Montag, 29. Dezember 2025

MVV Energie"Wir haben einen Plan"

[14.12.2015] Die Energiewende schüttelt die Branche kräftig durcheinander. Die Stromkonzerne E.ON und RWE reagieren mit Abspaltungen. Eine andere Strategie verfolgt das Mannheimer Unternehmen MVV Energie.
MVV Energie entwickelt sich nach dem Motto „Mein Zukunftsversorger“ vom Versorger zum Dienstleister.

MVV Energie entwickelt sich nach dem Motto „Mein Zukunftsversorger“ vom Versorger zum Dienstleister.

(Bildquelle: MVV Energie AG)

Ein Tsunami vor der japanischen Küste löst im März 2011 ein Beben in der deutschen Energiewirtschaft aus. Die Flutwelle verursacht die Reaktorkatastrophe von Fukushima, in Deutschland ruft Bundeskanzlerin Angela Merkel die Energiewende aus. In der hiesigen Energiewirtschaft bleibt danach kein Stein auf dem anderen. Den Unternehmen brechen die früher üppig sprudelnden Gewinne aus dem traditionellen Geschäft weg. Der Grund: Erneuerbare Energien sorgen für einen Preisverfall an den Strombörsen, konventionelle Erzeugung in Großkraftwerken lohnt sich kaum noch. Die Folge: Zwei große deutsche Energiekonzerne spalten sich auf. E.ON will sich auf die Bereiche erneuerbarer Energien fokussieren, die konventionelle Stromerzeugung wird in das Unternehmen Uniper ausgelagert (21259+wir berichteten). Auch RWE bündelt die Geschäftsfelder erneuerbare Energien, Netze und Vertrieb in einer neuen Tochtergesellschaft (22757+wir berichteten).

Weichenstellung bei MVV Energie

Eine andere Strategie verfolgt der Mannheimer Konzern MVV Energie. Im Jahr 2009, also zwei Jahre vor Merkels Energiewende, startet das börsennotierte Unternehmen, das mehrheitlich der Stadt Mannheim gehört, ein Investitionsprogramm mit einem Volumen von drei Milliarden Euro. Das Geld fließt in erneuerbare Energien, Kraft-Wärme-Kopplung und die energetische Nutzung von Abfällen, in den Ausbau der Fernwärme sowie in die Modernisierung von Netzen und Anlagen. Unter dem Motto „Neue Energie“ werden insbesondere Erzeugungskapazitäten im Bereich erneuerbarer Energien aufgebaut.
Die Energiewende wird zum zentralen strategischen Anker für die Ausrichtung des Unternehmens. Entscheidende Weichen werden im Jahr 2014 gestellt. Im September kauft MVV den insolventen Windprojektentwickler Windwärts (19848+wir berichteten). Wenige Wochen später wird bekannt, dass die Mannheimer die Mehrheit am Unternehmen juwi übernehmen (20001+wir berichteten). Der Projektentwickler für erneuerbare Energien ist ebenfalls in Turbulenzen geraten. Ein weiterer Baustein der Zukunftsstrategie kommt im November 2014 hinzu: MVV gründet mit Partnern das Joint Venture BEEGY. Der Plan: Industrie, Handel, Gewerbe und Privatkunden sollen für Planung, Bau und Management dezentraler Erneuerbarer-Energien-Anlagen auf nur einen Anbieter zurückgreifen können (20161+wir berichteten).

Marktentwicklung schlägt durch

Ob die Strategie aufgeht, ist noch nicht erwiesen. MVV Energie ist ebenfalls von sinkenden Margen und Umsätzen betroffen. Im Geschäftsjahr 2012/13 verzeichnet der Konzern zwar mit über vier Milliarden Euro einen Rekordumsatz, das operative Ergebnis (Adjusted EBIT) sinkt jedoch um knapp sechs Prozent auf 210 Millionen Euro. MVV kann sich nicht von der Entwicklung in der Energiewirtschaft abkoppeln. Das wird auch im folgenden Geschäftsjahr deutlich. Der Umsatz geht um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 3,8 Milliarden Euro zurück. Das operative Ergebnis liegt bei 170 Millionen Euro.
Auf der diesjährigen Bilanzpressekonferenz, die vergangene Woche (10. Dezember 2015) in Frankfurt am Main stattfand, verkündet MVV-Vorstandschef Georg Müller, dass Umsatz und Gewinn im Geschäftsjahr 2014/15 erneut gesunken sind. Müller zeigt sich dennoch zufrieden, weil das operative Ergebnis um drei Prozent auf 175 Millionen Euro stieg. „Wir haben die Ergebnisdelle überwunden“, erklärt Müller vor der Presse. Für das laufende Geschäftsjahr 2015/16 erwartet MVV ein deutliches Plus: Der Umsatz soll wieder die Marke von vier Milliarden Euro überschreiten (22825+wir berichteten).
Der Grund für den Optimismus: Die strategische Ausrichtung auf erneuerbare Energien greift. Laut Müller trägt regenerativ erzeugte Energie bereits zu einem Drittel zum Unternehmensergebnis bei, die Rückgänge im Bereich der konventionellen Erzeugung würden dadurch ausgeglichen. Zum Ergebnis beitragen werden auch zwei Kraftwerke in Großbritannien, die MVV Energie nach Verzögerungen im Oktober 2015 in Betrieb genommen hat (22417+wir berichteten). Auch das Unternehmen juwi wird nach den Worten von Müller die Wende schaffen und das MVV-Ergebnis um einen zweistelligen Millionenbetrag verbessern. juwi sei Deutschlands führender Projektentwickler und habe gute internationale Perspektiven. „Das Unternehmen wird uns noch viel Freude machen“, erwartet der MVV-Chef. Denn: Der Ausbau erneuerbarer Energien sei der globale Megatrend.

Weitere Milliarden für Investitionen

Auf der Bilanzpressekonferenz wird deutlich: Das Mannheimer Unternehmen lässt sich nicht beirren und setzt seine Strategie fort. Mit Blick auf die Branche sagt Müller: „Wir haben einen Plan und setzen diesen bereits um.“ Der MVV-Chef kündigt an, dass in den kommenden Jahren weitere drei Milliarden Euro für Investitionen bereitgestellt werden. Gegenüber den Kunden positioniert sich MVV Energie jetzt als „Mein Zukunftsversorger“. Die gesamte Wertschöpfungskette – von der Erzeugung über die Vermarktung bis hin zu Energiedienstleistungen für Endkunden – wird abgedeckt. Wie sich das Unternehmen vom Versorger zum Dienstleister verändert, deutet Vertriebsvorstand Ralf Klöpfer in einem Nebensatz an: „Wir haben mehr Strom von Kunden vermarktet als an sie geliefert.“

Alexander Schaeff


Stichwörter: Unternehmen, MVV Energie,


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Unternehmen

Steag Iqony Group: Führungswechsel im kommenden Jahr

[18.12.2025] Bei der Steag Iqony Group steht ein Führungswechsel an: Gundolf Schweppe übernimmt im Mai 2026 den Vorstandsvorsitz. Er folgt auf Andreas Reichel, der das Unternehmen seit 2020 geführt hat und planmäßig in den Ruhestand geht. mehr...

MVV Energie: Solides Ergebnis für 2025

[16.12.2025] Trotz sinkender Großhandelspreise hat MVV Energie im Geschäftsjahr 2025 ein solides operatives Ergebnis erzielt und ihr Investitionsvolumen deutlich erhöht. Mehr als 500 Millionen Euro flossen vor allem in Projekte der Wärme- und Stromwende sowie in grüne Kundenlösungen. mehr...

Thüga: Zusammenschluss zu regionalem Versorger

[15.12.2025] Thüga Energie und ThügaNETZE wollen ab 2026 unter einem Dach auftreten und so ihre Kräfte in den Regionen bündeln. Der Zusammenschluss soll Effizienz schaffen, die Energie- und Wärmewende unterstützen und zugleich einen Wechsel an den Unternehmensspitzen bringen. mehr...

Stadtwerke Lübeck: Kommunale Partnerschaft erweitert

[08.12.2025] Stadtwerke Lübeck Solutions hat drei neue kommunale Partner gewonnen, die sich als Kommanditisten an der Digitaleinheit beteiligen. Mit der Stadt Mölln, dem Kreis Segeberg und der IT-Allianz Nord soll die Entwicklung skalierbarer Lösungen für die öffentliche Verwaltung vorangetrieben werden. mehr...

Trianel: Award für Nachhaltigkeitsbericht

[03.12.2025] Trianel hat für seinen ersten Nachhaltigkeitsbericht nach dem ESRS VSME Standard den Exzellenz Status der ESG Transparency Awards 2025 erreicht. mehr...

Kreis Dingolfing-Landau: Bezug von Ökostrom verlängert

[03.12.2025] Der Landkreis Dingolfing-Landau bezieht auch in den kommenden drei Jahren zertifizierten Ökostrom der Stadtwerke Dingolfing. Die Stadtwerke gingen erneut als wirtschaftlichster Anbieter einer bundesweiten Ausschreibung hervor. mehr...

Konstanz: Gründung von Wärmeverbund

[27.11.2025] Die Stadtwerke Konstanz gründen gemeinsam mit Solarcomplex eine Gesellschaft für den Aufbau eines regenerativen Wärmeverbunds im neuen Stadtteil Hafner. Der Entscheidung des Gemeinderats zufolge soll Wärmeversorgung Hafner Wärmepumpen und eine eigene Photovoltaikanlage bündeln. mehr...

Stadtwerke Fürstenfeldbruck: Digitaler Assistent im Kundenservice

[26.11.2025] Die Stadtwerke Fürstenfeldbruck setzen seit Mitte November auf einen KI-basierten Telefonassistenten, um ihre Erreichbarkeit zu verbessern. Der digitale Mitarbeiter namens Oskar beantwortet Anrufe rund um die Uhr und übernimmt erste Kundenanliegen selbstständig. mehr...

JUWI: Grüner Strom für Stahlproduktion

[19.11.2025] Feralpi Stahl und der Projektentwickler JUWI wollen prüfen, ob Wind- und Solarkraft aus Sachsen künftig grünen Strom für die Stahlproduktion in Riesa liefern kann. Die Unternehmen sehen darin einen möglichen Schritt zu klimafreundlicherem Stahl und zu mehr regionaler Wertschöpfung. mehr...

sewikom/BeSte Stadtwerke: Start von kombinierten Tarifen

[18.11.2025] sewikom und BeSte Stadtwerke starten kombinierte Tarife für Glasfaserinternet, Ökostrom und Gas in mehreren Kommunen des Kreises Höxter. Die Kooperation soll Haushalten günstigere Konditionen und einen einfacheren Einstieg in die nachhaltige Energieversorgung bieten. mehr...

Stadtwerke Bocholt Gruppe: Übernahme der Stadtwerke Rhede

[07.11.2025] Die Stadtwerke Rhede schließen sich Anfang November 2025 der Stadtwerke Bocholt Gruppe an, um die Energie- und Wasserversorgung in der Region zukunftssicher zu stärken. Für Kundinnen und Kunden sollen sich dabei weder Tarife noch bestehende Angebote ändern. mehr...

dena: Energy Efficiency Awards 2025 vergeben

[06.11.2025] Auf dem dena-Energiewende-Kongress in Berlin sind fünf Unternehmen mit dem Energy Efficiency Award 2025 geehrt worden. Die Auszeichnung würdigt innovative Projekte, die zeigen, wie Energiewende und Klimaschutz in der Wirtschaft vorankommen. mehr...

Steag Iqony: Übernahme von Uniper Wärme abgeschlossen

[04.11.2025] Die Steag Iqony Group hat die Übernahme von Uniper Wärme abgeschlossen und stärkt damit ihre Position im Fernwärmemarkt im Ruhrgebiet. Laut Unternehmensangaben soll die Wärmeversorgung in der Region sicherer und klimafreundlicher werden. mehr...

Frankfurt am Main: Mainova bleibt Energiepartnerin

[04.11.2025] Die Stadt Frankfurt am Main bezieht auch ab 2026 weiter Strom und Erdgas von Mainova. Der regionale Energiedienstleister versorgt tausende kommunale Gebäude und stellt vollständig Ökostrom bereit. mehr...

EnBW: Gründung des Energy Launchpad

[28.10.2025] Mit dem Energy Launchpad haben EnBW und Partner aus Wissenschaft, Industrie und Start-up-Szene eine neue europäische Plattform für Energieinnovation ins Leben gerufen. Ziel ist es, grenzüberschreitend Lösungen für ein widerstandsfähiges und nachhaltiges Energiesystem zu entwickeln. mehr...