SüdWestStromVerlängerte Werkbank der Stadtwerke

Daniel-Klaus Henne
(Bildquelle: K21 media)
Herr Henne, Herr Fella, SüdWestStrom wurde als Kooperation von 30 baden-württembergischen Stadtwerken gegründet. Mittlerweile hat das Unternehmen 57 verschiedene Gesellschafter. Wie hat sich SüdWestStrom entwickelt?
Henne: SüdwestStrom ist entstanden aus so genannten Arbeitsgemeinschaften der Strombezieher, also Verbünden von Stadtwerken, die gemeinsam Strom eingekauft haben. Es begann mit vier Stadtwerken, die gemeinsam beschafft haben und die Idee des marktorientierten Einkaufs umsetzen wollen. Das waren die Stadtwerke Tübingen, Mühlacker, Mössingen und das Überlandwerk Eppler in Dotternhausen. Durch den marktorientierten Ansatz konnten zu Beginn der Liberalisierung die Einkaufspreise für Strom um 50 Prozent gesenkt werden. Daraus hat sich eine Beschaffungs- und Dienstleistungsplattform entwickelt, die heute in einem normalen Jahr zwischen 33 und 35 Terawattstunden Strom und Gas für die Kunden beschafft.
Fella: Ein Stadtwerk hat ein oberstes Ziel: Die Eigenständigkeit zu wahren. Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir den Stadtwerken nichts aufdrücken. Dazu gehört auch, ihnen die Wahlfreiheit zu geben: Ein Kunde muss nicht zwangsläufig bei uns Gesellschafter sein, ein Gesellschafter muss auch nicht zwingend Kunde sein.
SüdWestStrom versteht sich als Dienstleister für kleinere und mittlere Stadtwerke. Welche weiteren Services bieten Sie an?
Henne: Mit neuen Regelungen des Energierechts kamen neue Dienstleistungen hinzu. Wir unterstützen heute die Stadtwerke beispielsweise beim Energiedaten-Management, bei einem preisorientierten Last-Management und wir entwickeln neue Dienstleistungen im Bereich Smart Metering für Netzbetreiber.
Welche Vorteile haben Gesellschafter?
Henne: SüdWestStrom hat eine unglaubliche Erfolgsgeschichte hingelegt. Wir haben das eingesetzte Kapital der Gesellschafter innerhalb kürzester Zeit mehr als verzehnfacht. Das klingt gut, ist aber primär nicht unser Ansatz. Es geht darum, Unabhängigkeit in der Beschaffung zu erreichen – und das nachhaltig.
#bild2Fella: Es gibt eine ganze Bandbreite von Vorteilen: Das fängt bei einer vernünftigen Verzinsung des eingesetzten Kapitals an. Zudem binden wir die Gesellschafter intensiv in die Gestaltung unserer Leistungen ein. Wir sind gerade dabei, vermehrt den informellen Austausch zu pflegen. In regelmäßig stattfindenden Kamingesprächen wollen wir uns über aktuelle Themen der Energiebranche austauschen. Ein Vorteil, der nicht unterschätzt werden darf, ist der Community-Gedanke: Wir halten zusammen, wir tun uns zusammen und schaffen damit etwas. Darauf sind wir angewiesen. Wir erarbeiten gemeinsam Lösungen.
In welchen weiteren Bereichen unterstützen Sie die Stadtwerke, etwa beim Thema Smart Home?
Henne: Smart Home oder Smart Metering sind als Themenfelder interessant. Als eigenständiges Geschäftsmodell sind sie aber kaum rentabel. Angenommen, wir lassen den gesamten Haushalt mit börsenoptimierten Strompreisen laufen – angefangen von der Spülmaschine über den Wäschetrockner bis hin zur Waschmaschine. In ein paar Jahren kommt vielleicht noch das Elektroauto hinzu. Die Einsparungen durch spezielle Tarife wären zu gering. Die Kosten für die ganze Technologie, die da dahinterstehen, müssten deutlich sinken. Der finanzielle Anreiz für Kunden wurde bislang überschätzt. Auch das BMWi hat diese Potenziale kürzlich als wesentlich geringer eingeschätzt.
Zumindest für den einzelnen Verbraucher. Wie sieht es bei Großbetrieben aus?
Henne: Da sieht es in der Tat anders aus. Dafür haben wir ein preisorientiertes Last-Management. Wir optimieren nicht nur die Erzeugung, sondern wir können auch das Abnahmeverhalten auf der Verbraucherseite steuern. Wir sehen hier große Synergieeffekte für die Stadtwerke und nachhaltige Potenziale im Energy-Only-Markt. Das kann sicherlich ein Geschäftsfeld werden.
Fella: Unsere Dienstleistungen betreffen Daten-Management und Big Data. Das sind die großen Themenfelder, auf die wir uns konzentrieren. Zudem unterstützen wir Kommunen bei der Rekommunalisierung und helfen den Stadtwerken, sich im Vertrieb aufzustellen. Denn viele Stadtwerke kennen ihre Kunden nur eingeschränkt. Ein weiterer Bereich ist die Flexibilisierung kleiner Erzeugungsanlagen, gekoppelt mit der Wärmeversorgung. Wir empfehlen unseren Stadtwerken, das Thema Wärmeversorgung auf die Agenda zu setzen, um die Wertschöpfungskette beim Kunden zu verlängern. Auch beim Thema Smart Metering könnten wir uns vorstellen, die Stadtwerke in Zukunft dabei zu unterstützen, entsprechende Produkte für ihre Kunden auf den Markt zu bringen.
„Ein Stadtwerk hat ein oberstes Ziel: Die Eigenständigkeit zu wahren.“
Energieversorger bewegen sich derzeit in einem unsicheren Umfeld. Wie beurteilen sie die aktuelle Energiepolitik?
Henne: Ich war überrascht, wie vernünftig die Diskussionen und Entscheidungen bisher über die Bühne gingen. Beispielsweise die Marktstrukturen: Jetzt reden wir nicht mehr über Kapazitätsmärkte, sondern über strategische Kapazitätsreservemärkte. Die Politik muss zwar derzeit in einem Stückwerk Entscheidungen treffen, geht damit aber in eine positive Richtung. Beim Thema Kraft-Wärme-Kopplung gibt es allerdings noch Nachholbedarf. Bisher war hier die politische Botschaft, dass man die Ziele etwas herunterschraubt und die Förderung leicht erhöht. Wir begrüßen, dass die KWK-Förderung künftig an die Einspeisepflicht gekoppelt sein wird. Aber: Muss es denn wirklich die Förderung sein? Wäre es stattdessen nicht möglich, mittels einer Umverteilung die EEG-Umlage zu senken? Wir könnten uns aber auch überlegen, wie sich das in Marktdesign packen lässt, damit Flexibilität entsteht.
Fella: Die Entwicklung in der Politik hat dazu geführt, dass nicht nur die großen Erzeuger im Fokus stehen. Themen wie der Vertrieb werden wieder verstärkt wahrgenommen. Das schätze ich als positiv ein. Uns kommt zugute, dass wir ein Unternehmen für Stadtwerke sind. Man traut uns zu, dass wir verstehen, was Stadtwerke brauchen. Wir treten auch nicht in Konkurrenz zu ihnen, sondern sehen uns als verlängerte Werkbank der Stadtwerke. Die mitunter vorhandene Sprunghaftigkeit der Energiepolitik ist aber auch für uns eine Herausforderung.
Was müsste getan werden, damit mehr Anreize für Flexibilität entstehen?
Henne: Es sollten die bereits bestehenden Technologien für flexible Erzeugung auch tatsächlich nutzbar gemacht werden. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung beispielsweise könnten mit einer hocheffizienten Energiespeicherung alle Preisschwankungen abgefangen werden. Gleichzeitig wird die Wärmeversorgung hocheffizient und wirtschaftlich. Für die Politik und Wirtschaft, aber auch für die Kommunen und die Stadtwerke ist das von Vorteil. Der Gewinner wäre schlussendlich das Klima. Der Dreh- und Angelpunkt ist, Subventionen rigoros zu streichen. Dann wird der Markt es richten und es werden Investitionsanreize geschaffen.
Dieses Interview ist in der Ausgabe Mai/Juni von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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