffmobilität für Wuppertal“ ins Leben gerufen. Es entstand aus einer Kooperation zwischen der WSW Energie und Wasser AG, der AWG Abfallwirtschaftsgesellschaft und der WSW mobil GmbH. Erforscht wurde die nachhaltige Nutzung der Alternative zum dieselbetriebenen ÖPNV, beginnend bei der Energiebereitstellung für die Erzeugung über die Produktion, die Produktionsoptimierung durch ein Energiekosten-Management bis hin zur Verwertung im Mobilitätssektor.

Auszeichnung mit Stadtwerke-Award

Im vergangenen Jahr wurde das Projekt beim Stadtwerke-Kongress des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) mit dem Stadtwerke-Award ausgezeichnet. Nun ist die praktische Umsetzung der Forschungsergebnisse in Wuppertal bereits in vollem Gange.
Für das angestrebte Modell ist das Zusammenwirken der verschiedenen Sektoren von großer Bedeutung. Im Müllheizkraftwerk der AWG wird biogener Abfall verbrannt. Der bei der Verbrennung entstehende Dampf wird in einer Turbine zu Strom umgewandelt. Der Strom wird dem Elektrolyseur zugeleitet, der das ihm zugeführte Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Der Sauerstoff wird der Müllverbrennung wieder zugeführt. Der Wasserstoff steht zur Betankung der Fahrzeuge zur Verfügung. Ziel des Projekts war zum einen, die Machbarkeit des Einsatzes von Brennstoffzellenbussen kostenparitätisch zum Dieselbus zu erreichen.

Erzeugung mit Grünstromzertifikat

Zum anderen sollte die Flexibilität auf dem Strommarkt genutzt werden, um die Produktion von Wasserstoff kostenoptimiert abzubilden und Erkenntnisse über die Potenziale von Energiespeicherung zu erhalten. Auf diesem Weg kann weit unter dem Wasserstoffpreis von Gaslieferanten produziert werden. Zusätzlich hat die WSW auf diese Art auch die Erzeugung mit Grünstromzertifikat erworben.
Entstanden ist die Sektorenkopplung in Wuppertal aus einer Kalkulation von WSW mobil. Darin wurde rechnerisch ermittelt, dass der Brennstoffzellenantrieb die günstigste Technik für die Linienbusse darstellt. Das gemeinsame Wasserstoff-Projekt zeigt nun zudem die wesentlichen Vorteile von Wasserstoff zur mobilen Nutzung auf. Die WSW gewinnt Produktionszeiten, die von der Betankung der Busse entkoppelt sind. Auf diese Weise können die Busse jederzeit unabhängig vom Herstellungszeitraum betankt werden. Diese Möglichkeit bieten Batterieantriebe nicht.

Alle Sektoren unter einem Dach

Das macht deutlich, dass die Diskussion über den geeignetsten Antrieb von Flotten nicht über das Antriebssystem geführt werden kann, sondern mit dem Wissen über die Energiewende und deren Auswirkungen einhergehen muss. Hier zeigen die Zeitfenster, die man für die Erzeugung von Energie und zur Beladung in die Fahrzeuge hat, die Hauptproblematik auf. Nur eine intelligente Verknüpfung von Energie- und Mobilitätssektor kann zum Erfolg führen. Das ist die Stärke der Stadtwerke Wuppertal, die alle Sektoren unter einem Dach vereint haben.
Die notwendige Infrastruktur ist fast fertiggestellt. Während die Gegendruckturbine und ein Generator als Bestandteil der Fernwärmestrategie der WSW bereits vorhanden waren, musste die Anlage zur Gewinnung und Speicherung von Wasserstoff noch errichtet werden. Der Bau ist ebenso wie die Arbeiten an der Wasserstofftankstelle und den Verdichtern weitgehend abgeschlossen.

Sauberer ÖPNV

Der erste Bus mit Wasserstoffantrieb ist im Dezember 2019 geliefert worden und nahm im Januar zu Schulungszwecken des Fahrpersonals seinen Dienst auf. Ein zweites Fahrzeug kam Anfang des Jahres hinzu. Die übrigen Busse folgten Anfang Februar. Im März sollen die Busse dann im Linienverkehr eingesetzt werden.
Ein sauberer ÖPNV hat jedoch auch seinen Preis. So konnte die anfängliche Vorgabe, die Einführung der Brennstoffzellenbusse kostenparitätisch zum Dieselbus zu realisieren, nicht eingehalten werden. Für den 15-jährigen Einsatz der zehn Brennstoffzellenbusse entstehen unter Berücksichtigung der Zuschüsse aus EU-, Bundes- und Landesfördermitteln Kosten, welche die WSW mobil zu tragen hat. Diese sieht die Umstellung dennoch als vorteilhaft an, unter anderem aufgrund der Diversifizierung der zum Einsatz kommenden Antriebsenergie, insbesondere in Anbetracht der CO2-Bepreisung und des immer volatileren Rohölmarkts.

Umdenken notwendig

Dass ökologische Mobilität ein völliges Umdenken erfordert und im Busbetrieb Veränderungen notwendig sein werden, war den Verantwortlichen in Wuppertal von vornherein klar. Ebenso dass die Umstellung ein langwieriger Prozess sein wird, der ein hohes Maß an Kreativität und Spontanität erfordert. So mussten beispielsweise neben der Infrastruktur für die Betankung und die Busse selbst auch Werkstattumbauten für die Instandhaltung getätigt werden. Die Gesamtprojektkosten liegen bei 13 Millionen Euro, die Fahrzeugkosten belaufen sich auf 6,5 Millionen Euro, die für H2-Erzeugung und Betankungsanlage auf 5,5 Millionen Euro.
Die CO2-Einsparung liegt bei 690 Tonnen pro Jahr. Für Fahrplan und Personaleinsatz ergeben sich keine oder kaum Veränderungen.

Nahezu gleiche Reichweite

Zwar kommt nun Wasserstoff statt Diesel beim Betanken zum Einsatz, aber mit 350 Kilometern haben die neuen Busse nahezu die gleiche Reichweite wie Dieselbusse. Darüber hinaus erhofft sich die WSW eine noch bessere Kundenbeziehung. Bereits heute hat Wuppertal relativ zur Kundenzahl eine der höchsten Abonnentenquoten im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), und die leisen, vibrationsarmen und anzugstarken Wasserstoffbusse werden mit ihrem hohen Komfort die Akzeptanz nochmals steigern.
Bis Ende des Jahres sollen zehn wasserstoffbetriebene Busse eingesetzt werden, für die der Wasserstoff bei der AWG am Standort des Müllheizkraftwerks produziert wird.

Andreas Meyer

Meyer, AndreasAndreas Meyer ist Gesamtleiter des Projekts „Wirtschaftliche Einführung von ÖPNV-Brennstoffzellenbussen“ bei der WSW mobil GmbH. Meyer hat langjährige Erfahrung in der Hybridisierung und Elektrifizierung von Fahrzeugen mit unterschiedlichen Einsatzspektren speziell in den Einsatzbereichen ÖPNV und Flughafen.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Elektromobilität
bericht

Second-Life-Batterien: Innovation trifft Ressourceneffizienz

[15.12.2025] E-Auto-Batterien landen oft im Recycling, obwohl sie noch einen Großteil ihrer ursprünglichen Speicherkapazität besitzen. Im Projekt UniSTA zeigen Uniper und STABL Energy, wie sich solche Second-Life-Batterien als Alternative zu neuen Speichersystemen nutzen lassen. mehr...

Hamburger Energienetze: eRound bündelt drei digitale Lösungen

[05.12.2025] Die Hamburger Energienetze bündeln unter der Marke eRound drei digitale Lösungen für Lade-Infrastruktur, Verteilnetze und Smart-City-Anwendungen. Ziel ist eine effizientere Steuerung der Energiewende und ein transparenter Blick auf den Zustand kritischer Infrastruktur. mehr...

Ebero Fab: Aufnahme von Ladebordstein ins Sortiment

[19.11.2025] Ein neuer Ladebordstein soll das Laden von E-Autos im Straßenraum platzsparender und barriereärmer machen. Ebero Fab nimmt das von Rheinmetall entwickelte System in sein Sortiment auf. mehr...

Sachsen-Anhalt: E-Fahrzeuge im Einsatz

[17.11.2025] Sachsen-Anhalts Polizei setzt erstmals vollelektrische Streifenwagen im regulären Einsatzdienst ein. Nach Angaben des Ministeriums für Inneres und Sport wurden dafür 36 neue E-Fahrzeuge samt Lade-Infrastruktur an die Polizei übergeben. mehr...

enercity: Stuhr und Weyhe erhalten E-Ladesäulen

[14.11.2025] Die Gemeinden Stuhr und Weyhe treiben gemeinsam mit enercity den Ausbau der öffentlichen Lade-Infrastruktur voran. Insgesamt sollen 104 neue Ladepunkte entstehen, um die Elektromobilität in der Region weiter zu stärken. mehr...

Osnabrück: 19 neue E-Busse in Betrieb

[03.11.2025] Osnabrück baut seine Elektrobusflotte weiter aus: 19 neue eCitaro-Solobusse von Daimler Buses sind zum Fahrplanwechsel am 1. November in den Linienbetrieb gegangen. Damit erreicht die Stadt eine E-Bus-Quote von 94 Prozent und bleibt deutschlandweit Vorreiter im klimafreundlichen Nahverkehr. mehr...

DStGB: Stellungnahme zum Masterplan Ladeinfrastruktur 2030

[29.10.2025] Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) begrüßt die Ziele des Masterplans Ladeinfrastruktur 2030 der Bundesregierung, sieht jedoch Nachbesserungsbedarf bei Zuständigkeiten, Fristen und der Unterstützung der Kommunen. mehr...

Köln: Schnellladesäulen für E-Reisebusse geplant

[17.10.2025] Ab 2026 sollen in Köln erstmals öffentliche Schnellladesäulen für elektrische Reisebusse entstehen. Die Stadt kooperiert dazu mit Daimler Buses und der Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate in einem Pilotprojekt für nachhaltigen Tourismusverkehr. mehr...

Stadtwerke Stuttgart: Schnellladepark mit Batteriespeicher eröffnet

[15.10.2025] Am Bahnhof Zuffenhausen ist ein neuartiger Schnellladehub der Stadtwerke Stuttgart in Betrieb gegangen. Dank Batteriespeicher und intelligentem Energiemanagement können Elektroautos dort erstmals im Niederspannungsnetz mit bis zu 300 Kilowatt laden – ohne Anschluss an die Mittelspannung. mehr...

Baden-Württemberg: Kompetenznetzwerk soll Bau von Lkw-Ladesäulen vorantreiben

[10.10.2025] Baden-Württemberg will den Ausbau der Lade-Infrastruktur für Elektro-Lkw beschleunigen. Ein neues Kompetenznetzwerk soll bis 2030 den Aufbau eines landesweiten Netzes von rund 2000 Ladesäulen koordinieren. mehr...

BMV: E-Lkw-Ladestation in Betrieb

[08.10.2025] An der Raststätte Lipperland Süd an der A2 ist die erste öffentliche Megawatt-Ladestation für elektrische Lkw in Betrieb gegangen. Das Bundesministerium für Verkehr will damit den Startschuss für das schnelle Laden von E-Lkw im Fernverkehr geben. mehr...

Stadtwerke Bayreuth: Elektro statt Wasserstoff

[02.10.2025] Die Stadtwerke Bayreuth beenden ihr geplantes Wasserstoffprojekt für den Stadtbusverkehr. Stattdessen setzen sie künftig auf batterieelektrische Busse, deren Reichweiten inzwischen deutlich gestiegen sind. mehr...

Speyer: Trafostationen für Elektrobus-Ladepark geliefert

[01.10.2025] In Speyer entsteht ein Ladepark für 29 Elektrobusse, die ab Mitte Dezember auf allen städtischen Linien eingesetzt werden. Die Stadtwerke versorgen die Anlage ausschließlich mit Regionalstrom aus Wind- und Solaranlagen im Umkreis von 50 Kilometern. mehr...

Lichtblick eMobility/GP Joule: Kooperation für Schnellladenetz

[30.09.2025] Lichtblick eMobility und GP Joule Connect errichten mehr als 150 neue Schnellladepunkte im Einzelhandel. Damit wollen die Partner den Zugang zum Laden für Elektroautofahrer erleichtern und neue Modelle für Preistransparenz einführen. mehr...

Elektromobilität: Mehr E-Autos, mehr Ladesäulen

[17.09.2025] So viele Elektroautos wie noch nie wurden im ersten Halbjahr 2025 neu zugelassen. Auch das öffentliche Ladeangebot ist deutlich gewachsen. Der Branchenverband BDEW sieht Deutschland auf einem guten Weg, mahnt aber eine klare Strategie der Politik an. mehr...