Donnerstag, 18. September 2025

WindenergieAkzeptanz steigern

[12.08.2019] Um der fehlenden Akzeptanz von Windenergieanlagen zu begegnen, rückt die finanzielle Beteiligung von Gemeinden in den Mittelpunkt der politischen Diskussion. Für die Gewinnabschöpfung durch Kommunen gibt es mehrere Möglichkeiten.
Der fehlenden Akzeptanz von Windenergieanlagen kann beispielsweise durch die wirtschaftliche Beteiligung von Kommunen entgegengetreten werden.

Der fehlenden Akzeptanz von Windenergieanlagen kann beispielsweise durch die wirtschaftliche Beteiligung von Kommunen entgegengetreten werden.

(Bildquelle: Stephan Leyk/Fotolia.com)

Windenergieanlagen, die an Land sowie in Küstennähe errichtet werden sollen, stoßen vermehrt auf Widerstand in der lokalen Bevölkerung. Dieser rührt zunächst von Lärm, Schattenwurf und visuellen Beeinträchtigungen der Anlagen her. Die Kosten für den Netzausbau lassen zudem die Netzentgelte in den windreichen Regionen erheblich steigen. Gleichzeitig profitiert die Bevölkerung vor Ort wenig von den neuen Anlagen, da Gewinne häufig beim Vorhabenträger, dem Anlagenbetreiber und den Grundstückseigentümern verbleiben. Vor diesem Hintergrund rücken Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz über die Beteiligung von Gemeinden in den Mittelpunkt der politischen Diskussion.

Investitionsunabhängige Beteiligungsansätze

Die Standortgemeinden könnten zunächst über eine Beteiligung an den Betreibergesellschaften von der Wertschöpfung der Anlagen profitieren. Entsprechendes sieht bereits § 36g Abs. 3 S. 4 lit b EEG 2017 vor. Danach müssen die Bieter in der Ausschreibung durch Eigenerklärung nachweisen, dass die Gemeinde, in der die geplanten Windenergieanlagen errichtet werden sollen, oder eine Gesellschaft, an der diese Gemeinde zu 100 Prozent beteiligt ist, entweder eine finanzielle Beteiligung von zehn Prozent an der Bürgerenergiegesellschaft hält oder ihr eine solche Beteiligung angeboten worden ist. Problematisch an einer Unternehmensbeteiligung ist jedoch, dass die Gemeinden nicht nur am unternehmerischen Gewinn, sondern auch am wirtschaftlichen Verlustrisiko teilhaben. Diese Problematik würde sich auch bei einer Beteiligung von Kommunen als stille Kapitalgeber stellen. In den Mittelpunkt der Betrachtung rücken daher zunehmend investitionsunabhängige Beteiligungsansätze, unter denen Gewinne zum Beispiel über Abgaben abgeschöpft werden können. Im Folgenden werden ausgewählte Instrumente zur Gewinnabschöpfung und deren Umsetzungshürden überblicksartig dargestellt.

Ausgestaltung als Ressourcennutzungsgebühr

Windparkbetreiber könnten für die Inanspruchnahme des Außenbereichs eine Abgabe in Form einer Ressourcennutzungsgebühr zahlen. Dieses Instrument wird bisher in der Wasserversorgung sowie der Abwasser- und Abfallentsorgung angewandt. Die Ausgestaltung als Ressourcennutzungsgebühr setzt unter anderem voraus, dass ein abschöpfungsfähiger Sondervorteil vorliegt. Dies könnte bei der Schaffung einer Außenbereichsabgabe problematisch sein, da der Wind keine endliche Ressource ist. Außerdem liegt die Ertragskompetenz für die Erhebung der Außenbereichsabgabe bei den Ländern, sodass für die Weiterleitung der Gelder an die Kommunen eine Regelung gefunden werden muss, die diese nicht aushebelt.
Außerdem könnte eine Sonderabgabe erhoben werden. Hierfür muss jedoch eine besondere Finanzierungsverantwortung begründet werden. Eine weitere Umsetzungshürde stellt das in Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG geregelte Aufgabenübertragungsverbot dar, demzufolge der Bund keine Aufgaben an die Gemeinden übertragen darf. Dies würde nach dem Wortlaut jedoch auch eine durch Bundesgesetz geregelte Kompetenz zur Erhebung von Abgaben erfassen.

Zerlegungsmaßstab verschieben

Eine weitere Möglichkeit zur wirtschaftlichen Beteiligung von Kommunen bietet die Gewerbesteuer. Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 lit. b GewStG erhält die Windpark-Standortgemeinde 70 Prozent und die Firmensitzgemeinde 30 Prozent der Gewerbesteuer. Dieser Zerlegungsmaßstab könnte zugunsten der Standortgemeinde verschoben werden. Die Gesetzesänderung könnte der Bund im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 105 Abs. 2 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG umsetzen. Allerdings wird die Gewerbesteuer abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Gewerbebetriebs erhoben. Da Windenergieanlagen erst in späteren Nutzungsphasen rentabel werden, ist die Wirkung dieses Instruments zur Gewinnabschöpfung begrenzt. Zudem gibt es Umgehungsmöglichkeiten.
Standortgemeinden könnten darüber hinaus eine höhere Grundsteuer erheben, wenn mit der Windenergieanlage bebaute Grundstücke nicht mehr als unbebaute Grundstücke eingeordnet werden würden. Steuerpflichtig wäre dann der Grundstückseigentümer, der bisher nicht im Fokus akzeptanzsteigender Maßnahmen steht.

Höhe der wirtschaftlichen Belastung prüfen

Schließlich könnte von den Betreibern geförderter Windenergieanlagen eine freiwillige Zahlung an die Standortkommune geleistet werden. Diese könnte etwa als EEG-Fördervoraussetzung ausgestaltet werden. Anlagenbetreiber, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, würden dann eine geringere Förderung erhalten. Da die vom Anlagenbetreiber geleistete Zahlung auch bei dieser Ausgestaltung letztlich bei der Gemeinde und damit in einen staatlichen Haushalt gelangt, stellt sich die Frage, ob hierdurch nicht die Voraussetzungen für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben umgangen werden. Das macht eine entsprechende Rechtfertigung notwendig, was aber vorstellbar ist.
Auch vergünstigte Grünstromtarife für Nachbarn von Windenergieanlagen können einen Beteiligungsansatz darstellen. Die damit verbundenen rechtlichen Risiken sind, insbesondere im Vergleich zu den verfassungsrechtlichen Risiken der öffentlichen Abgaben, gering. Zu prüfen wäre unter anderem die Höhe der wirtschaftlichen Belastung der Anlagenbetreiber.

Verschiedene Optionen

Unter den Beteiligungsansätzen durch Gewinnabschöpfung begegnet vor allem die Erhebung von Abgaben verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei der Außenbereichsabgabe ist beispielsweise fraglich, ob der Boden als abschöpfungsfähiger Sondervorteil qualifiziert werden könnte. Außerdem läge die Ertragskompetenz für diese Abgabe bei den Ländern. Die Sonderabgabe bedarf zum einen einer besonderen Finanzierungsverantwortung. Zum anderen wird der Spielraum des Bundesgesetzgebers durch das Aufgabenübertragungsverbot eingeschränkt. Letztlich erscheinen diese Probleme aber gegebenenfalls doch lösbar. Keine vergleichbaren verfassungsrechtlichen Bedenken lösen hingegen Anpassungen der Realsteuer – insbesondere der Grundsteuer – oder die Einführung grüner Stromtarife aus. Insgesamt bestehen damit verschiedene Optionen für Instrumente zur Akzeptanzsteigerung. Wie immer steckt der Teufel aber im Detail, hier der regulatorischen Ausgestaltung.

Dr. Martin Altrock

Dr. Altrock, MartinDr. Martin Altrock studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und Leiden sowie Verwaltungswissenschaften an der DUV Speyer. Seit 2000 ist er Rechtsanwalt und seit 2006 Partner bei der Kanzlei Becker Büttner Held, seit 2018 auch Lehrbeauftragter an der TU Berlin. Er berät umfassend zu allen Rechtsfragen rund um erneuerbare Energien.



Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Windenergie

Trianel: Baustart für Windpark in Tasdorf

[18.09.2025] In Tasdorf im Kreis Plön hat Trianel Erneuerbare Energien mit dem Bau eines neuen Windparks begonnen. Acht Windräder sollen dort künftig Strom für zehntausende Haushalte liefern. Das Projekt gilt als wichtiges Vorhaben der kommunalen Energiewende in Schleswig-Holstein. mehr...

Husum Wind 2025: Start mit politischem Rückenwind

[17.09.2025] Die Windmesse in Husum hat begonnen. Vier Tage lang präsentieren Aussteller aus aller Welt neue Technik für die Energiewende. Politik und Wirtschaft betonen die Bedeutung von Windkraft, Wasserstoff und Digitalisierung. In diesem Jahr ist Dänemark das Partnerland. mehr...

Enercon: Speicher-Kombi für Windparks

[16.09.2025] Zur Messe Husum Wind stellt Enercon eine neue Lösung vor: Windparks werden mit Batteriespeichern kombiniert. Damit sollen Windparkbetreiber ihre Anlagen besser ins Netz integrieren und zusätzliche Einnahmen erzielen können. mehr...

Gartz (Oder): Energie-Kommune will von Windkraft profitieren

[15.09.2025] Die Stadt Gartz (Oder) erhält die Auszeichnung „Energie-Kommune des Monats” der Agentur für erneuerbare Energien. Bürgermeister Luca Piwodda setzt auf erneuerbare Energien und die Beteiligung der Bürger. Neue Projekte sollen Einnahmen für die Stadtkasse generieren und das Leben in der Region stärken. mehr...

GAIA: Kritik an geplanter Änderung des Referenzertrags

[11.09.2025] GAIA warnt vor einem Aus der Windenergie in Süddeutschland. Der Projektentwickler sieht durch die geplante Änderung des Referenzertrags tausende Anlagen, Arbeitsplätze und Investitionen bedroht. mehr...

Axis Communications/Fleximaus: Axis Communications/Fleximaus

[08.09.2025] Die Unternehmen Axis Communications und Fleximaus setzen auf KI und Kameratechnik, um Windparks artenschutzkonform zu betreiben. Die Lösung soll Kollisionen von Vögeln mit laufenden Windrädern verhindern und gleichzeitig den Betrieb effizient halten. mehr...

Brandenburg: Dauerblinken von Windrädern abgeschafft

[05.09.2025] In Brandenburg schalten sich die Warnlichter an Windrädern künftig nur noch ein, wenn sich ein Flugzeug nähert. Die Luftfahrtbehörde hat alle Anträge zur bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung abgearbeitet. mehr...

Kreis Wittenberg: Repowering des Windparks Elster abgeschlossen

[20.08.2025] Im Landkreis Wittenberg ist der repowerte Windpark Elster offiziell ans Netz gegangen. 50 Altanlagen wurden durch 16 leistungsstarke Windräder ersetzt, die sechsmal so viel Strom erzeugen und dabei weniger Fläche beanspruchen. mehr...

badenova: Genehmigungsanträge für sieben Windparks eingereicht

[06.08.2025] Mit sieben beantragten Windparks setzt badenova einen neuen Schwerpunkt in der regionalen Energiewende. Die 23 geplanten Anlagen sollen über 150 Megawatt leisten und jährlich Strom für rund 70.000 Haushalte erzeugen. mehr...

MVV Energie: Windpark stellt Sekundärregelleistung bereit

[04.08.2025] Erstmals stellt ein Onshore-Windpark in Deutschland Sekundärregelleistung bereit. Der hessische Windpark „Siegfriedeiche und Buhlenberg“ von MVV Energie trägt damit nicht nur zur Stromerzeugung, sondern auch zur Netzstabilität bei. mehr...

Schleswig-Holstein: Neue Regionalpläne Windenergie vorgestellt

[01.08.2025] Schleswig-Holsteins Landesregierung hat erste Entwürfe neuer Regionalpläne für die Windenergienutzung vorgelegt. Rund 410 Vorranggebiete sollen künftig 3,4 Prozent der Landesfläche abdecken und zentrale Ausbauziele sichern. mehr...

STAWAG: Ausbau der Windkraft

[29.07.2025] STAWAG Energie baut seine Aktivitäten im Bereich erneuerbarer Energien weiter aus. Neue Windparks in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sollen die Stromerzeugung aus Windkraft deutlich erhöhen. mehr...

Offshore-Windkraft: Branche fordert klare Weichenstellung

[24.07.2025] Viele Offshore-Windprojekte warten noch auf ihre Umsetzung. Die Branchenverbände sehen deshalb nun die Bundesregierung in der Pflicht, den rechtlichen Rahmen anzupassen, damit das Ausbauziel von 70 Gigawatt bis 2045 erreicht werden kann. mehr...

Baden‑Württemberg: Windkraftausbau stagniert

[16.07.2025] In Baden‑Württemberg stagniert der Ausbau der Windkraft: Von Januar bis Juni 2025 gingen nur 13 neue Anlagen ans Netz, während Projektierer gleichzeitig Anträge für rund 800 weitere Turbinen einreichten. mehr...

BWE: Bundestag verabschiedet Richtlinie

[14.07.2025] Der Bundestag hat am 10. Juli 2025 die vollständige nationale Umsetzung der EU‑Richtlinie RED III für die Windenergie an Land verabschiedet. Der Bundesverband WindEnergie (BWE) begrüßt die Schließung einer wichtigen Regelungslücke, kritisiert jedoch, dass das neue Gesetz hinter den europarechtlichen Möglichkeiten zur Genehmigungsbeschleunigung zurückbleibt. mehr...