OutsourcingKeiner kann mehr alles können
Alles aus einer Hand und alles selbst gemacht: Dieser Grundsatz hatte in der Versorgungswirtschaft länger Bestand als in anderen Branchen. Zwar gibt es für klassische Prozesse wie die Abrechnung schon seit einiger Zeit Energiemarktdienstleister. Neue Herausforderungen zwingen die Stadtwerke jedoch, über weitere Formen der Arbeitsteilung nachzudenken. Denn sie müssen sich den komplexen Entwicklungen in der Versorgungswirtschaft stellen, die sowohl durch den Markt als auch durch den Gesetzgeber getrieben werden. Steigende Zahlen von Wechselkunden sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie ganz neue Geschäftsprozesse, die sich etwa aus dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) ergeben.
Gleichzeitig wird es immer schwieriger, qualifiziertes Personal für diese Herausforderungen zu finden. Um das Dilemma zu lösen, stehen unterschiedliche Strategien für die Auslagerung von Geschäftsprozessen zur Auswahl. Sie reichen von der Unterstützung für die klassischen Commodity-Prozesse wie Abrechnung, Standardlastprofil (SLP) oder Marktkommunikation über die Unterstützung für neue Geschäftsfelder oder -prozesse etwa beim Smart Metering, Mieterstrom oder Out-of-Area-Vertrieb bis hin zur punktuellen Unterstützung im Bereich Kundenbindung.
Prozesse auslagern
Ein Beispiel ist die Rolle des Messstellenbetreibers – egal ob wettbewerblich oder grundzuständig. Dieser neue Geschäftsprozess muss in jedem Unternehmen quasi auf der grünen Wiese aufgebaut werden. Dabei stehen meist die großen Themen, wie die Gateway-Administration, im Vordergrund. Andere, nicht wertschöpfende Prozesse werden hingegen oft übersehen, etwa die Abrechnung des Messstellenbetriebs (MSB): Nach derzeitigen Prognosen muss bei 15 bis 20 Prozent der intelligenten Messsysteme künftig direkt mit dem Anschlussnehmer oder -nutzer abgerechnet werden. Zusätzlich wurde der gesamte Ablauf durch die Aufspaltung des Zählpunkts in die neuen Mess- und Marktlokationen nachhaltig verändert. Deswegen bietet es sich geradezu an, diesen Prozess an einen Full-Service-Anbieter auszulagern. Dieser muss zum einen über die entsprechende Abrechnungskompetenz verfügen. Zum anderen muss er die Datenflüsse in diesem hoch regulierten Bereich IT-seitig korrekt abbilden können.
Daneben treten neue Geschäftsmodelle in Konkurrenz zum Angebot der Stadtwerke. So hat die Wohnungswirtschaft längst erkannt, dass die neuen intelligenten Messsysteme einen direkten Zugang zum Mieter bieten. Zu diesen Geschäftsmodellen gehört beispielsweise die Nebenkostenabrechnung. Denn über die intelligenten Messsysteme können neben dem Strom auch die Verbrauchsdaten aller anderen Sparten wie Gas, Wasser und Wärme hochsicher übermittelt werden. Das Messstellenbetriebsgesetz sieht ausdrücklich vor, dass ab dem Jahr 2021 auch Vermieter als Anschlussnehmer für alle Stromzählpunkte einer Liegenschaft den Messstellenbetreiber auswählen dürfen. Voraussetzung hierfür ist, dass neben dem Strom mindestens eine zusätzliche Messstelle der Sparten Gas, Fernwärme oder Heizwärme über das Smart Meter Gateway gebündelt wird und keine Mehrkosten entstehen. Viele Immobiliengesellschaften sind deshalb dabei, sich als wettbewerblicher Messstellenbetreiber aufzustellen. Wenn sie diese direkte Schnittstelle zum Kunden nicht verlieren wollen, sind Stadtwerke gut beraten, sich hier ebenfalls schnell in Stellung zu bringen. Mit einem entsprechend vorbereiteten Partner gelingt das besser.
Partner auf Augenhöhe
Mieterstrom erfreut sich außerdem zunehmender Attraktivität. Full-Service-Anbieter wie Wilken PRO stellen inzwischen Pakete bereit, welche die komplette Abwicklung der dazugehörigen Stromverträge umfassen – inklusive der Marktpartnerkommunikation, des Callmanagements sowie der Abrechnung. Produkt-Management, Marketing und Vertrieb für den Mieterstrom übernimmt bei diesem Modell in der Regel das Versorgungsunternehmen. Weitere kundenbezogene Prozessschritte können ausgelagert werden, ohne dass dies für den Kunden erkennbar wird. Eine eigene Nummer stellt sicher, dass er als Kunde des jeweiligen Stadtwerks erkannt und entsprechend begrüßt wird. Die weiteren Prozessschritte wie Abrechnung oder Forderungsmanagement liegen ebenfalls bei Wilken PRO. Der Abrechnungsprozess gestaltet sich beim Mieterstrom deutlich komplexer als bei herkömmlichen Stromprodukten, da mehr Daten aus unterschiedlichen Quellen zu berücksichtigen sind. So gilt es, den Anteil der Eigenerzeugung und des Zusatzstrombezugs zu ermitteln, der beispielsweise bei Verbrauchsspitzen oder während der Wartungsarbeiten am Blockheizkraftwerk aus dem öffentlichen Stromnetz bezogen wird. Zudem muss mittels eines Summenzählermodells über komplexe Lieferstellen der Verbrauch derjenigen Bewohner herausgerechnet werden, die keinen Mieterstrom beziehen.
Wie diese Beispiele zeigen, können neue Anforderungen oder Geschäftsmodelle mit externer Unterstützung viel leichter abgebildet werden als mit eigenen Kräften. Bei der Auswahl des Dienstleisters sollte man jedoch darauf achten, dass die Qualität in der Prozessbearbeitung stimmt. Das beginnt bei der Qualifikation der eingesetzten Mitarbeiter, die in der Regel mindestens über eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung sowie gute IT-Kenntnisse verfügen sollten. Darüber hinaus sind konzeptionelle Lösungs- und Problemfindungsstärken wichtig, damit die Stadtwerke bei der Entwicklung von Lösungsstrategien nicht nur einen Erfüllungsgehilfen haben, sondern einen Partner auf Augenhöhe.
Dieser Beitrag ist in der Mai/Juni-Ausgabe 2018 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Stadtwerke Herford: Modernisierung der IT
[27.10.2025] Die Stadtwerke Herford modernisieren ihre IT-Landschaft und setzen künftig auf die Komplettlösung kVASy von SIV.AG. Der Versorger entschied sich nach einer europaweiten Ausschreibung für das SaaS-System aus Roggentin, das sämtliche Sparten und Kundenprozesse abbilden soll. mehr...
Stadtwerke Wolfenbüttel: Rechenzentrum modernisiert
[09.10.2025] Die Stadtwerke Wolfenbüttel haben ihre Rechenzentren vollständig modernisiert und auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Damit stärken sie die digitale Infrastruktur für eine sichere, nachhaltige und zukunftsfähige Energieversorgung in der Region. mehr...
ovag Netz: Vollständige Steuerungskette getestet
[23.09.2025] Gemeinsam mit smartOPTIMO und mehreren Partnern hat die ovag Netz in einer realen Umgebung erstmals ein Steuerbefehl vom Netzbetreiber bis zur Steuerbox im Feld vollständig ausgeführt. Auch die Rückmeldung durchlief die gesamte Kette. mehr...
Energieportal: Intensiver Datenaustausch
[22.09.2025] Ein neuer digitaler Service soll den Datentransfer zwischen Endkunden, Messstellenbetreibern und Energiedienstleistern vereinfachen. Zu diesem Zweck haben 50Hertz, Stromnetz Berlin und Mako356 das Portal for.Watt entwickelt. mehr...
beegy: White-Label-Lösung für Stadtwerke
[22.09.2025] Mit einem neuen Energiemanagementsystem will das Unternehmen beegy Stadtwerke dabei unterstützen, gesetzliche Anforderungen zu erfüllen. Das System soll den Stromverbrauch und die -einspeisung intelligent steuern und sich einfach in bestehende Angebote integrieren lassen. mehr...
rku.it: Vertrag mit Gelsenwasser verlängert
[16.09.2025] Gelsenwasser verlängert jetzt seinen Vertrag mit rku.it und setzt damit die seit 2005 bestehende IT-Partnerschaft fort. Der Herner Dienstleister bleibt für zentrale Infrastruktur- und Digitalisierungsprojekte des Versorgers verantwortlich. mehr...
cortility: Auf E-Rechnung umstellen
[12.09.2025] Unternehmen in Deutschland müssen sich auf neue Regeln für Rechnungen einstellen. Ab dem 1. Januar 2027 sind E-Rechnungen für fast alle Firmen Pflicht. Das betrifft auch die Versorgungswirtschaft. mehr...
Kraftwerk: Lizenzvertrag abgeschlossen
[09.09.2025] Die Kraftwerk Software Gruppe integriert das Energiedatenmanagement-System EMS-EDM Prophet des Fraunhofer IOSB-AST in ihre neue Plattform. Grundlage ist ein Lizenzvertrag, der den Zugriff auf den Source-Code ermöglicht. mehr...
EW Schmid: Migration auf Cloudplattform
[28.08.2025] Der niederbayerische Energieversorger EW Schmid stellt seine Abrechnungs- und Vertriebsprozesse noch 2025 auf die neue Cloudplattform der Kraftwerk Software Gruppe um. Die Lösung basiert auf Microsoft Dynamics 365 und soll Effizienz, Automatisierung und Integration mit bekannten Microsoft-Anwendungen bringen. mehr...
Respect Energy: Vertriebssystem auf JOULES umgestellt
[21.08.2025] Respect Energy setzt seit Mitte August auf die Vertriebslösung JOULES von eins+null. Damit will das Unternehmen Prozesse beschleunigen, Partner enger anbinden und den Ausbau seiner Kundenbasis in Deutschland vorantreiben. mehr...
Cortility: S/4HANA an Hauptzollamt ausgeweitet
[20.08.2025] Cortility hat seine Lösung für die Strom- und Energiesteuermeldung an das Hauptzollamt auf SAP S/4HANA ausgeweitet. Erste Energieversorger setzen das System bereits ein. mehr...
Stadtwerke Rostock: Projektmanagementsoftware eingeführt
[18.08.2025] Die Stadtwerke Rostock haben mit der Einführung einer Projektmanagementsoftware ein strukturiertes IT-Ressourcenmanagement etabliert, um personelle Kapazitäten effizienter zu steuern und die Projektplanung zu verbessern. mehr...
Lösungen: Aufzeichnen, auswerten, abwehren
[14.08.2025] Kritische Infrastrukturen sind gefordert, Schutzmechanismen zu errichten, die den Betrieb essenzieller Systeme bei Cyberangriffen, Naturereignissen oder menschlichem Versagen aufrechterhalten. Ein empfehlenswerter Ansatz ist hier das Security Information and Event Management. mehr...
Kisters/FlexPowerHub: Neue Lösung für den Regelenergiemarkt
[04.08.2025] Mit einer vollautomatisierten Lösung für den Regelenergiemarkt ermöglichen Kisters und FlexPowerHub präzisere Prognosen, effizientere Abläufe und höhere Erlöse. Die Partnerschaft setzt auf KI und durchgängige Prozessdigitalisierung – von der Datenerfassung bis zur Gebotsabgabe. mehr...
Kundenservice: Intelligente Voicebots
[28.07.2025] Der Kundenservice bei Stadtwerken und Energieversorgern muss auf immer komplexere Fragestellungen reagieren – und das bei dünner Personaldecke und knappen Budgets. Fortschrittliche KI-gestützte Voicebots können die Zufriedenheit der Kunden trotzdem sichern. mehr...















