WärmeversorgungGemeinsam zum grünen Wärmenetz

Wollen Kommunen grüne Wärmenetze errichten, muss neben der Frage der Finanzierung die richtige Struktur zur Projektumsetzung erarbeitet werden.
(Bildquelle: STEAG)
Die Errichtung und der Betrieb von öffentlichen Nah- und Fernwärmenetzen ermöglichen es Kommunen, eine effiziente und ortsnahe Wärmeversorgung durch erneuerbare Energien sicherzustellen. Die Rolle der Kommunen als Eigentümer von leistungsfähiger Infrastruktur wird dabei immer wichtiger, da damit der Anschluss von privaten und öffentlichen Nutzern ermöglicht wird und so die andernfalls erforderlichen, erheblichen Investitionen in die Modernisierung von Heizungs- und Klimatechnik vermieden werden.
Laut dem am 31. August 2021 in Kraft getretenen Klimaschutzgesetz soll Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden. Dabei wird in der Bundesrepublik rund die Hälfte der Energie für Wärme verbraucht. Bislang stammt Fernwärme überwiegend aus fossilen Quellen, der Anteil erneuerbarer Energien liegt bei gerade einmal 17,5 Prozent. Daraus ergibt sich großer Bedarf, die bestehenden Wärmenetze umzubauen und auf die Einspeisung von Wärme aus erneuerbaren Energien vorzubereiten. Zudem wird vielerorts die Errichtung neuer oder die Erweiterung bestehender Wärmenetze erforderlich.
Langer zeitlicher Projektvorlauf
Solche Maßnahmen sind mit erheblichen Investitionen verbunden und haben einen langen zeitlichen Projektvorlauf. Um den Umstieg auf erneuerbare Energien und die notwendigen Transformationen der Infrastruktur voranzutreiben, hat der Bundesgesetzgeber mit dem Entwurf der Richtlinie „Bundesförderung effizienter Wärmenetze“ (BEW) umfassende Mittel in Aussicht gestellt. Die Inanspruchnahme von Fördermitteln wird in der Regel durch kommunale Eigenmittel sowie Fremdmittel etwa von Infrastrukturinvestoren ergänzt, um eine gesamtheitliche Projektfinanzierung sicherzustellen. Für Kommunen sind verschiedene Wege zur Strukturierung des Projekts denkbar. So ist neben einer Eigenrealisierung auch die Gründung von Kooperationen mit Dritten ein Lösungsansatz. Bei der Projektstrukturierung ist grundsätzlich zwischen der Infrastruktur- und Betreiberebene zu differenzieren. Sämtliche konzeptionellen Überlegungen müssen dabei kommunal-, vergabe- und zuwendungsrechtskonform sein, da andernfalls das Risiko einer Nichtauszahlung oder Rückforderung von Zuwendungen besteht.
Auch wenn die Kommune das Projekt in eigener Verantwortung realisieren möchte, muss zunächst bewertet werden, ob das Vorhaben von einem rechtlich unselbstständigen kommunalen Eigenbetrieb oder einer selbstständigen Organisationseinheit wie beispielsweise einem Kommunalunternehmen oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgesetzt werden soll. Dabei sollte in die Erwägungen einbezogen werden, inwiefern möglicherweise bestehende Beteiligungsstrukturen wie Gemeinde- oder Stadtwerke weiterentwickelt werden können. Die erforderlichen Planungs-, Bau- und Betriebsleistungen müssen dann – sofern sie nicht in kommunaler Eigenleistung erbracht werden – in einem (europaweiten) Auswahl-/Vergabeverfahren vergeben werden.
Kooperation mit Dritten
Ein weiterer Lösungsansatz ist die Kooperation mit Dritten, also die gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung mit anderen öffentlichen Stellen im Wege der interkommunalen Kooperation oder einer strategischen Partnerschaft mit einem Privatunternehmen. Zu unterscheiden ist dabei die Kooperation auf vertraglicher Grundlage und die gesellschaftsrechtliche Gründung einer gemeinsamen Organisationseinheit. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Kommunen nach Maßgabe der kommunalrechtlichen Vorgaben einen angemessenen Einfluss auf die relevanten Entscheidungen zur Umsetzung des Vorhabens haben.
Sowohl die interkommunale Kooperation als auch die strategische Partnerschaft kann auf Grundlage eines Vertrags umgesetzt werden. Während die interkommunale Kooperation bei wechselseitigen Beiträgen der öffentlichen Kooperationspartner nach § 108 Abs. 6 GWB ausschreibungsfrei ist, wird die Kooperation mit einem Privatunternehmen aufgrund der Leistungsbeziehungen in aller Regel auf vertraglicher Grundlage der vergaberechtlichen Ausschreibungspflicht unterfallen.
Die interkommunale Kooperation kann zudem im Wege einer gemeinsamen Organisationseinheit wie beispielsweise einer öffentlichen Infrastrukturgesellschaft umgesetzt werden. Bei der Kooperation mit einem Privatunternehmen in einer so genannten gemischtwirtschaftlichen Organisationseinheit handelt es sich um eine Projektgesellschaft (Joint Venture). Unter gewissen Voraussetzungen ist die interkommunale Kooperation im Rahmen einer gemeinsamen Organisationseinheit nach § 108 Abs. 1 und 4 GWB wiederum ausschreibungsfrei. Bei der Gründung einer Projektgesellschaft mit einem privaten Partner ist stets kritisch zu bewerten, ob mit der Stellung als Mitgesellschafter zugleich eine Überantwortung eines Leistungsanteils an das Privatunternehmen einhergeht. In diesem Fall ist die Begründung einer öffentlich-privaten Partnerschaft als ausschreibungspflichtiger Vorgang anzusehen.
Umsichtige Entscheidung
Kommunen haben die Möglichkeit, Wärmeprojekte unter Einbeziehung staatlicher Finanzmittel in Ergänzung zu anderweitigen Kapitalquellen zu realisieren und damit im Rahmen der Wahrnehmung einer Aufgabe der Daseinsvorsorge einen Beitrag zur Erreichung der Umwelt- und Klimaschutzziele zu leisten. Dabei bieten sich verschiedene Projektstrukturen an. Die Entscheidung über eine Kooperation mit öffentlichen oder privaten Dritten sollte von der beabsichtigten strategischen Positionierung am Markt sowie der eigenen kommunalen Leistungsfähigkeit abhängig gemacht werden. In jedem Fall muss einer solchen Weichenstellung für die Projektrealisierung eine ausführliche technische, kommerzielle und rechtliche Bewertung sowie die Ableitung einer Vorlage für die Befassung der zuständigen Gremien vorausgehen, um eine umsichtige Entscheidung für solche zukunftsweisenden Projekte treffen zu können.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Mai/Juni 2022 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Tettnang: Baubeginn eines Nahwärmenetzes
[30.07.2025] In Tettnang beginnt der Bau eines Nahwärmenetzes auf Basis erneuerbarer Energien. ENGIE Deutschland und das Regionalwerk Bodensee versprechen sich davon jährlich über 4.000 Tonnen CO₂-Einsparung im Vergleich zu fossilen Heizsystemen. mehr...
Saarbrücken: Kommunale Wärmeplanung gestartet
[30.07.2025] Die Landeshauptstadt Saarbrücken hat den Startschuss für ihre kommunale Wärmeplanung gegeben. Ziel ist eine klimafreundliche, effiziente und sozial gerechte Wärmeversorgung bis 2026. mehr...
Hartheim: Standort für Heizwerk gefunden
[23.07.2025] In Hartheim bei Freiburg soll ein neues Heizwerk auf Basis tiefer Geothermie entstehen. badenova sieht darin einen entscheidenden Schritt für eine klimafreundliche Wärmeversorgung von rund 20.000 Menschen in der Region. mehr...
Schleswig-Holstein: Land stellt Wärmeliniendichtekarte bereit
[22.07.2025] Schleswig-Holstein stellt ab sofort eine flächendeckende Wärmeliniendichtekarte für das gesamte Landesgebiet bereit. Kommunen erhalten damit eine solide Datengrundlage, um ihre kommunale Wärmeplanung effizienter und zielgerichteter umzusetzen. mehr...
Erkner: Zweite Großwärmepumpe angeliefert
[18.07.2025] Mit der Anlieferung der zweiten Großwärmepumpe ist das neue Heizsystem in Erkner Mitte vollständig. Ab Herbst liefert es erstmals grüne Fernwärme – mehr als die Hälfte davon aus erneuerbaren Quellen. mehr...
Hamburg: Nutzung von Abwasser
[14.07.2025] Hamburg setzt beim Klimaschutz auf Abwasser: Auf dem Klärwerk Dradenau entsteht Deutschlands größte Abwasserwärmepumpe mit 60 Megawatt Leistung. Ab 2026 soll sie bis zu 39.000 Haushalte mit klimafreundlicher Fernwärme versorgen. mehr...
Wien Energie: Großwärmepumpenanlage verwendet Softstarter
[11.07.2025] Wien Energie setzt bei Europas leistungsstärkster Großwärmepumpenanlage auf Mittelspannungs-Sanftanlasser von AuCom. Die Technik unterstützt den klimaneutralen Betrieb mit erneuerbarer Energie und steigert die Effizienz beim Start großer Kompressoren. mehr...
Ennepe-Ruhr-Kreis: Planungsprojekte für klimafreundliche Energiezukunft
[10.07.2025] Mit der kommunalen Wärmeplanung und dem Projekt EMG.Ruhr verfolgt der Ennepe-Ruhr-Kreis zwei parallel laufende Ansätze für eine klimafreundliche Energiezukunft. Während die Wärmeplanung den Blick auf Wohnquartiere richtet, analysiert EMG.Ruhr systematisch die Energieversorgung von Gewerbegebieten. mehr...
Nordrhein-Westfalen: Potenzial der Abwasserwärme
[08.07.2025] Bis Mitte 2026 müssen Großstädte ihre Wärmeplanung vorlegen. Dabei rückt eine bisher kaum genutzte Quelle in den Fokus: die Wärme aus Abwasser. In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits erste Projekte. Eine Landesinitiative will den Ausbau vorantreiben. mehr...
Stadtwerke Gießen: Projekt PowerLahn kommt voran
[07.07.2025] Die Stadtwerke Gießen bauen eine neue Anlage zur umweltfreundlichen Wärmegewinnung. Ab Mitte 2026 sollen drei Großwärmepumpen Energie aus dem Wasser der Lahn gewinnen. Damit wollen die Stadtwerke einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende leisten. mehr...
Baden-Württemberg: Wärmeplanung im Konvoi
[02.07.2025] Baden-Württemberg will die Wärmewende und den Schutz vor den Folgen des Klimawandels vorantreiben. Ein neuer Gesetzentwurf sieht vor, dass alle Städte und Gemeinden künftig Wärmepläne und Klimaanpassungskonzepte erstellen müssen. Die Kosten sollen über einen finanziellen Ausgleich gedeckt werden. mehr...
Stadtwerke Kiel/HanseWerk: Gemeinschaftsunternehmen gegründet
[27.06.2025] Mit der Gründung des Unternehmens FördeWärme bündeln die Stadtwerke Kiel und HanseWerk Natur ihre Kräfte für eine klimaneutrale Nahwärmeversorgung. Die neue Gesellschaft soll bestehende Netze dekarbonisieren und neue Versorgungsgebiete rund um Kiel erschließen. mehr...
Fraunhofer IEG: Forschungsprojekt zu Großwärmepumpen
[25.06.2025] Großwärmepumpen könnten eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung der Fernwärme spielen. Ein vom BMWK gefördertes Forschungsprojekt unter Leitung der Fraunhofer IEG zeigt, wie sich natürliche und industrielle Wärmequellen an ehemaligen Kohlekraftwerksstandorten effizient nutzen lassen. mehr...
Nürnberg: Kommunalen Wärmeplan verabschiedet
[20.06.2025] Nürnberg hat einen kommunalen Wärmeplan verabschiedet, der den Weg zu einer klimaneutralen und bezahlbaren Wärmeversorgung bis 2040 ebnen soll. Im Zentrum stehen der Ausbau der Fernwärme, der Einsatz erneuerbarer Energien und die Einbindung dezentraler Lösungen wie Wärmepumpen. mehr...
Thüga: Erweiterung des Portfolios
[19.06.2025] Mit neuen Rahmenverträgen wird die Thüga-Gruppe zum Komplettanbieter für Wärmepumpenlösungen. Stadtwerke und Regionalversorger des Netzwerks können damit künftig alles aus einer Hand anbieten – von der Technik bis zur Installation. mehr...