Freitag, 1. August 2025

BrüsselEnergiefahrplan für Europa

[07.11.2013] Die EU-Kommission hat ein Leitlinienpaket zur Ausgestaltung eines europäischen Energiebinnenmarkts vorgelegt. Erneuerbare Energien sollen wettbewerbsfähiger und marktorientierter werden. Interessenverbände in Deutschland begrüßten die Vorschläge, verwiesen aber auch auf regionale Unterschiede.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger zum Leitlinienpaket: „Die Energieversorgung muss kosteneffizient sein und den sich ändernden Rahmenbedingungen Rechnung tragen."

EU-Energiekommissar Günther Oettinger zum Leitlinienpaket: „Die Energieversorgung muss kosteneffizient sein und den sich ändernden Rahmenbedingungen Rechnung tragen."

(Bildquelle: Europäische Kommission)

Europa ist gespalten. Während sich Länder wie Deutschland auf die Energiewende vorbereiten, wird andernorts weiterhin auf die konventionelle Stromerzeugung aus Kohle und Kernkraft gesetzt. Dies hat Einfluss auf die Förder- und Ausbaustrategien der einzelnen Mitgliedstaaten und damit auch auf den Energiebinnenmarkt als Ganzes. Werden staatliche Eingriffe nicht sorgfältig ausgestaltet, können in Europa Wettbewerbsverzerrungen entstehen, die zu höheren Energiepreisen für Privathaushalte als auch für Unternehmen führen. Die EU-Kommission hat daher am Dienstag (5. November 2013) den Mitgliedstaaten mehrere Leitlinien für staatliche Interventionen im Stromsektor vorgeschlagen. Ziel sei es, den Regierungen Informationen, Strategien und nachahmenswerte Verfahren an die Hand zu geben, damit sie ihre nationalen Regelungen – insbesondere bei der Förderung erneuerbarer Energien – in die richtigen Bahnen lenken können.

Förderung nach Maß

Die Europäische Kommission empfiehlt, die finanzielle Unterstützung im Stromsektor auf das notwendige Maß zu beschränken und erneuerbare Energien wettbewerbsfähig zu machen. Die Förderregelungen sollten möglichst flexibel sein und den sinkenden Erzeugungskosten Rechnung tragen. Mit zunehmender Reife könnten die Technologien allmählich den Marktpreisen ausgesetzt und die Subventionierung eingestellt werden. Die Mitgliedstaaten sollten zudem ihre Strategien zur Förderung erneuerbarer Energien besser aufeinander abstimmen, um die Kosten für die Verbraucher niedrig zu halten. Auch beim Thema Reservekapazität gebe es Handlungsbedarf: So sollten die Regierungen alle Wettbewerbsverzerrungen beseitigen, die Anreize für Investitionen in Erzeugungskapazitäten verhindern. Laut Kommission kommen als Ursachen regulierte Preise oder hohe Subventionen für erneuerbare Energien infrage. Zudem müssten Stromerzeuger verstärkt auf Marktsignale reagieren und Flexibilität auf der Nachfrageseite unterstützen. Dabei dürfe nicht nur in nationalen Kategorien gedacht werden. Die Reservekapazitätsmechanismen sollten auch die europäische Perspektive miteinbeziehen.
Die EU-Kommission betont, dass es sich bei dem Leitlinienpaket nicht um einen verbindlichen Rechtsakt handelt. Dennoch führe es die wichtigsten Grundsätze auf, welche die Kommission bei der Prüfung staatlicher Interventionen zur Förderung von erneuerbaren Energien, Kapazitätsmechanismen oder nachfrageseitigen Maßnahmen anwendet. Insofern sei sie maßgeblich für die künftige Durchsetzung der EU-Regeln für staatliche Beihilfen oder des EU-Energierechts.

Subsidiarität erhalten

In Deutschland wurde die Mitteilung der Europäischen Kommission recht positiv aufgenommen. Hildegard Müller, Vorsitzende des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), begrüßte die Vorschläge im Leitlinienpaket. Nationale Alleingänge bei der Versorgungssicherheit oder auch die nationale Bepreisung von CO2 wie beispielsweise in Großbritannien seien nicht zielführend. „Insofern ist die Mitteilung der Europäischen Kommission ein wichtiger Schritt, um den europäischen Binnenmarkt zu verwirklichen“, so Müller. Erfreulich sei, dass die Europäische Kommission der vom BDEW vorgeschlagenen Strategischen Reserve grundsätzlich positiv gegenüberstehe. Gerade in einer Übergangsphase sei sie ein kostengünstiges, einfach einzuführendes und reversibles Instrument der Versorgungssicherheit. Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sprach sich grundsätzlich für die Pläne aus, warnte allerdings vor einer unsachgemäßen Angleichung regionaler Unterschiede. VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck: „Wir unterstützen die energiepolitischen Ziele der EU und setzen uns für eine sichere und klimaschutzorientierte Energieversorgung ein. Diese Ziele werden am besten in einem funktionierenden Energiemarkt auf der Grundlage eines fairen und offenen Wettbewerbs verwirklicht.“ Dennoch sollte die EU-Kommission sich nicht in Details ergehen oder uniforme Lösungen für alle Mitgliedsstaaten vorgeben, sondern eher einen ordnungspolitischen Rahmen vorgeben. „Die konkrete Ausgestaltung sollte dann an die jeweiligen nationalen Gegebenheiten angepasst auf nationalstaatlicher Ebene umgesetzt werden können“, so Reck. Aus Sicht des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) ist das Subsidiaritätsprinzip jedoch kaum gefährdet: „Brüssel bestimmt keine Gewinner und Verlierer der Energiewende“, sagt BEE-Geschäftsführer Hermann Falk. „Brüssel hebt Beispiele für eine erfolgreiche Förderpolitik heraus, lässt aber den Mitgliedstaaten die Freiheit, flexibel nach ihren nationalen Gegebenheiten zu entscheiden.“

Marc Tosenberger




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik

Haushaltsentwurf 2026: Wenig Geld für klimaneutrale Energien

[31.07.2025] Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung für das Jahr 2026 sieht zwar Rekordausgaben vor, doch nach Ansicht des Branchenverbands BDEW bleiben die Investitionen in ein klimaneutrales Energiesystem zu gering. BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae mahnt, den Klimatransformationsfonds ausschließlich für Zukunftsinvestitionen zu nutzen. mehr...

Bundesregierung: NIS2-Richtlinie beschlossen

[31.07.2025] Das Kabinett hat den Gesetzentwurf zur Umsetzung der NIS2-Richtlinie beschlossen. Damit gelten künftig für deutlich mehr Unternehmen als bisher gesetzliche Pflichten zur Stärkung der Cybersicherheit, zudem erhält das BSI neue Befugnisse für Aufsicht und Unterstützung. mehr...

bericht

NIS2-Richtlinie: Pflichtaufgabe für Stadtwerke

[31.07.2025] Die nationale Umsetzung der NIS2-Richtlinie kommt – und betrifft auch kleinere Stadtwerke. Sie müssen rechtzeitig prüfen, ob sie betroffen sind. Ansonsten drohen Zeitdruck, hohe Kosten und sogar Bußgelder. mehr...

Biogasrat+: Kritik an Referentenentwurf

[22.07.2025] Der Biogasrat+ kritisiert den Referentenentwurf zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote als klimapolitisch und wirtschaftlich unzureichend. Besonders die geplante Abschaffung der Doppelanrechnung fortschrittlicher Biokraftstoffe ab 2026 gefährde Investitionen und Erzeugungskapazitäten im Mittelstand. mehr...

Kommunen sollten bei der Wärmeplanung nicht mit Wasserstoff rechnen.

BDEW: Klare Finanzierung für Wasserstoffhochlauf

[14.07.2025] Das Bundeswirtschaftsministerium möchte den Ausbau von Wasserstoff schneller vorantreiben. Der Branchenverband BDEW begrüßt zwar den Gesetzentwurf, warnt aber zugleich vor Kürzungen der Mittel im Bundeshaushalt. Für Investitionen seien verlässliche Zusagen nötig. mehr...

Gesetzgebung: Beschleunigung für Wasserstoffprojekte

[14.07.2025] Der Entwurf des Wasserstoffbeschleunigungsgesetzes liegt vor. Stellungnahmen dazu können bis zum 28. Juli 2025 eingereicht werden. mehr...

BWE: Bundestag verabschiedet Richtlinie

[14.07.2025] Der Bundestag hat am 10. Juli 2025 die vollständige nationale Umsetzung der EU‑Richtlinie RED III für die Windenergie an Land verabschiedet. Der Bundesverband WindEnergie (BWE) begrüßt die Schließung einer wichtigen Regelungslücke, kritisiert jedoch, dass das neue Gesetz hinter den europarechtlichen Möglichkeiten zur Genehmigungsbeschleunigung zurückbleibt. mehr...

Thüga: Studie warnt vor Kosten der Kraftwerksreserve

[11.07.2025] Ein staatlicher Eingriff in den Strommarkt könnte die Preise in die Höhe treiben. Eine neue Studie rechnet mit bis zu neun Prozent höheren Kosten und kritisiert die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung. mehr...

Prognos-Studie: Die Fernwärmeversorger müssen bis 2030 insgesamt 43

Kommunale Wärmeplanung: Verbände fordern klare Regeln

[10.07.2025] Große Städte in Deutschland müssen bis Mitte 2026 ihre Wärmeplanung abschließen. Das fordert das Gesetz. Doch für die Umsetzung braucht es laut Branchenverbänden mehr Geld, weniger Bürokratie und faire Regeln. Sonst bleiben die Pläne ohne Wirkung. mehr...

Bremen: Vertiefte Energiepartnerschaft mit EWE

[03.07.2025] Die Stadt Bremen und der Energieversorger EWE haben eine engere Zusammenarbeit bei der Energie- und Wärmewende vereinbart. Eine entsprechende Absichtserklärung wurde jetzt unterzeichnet. Ziel ist eine sichere, klimaneutrale und bezahlbare Energieversorgung für die Region. mehr...

LENA: Veranstaltung zu Bürgerenergieprojekten

[23.06.2025] Bei einer Informationsveranstaltung in Rochau diskutierten über 50 Kommunalvertreter aus Sachsen-Anhalt die Chancen und Herausforderungen von Bürgerenergieprojekten. Besonders im Fokus stand die Frage, wie durch lokale Beteiligung und neue Leitlinien mehr Wertschöpfung vor Ort entstehen kann. mehr...

VSHEW: Kieler Wärmegipfel

[18.06.2025] Stadtwerke aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen treiben die Wärmewende voran. Beim Kieler Wärmegipfel des Verbands der Schleswig-Holsteinischen Energie- und Wasserwirtschaft zeigten sie, wie unterschiedlich lokale Lösungen aussehen können – und wo die Politik nachbessern soll. Schleswig-Holsteins Energieminister Tobias Goldschmidt sicherte Unterstützung zu. mehr...

LichtBlick: Millerntor-Stadion erhält PV-Anlage in Regenbogenfarben

[04.06.2025] FC St. Pauli und LichtBlick errichten auf dem Millerntor-Stadion die weltweit erste Solaranlage in Regenbogenfarben. Das Projekt verbindet erneuerbare Energie mit einer klaren Botschaft für Vielfalt und gesellschaftliche Offenheit. mehr...

interview

Interview: Die Politik muss schnell handeln

[02.06.2025] Kerstin Andreae spricht im stadt+werk-Interview über die Erwartungen der Branche an die neue Bundesregierung. Resilienz und Nachhaltigkeit seien wichtige Gründe, die Energiewende weiter voranzutreiben, sagt die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. mehr...

Wärmewende: Verbände fordern klare Regeln

[22.05.2025] Dreizehn Branchenverbände wenden sich mit einem Appell an die Bundesregierung. Sie verlangen Planungssicherheit, verlässliche Förderung und ein verständliches Gebäudeenergiegesetz. mehr...