Montag, 18. August 2025

InterviewDigitaler Einkauf nimmt Fahrt auf

[26.06.2020] Die vergangenen Monate haben klar gezeigt, welche Vorteile die Digitalisierung bietet, sagt Gundolf Schweppe. stadt+werk sprach mit dem Chef von Uniper Energy Sales über Online-Plattformen für den Energie-Einkauf.
Gundolf Schweppe ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Uniper Energy Sales GmbH.

Gundolf Schweppe ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Uniper Energy Sales GmbH.

(Bildquelle: Uniper Energy Sales)

Herr Schweppe, viele Stadtwerke haben sich schwergetan, während der Corona-Krise auf Homeoffice umzustellen. Wie war das bei Uniper?

Aus meiner Sicht hat es sich in dieser außergewöhnlichen Situation ausgezahlt, dass Uniper die Digitalisierung von Standardprozessen intern und extern schon frühzeitig vorangetrieben hat. So konnten wir sehr schnell und relativ reibungslos umstellen und dabei die volle Handlungsfähigkeit beibehalten. Dabei hat uns auch das große Engagement und Know-how unserer Mitarbeiter geholfen.

Erwarten Sie, dass diese Erfahrung der Digitalisierung noch mehr Schwung verleiht?

Die vergangenen Wochen und Monate haben klar gezeigt, welche Vorteile die Digitalisierung bietet. Sie ermöglicht ein schnelles Reagieren auf ein sich rasant änderndes Umfeld, da sie insbesondere bei den Standardprozessen die Unternehmen entlastet. Daher bin ich davon überzeugt, dass die digitale Transformation nun mit noch mehr Nachdruck und Geschwindigkeit in allen Unternehmen – auch in der Energiebranche – verfolgt wird und werden muss. In der Energiebranche insbesondere deshalb, weil wir davon ausgehen müssen, dass der Markt in den kommenden Monaten volatiler bleibt, als wir es vor der Corona-Krise gewohnt waren.

Wie bekommen Sie und auch die Stadtwerke die weiterhin zu erwartende Volatilität des Strommarktes langfristig in den Griff?

Bei volatilen Märkten helfen digitalisierte Prozesse ungemein, diesen Veränderungen gerecht zu werden und schnell zu reagieren. Ich erwarte auch in den kommenden Monaten schwer zu prognostizierende Verschiebungen, die insbesondere die Stadtwerke immer wieder vor neue Herausforderungen stellen werden. Daher glaube ich, dass der Trend zur Digitalisierung beim Energie-Einkauf der Stadtwerke noch stärker Fahrt aufnehmen wird. Jedoch wird es dort große Unterschiede je nach Produkt geben. Werden eher einfache Produkte beschafft, stehen schnelle und zuverlässige Prozesse im Vordergrund. Hier dominieren klar digitale Plattformen. Gleichzeitig wird die persönliche Beratung wichtiger denn je. Denn je komplexer ein Produkt ist, das eingekauft wird, desto entscheidender ist der enge Draht zu dem zuständigen Key Account Manager.

Immer wieder wird über die bürokratischen Hemmnisse bei der Digitalisierung geklagt. Was ist Unipers Antwort darauf?

Als Teil der Energiebranche ist Uniper von den Hemmnissen natürlich ebenfalls betroffen. Gerade, weil viel Zeit benötigt wird, haben wir bereits früh mit der Digitalisierung begonnen: intern mit der Standardisierung von Prozessen, aber insbesondere auch im Kundenaustausch. So haben wir schon mit Uniper Digital ein Portal für unsere Großkunden aufgebaut, bei dem es möglich ist, online Tranchen zu fixieren. Mit Energiepreis Online haben wir aber auch für die Stadtwerke einen extrem effizienten Online-Vertrieb für deren Kunden mit registrierender Leistungsmessung geschaffen.

„Die Digitalisierung entlastet insbesondere bei den Standardprozessen.”
Wie unterstützen Sie die Stadtwerke beim Digitalisierungsprozess?

Wir sehen uns in der Rolle des Unterstützers und Wegbereiters, im engen Gespräch und Austausch mit den Stadtwerken. Unser Ansatz ist es, Prozesse bei den Stadtwerken, etwa im klassischen Vertrieb, zu vereinfachen und sie somit in die Lage zu versetzen, schnell und gezielt am Markt zu handeln. Zudem wollen wir den IT-Aufwand bei den Stadtwerken gering halten.
Die Bedürfnisse der Stadtwerke sind angesichts der heterogenen Landschaft bei den kommunalen Versorgern in Deutschland doch sicher sehr unterschiedlich.
Die einzelnen Stadtwerke haben tatsächlich sehr unterschiedliche Bedürfnisse. Was aber alle gleichermaßen erleben, sind die Herausforderungen bei der Preiskalkulation und dem daraus resultierenden Ressourcenaufwand. Das ist ein wesentlicher Punkt, bei dem man durch Digitalisierung Aufwand und wertvolle Ressourcen sparen kann. Unsere Plattform automatisiert für die Stadtwerke genau diese Prozesse und senkt dadurch das Fehlerrisiko und den Zeitaufwand im Vergleich zu manuellen Prozessen deutlich.

Was heißt das konkret?

Stadtwerken bieten wir mit Energiepreis Online einen eigenen Online-Vertrieb für RLM-Kunden. Wir haben es als so genannte White-Label-Lösung konzipiert. Das heißt, Stadtwerke können Energiepreis Online unkompliziert an das eigene Look-and-feel anpassen. Der integrierte Angebotsrechner erstellt für RLM-Kunden automatisch eine Lastprognose samt Preisindikation unter Berücksichtigung der individuell festlegbaren Risikoaufschläge. Diesen Rechner binden Stadtwerke auf ihrer Website ein, sodass auch neue Gewerbekunden über das bisherige Vertriebsgebiet hinaus gewonnen werden können, die diese Verträge direkt online abschließen.

Mit welchen weiteren digitalen Angeboten unterstützt Uniper den Vertrieb der Kunden?

Mit unserer Online-Plattform Uniper Digital können Energieversorgungsunternehmen und Industriekunden zum einen ihren Energiebezug verwalten und zum anderen den Energiekauf und -handel koordinieren. Mit Uniper Direkt haben wir einen der ersten Energie-Online-Shops für Industrie und Mittelstand entwickelt, mit dessen Hilfe auch RLM-Kunden ihre Energie online beschaffen können.

Wie weit sind die Stadtwerke bei der Digitalisierung des Energie-Einkaufs?

Wir arbeiten Seite an Seite mit unseren Kunden und sehen aber auch, wie heterogen die Stadtwerke-Landschaft hier ist. Das Feld fächert sich weit auf zwischen digitalen Vorreitern und Nachzüglern. Für alle gilt jedoch, dass sich IT- und Energiesektor für ein optimal vernetztes Energie-Management weiter annähern müssen. Online-Plattformen sind in der Lage, den Kundenwunsch nach schnellen, flexiblen Lösungen zu bedienen.

Interview: Alexander Schaeff

Schweppe, GundolfGundolf Schweppe ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Uniper Energy Sales GmbH. Er verfügt über langjährige, umfassende Erfahrungen in der Energiewirtschaft, unter anderem im Bereich des Privatkunden- und Großhandelsvertriebs. Der Volljurist hat an den Universitäten Würzburg und Freiburg sowie im französischen Marseille studiert.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Informationstechnik
bericht

Lösungen: Aufzeichnen, auswerten, abwehren

[14.08.2025] Kritische Infrastrukturen sind gefordert, Schutzmechanismen zu errichten, die den Betrieb essenzieller Systeme bei Cyberangriffen, Naturereignissen oder menschlichem Versagen aufrechterhalten. Ein empfehlenswerter Ansatz ist hier das Security Information and Event Management. mehr...

Kisters/FlexPowerHub: Neue Lösung für den Regelenergiemarkt

[04.08.2025] Mit einer vollautomatisierten Lösung für den Regelenergiemarkt ermöglichen Kisters und FlexPowerHub präzisere Prognosen, effizientere Abläufe und höhere Erlöse. Die Partnerschaft setzt auf KI und durchgängige Prozessdigitalisierung – von der Datenerfassung bis zur Gebotsabgabe. mehr...

bericht

Kundenservice: Intelligente Voicebots

[28.07.2025] Der Kundenservice bei Stadtwerken und Energieversorgern muss auf immer komplexere Fragestellungen reagieren – und das bei dünner Personaldecke und knappen Budgets. Fortschrittliche KI-gestützte Voicebots können die Zufriedenheit der Kunden trotzdem sichern. mehr...

bericht

Künstliche Intelligenz: Einsatz mit Bedacht

[21.07.2025] Die Hamburger Energienetze wollen die Chancen der Künstlichen Intelligenz nutzbar machen, behalten aber auch mögliche Risiken im Blick. Als wichtige Erfolgsfaktoren erweisen sich die Beteiligung des Betriebsrats und der enge Schulterschluss mit Rechts- und Ethikfachleuten. mehr...

GASAG: Netzabrechnung in der SAP-Cloud

[14.07.2025] Die GASAG-Gruppe hat ihr Abrechnungssystem für den Netzbetrieb auf eine Cloud-Lösung umgestellt. Die neue Software basiert auf dem RISE-Modell von SAP. Das Ziel besteht darin, einen stabileren, flexibleren und langfristig automatisierten Betrieb zu erreichen. mehr...

WEMAG: 450-MHz-Netz startet im Norden

[07.07.2025] WEMAG hat ihr neues 450-Megahertz-Funknetz offiziell in Betrieb genommen. Es soll selbst bei langen Stromausfällen die Kommunikation gewährleisten. Für den Ausbau hat das Unternehmen rund 20 Millionen Euro investiert und 34 Funkmasten errichtet. mehr...

Stadtwerke München: KI beschleunigt Anlagenplanung

[30.06.2025] Eine neue Software zur Planung von Photovoltaikanlagen setzen die Stadtwerke München ein. Die Anwendung basiert auf künstlicher Intelligenz und stammt vom US-Unternehmen Aurora Solar. Damit sollen Angebote dreimal so schnell erstellt werden können wie bisher. mehr...

Stadtwerke Flensburg: Digitalisierung mit SAP-Lösungen

[30.06.2025] Die Stadtwerke Flensburg digitalisieren ihre Geschäftsprozesse mit Hilfe von SAP. Ziel ist es, schneller auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden zu reagieren und die Energiewende aktiv mitzugestalten. mehr...

adesso/Natuvion: Studie zu IT-Transformation

[26.06.2025] Eine neue Studie von adesso und Natuvion zeigt: IT-Transformationen bei Energieversorgern sind vor allem durch Komplexität, Zeitdruck und mangelnde Datenqualität geprägt. Künstliche Intelligenz wird bislang nur als unterstützender Faktor genutzt – nicht als Haupttreiber. mehr...

interview

Interview: Dezentrale Strategie

[24.06.2025] Auf der diesjährigen E-world hat die Kraftwerk Software Gruppe ihre Plattformstrategie vorgestellt. Inwiefern diese dem allgemeinen Wandel hin zu dezentralen Strukturen gerecht wird, erläutert Kraftwerk-CEO Andreas Weber im Gespräch mit stadt+werk. mehr...

Mehrere dicke Kabel liegen nebeneinander in der Erde eines Straßenhrabens, im Hintergrund sieht man verschwommen einen Arbeiter mit Leuchtweste.
bericht

Stadtwerke Heidelberg: Einfach zuverlässig kalkulieren

[19.06.2025] Für die Instandhaltung der Versorgungsleitungen setzt die Netzgesellschaft der Stadtwerke Heidelberg ein ganzheitliches Baukostenmanagementsystem ein. Ein hoher Automatisierungsgrad vermeidet Fehler. Auch erhalten sie auf Knopfdruck eine nachvollziehbare Kostenplanung. mehr...

Illumio/Nvidia: Mehr Sicherheit für KRITIS

[10.06.2025] Die Unternehmen Illumio und Nvidia verknüpfen ihre Sicherheits- und Rechenplattformen. Betreiber Kritischer Infrastrukturen können damit Netzwerkzugriffe überwachen und steuern, ohne ihre bestehende Infrastruktur aufwendig anpassen zu müssen. mehr...

N-ERGIE: Umstellung auf SAP

[28.05.2025] Die N‑ERGIE Aktiengesellschaft hat ihr energiewirtschaftliches System in der Marktrolle Lieferant auf SAP S/4HANA umgestellt. Die neue Plattform soll Kundenprozesse beschleunigen und interne Abläufe deutlich effizienter gestalten. mehr...

BSI: Positionspapier zu Cybersicherheit im Energiesektor

[22.05.2025] Das BSI warnt vor gravierenden Risiken für die Energieversorgung durch Cyberangriffe. In einem aktuellen Positionspapier fordert die Behörde umfassende Maßnahmen zur Stärkung der Cybersicherheit im Energiesektor. mehr...

Die EU-Richtlinie NIS2 soll die Cyber-Sicherheit erhöhen.

Bundesnetzagentur: Höhere IT-Sicherheit für Energienetze

[12.05.2025] Die Bundesnetzagentur reagiert auf die zunehmende Digitalisierung und die veränderte Bedrohungslage in der Energiewirtschaft. Nun sollen die IT-Sicherheitskataloge für Netzbetreiber angepasst werden. mehr...