GeothermieWärme und Kälte aus der Grube
Die Vermarktung des ehemaligen Bochumer Opel-Geländes, auch bekannt unter MARK 51°7, läuft auf Hochtouren. Namhafte Firmen haben sich bereits für den Wirtschaftsstandort Bochum auf dem 68 Hektar großen Gelände entschieden. In einem Gemeinschaftsprojekt unterstützen die Stadt Bochum, die Stadtwerke Bochum Holding und die Bochum Perspektive 2022 die Ansiedlungen mit einem innovativen Versorgungskonzept. Im Juni 2018 wurde der offizielle Startschuss für das Projekt gegeben, das eine Gesamtinvestitionssumme von rund 17 Millionen Euro umfassen wird.
Eine in dieser Form in Deutschland einzigartige Nutzung des Energiepotenzials von Grubenwasser ist für die Wärme- und Kälteversorgung auf großen Teilen der Fläche vorgesehen. Die Stadtwerke Bochum planen in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Geothermiezentrum Bochum, das rund 30 Grad warme Grubenwasser aus dem Bergwerk der ehemaligen Zeche Dannenbaum in rund 800 Metern Tiefe zu Tage zu fördern und für die Wärmeversorgung zu nutzen. Die Wärme des Grubenwassers soll über Wärmepumpen auf circa 45 Grad Celsius erhöht und anschließend in das Wärmenetz abgegeben werden.
Energiepotenzial Grubenwasser
Auch für die Kälteversorgung von MARK 51°7 soll das Grubenwasser, allerdings aus einer Tiefe von etwa 300 Metern, bei circa 18 Grad gehoben werden. Das natürliche Energiepotenzial des Grubenwassers wird Prognosen zufolge bis zu 75 Prozent des Wärme- und Kältebedarfs der angeschlossenen Abnehmer decken. Der verbleibende Wärmebedarf wird aus dem Fernwärmenetz der FUW GmbH, einer Tochtergesellschaft der Stadtwerke Bochum, gedeckt. Die restlichen Kältemengen werden über konventionelle Kälteanlagen an das Kältenetz von MARK 51°7 übergeben.
In einer gemeinsamen Machbarkeitsstudie der Stadtwerke Bochum Holding mit dem Geothermiezentrum Bochum wird untersucht, ob die Wärme des Grubenwassers der alten Zeche Dannenbaum technisch und wirtschaftlich nutzbar gemacht werden kann. Mit den Ergebnissen wird Anfang dieses Jahres gerechnet. Die Erstellung der Studie wird vom Bundeswirtschaftsministerium über das Programm Wärmenetze 4.0 gefördert. Sollte sich das Konzept in dieser Form als nicht machbar oder unwirtschaftlich darstellen, so ist geplant, geothermische Wärme und Kälte über ein oberflächennahes Erdsondenfeld nutzbar zu machen.
Positive Erfahrungen
Mit einer ähnlichen Nutzung des Grubenwassers haben die Stadtwerke Bochum in Bochum-Werne an der ehemaligen Zeche Robert Müser gute Erfahrungen gesammelt. Im Rahmen eines Pilotprojekts werden dort seit dem Jahr 2012 etwa 70 bis 80 Prozent des Gesamtwärmebedarfs der umliegenden Gebäude über die neuen Wärmepumpen abgedeckt. Ein Wärmetauscher an der Schachtanlage überträgt die Wärme des aus 570 Metern Tiefe geförderten Grubenwassers an ein mit Wasser betriebenes so genanntes kaltes Nahwärmenetz mit einer Vorlauftemperatur von circa 20 Grad.
Durch den Einsatz der Geothermie streben die Stadtwerke auf MARK 51°7 einen besseren Primärenergiefaktor als 0,50 an. Für eine Industriefläche dieser Größenordnung ist das ein Spitzenwert, der hilft, die gesetzlichen Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) für Neubauten zu erreichen.
Hoher ökologischer Standard
Die geplante Geothermienutzung ist zudem Grundlage für einen hohen ökologischen Standard auf dem Areal. Durch die umweltfreundliche Nutzung des Energiepotenzials des Grubenwassers können die CO2-Emissionen um voraussichtlich 35 Prozent bei der Wärmeversorgung und weitere 20 Prozent bei der Kälteversorgung im Vergleich zu einer herkömmlichen Wärme- und Kältelieferung reduziert werden.
Auf der Stromseite wird aus zwei Umspannwerken elektrische Leistung bereitgestellt, sodass ausreichend Reserven vorhanden sind, zum Beispiel für den Aufbau einer Lade-Infrastruktur für Elektroautos. Auch im Bereich der Telekommunikation werden auf MARK 51°7 Spitzenwerte erreicht: Die Unternehmen erhalten einen hocheffizienten Business-Glasfaseranschluss und können über die Telekommunikation Mittleres Ruhrgebiet GmbH (TMR), ebenfalls ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Bochum, Telekommunikationsdienste mit Bandbreiten von mehrfach zehn Gigabit pro Sekunde (n mal zehn Gbit/s) beziehen.
Innovative Wärme- und Kälteversorgung, Elektromobilität und hohe Bandbreiten – das sind die Kernelemente des Energiekonzepts für MARK 51°7.
Dieser Beitrag ist in der Januar/Februar-Ausgabe von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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