Mittwoch, 29. Oktober 2025

AusschreibungenDas Risiko des Scheiterns

[22.03.2017] Die Umstellung auf Ausschreibungen bringt für Windparkentwickler höhere Risiken, geringere Margen und längere Kapitalbindung. Kommunen und Bürgerenergiegenossenschaften sollten deshalb bei Windenergieprojekten mit finanzkräftigen Partnern kooperieren.
EEG 2017: Für Windkraftanlagen gelten nun neue Regeln.

EEG 2017: Für Windkraftanlagen gelten nun neue Regeln.

(Bildquelle: elxeneize/123RF)

Seit gut zwei Monaten ist die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Kraft. Für die Windkraft hat die EEG-Novelle weitreichende Folgen: Seit diesem Jahr erfolgt die Förderung für Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von mehr als 750 Kilowatt (kW) nicht mehr über festgelegte Einspeisetarife, sondern über Ausschreibungen. Die Ausschreibungen gewinnt derjenige, der die Anlagen für das niedrigste Gebot errichtet und betreibt. Im EEG wurde für Ausschreibungen der zu bietende Höchstwert für das Jahr 2017 auf sieben Cent je Kilowattstunde (kWh) begrenzt. Darüber hinaus wird der Onshore-Zubau kontrolliert: Künftig soll er nur noch 2.800 Megawatt pro Jahr umfassen. In den Jahren 2015 und 2014 lag der tatsächlich zugebaute Wert noch zwischen 3.600 und 4.400 Megawatt.
Die Novelle bringt für Kommunen, Stadtwerke, Planungsbüros, Genossenschaften und die Anlagenhersteller einschneidende Änderungen. Der Markt wird künftig um rund 20 Prozent schrumpfen, schätzen Experten. Aufgrund des begrenzten Ausschreibungsvolumens werden Projekte in der Größenordnung von insgesamt rund 1.000 Megawatt pro Jahr auf der Strecke bleiben.

Vor großen Herausforderungen

Durch die geplanten Ausschreibungen steigt außerdem das Projektentwicklungsrisiko, die Kosten für die beteiligten Akteure erhöhen sich und die Margen sinken. Bislang erreichte ein Projekt die Baureife und Finanzierungssicherheit in der Regel, wenn es die Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) erhielt und die erforderlichen Grundstücke gesichert waren. Das ist mit dem EEG 2017 nicht mehr der Fall. Künftig kommt nach der Genehmigung die Ausschreibungsphase hinzu. Dies birgt eine große, gewollte Unsicherheit und wird die Branche massiv verändern. Bei einer Ausschreibung schätzen Investoren, mit welchem Preis sie auf Basis ihrer Kosten und mit Blick auf die Wettbewerber eine Chance auf den Zuschlag haben können. Zur Ermittlung des Gebots müssen alle relevanten Faktoren bedacht werden – die Kosten der Anlagen und der Installation, der Finanzierungsaufwand, die Zusatzkosten, der voraussichtliche Preis der Wettbewerber und vieles mehr. Das erhöht die Komplexität und wird die Projektentwicklungsdauer deutlich verlängern. Der Zusatzaufwand durch die Ausschreibung fällt außerdem in eine frühe Projektentwicklungsphase, in der noch nicht feststeht, ob man schlussendlich zum Zug kommt.
Investoren und Projektentwickler müssen daher damit rechnen, dass sich nicht alle ihre Projekte realisieren lassen. Das wird wohl zu Finanzierungsengpässen führen, weil Projektentwicklungen in der Regel aus Eigenkapital finanziert werden. Zumindest aber werden durch die Ausschreibungsanforderungen die Kosten steigen und die Margen sinken. Das erfordert ein gravierendes Umdenken bei jedem, der Projekte zur Genehmigung bringen und realisieren will.

Sonderregelung nicht sinnvoll

Kleinere Projektierer oder auch Bürgerenergiegesellschaften wird der höhere Aufwand personell und finanziell überfordern. In der Folge wird es zu einer Konzentration der Projektierungsunternehmen kommen. Die vom Gesetzgeber gewährten erleichterten Bedingungen für Bürgergesellschaften werden hier nicht allzuviel ausrichten können. Anders als andere Bieter dürfen sie künftig auch ohne eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung an einer Ausschreibung teilnehmen. Das Problem dabei: Ohne BImSch-Genehmigung ist eine belastbare Kalkulation der Kosten und eines Gebots nicht möglich. Von der Genehmigung hängt ab, welche Auflagen in einem Projekt erfüllt werden müssen. Keine Gesellschaft kann so ein seriöses Angebot abgeben. Ein Vorteil allerdings bleibt: Wenn Bürgerenergiegesellschaften in der Ausschreibung den Zuschlag erhalten, gilt für sie der höchste Zuschlagswert, unabhängig von der Höhe des eigenen Gebots.

Kooperation mit Partnern

Für Kommunen und Bürgerenergiegesellschaften ist es, unter anderem vor dem Hintergrund der EEG-Novelle, nicht ratsam, größere Windparkprojekte allein stemmen zu wollen. Denn zum einen fehlen häufig die Erfahrung und die finanziellen Mittel, zum anderen trägt jedes Projekt das Risiko des Scheiterns in sich. Das kann unter Umständen einen Verlust von mehreren Hunderttausend Euro bedeuten. Für eine Kooperation mit größeren Partnern spricht vor allem folgender Umstand: Von erfahrenen Unternehmen kommt die Finanzkraft, die technische Kompetenz und das rechtliche Know-how, von den Kommunen und Bürgergesellschaften die Akzeptanz vor Ort.
Die kleineren Player sollten sich vor einer Kooperation jedoch Ziele setzen. Diese werden dann in einem Ausschreibungsverfahren transparent gemacht. Etwa, ob der Projektpartner bereit ist, das Projektentwicklungsrisiko im Wesentlichen alleine zu tragen. Das kann für kleine Bürgerenergiegesellschaften und Kommunen wichtig sein. Damit haben sie zwar am Ende weniger Ertrag, aber sie vermeiden das Risiko eines großen Verlusts. Dieses Risiko wird durch die EEG-Novelle künftig deutlich größer sein.

Heribert Sterr-Kölln

Sterr-Kölln, HeribertHeribert Sterr-Kölln ist Geschäftsführer des interdisziplinären Beratungsunternehmens Sterr-Kölln & Partner, das sich auf erneuerbare Energien und kommunale Energieversorgung spezialisiert hat.

Stichwörter: Windenergie,


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Windenergie

Baden-Württemberg: Zunahme von Windenergie

[24.10.2025] Der Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg nimmt Fahrt auf. Nach Angaben der Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (PEE BW) und des BWE-Landesverbands wurden bis Anfang Oktober mehr Anlagen genehmigt als im gesamten Vorjahr, während über 1.200 weitere Projekte in Planung sind. mehr...

TEDEXA: Suche nach KI-Lösungen im Bereich Windenergie

[14.10.2025] Das Mainzer Softwareunternehmen TEDEXA zeichnet auf den 33. Windenergietagen in Potsdam innovative Windfirmen aus, die Künstliche Intelligenz gewinnbringend einsetzen. Der „Goldene Humphrey“ gilt als Impuls für eine strategische Nutzung von KI in der Erneuerbare-Energien-Branche. mehr...

BDEW/ZSW: Zahlen zur Nutzung von Erneuerbaren

[09.10.2025] Erneuerbare Energien deckten in den ersten drei Quartalen 2025 knapp 57 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland. Nach Angaben von BDEW und ZSW konnte das windschwache erste Quartal durch deutlich mehr Solarstrom im Sommer ausgeglichen werden. mehr...

Kreis Tübingen: Windpark nimmt konkrete Formen an

[01.10.2025] Im Landkreis Tübingen nimmt der geplante Windpark Rammert konkrete Formen an: Die Gemeinde Dußlingen und die Stadtwerke Tübingen haben dazu einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Damit ist der Weg frei für zwei der insgesamt 13 vorgesehenen Anlagen auf Dußlinger Gemarkung. mehr...

Enercon/JUWI: Partnerschaftsvertrag geschlossen

[30.09.2025] Enercon und JUWI haben auf der Messe Husum Wind einen neuen Partnerschaftsvertrag geschlossen. Die Zusammenarbeit soll bis 2030 die Planung und Umsetzung zahlreicher Onshore-Windprojekte in Deutschland voranbringen. mehr...

Bundesnetzagentur: Zuschlagswerte sinken

[25.09.2025] Die Ausschreibung für Windenergieanlagen an Land war im August stark überzeichnet. Mehr als 5.700 Megawatt waren im Rennen, vergeben wurden knapp 3.500 Megawatt. Besonders viele Zuschläge gingen nach Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Brandenburg. mehr...

Trianel: Baustart für Windpark in Tasdorf

[18.09.2025] In Tasdorf im Kreis Plön hat Trianel Erneuerbare Energien mit dem Bau eines neuen Windparks begonnen. Acht Windräder sollen dort künftig Strom für zehntausende Haushalte liefern. Das Projekt gilt als wichtiges Vorhaben der kommunalen Energiewende in Schleswig-Holstein. mehr...

Husum Wind 2025: Start mit politischem Rückenwind

[17.09.2025] Die Windmesse in Husum hat begonnen. Vier Tage lang präsentieren Aussteller aus aller Welt neue Technik für die Energiewende. Politik und Wirtschaft betonen die Bedeutung von Windkraft, Wasserstoff und Digitalisierung. In diesem Jahr ist Dänemark das Partnerland. mehr...

Enercon: Speicher-Kombi für Windparks

[16.09.2025] Zur Messe Husum Wind stellt Enercon eine neue Lösung vor: Windparks werden mit Batteriespeichern kombiniert. Damit sollen Windparkbetreiber ihre Anlagen besser ins Netz integrieren und zusätzliche Einnahmen erzielen können. mehr...

Gartz (Oder): Energie-Kommune will von Windkraft profitieren

[15.09.2025] Die Stadt Gartz (Oder) erhält die Auszeichnung „Energie-Kommune des Monats” der Agentur für erneuerbare Energien. Bürgermeister Luca Piwodda setzt auf erneuerbare Energien und die Beteiligung der Bürger. Neue Projekte sollen Einnahmen für die Stadtkasse generieren und das Leben in der Region stärken. mehr...

GAIA: Kritik an geplanter Änderung des Referenzertrags

[11.09.2025] GAIA warnt vor einem Aus der Windenergie in Süddeutschland. Der Projektentwickler sieht durch die geplante Änderung des Referenzertrags tausende Anlagen, Arbeitsplätze und Investitionen bedroht. mehr...

Axis Communications/Fleximaus: Axis Communications/Fleximaus

[08.09.2025] Die Unternehmen Axis Communications und Fleximaus setzen auf KI und Kameratechnik, um Windparks artenschutzkonform zu betreiben. Die Lösung soll Kollisionen von Vögeln mit laufenden Windrädern verhindern und gleichzeitig den Betrieb effizient halten. mehr...

Brandenburg: Dauerblinken von Windrädern abgeschafft

[05.09.2025] In Brandenburg schalten sich die Warnlichter an Windrädern künftig nur noch ein, wenn sich ein Flugzeug nähert. Die Luftfahrtbehörde hat alle Anträge zur bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung abgearbeitet. mehr...

Kreis Wittenberg: Repowering des Windparks Elster abgeschlossen

[20.08.2025] Im Landkreis Wittenberg ist der repowerte Windpark Elster offiziell ans Netz gegangen. 50 Altanlagen wurden durch 16 leistungsstarke Windräder ersetzt, die sechsmal so viel Strom erzeugen und dabei weniger Fläche beanspruchen. mehr...

badenova: Genehmigungsanträge für sieben Windparks eingereicht

[06.08.2025] Mit sieben beantragten Windparks setzt badenova einen neuen Schwerpunkt in der regionalen Energiewende. Die 23 geplanten Anlagen sollen über 150 Megawatt leisten und jährlich Strom für rund 70.000 Haushalte erzeugen. mehr...