Freitag, 3. Mai 2024

Konzessionsabgabe:
Wertschöpfung aus erneuerbaren Quellen


[8.6.2018] Eine Reform des Konzessionsabgabenrechts könnte in den kommenden zehn Jahren fast sieben Milliarden Euro in die kommunalen Haushalte spülen. Der Vorschlag: Die Menge des im Gemeindegebiet eingespeisten Stroms sollte bei der Berechnung der Abgabe berücksichtigt werden.

Eine Reform des Konzessionsabgabenrechts könnte in den kommenden zehn Jahren fast sieben Milliarden Euro in die kommunalen Haushalte spülen. Aus dem kommunalen Bereich wird regelmäßig eine zu geringe kommunale Wertschöpfung aus den Erneuerbare-Energien-Anlagen beklagt. Nach einer Erhebung des Städte- und Gemeindebunds Brandenburg haben die Gemeinden in Brandenburg im Jahr 2016 rund 6,5 Millionen Euro Gewerbesteuer für Windkraftanlagen erhalten, die in ihrem Gebiet stehen. An Einspeisevergütung flossen hingegen fast 630 Millionen Euro. Das bedeutet, dass lediglich etwa ein Prozent der Einspeisevergütung bei den Gemeinden als Gewerbesteuer ankommen. Weitere Einnahmen der Gemeinden – etwa aus Grundsteuer oder Flächenpachten – sind faktisch nicht vorhanden.
Insofern besteht ein großes Interesse bei den Städten und Gemeinden, in erhöhtem Maße an der Wertschöpfung aus erneuerbaren Energien zu partizipieren, um dem Bürger vor Ort den weiteren Ausbau vermitteln zu können. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist dieses Problem erkannt und eine Lösung in Aussicht gestellt worden. Dort heißt es: „Wir werden … durch eine bundeseinheitliche Regelung beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien (EE) die Standortgemeinden stärker an der Wertschöpfung von EE-Anlagen beteiligen und die Möglichkeiten einer Projektbeteiligung von Bürgerinnen und Bürgern verbessern, ohne dass dies insgesamt zu Kostensteigerungen beim EE-Ausbau führt.“ Das bestehende System der Konzessionsabgaben soll modifiziert und eine neue Konzessionsabgabe auf eingespeisten Strom eingeführt werden.
Die Höhe der Konzessionsabgabe ist in § 2 (Energiewirtschaftsgesetz, EnWG) der Konzessionsabgabenverordnung geregelt. Sie bemisst sich dabei nach der Menge des gelieferten Stroms. Die Gemeinde erhält also eine umso höhere Konzessionsabgabe je mehr Strom im Gemeindegebiet verbraucht wird. Die Abgabe ist Bestandteil des Strompreises und wird letztlich vom Verbraucher bezahlt. Das Gesamtvolumen der Stromkonzessionsabgabe in Deutschland beträgt derzeit pro Jahr rund 3,5 Milliarden Euro. Die Konzessionsabgabe ist mit 5,8 Prozent Bestandteil des Endkunden-Strompreises. Damit zahlt der private Stromtarifkunde derzeit eine Konzessionsabgabe von 1,66 Cent pro Kilowattstunde (Cent/kWh).

Unzeitgemäße Regelung

Die Anknüpfung der Konzessionsabgabe an den verbrauchten Strom erscheint nicht mehr zeitgemäß in Zeiten von Klimawandel, CO2-Minderung, Energieeinsparung und Energieeffizienz. Die Gemeinden sollen einerseits ihren Energieverbrauch verringern, müssen aber auf der anderen Seite aus Konzessionsabgabensicht ein
Interesse an einem möglichst hohen Stromverbrauch haben. Zudem war in der alten Energielandschaft, in der einige Großkraftwerke den gesamten Strom erzeugen, das Verteilnetz ausschließlich dafür da, den Strom zum Endverbraucher zu transportieren. Heutzutage wird das Verteilnetz auch für die Ableitung des dezentral erzeugten Stroms benötigt. Insofern erscheint eine Reform des Konzessionsabgabenrechts auch aus dieser Sicht zeitgemäß und notwendig.
Unter Berücksichtigung der aktuellen Ausbaupfade für erneuerbare Energien und einer Höhe der Einspeisekonzessionsabgabe von 0,33 Cent/kWh ergäbe sich bundesweit ein Volumen von 570 Millionen Euro im Jahr 2018 und bis zu 780 Millionen im Jahre 2027 – über zehn Jahre hinweg würden den kommunalen Haushalten nach Berechnungen des Städte- und Gemeindebunds Brandenburg insgesamt 6,8 Milliarden Euro zufließen. Allein die Brandenburger Gemeinden könnten mit Mehreinnahmen von rund 50 Millionen Euro pro Jahr rechnen.
Die Einspeisekonzessionsabgabe basiert auf dem bewährten und verfassungsrechtlich etablierten System der Stromkonzessionsabgaben nach § 46 EnWG. Es bedarf – anders als bei einer neu einzuführenden Sonderabgabe – keiner gesonderten komplexen juristischen Begründung. Die Einspeisekonzessionsabgabe ist im EnWG und in der Konzessionsabgabenverordnung auf Bundesebene normativ einfach umsetzbar, und das Abgabenvolumen der Einspeisekonzessionsabgabe wird gerecht auf die Gemeinden verteilt, in denen EEG-Anlagen stehen.
Die erforderlichen Daten zu den Einspeisemengen der Erneuerbare-Energien-Anlagen sind bei den Netzbetreibern bereits vorhanden. Das Einspeisekonzessionsabgabenaufkommen verbleibt zu 100 Prozent in den Standortgemeinden, da es anders als die Gewerbesteuer nicht in den kommunalen Finanzausgleich einfließt. Die Einspeisekonzessionsabgabe erfasst nicht nur neue Anlagen, die nach Inkrafttreten der gesetzlichen Änderung errichtet werden, sondern auch alle bestehenden EEG-Anlagen.

Zwei gangbare Wege

Bei der Einführung einer Konzessionsabgabe auf Einspeisungen gibt es grundsätzlich zwei Wege: Man könnte die bisherige Konzessionsabgabe beibehalten und zusätzlich die Einspeisekonzessionsabgabe einführen. Das hätte zur Folge, dass allen Gemeinden das bisherige Volumen der (Verbrauchs-)Konzessionsabgabe erhalten bleibt. Alle Gemeinden mit Erzeugungsanlagen hätten zusätzliche Einnahmen. Der Strompreis würde um das Volumen der Einspeisekonzessionsabgabe steigen, wenn nicht über andere Komponenten des Strompreises gegengesteuert wird. Ein anderer Weg wäre das Abschmelzen der bisherigen Konzessionsabgabe und Auffüllen mit neuer Einspeisekonzessionsabgabe. Diese Variante hätte keine Auswirkung auf den Strompreis; das Aufkommen der Konzessionsabgabe würde aber anders als bisher verteilt werden. Gemeinden mit hohem Stromverbrauch und geringer EE-Erzeugung würden Konzessionsabgabevolumen verlieren, Gemeinden mit hoher Erzeugung eine höhere Konzessionsabgabe erhalten.
Aus Sicht des Städte- und Gemeindebunds Brandenburg ist die Einführung einer Konzessionsabgabe auf eingespeisten Strom eine sehr gute Möglichkeit, die kommunale Wertschöpfung aus den EE-Anlagen signifikant zu erhöhen. Sie ist gerecht, einfach umsetzbar und würde jeder Standortgemeinde Zuflüsse in den kommunalen Haushalt garantieren.

Sebastian Kunze ist Referatsleiter für Energie- und Kommunalwirtschaft beim Städte- und Gemeindebund Brandenburg.

http://www.stgb-brandenburg.de
Dieser Beitrag ist in der Mai/Juni-Ausgabe 2018 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Politik, Konzessionsabgabe, Städte- und Gemeindebund Brandenburg

Bildquelle: by-studio/Fotolia.com

Druckversion    PDF     Link mailen


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Politik

Nürnberg: Treibhausgasbilanz vorgestellt
[3.5.2024] In Nürnberg wurde im April die neue Treibhausgsbilanz der Stadtverwaltung für das Jahr 2022 im Umweltausschuss vorgestellt. Im Vergleich zum Jahr 2019 zeichnen sich kaum Veränderungen ab. mehr...
Memmingen: Bewusstsein für Energieströme
[3.5.2024] Seit April können die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Memmingen mit dem neuen LEW-Energiemonitor die lokale Stromerzeugung und den Verbrauch in Echtzeit verfolgen. Das Tool zeigt auch, wie viel Strom aus erneuerbaren Quellen stammt. mehr...
In Memmingen kann die lokale Stromerzeugung und der Verbrauch in Echtzeit verfolgt werden.
Fortschrittsmonitor: Wachstum durch Energiewende
[2.5.2024] Der aktuelle Fortschrittsmonitor Energiewende von EY und BDEW zeigt, dass Deutschland beim Ausbau der erneuerbaren Energien vorankommt, aber weiterhin massiver Investitionsbedarf besteht. Mehr als 720 Milliarden Euro müssen bis 2030 investiert werden, um die Klimaziele zu erreichen und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. mehr...
Der aktuelle Fortschrittsmonitor Energiewende von EY und BDEW zeigt, dass Deutschland beim Ausbau der erneuerbaren Energien vorankommt.
BMWK: Rekordzahlen bei Erneuerbaren
[29.4.2024] Der Ausbau der erneuerbaren Energien schreitet in Deutschland deutlich voran. Vor allem Wind- und Solarenergie erleben einen Aufschwung bei Genehmigungen und neu installierten Kapazitäten. mehr...
Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland gewinnt deutlich an Fahrt.
Hamburg: Milliarden für klimaneutrale Energie
[29.4.2024] Experten diskutierten in Hamburg über den Ausbau der städtischen Energie-Infrastruktur und die Umsetzung der Klimaschutzziele. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Integration von Wärme-, Strom-, Gas- und Wasserstoffnetzen. mehr...

Suchen...

 Anzeige

 Anzeige

 Anzeige

Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
GIS Consult GmbH
45721 Haltern am See
GIS Consult GmbH
ITC AG
01067 Dresden
ITC AG
energielenker Gruppe
48155 Münster
energielenker Gruppe
energielenker Gruppe
48155 Münster
energielenker Gruppe
Uniper
40221 Düsseldorf
Uniper

Aktuelle Meldungen