Samstag, 23. August 2025

BetriebsdokumentationChancen der Vernetzung nutzen

[30.09.2016] Während der Laufzeit eines Windrads entstehen verschiedene Prüfberichte in unterschiedlichen Formaten. Der Prüfservice TÜV SÜD sieht Nachholbedarf bei der Digitalisierung und Standardisierung solcher Dokumente und hat dazu sein Prüfbuch netDocX weiterentwickelt.
Flugdrohnen liefern mit ihren Bildern wichtige Daten für eine lückenlose Dokumentation von Windparks.

Flugdrohnen liefern mit ihren Bildern wichtige Daten für eine lückenlose Dokumentation von Windparks.

(Bildquelle: TÜV SÜD)

Betriebsführer von Windparks stehen regelmäßig vor den gleichen Fragen: Gibt es Schäden oder Mängel an den Anlagen, die behoben werden müssen? Wie steht es um Reparaturen, Wartung, Instandhaltung und die damit verbundenen Fristen? Betriebs- und Dokumentationsprozesse gewährleisten zwar, dass die relevanten Daten und Informationen vorhanden sind. Doch sind sie meist in elektronischen Dokumenten, Aktenschränken und Archiven verborgen. Potenzial für mehr Transparenz und weniger Fehler bieten Standardisierung und Digitalisierung.

Die Übersicht behalten

Im Laufe der Betriebsphase einer Windenergieanlage (WEA) werden verschiedenste Dokumente erstellt und verwaltet. Genehmigungen, Rechnungen, Wartungs-, Reparatur- und Prüfberichte kommen beispielsweise per Post oder als PDF-Datei per E-Mail. Einfach zu verarbeiten sind sie in der Regel nicht. Die Möglichkeiten sind meist stark begrenzt, weil Schnittstellen und Exportfunktionen fehlen. Häufig müssen die Daten und Informationen deshalb umständlich in andere EDV-Systeme und Dateiformate wie beispielsweise Excel-Arbeitsmappen übertragen werden, damit sie ausgewertet, Tätigkeiten priorisiert und Arbeiten an der Anlage veranlasst werden können. Ein weiteres Problem ist die uneinheitliche Datenerfassung. So werden für ein und dasselbe Bauteil sehr häufig unterschiedliche Schreibweisen, Synonyme oder Abkürzungen verwendet. Auch werden wichtige Informationen oft unspezifisch erfasst und nicht detailliert genug formuliert.
Dieser Sachverhalt ist der Branche schon länger bekannt, weshalb bereits mit Nachdruck an einer Standardisierung gearbeitet wird. So hat der europäische Fachverband für die Strom- und Wärmeerzeugung (VGB) die internationale Kennzeichnungssystematik Reference Designation System for Power Plants (RDS-PP) für Windenergieanlagen erstellt. Sie basiert auf dem bewährten Kraftwerkkennzeichnungssystem (KKS) von Großkraftwerken. Damit wird jedem Bauteil, je nach Einbauort und Funktion, ein eindeutiger, spezifischer Code zugeordnet. Ein Beispiel dafür ist der Code MDL10 für einen Azimuthmotor.

Mängel auf den Nenner gebracht

Werden die Daten bei der Prüfung in einer Datenbank erfasst, bietet das zahlreiche Analysemöglichkeiten. Welche Arbeiten an der Anlage müssen veranlasst und welche davon müssen priorisiert werden? Auch Mängelstatistiken lassen sich einfach erstellen. Auf Basis separater Papierdokumente und PDF-Dateien ist es bisweilen mit hohem Aufwand verbunden – sofern es überhaupt möglich ist – festzustellen, dass beispielsweise wichtige Komponenten gehäuft ausfallen. Darüber hinaus lassen sich weitere Fragen klären, wie: Ist der gehäufte Ausfall der Flugbefeuerung auf Blitzschlag oder eventuell doch auf einen Serienfehler zurückzuführen? Lohnt es, Komponenten des Getriebes vorsorglich auszutauschen, weil mittlerweile schon mehrere Getriebeschäden für kostenintensive Stillstände gesorgt haben? Hier stößt die klassische Dokumentation schnell an ihre Grenzen. Mit zunehmender Größe des Portfolios werden solche Aspekte aber immer wichtiger.
Beide Schwachstellen – die uneinheitliche Erfassung und die fehlende Möglichkeit zur tiefergehenden Analyse – führen häufig dazu, dass systematische Zusammenhänge beim Zustand der Anlagen nicht erkannt werden. Darunter leidet nicht zuletzt die Wirtschaftlichkeit der Windparks. Um dem zu begegnen, hat das Prüfunternehmen TÜV SÜD Industrie Service sein elektronisches Prüfbuch netDocX weiterentwickelt. Bisher diente es Betreibern und Betriebsführern als webbasierter und online verfügbarer Aktenordner vor allem dazu, Prüfberichte komfortabel zu verwalten.
Mit der Erweiterung ist es nun zusätzlich möglich, die Mängel mobil vor Ort in einer Datenbank zu erfassen und eindeutig zu dokumentieren. Dazu geben die Sachverständigen während einer Inspektion etwa per Tablet oder Mobiltelefon den Einbauort in mehreren Ebenen und die reguläre Bezeichnung des Bauteils, beispielsweise Azimuthmotor, ein. Die Software vergibt daraufhin die entsprechende und eindeutige Kurzbezeichnung nach RDS-PP. Die Informationen liegen so systematisch erfasst in einer einzigen Datenbank vor. Die Daten lassen sich anschließend mit wenigen Mausklicks auswerten.
Die dokumentierten Mängel können übergreifend abgebildet werden. So wird schnell transparent, ob die Komponenten eines bestimmten Herstellers besonders häufig betroffen sind oder spezifische Mängel in bestimmten Anlagen oder Regionen vermehrt auftreten. Solch aussagekräftige Statistiken können auch für Prognosen verwendet werden. So wird deutlich, wie sich die Verfügbarkeiten erhöhen und Kosten einsparen lassen, weil sich beispielsweise Serienfehler schneller erkennen, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten besser planen und Schadenstypen finanziell quantifizieren lassen.

Datenlage verbessern

Eine standardisierte webbasierte Datenbank ermöglicht die einheitliche, übergreifende Erfassung zu Mängeln an Windenergieanlagen und verbessert die Datenlage und -qualität. Die Betriebsführer sind so jederzeit über den Zustand der Anlagen informiert. Das erleichtert zugleich das Portfolio-Management. Mängel können vorausschauend beseitigt, Schäden frühzeitig verhindert und die Ersatzteilplanung oder Serviceeinsätze intelligenter geplant werden. Das reduziert Stillstände, erhöht die Effizienz und erleichtert darüber hinaus die Budgetierung.

Thomas Arnold

Arnold, ThomasThomas Arnold leitet seit dem Jahr 2012 das Team Messungen bei TÜV SÜD Wind Cert Services. Dieses verantwortet neben Analysen zu Windpotenzialen die Prüfung von Leistung und Beanspruchung von Windenergieanlagen. Zusätzlich bietet die Abteilung technische Due-Diligence-Prüfungen und bewertet Standorte für Windfarmprojekte in Deutschland und Europa.

Stichwörter: Windenergie,


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Windenergie

Kreis Wittenberg: Repowering des Windparks Elster abgeschlossen

[20.08.2025] Im Landkreis Wittenberg ist der repowerte Windpark Elster offiziell ans Netz gegangen. 50 Altanlagen wurden durch 16 leistungsstarke Windräder ersetzt, die sechsmal so viel Strom erzeugen und dabei weniger Fläche beanspruchen. mehr...

badenova: Genehmigungsanträge für sieben Windparks eingereicht

[06.08.2025] Mit sieben beantragten Windparks setzt badenova einen neuen Schwerpunkt in der regionalen Energiewende. Die 23 geplanten Anlagen sollen über 150 Megawatt leisten und jährlich Strom für rund 70.000 Haushalte erzeugen. mehr...

MVV Energie: Windpark stellt Sekundärregelleistung bereit

[04.08.2025] Erstmals stellt ein Onshore-Windpark in Deutschland Sekundärregelleistung bereit. Der hessische Windpark „Siegfriedeiche und Buhlenberg“ von MVV Energie trägt damit nicht nur zur Stromerzeugung, sondern auch zur Netzstabilität bei. mehr...

Schleswig-Holstein: Neue Regionalpläne Windenergie vorgestellt

[01.08.2025] Schleswig-Holsteins Landesregierung hat erste Entwürfe neuer Regionalpläne für die Windenergienutzung vorgelegt. Rund 410 Vorranggebiete sollen künftig 3,4 Prozent der Landesfläche abdecken und zentrale Ausbauziele sichern. mehr...

STAWAG: Ausbau der Windkraft

[29.07.2025] STAWAG Energie baut seine Aktivitäten im Bereich erneuerbarer Energien weiter aus. Neue Windparks in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sollen die Stromerzeugung aus Windkraft deutlich erhöhen. mehr...

Offshore-Windkraft: Branche fordert klare Weichenstellung

[24.07.2025] Viele Offshore-Windprojekte warten noch auf ihre Umsetzung. Die Branchenverbände sehen deshalb nun die Bundesregierung in der Pflicht, den rechtlichen Rahmen anzupassen, damit das Ausbauziel von 70 Gigawatt bis 2045 erreicht werden kann. mehr...

Baden‑Württemberg: Windkraftausbau stagniert

[16.07.2025] In Baden‑Württemberg stagniert der Ausbau der Windkraft: Von Januar bis Juni 2025 gingen nur 13 neue Anlagen ans Netz, während Projektierer gleichzeitig Anträge für rund 800 weitere Turbinen einreichten. mehr...

BWE: Bundestag verabschiedet Richtlinie

[14.07.2025] Der Bundestag hat am 10. Juli 2025 die vollständige nationale Umsetzung der EU‑Richtlinie RED III für die Windenergie an Land verabschiedet. Der Bundesverband WindEnergie (BWE) begrüßt die Schließung einer wichtigen Regelungslücke, kritisiert jedoch, dass das neue Gesetz hinter den europarechtlichen Möglichkeiten zur Genehmigungsbeschleunigung zurückbleibt. mehr...

Trianel: Bundeskanzler besucht Windpark

[11.07.2025] Bundeskanzler Friedrich Merz hat bei einem Besuch des Trianel Windparks Sundern die Bedeutung kommunaler Beteiligung an der Energiewende unterstrichen. Das Projekt gilt als Modell für den Ausbau der Windenergie in Deutschland. mehr...

BWE: Windenergie ist auf Kurs

[07.07.2025] Die Ausschreibung der Bundesnetzagentur für Windenergie an Land war zum vierten Mal in Folge überzeichnet. Fast 3.450 Megawatt wurden vergeben. Die Branche fordert mehr Tempo bei der Bearbeitung. mehr...

Eningen: Windpark mit kommunaler Beteiligung

[02.07.2025] Die Gemeinde Eningen unter Achalm will mit einem neuen Windpark Strom für rund 20.000 Haushalte erzeugen.Der Gemeinderat hat sich für eine Zusammenarbeit mit dem Projektierer Sowitec entschieden. Die Kommune kann sich an der Betreibergesellschaft beteiligen – auch Bürgerinnen und Bürger sollen finanziell mitwirken können. mehr...

Recharge Wind Power Summit: Neues Event für die Windenergiebranche

[10.06.2025] Die internationale Windenergiebranche erhält mit dem Recharge Wind Power Summit 2025 ein neues Event. Am 27. November trifft sich die Branche in Hamburg, um über Herausforderungen, Innovationen und Zukunftsperspektiven zu diskutieren. mehr...

Stadtwerke Münster: Auf Kurs bei Windkraftausbau

[05.06.2025] Die Stadtwerke Münster haben drei neue Windenergieanlagen im Kreis Borken ans Netz gebracht. Weitere Anlagen sind genehmigt. Bürgerinnen und Bürger vor Ort können sich finanziell beteiligen. mehr...

Kreis Gemersheim: Inbetriebnahme von neuer Windkraftanlage

[03.06.2025] Mit der Inbetriebnahme einer neuen Windkraftanlage vom Typ Vestas V162 am Standort Gollenberg erweitert JUWI den Bestand an Windenergieanlagen im Landkreis Germersheim. Die 5,6-Megawatt-Anlage versorgt rechnerisch rund 5.000 Haushalte mit klimafreundlichem Strom. mehr...

RheinEnergie: Repowering des Windparks Coppanz abgeschlossen

[26.05.2025] Der Windpark Coppanz in Thüringen wurde umfassend modernisiert und liefert nun mehr als dreimal so viel Strom wie zuvor. Durch das Repowering steigt die Jahresproduktion auf 39 Millionen Kilowattstunden – genug für rund 11.500 Haushalte. mehr...