InterviewSmart Metering ist mehr als reine Messung

Tim Karnhof: „Smart Metering ist für die Umsetzung der Energiewende unerlässlich.“
(Bildquelle: Trianel)
Herr Karnhof, bei Smart Metering denkt man oft nur an intelligente Stromzähler im Keller. Wie definieren Sie Smart Metering?
Trianel verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz beim Thema Smart Metering. Um die Vorteile und Mehrwerte dieser Technik zu erkennen, müssen die Potenziale über die gesamte Wertschöpfungskette der Energiewirtschaft betrachtet werden. Angefangen von der Erzeugung – auch Kleinerzeugung – über die Netze und den Handel bis hin zu den Lieferanten und Endverbrauchern. Nur wenn auf dem ganzen Weg viele kleine Erlöse erzielt werden, kann Smart Metering zu einem wirtschaftlichen Erfolg werden. Darüber hinaus ist Smart Metering auch für die technische Umsetzung der Energiewende unerlässlich. Die Technik im Keller in Form eines Smart Meters oder Messsystems ist dabei nicht entscheidend, der Mehrwert liegt in der intelligenten Nutzung und Integration der Daten in die energiewirtschaftliche Wertschöpfungskette.
Bei den Unternehmen des Trianel-Netzwerks Smart Metering wurden bereits Lösungen implementiert. Für welche Zwecke nutzen die Partner im Netzwerk das Smart Metering?
Alle über die Smart-Metering-Plattform von Trianel implementierten Lösungen gehen schon heute weit über reine Messungen hinaus. Herausragend sind unsere Lösungen zur Steuerung des Einspeise-Managements und zur Fernsteuerung von Erneuerbare-Energien-Anlagen sowie das betriebswirtschaftliche Monitoring von Blockheizkraftwerken (BHKW). Neue Wege gehen unsere Partner auch bei der Entwicklung von Tarifstrukturen auf Basis von Smart-Metering-Daten, die sich ganz deutlich von bisherigen Tarifmodellen unterscheiden. Die Vorteile und die Mehrwerte schaffen unsere teilnehmenden Stadtwerke im Übrigen mehr oder weniger selbst. Die Lösungen werden immer so aufgesetzt, dass sie auch von anderen genutzt werden können. Auf diese Weise findet ein einzigartiger Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch mit und über das Smart Metering statt.
Welche Vorteile haben die Lösungen gegenüber der Rundsteuertechnik oder individuellen Anwendungen?
Bei der heute verbauten Rundsteuertechnologie lassen sich meist nur alle Anlagen regeln. Dabei ist die Anforderung der vorgelagerten Netze eigentlich eine andere. Es geht darum, eine definierte Leistung aus dem Netz zu nehmen. Mit der Trianel-Lösung ist es nun sogar möglich, bis auf einzelne Anlagen herunterzuskalieren. Darüber hinaus ermöglicht unser System eine Leistungsmessung vor und nach dem Schaltbefehl, sodass auch Manipulationen am Einspeise-Management nachgewiesen oder verhindert werden können. Dass diese Werte und die Schaltung zusätzlich protokolliert und anschließend zur Verfügung stehen, ist für uns selbstverständlich.
Ein heikles Thema sind Datenschutz und Datensicherheit. Welches Niveau ist hier erreicht?
Wir müssen uns in Zeiten, in denen Facebook und der NSA-Abhörskandal in aller Munde sind, viel mehr Gedanken über Datenschutz machen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) unterstützt die Energiewirtschaft dabei mit einer verbindlichen Vorgabe, dem BSI-Schutzprofil. Das vorgegebene Schutzniveau liegt hierbei knapp unterhalb der Bankensicherheit und hat damit ein bisher in der Energiewirtschaft nicht bekanntes Niveau erreicht. Wir unterstützen ausdrücklich diesen hohen Schutz.
Wie trägt Smart Metering zur Netzstabilität bei?
In den Netzen von heute haben wir viele Unbekannte. Darum ist ein erster Schritt die Messung von hohen Verbräuchen und die Leistung aller Erzeugungsanlagen. Dadurch bekommen wir einen wesentlich besseren Überblick über den aktuellen Netzzustand. Da aber nicht nur die Messung und anlagenscharfe Steuerung vorgenommen wird, sondern im nächsten Schritt auch Lasten gesteuert werden, erwarten wir einen deutlichen Beitrag zur Netzstabilität.
Auch die Direktvermarktung erneuerbarer Energien profitiert von intelligenten Messsystemen?
Getrieben durch die Management-Prämie und den Fernsteuerbarkeitsbonus sehen wir schon heute eine starke Nachfrage nach unseren Systemen in der Direktvermarktung. Durch die Online-Messung und -Steuerung können diese Erzeugungsanlagen nahtlos in den Markt integriert werden. Virtuelle Kraftwerke steuern dabei diese Anlagen aus.
Wie tragen die Systeme zu einer optimierten Beschaffung bei?
Wir sehen heute eine deutliche Verzerrung der Standardlastprofile. Je mehr dezentrale Erzeugungsanlagen hinzukommen, umso stärker werden die Abweichungen. Die selbst erzeugten Mengen verdrängen dabei die eigentlich zu beschaffenden Mengen. Heute haben die Lieferanten in vielen Fällen nur Einfluss auf die absolute Jahresmenge. In Zukunft wird sich aber die Beschaffung nach der Zählerstandsgangmessung durchsetzen und die Beschaffung erfolgt anhand von Restmengen.
Welche gesetzlichen Vorgaben werden erfüllt – und welche fehlen noch?
Wir fordern schon seit Längerem verlässliche Rahmenbedingungen für die rechtssichere Implementierung von Smart Metering. Hierzu müssen nun die Verordnungen, die durch das Bundeswirtschaftsministerium erstellt wurden, in den Verbänden konsultiert und zum Abschluss gebracht werden. Wir sprechen hier von insgesamt fünf Verordnungen, wovon lediglich die Messsystemverordnung konsultiert und von Europa notifiziert wurde. Die vier ausstehenden Verordnungen erwarten wir noch vor der Sommerpause.
Welches Projekt im Smart-Metering-Netzwerk würden Sie als besonders beispielhaft hervorheben?
Da wir in den Referenzprojekten oftmals unterschiedliche Ansätze haben, würden wir den einzelnen Projekten nicht gerecht, wenn wir nur eines hervorheben würden. Darum möchte ich einen kleinen Überblick in der Reihenfolge der Realisierung ohne Wertung geben, um auch die vielfältigen Lösungsmöglichkeiten von Smart Metering noch einmal zu unterstreichen: Mit den Stadtwerken Heidelberg verwirklichen wir einen Massen-Roll-out von Smart Metering im Rahmen des Stadtentwicklungsprojekts Bahnstadt Heidelberg. Die Messung von Strom, Gas und Wasser über Smart Metering in einer Klimaschutzsiedlung realisieren wir gemeinsam mit den Stadtwerken Troisdorf. Lösungen für das Einspeise-Management und die Fernsteuerung von dezentralen Erzeugungseinheiten haben wir unter anderem gemeinsam mit den BeSte Stadtwerken aus Beverungen und Steinheim sowie den Stadtwerken Warburg und den Osterholzer Stadtwerken umgesetzt. In Rastatt bietet der Einsatz von Smart Metering den star.Energiewerken neue Möglichkeiten bei der Tarifentwicklung für Gewerbekunden. Im Rahmen der Direktvermarktung von Trianel ermöglichen wir die Fernsteuerung von Erneuerbare-Energien-Anlagen und eine minutengenaue Abrechnung. Und im Rahmen der Aktivitäten im Trianel-Netzwerk Dezentrale Erzeugung bieten wir Monitoring-Lösungen für BHKW-Anlagen über unsere Smart-Metering-Technologie an. Weitere Projekte sind in Planung.
Dieses Interview ist in der April-Sonderausgabe von stadt+werk mit Schwerpunkt Informations- und Kommunikationstechnologie für die Energiewende erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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