Sonntag, 3. August 2025

Emissionsdaten 2022Klimasünder Verkehr

[18.04.2023] Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sind im Jahr 2022 leicht um knapp zwei Prozent gesunken. Während der Energiesektor trotz steigender Emissionen seine Ziele erreicht, hinken Verkehr und Gebäude hinterher. Expertinnen warnen nun vor einer Aufweichung des Bundes-Klimagesetzes.
Der Verkehr ist der einzige Sektor

Der Verkehr ist der einzige Sektor, der sowohl sein Ziel verfehlt als auch einen Emissionsanstieg gegenüber dem Vorjahr verzeichnet.

(Bildquelle: 123RF.com)

Der Expertenrat für Klimafragen hat gestern (17. April 2023) seinen Prüfbericht zu den Emissionsdaten 2022 vorgelegt. Bis auf einen geringfügigen Korrekturbedarf bei den Emissionen des Verkehrssektors findet der Expertenrat keinen Anhaltspunkt, dass das Umweltbundesamt (UBA) bei der Berechnung der Vorjahresemissionen zu anderen Ergebnissen hätte kommen müssen. Für das Jahr 2022 hat das Umweltbundesamt in der Datengrundlage eine Umstellung auf eine stärker modellbasierte Methode vorgenommen, was vom Klimarat-Vorsitzenden Hans-Martin Henning positiv bewertet wird: „Das Vorgehen deckt sich nun weitgehend mit demjenigen der offiziellen Emissionsberichterstattung an die Vereinten Nationen. Dies begrüßen wir.“

Bedeutender Anstieg im Energiesektor

Nach den Mitte März vorgelegten Zahlen des Umweltbundesamts sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland im Jahr 2022 leicht um 1,9 Prozent gesunken. Es wurden rund 746 Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestoßen – gut 15 Millionen Tonnen weniger als 2021. Seit 1990 sind die Emissionen damit um 40,4 Prozent gesunken. Nach den Berechnungen des UBA werden damit die Zielwerte des Klimaschutzgesetzes insgesamt eingehalten.
Allerdings ist im Energiesektor ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen: Er liegt im Jahr 2021 um 10,7 Millionen Tonnen höher bei rund 256 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Grund dafür ist, dass trotz der Einsparungen beim Erdgas vor allem der vermehrte Einsatz von Stein- und Braunkohle zur Stromerzeugung die Emissionen ansteigen lässt. Die gute Nachricht: Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien konnte diese Entwicklung dämpfen und stieg gegenüber 2021 um neun Prozent, sodass der Energiesektor sein Emissionsziel für 2022 von 257 Millionen Tonnen knapp einhalten kann.

Verkehrssektor verfehlt die Ziele deutlich

Die Sektoren Verkehr und Gebäude liegen dagegen erneut über den im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten jährlichen Emissionsmengen. Im Verkehr wurden im Jahr 2022 rund 148 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente emittiert. Damit liegen die Treibhausgasemissionen dieses Sektors um rund 1,1 Millionen Tonnen (0,7 Prozent) über dem Wert von 2021 und um rund neun Millionen Tonnen über der gesetzlich festgelegten Obergrenze von 138,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Der Verkehr ist der einzige Sektor, der sowohl sein Ziel verfehlt als auch einen Emissionsanstieg gegenüber dem Vorjahr verzeichnet.
Bei den Gebäuden ist im Jahr 2022 eine Emissionsminderung um knapp sechs Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (minus 5,3 Prozent) auf rund 112 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu verzeichnen. Trotz dieser Emissionsminderung überschreitet der Gebäudesektor wie bereits im Vorjahr die nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz zulässige jährliche Emissionsmenge von 107,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.
Gemäß Klimaschutzgesetz (§ 8 Abs. 1 KSG) müssen die zuständigen Ministerien nun innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen. UBA-Präsident Dirk Messner bringt die Herausforderungen für Deutschland auf den Punkt: „Um die Ziele der Bundesregierung bis 2030 zu erreichen, müssen die Emissionen jetzt jährlich um sechs Prozent gesenkt werden.“

Aufweichung der Ressortverantwortung birgt Risiken

Ob das erreicht werden kann, ist fraglich. Denn die Novelle des Klimaschutzgesetzes geht nach Ansicht des Expertenrats für Klimafragen in die falsche Richtung. Brigitte Knopf, stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, erklärt: „Eine mögliche Aufweichung der expliziten Ressortverantwortung sowie die verschiedenen Überlegungen zur Änderung des Steuerungsmechanismus im Klimaschutzgesetz erhöhen das Risiko zukünftiger Zielverfehlungen.“ Dies sei umso kritischer, als bereits im Zweijahresgutachten des Klimarats vom November 2022 festgestellt wurde, dass die bisher beschlossenen Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen, um das gesetzlich verankerte Ziel einer Minderung der Treibhausgasemissionen um 65 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 zu erreichen.
Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mahnt, es müsse sichergestellt werden, dass insbesondere die Sektoren, die ihre Ziele bisher nicht erreichen, auch tatsächlich Maßnahmen ergreifen. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, warnt: „Die von der Regierungskoalition geplante Aufweichung der Sektorziele im Klimaschutzgesetz würde dem entgegenwirken. Sie nimmt den Druck von einzelnen Sektoren, ihre Anstrengungen für den Klimaschutz zu verstärken. Es darf nicht passieren, dass die Sektoren, die heute schon liefern, die Lasten der anderen mittragen müssen. Das wird den enormen Anstrengungen, die die deutsche Energiewirtschaft in den vergangenen Jahren für den Klimaschutz geleistet hat, nicht gerecht.“





Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Klimaschutz
bericht

Emissionshandel: CO₂-Ausstoß im Energiesektor sinkt stark

[18.07.2025] Der Europäische Emissionshandel besteht seit 20 Jahren. In Deutschland sind die Emissionen der beteiligten Anlagen seitdem um fast die Hälfte gesunken. Besonders stark wirkt der Handel im Energiesektor. mehr...

bericht

Stuttgart: Klimaschutz zahlt sich aus

[17.07.2025] Die Landeshauptstadt Stuttgart hat ihren Energieverbrauch im Jahr 2023 weiter gesenkt und auch die Emissionen konnten reduziert werden. Dennoch wurde der CO₂-Zielwert knapp überschritten. Die Einsparungen summieren sich allerdings auf über 80 Millionen Euro. Dies geht aus dem aktuellen Energie- und Klimaschutzbericht hervor. mehr...

ASEW: Erweiterung des Netzwerks

[17.07.2025] Die ASEW baut ihr Netzwerk weiter aus. Nach Dreieich und Blomberg lässt nun auch Oberursel sein Stromportfolio durch die ASEW prüfen, dort sogar mit dem höheren ok‑power‑plus‑Siegel. mehr...

Stuttgart: Klimazwischenziel erreicht

[16.07.2025] Stuttgart hat sein Klimazwischenziel erreicht: Der neue Energie‑ und Klimaschutzbericht weist für 2023 einen Rückgang der CO₂‑Emissionen um 54 Prozent und des Endenergieverbrauchs um 23 Prozent gegenüber 1990 aus. mehr...

bericht

Klimawandel: Klimaresiliente Infrastruktur

[04.07.2025] Hitzeperioden, Trockenzeiten, Starkregen und Überflutungen nehmen zu – der Klimawandel stellt Städte und Gemeinden vor Herausforderungen. Klimaschutz und gezielte Maßnahmen zur Klimaanpassung werden wichtiger. Kommunale Unternehmen nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. mehr...

Baden-Württemberg: Energie bei landeseigenen Gebäuden eingespart

[24.06.2025] Mit über 500 Einzelmaßnahmen hat das Land Baden-Württemberg im vergangenen Jahr gezielt in den Klimaschutz seiner Liegenschaften investiert. Der Energieverbrauch wurde deutlich gesenkt, die Nutzung erneuerbarer Energien ausgebaut – bei Kosten von mehr als 90 Millionen Euro. mehr...

Baden-Württemberg: Unterstützung für Energieagenturen aufgestockt

[20.06.2025] Baden-Württemberg hat jetzt die finanzielle Unterstützung für regionale Energieagenturen verdoppelt. Ziel ist der flächendeckende Ausbau kostenloser Beratungsangebote zu Klimaschutz, Energieeffizienz und Wärmewende. mehr...

Stuttgart: Klima-Innovationsfonds erhält Auszeichnung

[11.06.2025] Der Stuttgarter Klima-Innovationsfonds wurde auf dem Deutschen Kommunalkongress in Berlin doppelt mit dem „Bewährt vor Ort“-Siegel ausgezeichnet. Die Jury würdigte das Projekt als bundesweites Vorbild für Klima- und Ressourcenschutz sowie zukunftsweisende Verwaltungsarbeit. mehr...

Burbach: Auszeichnung als Energie-Kommune des Monats

[19.05.2025] Die Gemeinde Burbach im Siegerland wird von der Agentur für Erneuerbare Energien als Energie-Kommune des Monats Mai ausgezeichnet. Die Kommune überzeugt mit einem ganzheitlichen Ansatz zur Energiewende – von Gebäudesanierungen über Mobilitätskonzepte bis hin zur Bürgerbeteiligung. mehr...

Climate Star Award: Vier deutsche Städte ausgezeichnet

[13.05.2025] Vier deutsche Städte haben jetzt den Climate Star Award 2025 für vorbildlichen kommunalen Klimaschutz erhalten. Das Klima-Bündnis würdigt ihre innovativen Projekte bei einer Gala in Österreich. mehr...

Wiesbaden: Klimaplan verabschiedet

[08.05.2025] Wiesbaden will bis 2045 klimaneutral werden – der Magistrat hat dafür einen umfassenden Klimaplan verabschiedet. 73 konkrete Maßnahmen sollen die Emissionen der Stadt deutlich senken und den Weg zur nachhaltigen Transformation ebnen. mehr...

Würzburg: Kurs auf Klimaneutralität

[28.04.2025] In Würzburg sinken Energieverbrauch und CO2-Ausstoß. Das zeigt der aktuelle Klimabericht der Stadt. Doch das Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden, bleibt ehrgeizig, sagt Bürgermeister Martin Heilig. Er fordert, das Tempo hoch zu halten. mehr...

KEA-BW: Klima-Portal für Gemeinderäte

[15.04.2025] Die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg hat eine neue Webseite speziell für kommunale Entscheidungsträger gestartet. Unter dem Titel „GemeindeRATgeber“ finden Ratsmitglieder praktische Tipps, neutrale Infos und Veranstaltungshinweise rund um den Klimaschutz. mehr...

Nordrhein-Westfalen: Sieben Nichtwohngebäude ausgezeichnet

[11.04.2025] Nordrhein-Westfalen hat sieben besonders energieeffiziente Nichtwohngebäude ausgezeichnet. Die prämierten Projekte zeigen beispielhaft, wie Klimaschutz, innovative Architektur und nachhaltige Bauweise miteinander vereinbar sind. mehr...

KEA-BW: Neuer Kurzbericht zum Klimaschutz

[10.04.2025] Immer mehr Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg treiben den Klimaschutz aktiv voran. Der neue Kurzbericht der KEA-BW zeigt: Die Zahl der Kommunen mit Klimaschutzmanagement wächst – und mit ihr die Bedeutung strategischer Planung und lokaler Energiewendeprojekte. mehr...