Freitag, 21. November 2025

Plattform EE BWPlädoyer für Tiefe Geothermie

[22.03.2023] Derzeit wird in Baden-Württemberg nur ein Sechstel des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien gedeckt. Um diesen Anteil zu erhöhen, könnten in Zukunft Wärmenetze genutzt werden, die aus Tiefer Geothermie gespeist werden.

In Baden-Württemberg könnte der Wärmebedarf zu einem großen Teil durch Tiefe Geothermie gedeckt werden. Wie die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (Plattform EE BW) mitteilt, ist vor allem am Oberrhein das Potenzial hierfür groß. Mehrere Energieversorger und Unternehmen planten aktuell die Nutzung der Erdwärme. Etwa im Kreis Karlsruhe: In Graben-Neudorf solle im Jahr 2025 ein Geothermiekraftwerk in Betrieb gehen; mit der gewonnenen Energie könnten rund 20.000 Haushalte in der Kommune und den umliegenden Gemeinden mit klimafreundlicher Wärme versorgt werden. Doch die Technologie erhitze auch die Gemüter: Ein Bürgerentscheid im nebenan gelegenen Waghäusel kläre am 26. März 2023, ob die Kommune städtische Grundstücke zur Nutzung für die Tiefe Geothermie zur Verfügung stellen kann.
Die klimaneutrale Wärmeversorgung liege noch in weiter Ferne. Im Jahr 2022 hätten die bundesweiten Kohlendioxidemissionen erneut über den gesetzlichen Zielwerten gelegen. Das zeigten Zahlen des Umweltbundesamts. Auch Baden-Württemberg habe Aufholbedarf: Zum größten Teil heizten Gebäudeeigentümer noch immer auf Basis von Gas oder Heizöl. Lediglich 16 Prozent des gesamten Wärmeverbrauchs stamme aus erneuerbaren Energien. Um die Klimaschutzziele im Südwesten zu erreichen, brauche es hier einen deutlichen Fortschritt. Franz Pöter, Geschäftsführer der Plattform EE BW, empfiehlt, dies zu bejahen: „Die Vorteile der Tiefen Geothermie sind immens – mehr Versorgungssicherheit, eine kostenstabile Wärmeversorgung, die Wertschöpfung vor Ort und viel Klimaschutz.“ 

Wärmereservoir im Untergrund

Angaben von EE BW zufolge kann die Tiefe Geothermie neben Wärmepumpen, Holzheizungen und Biogas zur Wärmewende beitragen. Sie liefere Energie aus dem Inneren der Erde, die Wärmereservoirs lägen drei bis vier Kilometer tief. So ließen sich erneuerbare Wärme und Strom gewinnen. Bislang spiele die Tiefe Geothermie im Südwesten noch eine geringe Rolle. Energieversorger und Unternehmen wollten dies nun ändern. Besonders gut seien die geologischen Voraussetzungen in Baden-Württemberg zwischen Mannheim und Lörrach, auch in Oberschwaben gebe es Potenzial. Mehrere Unternehmen hätten am Oberrhein Projekte begonnen. Es gebe erste Planungen, Erkundungsbohrungen, Bauprojekte und bereits im Betrieb befindliche Anlagen.
Die Technologie eröffne die Chance, die Wärmewende am Oberrhein erfolgreich zu gestalten. „Bislang sind es die Kohlekraftwerke in Mannheim und Karlsruhe, die die Region mit Fernwärme versorgen. Mit der Tiefen Geothermie besteht die Möglichkeit, die Versorgungsnetze mit regenerativer Wärme speisen zu können und darüber hinaus auch weitere Gemeinden aus diesen Wärmequellen zu versorgen“, sagt Pöter. „Aus den Plänen müssen nun konkrete Projekte werden. Die Nutzung der Tiefen Geothermie sollte, wo es geologisch möglich ist, immer mit in Betracht gezogen werden.“

Bürgerbegehren behindern Projekte

Laut EE BW erkennen die überwiegende Mehrheit der Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, die Wissenschaft sowie die Umwelt- und Naturschutzverbände den Wert der Tiefen Geothermie und ihr hohes Potenzial für den Transformationsprozess am Oberrhein an. Auch bürgerliche Klimaschutzbündnisse, Bürgerenergiegenossenschaften oder Fridays for Future seien für die Nutzung der Technologie. Trotz der großen Zustimmung strengten kleine Bürgerinitiativen jedoch immer wieder Bürgerbegehren an, die zum Beispiel die Bereitstellung von Grundstücken für Geothermie-Projekte durch die Kommunen verhindern sollen. Ein aktuelles Beispiel sei Waghäusel. Endet der Bürgerentscheid mit einem „nein“, drohe der Stadt der Verlust von Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten. Auch die Region, welche die Wärmeplanung bereits weit vorangetrieben hat, könnte auf ihrem Weg zur Dekarbonisierung zurückgeworfen werden.
„Wir spüren deutlich, dass in der Bevölkerung, den kommunalen Gremien und auch bei den Behörden mehr Zustimmung für Erneuerbare-Energien-Projekte gibt. Die Energiekrise hat das Umdenken beschleunigt, das Interesse an den erneuerbaren Energien ist groß“, berichtet Franz Pöter. Er ergänzt: „Bei Bürgerentscheiden oder auch bei Informationsveranstaltungen ist es wichtig, dass sich die Befürworter aktiv beteiligen.



Stichwörter: Geothermie, Plattform EE BW


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Geothermie

Geothermie: Neues Fachbuch bietet Überblick

[21.11.2025] Ein neues Fachbuch gibt einen umfassenden Überblick über Technik, Planung und Betrieb moderner Geothermie-Projekte. Das Werk soll Fachleute und Entscheider bei der Wärmewende unterstützen. mehr...

Hörstel: Kalte-Nahwärme-Netz in Betrieb gegangen

[20.11.2025] Im Hörsteler Uferquartier ist ein neues Kalte-Nahwärme-Netz in Betrieb gegangen. SWTE Netz setzt damit auf geothermische Wärme, die nach Angaben des Unternehmens steigende gesetzliche Anforderungen bereits heute erfüllt. mehr...

Potsdam: Bundesumweltminister besucht Tiefengeothermie-Baustelle

[20.11.2025] Bundesumweltminister Carsten Schneider und EU-Kommissar Dan Jørgensen haben in Potsdam eine Tiefengeothermie-Baustelle besichtigt und sich über den Stand der Wärmewende informiert. Das Projekt gilt als zentraler Baustein für eine klimafreundliche Fernwärme. mehr...

Berlin: Erdwärmesonden dürfen tiefer bohren

[17.11.2025] Berlin lässt Erdwärmesonden künftig tiefer bohren und hebt die bisherige 100-Meter-Grenze auf. Die Senatsverwaltung sieht darin einen wichtigen Schritt für die Wärmewende. mehr...

Deutscher Geothermikongress: Forschungsarbeiten zur Wärmewende

[06.11.2025] Auf dem Deutschen Geothermiekongress 2025 in Frankfurt am Main präsentiert das Fraunhofer IEG praxisnahe Forschung für eine schnellere Wärmewende. Im Fokus stehen Technologien, die Geothermie vom Nischenprodukt zur industriellen Lösung führen sollen. mehr...

LBEG: BS Energy darf Erdwärme aufsuchen

[05.11.2025] BS Energy erhält drei neue Erlaubnisfelder zur Aufsuchung von Erdwärme in der Region zwischen Gifhorn und Salzgitter. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie will damit Tiefengeothermie-Projekte zur Wärmegewinnung voranbringen. mehr...

STAWAG: Vorbereitungen für seismische Messungen

[05.11.2025] In Aachen beginnen die Vorbereitungen für seismische Untersuchungen, die den Untergrund für ein mögliches Tiefengeothermie-Projekt erkunden sollen. Dabei informiert die STAWAG die Anwohner und bittet – wo nötig – um Zustimmung für Messgeräte und Zufahrten. mehr...

Praxisforum Geothermie Bayern: Großes Interesse an Tiefengeothermie

[27.10.2025] Die Tiefengeothermie in Bayern erreicht einen neuen Rekord: 24 Anlagen lieferten 2024 rund 3,4 Terawattstunden Wärme – über 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Beim Praxisforum Geothermie Bayern in Pullach wurden zudem die besten Projekte und Persönlichkeiten der Branche ausgezeichnet. mehr...

Holzkirchen: Mit Transformationsplan zur Dekarbonisierung

[08.10.2025] Die Marktgemeinde Holzkirchen hat mit einem umfassenden Transformationsplan den Weg zur vollständigen Dekarbonisierung ihrer Wärmeversorgung bis 2045 festgelegt. Grundlage ist ein Geothermieprojekt aus 5.000 Metern Tiefe, das bereits heute Strom und Wärme aus erneuerbarer Energie liefert. mehr...

Aachen: Vorbereitungen für seismische Messungen

[01.10.2025] Die STAWAG bereitet in Aachen seismische Untersuchungen vor, um das Potenzial der Tiefengeothermie für die regionale Wärmeversorgung zu prüfen. Ziel ist es, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und erneuerbare Wärmequellen stärker einzubinden. mehr...

LBEG: Erfolgreiche Testbohrungen

[16.09.2025] In Ahnsbeck im Landkreis Celle könnte das erste Tiefengeothermie-Projekt Niedersachsens Realität werden. Nach Angaben des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie wurden dort in 2.500 Metern Tiefe Gesteinsschichten mit ungewöhnlich hohen Temperaturen von 113 Grad Celsius nachgewiesen. mehr...

20. Geothermiekonferenz: Wie steht’s mit der Erdwärme?

[12.09.2025] Nordrhein-Westfalen will bis 2045 ein Fünftel seines Wärmebedarfs mit Geothermie decken. Wie das gelingen kann, war Thema der 20. Geothermiekonferenz in Bochum mit rund 160 Fachleuten. mehr...

Praxisforum Geothermie Bayern: Ausbau beschleunigen

[08.09.2025] Nach dem Beschluss des Geothermie-Beschleunigungsgesetzes richtet sich der Blick der Branche auf Pullach: Dort findet vom 22. bis 24. Oktober 2025 das Praxisforum Geothermie Bayern statt. mehr...

Hannover: Urbane Tiefengeothermieanlage geplant

[03.09.2025] Hannover will Vorreiter bei der Wärmewende werden: Ab 2027 soll in Lahe eine Tiefengeothermieanlage Wärme aus 3.200 Metern Tiefe ins Fernwärmenetz einspeisen. Nach Angaben der Stadt können damit bis zu 20.000 Haushalte mit erneuerbarer Energie versorgt werden. mehr...

Oldenburg: Erlaubnis für Suche nach Erdwärme erteilt

[19.08.2025] EWE darf im Stadtgebiet von Oldenburg nach Geothermie-Vorkommen suchen. Die Aufsuchungserlaubnis des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie ist der Auftakt eines Prüfprozesses, der ausdrücklich noch keine Projektentscheidung bedeutet. mehr...