Donnerstag, 3. Juli 2025

Steuerlicher QuerverbundDer Nutzen aus dem Defizit

[05.04.2017] Viele Städte und Gemeinden profitieren vom steuerlichen Querverbund, etwa durch den Betrieb von Blockheizkraftwerken in defizitären Bädern. Seit Januar gelten dafür neue Regeln, die für mehr Rechtssicherheit sorgen sollen.
Schwimmbäder sind oft defizitär und deshalb für einen Querverbund besonders geeignet.

Schwimmbäder sind oft defizitär und deshalb für einen Querverbund besonders geeignet.

(Bildquelle: Stadtwerke Osnabrück)

Vor dem Hintergrund der angespannten Lage kommunaler Kassen kommt dem steuerlichen Querverbund eine besondere Rolle zu, da dieser relativ einfach zu erschließende Kostensenkungspotenziale bietet. Dabei erfolgt die steuerlich wirksame Zusammenfassung von defizitären und gewinnbringenden Tätigkeiten verschiedener kommunaler Gesellschaften, sodass sich die Steuerlast insgesamt reduzieren lässt.
Laut dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) ist die Zusammenfassung zu einem steuerlichen Querverbund dann möglich, wenn zwischen den Gesellschaften eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht. Nach wie vor stellen Blockheizkraftwerke (BHKW) in der Praxis die Möglichkeit dar, den Querverbund zu erreichen, wobei beim BHKW-Betrieb zahlreiche Bedingungen einzuhalten sind und eine individuelle Beurteilung und Gestaltung des einzelnen Falls erfolgen muss.
Schwimmbäder eignen sich aufgrund ihres hohen und gleichmäßigen Wärme- und Strombedarfs sehr gut für die Errichtung eines BHKWs, dessen Wirtschaftlichkeit in hohem Maße von einer guten Auslastung abhängig ist. Darüber hinaus ist der Betrieb von Schwimmbädern oftmals defizitär und deshalb für einen Querverbund besonders geeignet. Denkbar sind aber auch weitere Einsatzbereiche mit entsprechenden Defiziten bei gleichzeitig hohem Wärmebedarf, etwa Sportstätten.

Regeln neu gefasst

Mit einem Schreiben vom Mai 2016 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) die Eckpunkte für die Anerkennung des steuerlichen Querverbunds neu gefasst und bekannt gegeben – diese gelten seit Januar 2017 bundeseinheitlich. Die Anerkennung ist gemäß BMF-Schreiben an die Einhaltung verschiedener Bedingungen geknüpft, mit denen das Tatbestandsmerkmal der gegenseitigen Gewichtigkeit nachzuweisen ist. Dabei sind ausnahmslos alle Bedingungen einzuhalten. Es gelten folgende Regelungen (hier am Beispiel eines Bades):
• Es muss eine hinreichende technisch-wirtschaftliche Verflechtung der beiden Einrichtungen gegeben sein. Das BHKW muss der Abdeckung des thermischen Grundlastbedarfs des Bades dienen. Das BHKW soll mindestens 25 Prozent des Wärmebedarfs des Bades beisteuern.
• Ein weiterer Maßstab für die hinreichende technisch-wirtschaftliche Verflechtung ist außerdem die vom BHKW abgegebene Wärmemenge. Die Zusammenfassung setzt voraus, dass das BHKW mehr als 50 Prozent seiner Wärmemenge im Jahr an das Bad abgibt. Das BHKW muss einen bedeutenden Teil des Wärmebedarfs des Hallenbades decken.
• Das BHKW muss eine installierte Leistung von mindestens 50 Kilowatt elektrisch (kWel) aufweisen.
• Die Wärmeversorgung des Bades durch ein BHKW muss wirtschaftlich sein.
• Das BHKW muss dem BgA-Bad (Betrieb gewerblicher Art) dienen. Dies ist nicht der Fall, wenn neben der Wärmeabgabe des BHKW an den Bad-BgA eine Wärmeabgabe an Dritte – etwa an Wohngebäude im Umfeld des Bades – vorgenommen wird und das BHKW auch ohne das Bad noch wirtschaftlich wäre.
• Als Energieversorgungsbetrieb, der für die Zusammenfassung mit einem Bad-BgA mittels BHKW geeignet ist (nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 Körperschaftsteuergesetz), kommen nur Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die überwiegend Letztverbraucher versorgen, oder Netzbetriebsunternehmen in Frage. Die Tätigkeit der Elektrizitätsversorgung oder des Netzbetriebs darf dabei nicht von untergeordneter Bedeutung sein.

Gutachten sind sinnvoll

Die Kriterien bedingen also, dass das BHKW sehr passgenau zur individuellen örtlichen Situation ausgelegt und betrieben werden muss. Zur Dokumentation empfiehlt sich neben einer reinen Wirtschaftlichkeitsrechnung die Erstellung eines entsprechenden Gutachtens. Die erstellten Unterlagen können dann auch für Gespräche und, je nach Gesprächsergebnis, auch zur Einholung einer Auskunft bei der Finanzverwaltung genutzt werden. Mit Erstellung eines Gutachtens zur Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen nach der VDI-Richtlinie 2067 kann die Vorteilhaftigkeit der wechselseitigen wirtschaftlich-technischen Verflechtung der auszulegenden BHKW-Anlage mit dem kommunalen Energieversorgungsunternehmen nachgewiesen werden.
Vor dem Hintergrund des neuen Gesetzes zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) stehen aufgrund der deutlich besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in vielen Kommunen Modernisierungen von Blockheizkraftwerken an. #bild2 Dabei sollte bereits in einer frühen Phase der Planung der Aspekt des – bestehenden oder zukünftig einzurichtenden – steuerlichen Querverbunds berücksichtigt werden. Dies gilt neben der erforderlichen Wirtschaftlichkeit nach VDI 2067 auch für die vom BHKW bereitgestellten Wärmemengen. Im Falle von mehreren Wärmeabnehmern wird oft das wesentliche Kriterium unterschätzt, dass das BHKW ohne Wärmelieferung an das Bad nicht wirtschaftlich sein darf.
Für manche Bundesländer wurden durch das BMF-Schreiben die Kriterien verschärft, sodass bestehende Querverbünde auf ihren Bestand geprüft werden sollten, um deren Anerkennung auch in Zukunft zu sichern. In den zahlreichen Kommunen, in denen noch kein steuerlicher Querverbund besteht, sollte das erhebliche Potenzial geprüft werden, welches sich aus den verbesserten Rahmenbedingungen des KWKG für wirtschaftliche BHKW-Projekte ergibt. Für die Konzipierung eines steuerlichen Querverbunds mit BHKW bietet nun das Schreiben des BMF die nötige Rechtssicherheit.

von Oliver Donner und Jörg Ottersbach

Oliver Donner, Jörg OttersbachOliver Donner ist seit dem Jahr 2010 Berater und Leiter des Teams Dezentrale Energiesysteme beim Aachener Unternehmen BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung. Jörg Ottersbach ist seit dem Jahr 2008 als Berater im Team Dezentrale Energiesysteme bei BET tätig.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik

Bremen: Vertiefte Energiepartnerschaft mit EWE

[03.07.2025] Die Stadt Bremen und der Energieversorger EWE haben eine engere Zusammenarbeit bei der Energie- und Wärmewende vereinbart. Eine entsprechende Absichtserklärung wurde jetzt unterzeichnet. Ziel ist eine sichere, klimaneutrale und bezahlbare Energieversorgung für die Region. mehr...

LENA: Veranstaltung zu Bürgerenergieprojekten

[23.06.2025] Bei einer Informationsveranstaltung in Rochau diskutierten über 50 Kommunalvertreter aus Sachsen-Anhalt die Chancen und Herausforderungen von Bürgerenergieprojekten. Besonders im Fokus stand die Frage, wie durch lokale Beteiligung und neue Leitlinien mehr Wertschöpfung vor Ort entstehen kann. mehr...

VSHEW: Kieler Wärmegipfel

[18.06.2025] Stadtwerke aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen treiben die Wärmewende voran. Beim Kieler Wärmegipfel des Verbands der Schleswig-Holsteinischen Energie- und Wasserwirtschaft zeigten sie, wie unterschiedlich lokale Lösungen aussehen können – und wo die Politik nachbessern soll. Schleswig-Holsteins Energieminister Tobias Goldschmidt sicherte Unterstützung zu. mehr...

LichtBlick: Millerntor-Stadion erhält PV-Anlage in Regenbogenfarben

[04.06.2025] FC St. Pauli und LichtBlick errichten auf dem Millerntor-Stadion die weltweit erste Solaranlage in Regenbogenfarben. Das Projekt verbindet erneuerbare Energie mit einer klaren Botschaft für Vielfalt und gesellschaftliche Offenheit. mehr...

interview

Interview: Die Politik muss schnell handeln

[02.06.2025] Kerstin Andreae spricht im stadt+werk-Interview über die Erwartungen der Branche an die neue Bundesregierung. Resilienz und Nachhaltigkeit seien wichtige Gründe, die Energiewende weiter voranzutreiben, sagt die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. mehr...

Wärmewende: Verbände fordern klare Regeln

[22.05.2025] Dreizehn Branchenverbände wenden sich mit einem Appell an die Bundesregierung. Sie verlangen Planungssicherheit, verlässliche Förderung und ein verständliches Gebäudeenergiegesetz. mehr...

BSI: Positionspapier zu Cybersicherheit im Energiesektor

[22.05.2025] Das BSI warnt vor gravierenden Risiken für die Energieversorgung durch Cyberangriffe. In einem aktuellen Positionspapier fordert die Behörde umfassende Maßnahmen zur Stärkung der Cybersicherheit im Energiesektor. mehr...

Offshore Windenergie: Warnung vor aktuellem Ausschreibungsmodell

[21.05.2025] Eine neue Studie warnt vor gravierenden Risiken des aktuellen Ausschreibungsmodells für Offshore-Windenergie in Deutschland. Die Stiftung Offshore Windenergie fordert eine Kurskorrektur der kommenden Bundesregierung, um langfristige Schäden für Strompreise, Investitionen und die Energiewende abzuwenden. mehr...

BDEW: Verbesserung und Verabschiedung des KWSG gefordert

[20.05.2025] Der BDEW fordert eine zügige Verabschiedung des Kraftwerkssicherheitsgesetzes mit gezielten Nachbesserungen. Nur so lasse sich der dringend benötigte Ausbau steuerbarer, wasserstofffähiger Kraftwerke verlässlich und investitionssicher realisieren. mehr...

Bürgerenergie: Forschende fordern bessere Regeln

[12.05.2025] In Deutschland gibt es rund 3.000 lokale Energiegemeinschaften. Ein Forschungsteam empfiehlt der Politik nun, klare Ziele zu setzen und bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. So könne Bürgerenergie zum Motor der Energiewende werden. mehr...

Bundesregierung: Neue Vorgaben für Gasspeicher

[05.05.2025] Die Bundesregierung plant, die Mindestfüllstände für Gasspeicher im kommenden Winter zu senken. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hält dies für einen richtigen und notwendigen Schritt. Die Anpassung soll Kosten senken und den Markt entlasten. mehr...

Schleswig-Holstein: Neuer Plan für Windkraftausbau

[05.05.2025] Der jetzt vorgelegte Entwurf des Landesentwicklungsplans Windenergie Schleswig-Holstein soll mehr Flächen für die Windenergie sichern – und gleichzeitig den Naturschutz stärken. Ab dem 21. Mai 2025 können Bürgerinnen und Bürger dazu Stellung nehmen. mehr...

Das Bild zeigt Armin Willingmann, Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt: Entwurf für Wärmplanungsgesetz

[02.05.2025] Bis spätestens 2028 sollen alle Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt Wärmepläne aufstellen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die Landesregierung jetzt vorgelegt. mehr...

Strommarktdesign: Regionale Differenzierung senkt Kosten

[30.04.2025] Eine neue Studie von Agora Energiewende und Fraunhofer IEE zeigt: Lokale Strompreise könnten Netzengpässe reduzieren und die Stromkosten für Unternehmen und Haushalte senken. mehr...

Das Bild ist ein Porträtfoto des schleswig-holsteinischen Energieministers Tobias Goldschmidt

Schleswig-Holstein: Kommunalfonds für die Wärmewende

[22.04.2025] Schleswig-Holstein fördert ab Mai erste Schritte von Wärme- und Effizienzprojekten in Kommunen mit bis zu 300.000 Euro. Eine neue Richtlinie schafft die Grundlage für Zuschüsse in der Frühphase, wenn noch keine Finanzierung durch Banken möglich ist. mehr...