Donnerstag, 26. Juni 2025

ElektromobilitätsgesetzViel Luft nach oben

[21.08.2014] Sonderkennzeichen, reservierte Parkplätze sowie eine Nutzung der Busspur – der Entwurf zum Elektromobilitätsgesetz (EmoG) sieht einen ganzen Privilegienkatalog für Elektrofahrzeuge vor. Für Umwelt- und Energieverbände gehen die geplanten Regelungen dennoch nicht weit genug.
Elektrofahrzeuge sollen künftig auch die Busspur mitbenutzen dürfen.

Elektrofahrzeuge sollen künftig auch die Busspur mitbenutzen dürfen.

(Bildquelle: romelia / pixelio.de)

Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, sollen ab Februar 2015 Sonderrechte für Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr gelten. Der Entwurf zum Elektromobilitätsgesetz (EmoG) sieht unter anderem ein Sonderkennzeichen für begünstigte Fahrzeuge, reservierte Parkplätze sowie eine Nutzung der Busspur vor. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) zeigt sich über das geplante Gesetzesvorhaben erfreut: „Das Elektromobilitätsgesetz könnte für die deutsche Verkehrspolitik das werden, was das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Anfang der 2000er-Jahre für den Strommarkt erreicht hat – ein Paradigmenwechsel, der Schritt für Schritt an Fahrt gewinnen wird“, sagt BEE-Geschäftsführer Hermann Falk. Der Entwurf sei jedoch zu einseitig auf den Automobilbereich beschränkt. Regelungen für elektrische Zweiräder und Leichtkraftfahrzeuge wie S-Pedelecs und Elektro-Roller mit einer Spitzengeschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde würden noch fehlen. Zudem kritisiert der BEE, dass auch schwere Plug-in-Hybride privilegiert werden sollen. „Mit einer rein elektrischen Reichweite von 50 Kilometern könnten die meisten Nutzer ihre Mobilitätsbedürfnisse abdecken und auf den Verbrennungsmotor verzichten“, sagt Thomic Ruschmeyer, BEE-Vorstandsmitglied. „Das Gesetz soll nun aber schon für Fahrzeuge mit nur 30 Kilometer Reichweite gelten.“ In den Genuss der Privilegien kämen damit auch Fahrer großer Autos, die den Elektroantrieb nur beim Anfahren und weniger wegen der Emissionsfreiheit verwenden. Den Vorschlag, die Busspur für Elektroautos freizugeben, wertet der BEE als zwiespältig. „Für Bus und Krankenwagen sieht jeder eine Bevorrechtigung ein“, so Ruschmeyer. „Wenn nun aber hybride SUVs rechts an der Mehrheit vorbeifahren dürfen, wird damit der Akzeptanz der Elektromobilität ein Bärendienst erwiesen.“ Der Verband fordert außerdem den Aufbau einer flächendeckenden und diskriminierungsfreien Schnellladeinfrastruktur mit Grünstrom. Dies würde neben den vorgesehenen Fördermaßnahmen zu einer schnelleren Verbreitung von Elektroautos führen, so der BEE.

Gesetz ohne ökologische Ausrichtung

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält den Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) für unausgereift und fordert Nachbesserungen. „Dem Gesetz fehlt die umweltpolitische Ausrichtung“, sagt BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg. „Die geplante Privilegierung bestimmter Fahrzeuggruppen leistet keinen Beitrag zur Lösung der Verkehrsprobleme.“ Eine Bevorzugung von Elektroautos müsse dabei helfen, den Verkehr in den Städten zu verringern und CO2-Emissionen zu vermeiden. „Wenn das nicht der Fall ist, bringen Privilegien mehr Nach- als Vorteile“, so Hilgenberg. Radfahrer würden im Straßenverkehr gefährdet, wenn plötzlich Busspuren für Hybrid- und Elektrofahrzeuge freigegeben würden. Zudem fehlen laut BUND im Gesetzentwurf jedwede Vorgaben zum Höchstgewicht der Autos sowie Kriterien für die Antriebsenergien Strom und Wasserstoff. Das geplante Gesetz sei daher vor allem als ein Staatsprogramm zum Erwerb von Elektro- und Hybridautos zu betrachten, meint Hilgenberg. Den Autoherstellern gehe es primär darum, die künftig geltenden CO2-Grenzwerte zu erreichen. „Jedes zusätzlich verkaufte Hybrid-, Wasserstoff- oder reine Elektrofahrzeug ermöglicht den Herstellern deutscher Nobelkarossen, auch in Zukunft viel zu viele übermotorisierte Fahrzeuge zu produzieren“, erklärt Hilgenberg. Viel wichtiger sei es, strengere Verbrauchsvorgaben für sämtliche Neufahrzeuge einzuführen und mehr Anreize zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu schaffen.



Stichwörter: Politik, BEE, Bund, Elektromobilität


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik

LENA: Veranstaltung zu Bürgerenergieprojekten

[23.06.2025] Bei einer Informationsveranstaltung in Rochau diskutierten über 50 Kommunalvertreter aus Sachsen-Anhalt die Chancen und Herausforderungen von Bürgerenergieprojekten. Besonders im Fokus stand die Frage, wie durch lokale Beteiligung und neue Leitlinien mehr Wertschöpfung vor Ort entstehen kann. mehr...

VSHEW: Kieler Wärmegipfel

[18.06.2025] Stadtwerke aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen treiben die Wärmewende voran. Beim Kieler Wärmegipfel des Verbands der Schleswig-Holsteinischen Energie- und Wasserwirtschaft zeigten sie, wie unterschiedlich lokale Lösungen aussehen können – und wo die Politik nachbessern soll. Schleswig-Holsteins Energieminister Tobias Goldschmidt sicherte Unterstützung zu. mehr...

LichtBlick: Millerntor-Stadion erhält PV-Anlage in Regenbogenfarben

[04.06.2025] FC St. Pauli und LichtBlick errichten auf dem Millerntor-Stadion die weltweit erste Solaranlage in Regenbogenfarben. Das Projekt verbindet erneuerbare Energie mit einer klaren Botschaft für Vielfalt und gesellschaftliche Offenheit. mehr...

interview

Interview: Die Politik muss schnell handeln

[02.06.2025] Kerstin Andreae spricht im stadt+werk-Interview über die Erwartungen der Branche an die neue Bundesregierung. Resilienz und Nachhaltigkeit seien wichtige Gründe, die Energiewende weiter voranzutreiben, sagt die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. mehr...

Wärmewende: Verbände fordern klare Regeln

[22.05.2025] Dreizehn Branchenverbände wenden sich mit einem Appell an die Bundesregierung. Sie verlangen Planungssicherheit, verlässliche Förderung und ein verständliches Gebäudeenergiegesetz. mehr...

BSI: Positionspapier zu Cybersicherheit im Energiesektor

[22.05.2025] Das BSI warnt vor gravierenden Risiken für die Energieversorgung durch Cyberangriffe. In einem aktuellen Positionspapier fordert die Behörde umfassende Maßnahmen zur Stärkung der Cybersicherheit im Energiesektor. mehr...

Offshore Windenergie: Warnung vor aktuellem Ausschreibungsmodell

[21.05.2025] Eine neue Studie warnt vor gravierenden Risiken des aktuellen Ausschreibungsmodells für Offshore-Windenergie in Deutschland. Die Stiftung Offshore Windenergie fordert eine Kurskorrektur der kommenden Bundesregierung, um langfristige Schäden für Strompreise, Investitionen und die Energiewende abzuwenden. mehr...

BDEW: Verbesserung und Verabschiedung des KWSG gefordert

[20.05.2025] Der BDEW fordert eine zügige Verabschiedung des Kraftwerkssicherheitsgesetzes mit gezielten Nachbesserungen. Nur so lasse sich der dringend benötigte Ausbau steuerbarer, wasserstofffähiger Kraftwerke verlässlich und investitionssicher realisieren. mehr...

Bürgerenergie: Forschende fordern bessere Regeln

[12.05.2025] In Deutschland gibt es rund 3.000 lokale Energiegemeinschaften. Ein Forschungsteam empfiehlt der Politik nun, klare Ziele zu setzen und bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. So könne Bürgerenergie zum Motor der Energiewende werden. mehr...

Bundesregierung: Neue Vorgaben für Gasspeicher

[05.05.2025] Die Bundesregierung plant, die Mindestfüllstände für Gasspeicher im kommenden Winter zu senken. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hält dies für einen richtigen und notwendigen Schritt. Die Anpassung soll Kosten senken und den Markt entlasten. mehr...

Schleswig-Holstein: Neuer Plan für Windkraftausbau

[05.05.2025] Der jetzt vorgelegte Entwurf des Landesentwicklungsplans Windenergie Schleswig-Holstein soll mehr Flächen für die Windenergie sichern – und gleichzeitig den Naturschutz stärken. Ab dem 21. Mai 2025 können Bürgerinnen und Bürger dazu Stellung nehmen. mehr...

Das Bild zeigt Armin Willingmann, Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt: Entwurf für Wärmplanungsgesetz

[02.05.2025] Bis spätestens 2028 sollen alle Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt Wärmepläne aufstellen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die Landesregierung jetzt vorgelegt. mehr...

Strommarktdesign: Regionale Differenzierung senkt Kosten

[30.04.2025] Eine neue Studie von Agora Energiewende und Fraunhofer IEE zeigt: Lokale Strompreise könnten Netzengpässe reduzieren und die Stromkosten für Unternehmen und Haushalte senken. mehr...

Das Bild ist ein Porträtfoto des schleswig-holsteinischen Energieministers Tobias Goldschmidt

Schleswig-Holstein: Kommunalfonds für die Wärmewende

[22.04.2025] Schleswig-Holstein fördert ab Mai erste Schritte von Wärme- und Effizienzprojekten in Kommunen mit bis zu 300.000 Euro. Eine neue Richtlinie schafft die Grundlage für Zuschüsse in der Frühphase, wenn noch keine Finanzierung durch Banken möglich ist. mehr...

Baden-Württemberg: Rückschritt beim Windkraftausbau?

[15.04.2025] In Baden-Württemberg sorgt eine Formulierung im neuen Koalitionsvertrag zum Thema Windkraft für Irritationen. Verbände warnen vor einem Rückschlag für die Energiewende im Süden. mehr...