[18.7.2013] In Europa werden die Kosten von Solar- und Windenergie über-, die Kosten der Atomkraft hingegen unterschätzt. Grund dafür sind Modellrechnungen, die laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung nicht mehr aktuell sind.
Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) unterschätzt die Europäische Kommission bei ihren Planungen einer europäischen Energiepolitik systematisch die Kosten der Atomkraft und Kohlendioxid-Abscheidung, während sie die Kosten erneuerbarer Energien überschätzt. Die Planungen stützen sich demnach auf noch nicht ausgereifte Technologien und in wesentlichen Teilen auf nicht mehr aktuelle Kostenschätzungen. Die vom DIW Berlin festgestellte Kostenüberschätzung bei erneuerbaren Energien gelte insbesondere für die Photovoltaik, deren Kapitalkosten bereits heute zum Teil unterhalb der Werte liegen, welche die Kommission für das Jahr 2050 erwartet. Besonders eklatant sei die Berechnung der Kosten von Atomstrom in den 2011 erstellten Szenarien. Sie sagen einen weiteren Anstieg der Kernkraftwerksleistung von derzeit 120 auf über 140 Gigawatt voraus. „Weder in Europa, noch an einem anderen Ort der Welt ist jemals ein Atomkraftwerk unter marktwirtschaftlichen Bedingungen gebaut worden“, erläutert Christian von Hirschhausen, Forschungsdirektor am DIW Berlin. „Lediglich die Formen der staatlichen Subventionierung unterscheiden sich. Übliche Kostenschätzungen für Atomkraft beinhalten oft nicht den Rückbau der Anlagen sowie die Endlagerung des Atommülls, ganz zu schweigen von den enormen Kosten möglicher Großunfälle wie in Fukushima oder Tschernobyl.“ Gegen solche Schäden würden sich die Unternehmen nicht ausreichend versichern. „Das finanzielle Risiko wird vom Staat, also uns allen getragen“, so von Hirschhausen.
Hinsichtlich der CO2-Abscheidung hat die Europäische Kommission im Rahmen der europäischen Szenarien für das Jahr 2020 eine Kapazität von über fünf Gigawatt ermittelt, so das DIW Berlin. Das entspreche etwa zehn mittelgroßen Anlagen. Tatsächlich sei die Technologie bislang aber an keinem einzigen Standort innerhalb der EU eingesetzt worden.
„Die Europäische Kommission sollte umgehend aktualisierte Modellrechnungen bereitstellen, um der Energiepolitik transparente und nachvollziehbare Szenarien als Entscheidungshilfe an die Hand zu geben“, fordert Claudia Kemfert, Leiterin der DIW-Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt. „Es ist unerlässlich, dass Europa künftig weiterhin auf den Ausbau erneuerbarer Energien setzt.“ Dazu müssten anspruchsvolle Ziele definiert werden, kombiniert mit klaren Emissionsreduktions- und Effizienzzielen.
(ve)
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