StudieContracting hat Potenzial

Mit Geschäftsmodelle wie Contracting können Stadtwerke mit neuen Kunden ins Geschäft kommen.
(Bildquelle: creativ collection Verlag/MEV Verlag/PEAK Agentur für Kommunikation)
Angesichts des Preiskampfs auf einem kaum differenzierbaren Produktmarkt setzen immer mehr Energieversorger auf neue Geschäftsmodelle, insbesondere energienahe Dienstleistungen. War lange Zeit nur der Industrie- und Geschäftskundenmarkt interessant, richten sich nun immer mehr Angebote auch an den Privatkundenmarkt. Doch je kleiner der Anbieter, desto größer sind die Hürden; da will jede Investition gut überlegt sein. Lohnt sich der Einstieg also auch für städtische Versorger?
Eine besondere Form der Energiedienstleistung stellt Contracting dar, denn es handelt sich eigentlich um ein Finanzierungsmodell: Ein Contracting soll nur den Weg frei machen für eine Energiedienstleistung, eine neue Heizungs- oder Photovoltaikanlage beispielsweise. Manche Anbieter bewerben sogar das Contracting von effizienten Haushaltsgeräten oder Smart-Home-Anwendungen.
Im Rahmen der Studie Absatzchancen von Energiedienstleistungen 2015 hat sich das Unternehmen YouGov Deutschland daher nicht nur mit originären Energiedienstleistungen beschäftigt, etwa Energieberatung, energetische Sanierung, Photovoltaik, Smart Home oder E-Mobilität, sondern auch mit dem Angebot, diese durch ein Contracting zu finanzieren. Die Studie beschäftigt sich insbesondere mit vier Fragen:
● Wie bekannt ist Mini-Contracting bei Privatkunden?
● Wie groß ist das aktuelle Potenzial für Privat-Contracting?
● Für welche Energiedienstleistungen lohnt sich ein Contracting-Modell?
● Wird Stadtwerken ein Contracting-Modell zugetraut?
Interesse ist vorhanden
Ein Ergebnis der Studie: Nur knapp zehn Prozent der befragten 1.016 Wohneigentümer wissen genau oder ungefähr, worum es bei einem Contracting oder Mini-Contracting geht, gut zwei Drittel haben den Begriff noch nie gehört. Das muss nicht verwundern, schließlich wird das Contracting von Anbietern vereinfachend und durchaus verbraucherfreundlich beispielsweise als Rundumsorglos-Paket, Wärme-Direkt, Wärme-Service oder Mehrwärme vermarktet. Aber selbst nach einer Erläuterung des dahinter stehenden Angebots gibt nur knapp ein Drittel der Befragten an, von einem solchen Modell schon einmal gehört zu haben.
Angesichts der Tatsache, dass viele Wohneigentümer im Rahmen der Befragung zum ersten Mal von der Möglichkeit eines Mini-Contractings erfahren haben, ist das spontane Interesse mit knapp 30 Prozent durchaus groß. Allerdings liegt der Anteil der ernsthaft interessierten Wohneigentümer mit neun Prozent deutlich unter dem grundsätzlichen Potenzial – vor allem, wenn man diese Zahl mit dem starken Interesse an der Durchführung einer Heizungssanierung (38 Prozent) oder der Installation einer Photovoltaikanlage (23 Prozent) vergleicht und zudem feststellen kann, dass die Finanzierungsfrage die Haupthürde bei der Umsetzung geplanter Investitionen darstellt.
Für Stadt- und Gemeindewerke etwas ernüchternd ist sicher der Befund, dass ihre Kunden zurückhaltender auf Contracting-Angebote reagieren als Kunden bundesweiter Versorger: Mit 75 Prozent ist der Anteil der Skeptiker hier besonders groß. Interessant scheint das Mini-Contracting für die Befragten vor allem deswegen zu sein, weil das Investitionsrisiko sinkt (70 Prozent). Aber auch der günstige Service- und Wartungsdienst für die Laufzeit des Vertrags (54 Prozent) und die vollständige Delegation der Planung und Umsetzung an die beauftragte Firma (52 Prozent) sind für Wohneigentümer reizvoll. Bei den Barrieren steht die Angst vor zu großer Abhängigkeit vom Anbieter an erster Stelle (57 Prozent). Mehr als die Hälfte der Wohneigentümer, für die eine Finanzierung über ein Contracting interessant ist, denken dabei an eine Photovoltaikanlage (58 Prozent). Für etwas weniger als die Hälfte steht die Modernisierung der Heizungsanlage (46 Prozent) oder auch ein Solarspeicher (42 Prozent) auf der Liste der Möglichkeiten, Wärmedämmung oder Solarthermie für jeweils knapp ein Drittel.
Die Studie zeigt außerdem: Das Problem bei vielen Energiedienstleistungen liegt weniger in der grundsätzlichen Akzeptanz oder Anschaffungsbereitschaft, sondern vielmehr in der Frage, ob Energieversorgern – und ganz speziell örtlichen Versorgern – eine solche Dienstleistung überhaupt zugetraut wird. Beim Thema Energieberatung werden beispielsweise unabhängige Verbraucherorganisationen bevorzugt, weil dem Versorger unterstellt wird, nicht wirklich an einer Reduzierung des Energieverbrauchs interessiert zu sein. Bei Sanierungsmaßnahmen oder der Installation von Photovoltaikanlagen und Solarspeichern stehen Handwerksbetriebe ganz oben auf der Wunschliste. Beim Thema Mini-Contracting wird Energieversorgern aber ausnahmsweise mehr vertraut als anderen potenziellen Anbietern. Lokale Versorger genießen dabei sogar einen kleinen Vertrauensvorsprung vor den großen Konzernen.
Drei Erkenntnisse bleiben
Als Fazit bleiben drei wichtige Erkenntnisse. Erstens: Bedarf und Potenzial für Contracting-Lösungen sind durchaus vorhanden, die Dienstleistung ist aber noch weitgehend unbekannt und daher mit viel Skepsis behaftet. Es wird also noch viel Marketing und im Einzelfall viel Überzeugungsarbeit nötig sein. Wenn aber erste Innovatoren über ihre Erfahrungen berichten können, dürfte die Nachfrage deutlich steigen. Zweitens: Contracting für kleinere Anschaffungen anzubieten, lohnt sich wohl eher nicht. Je größer die Investition, desto stärker ist das Interesse der Privatkunden. Die Finanzierung ist also im Privatkundenmarkt selten eine strategische Entscheidung, sondern macht die Sanierung oder Installation einer Anlage überhaupt erst möglich. Dies lässt durchaus hoffen, dass viele Kunden sich über ihre Bedenken gegenüber dem noch unbekannten Finanzierungsmodell hinwegsetzen.
Und drittens: Das Aufsetzen eines Contracting-Angebots ermöglicht es örtlichen Energieversorgern auch in Bereichen mit Privatkunden ins Geschäft zu kommen, in denen sie bislang aufgrund fehlenden Zutrauens nicht zum Zug gekommen sind. Denn häufig würde sich der private Verbraucher eher an eine Handwerks- oder Beratungsfirma wenden. Bringt sich der örtliche Versorger aber als Enabler ins Spiel, kann er sich damit in die Poleposition bringen.
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