Samstag, 20. Dezember 2025

AugsburgAbwärme von Rolls-Royce

[30.04.2024] Die swa investieren bis 2040 rund eine Milliarde Euro in den Ausbau der Fern- und Nahwärme in Augsburg. Eine Kooperation mit Rolls-Royce soll die Nutzung industrieller Abwärme ermöglichen.
Tobias Schnell

Tobias Schnell, Geschäftsführer von Rolls-Royce Solutions Augsburg GmbH, und swa-Vertriebsleiter Ulrich Längle planen die Nutzung industrieller Abwärme.

(Bildquelle: swa / Thomas Hosemann)

Die Stadtwerke Augsburg (swa) leisten mit dem Ausbau von klimaschonender Fern- und Nahwärme einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende in Augsburg. Die Wärme soll dabei auch vermehrt aus industrieller Abwärme stammen, zum Beispiel aus dem Werk der Rolls-Royce Solutions Augsburg GmbH. Rolls-Royce produziert in Augsburg mtu-Gasaggregate für die Strom- und Wärmeversorgung. swa-Vertriebsleiter Ulrich Längle und der Geschäftsführer von Rolls-Royce Solutions Augsburg GmbH, Tobias Schnell, haben jetzt die swa-Fernwärmestrategie 2040 und die Kooperation der beiden Unternehmen vorgestellt.
Bis zu 70 Prozent des Augsburger Wärmebedarfs wollen die swa bis 2045 mit Fern- oder Nahwärme decken – heute sind es rund 25 Prozent. Dafür investieren sie bis 2040 rund eine Milliarde Euro. Das Fernwärmenetz mit einer Länge von heute gut 200 Kilometern soll bis dahin deutlich erweitert und neue, zusätzliche Erzeugungsanlagen sowie Wärmespeicher gebaut werden.

Fernwärme ist technologieoffen

„Fernwärme ist technologieoffen“, beschreibt swa-Vertriebsleiter Ulrich Längle einen der Vorteile der Fernwärme. „Wir liefern heißes Wasser in Haushalte und Unternehmen, das auf unterschiedliche Weise regenerativ erzeugt werden kann.“ Neben einem weiteren Biomassekraftwerk, Großwärmepumpen, Wärmespeichern und der Abwärme aus der Müllverbrennung soll auch verstärkt nicht vermeidbare industrielle Abwärme für die Fernwärme genutzt werden. „Wir sind dazu mit zahlreichen Unternehmen im Gespräch“, so Länge. Mit dem ersten sei nun eine konkrete Kooperation vereinbart worden. Das Potenzial der industriellen Abwärme liegt laut Längle bei rund 60 Megawatt Leistung, so viel wie ein größeres Kraftwerk.

Abwärme kann 500 Haushalte versorgen

Die Stadtwerke Augsburg haben jetzt mit Rolls-Royce Solutions in Augsburg vereinbart, dass der Hersteller von mtu-Gassystemen für die Strom- und Wärmeerzeugung seine Industrieabwärme ab Mitte 2025 in das Fernwärmenetz der swa einbringen wird. Die eingespeiste Energie ist CO2-neutral, weil sie aus der vorhandenen Abwärme der Motorenprüfstände im Werk in der Dasinger Straße gewonnen wird. Etwa 500 Haushalte können mit der zusätzlichen Wärme versorgt und dabei etwa 1.500 Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden.
„Wir freuen uns, gemeinsam mit unserem Kooperationspartner swa einen Beitrag zur umweltfreundlichen Wärmeversorgung für die Stadt Augsburg und ihre Bürger leisten zu können“, erklärt Tobias Schnell. Das Unternehmen ist Teil des Geschäftsbereichs Power System von Rolls-Royce, das weltweit Antriebs- und Energiesysteme für Schiffe, schwere Land- und Schienenfahrzeuge, militärische Fahrzeuge, für die Öl- und Gasindustrie und für die Energieversorgung entwickelt und vertreibt.
Bereits heute deckt die Fernwärme rund ein Viertel des Augsburger Wärmebedarfs. Mehr als die Hälfte des Wärmebedarfs wird noch mit Erdgasheizungen erzeugt. Doch damit wird bald Schluss sein. So hat sich der Freistaat Bayern zum Ziel gesetzt, ab 2040 klimaneutral zu sein, der Bund ab 2045 und Europa ab 2050. Fossile Energieträger, wie Erdgas oder Erdöl, können dann nicht mehr verbrannt werden.
Und so werden die swa nicht nur das Fernwärmenetz massiv ausbauen, sondern die Erzeugung bis 2040 auch zu 100 Prozent auf regenerative Energie und Abwärme umstellen. Bereits heute stammen mehr als 60 Prozent der Fernwärme aus regenerativer Erzeugung und Abwärme, wie dem Biomassekraftwerk oder der Müllverbrennungsanlage. „Bei der Fern- oder Nahwärme müssen nur wenige große Wärmeerzeuger auf erneuerbare Quellen umgestellt oder gebaut werden und nicht zigtausende einzelne Gas- oder Ölheizungen in den Gebäuden“, zählt Länge einen weiteren Vorteil der Fernwärme auf. „Das heißt auch, dass sich der Gebäudeeigentümer für die Dekarbonisierung um nichts mehr selbst kümmern muss.“

Erfolgsgeschichte seit 70 Jahren

Vor 70 Jahren hat die Fernwärmeversorgung in Augsburg mit dem Anschluss des Gebäudes der Kreissparkasse am Martin-Luther-Platz begonnen. Seitdem wurden fast die gesamte Augsburger Innenstadt angeschlossen, sowie insbesondere Industriebetriebe, wie die MAN, KUKA oder der Industriepark Augsburg, Krankenhäuser, von der Uniklinik bis zu Josefinum, Diakonissenhaus und Vincentinum, Unternehmen in Gewerbegebieten, wie im Martine-Park, und große Wohnanlagen, wie etwa das Schwabencenter oder viele Anlagen der Wohnbaugruppe und anderer Wohnbaugesellschaften oder Eigentümergemeinschaften.
Bisher liefern die swa je nach Witterung bis zu 680 Millionen Gigawattstunden Wärmeleistung an ihre Kunden, das entspricht einem Wärmebedarf von umgerechnet rund 35.000 Haushalten. 2040 sollen es mit rund 1.100 Gigawattstunden fast doppelt so viel sein. Spätestens seit der Energiekrise sei die Nachfrage nach Fernwärme regelrecht explodiert. „Dort wo wir ankündigen Fernwärme auszubauen, wird das Angebot fast ausschließlich dankend angenommen“, so Längle.
Auch wenn große Flächen des Augsburger Stadtgebiets künftig mit Fernwärme erschlossen werden und sich Gebäudeeigentümer an das Netz anschließen lassen können, wird es auch Bereiche geben, in denen keine Fernwärme verfügbar sein wird. „Insbesondere in Vierteln mit größtenteils kleinteiliger Eigenheim-Bebauung sind andere Lösungen wie Wärmepumpen oder Pellet-Heizungen sinnvoller“, so Längle.
Der Ausbau des Augsburger Fernwärmenetzes reicht aber auch über die Stadtgrenzen hinaus: Seit 2018 können auch die Bewohner der Augsburger Nachbarstadt Neusäß in einigen Gebieten auf die umweltschonende Heizart zurückgreifen. Neusäß wird über die Fernwärmeleitung versorgt, die auch das Universitätsklinikum Augsburg und den dortigen Campus beliefert.





Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Wärmeversorgung

Osnabrück: Kommunale Wärmeplanung abgeschlossen

[18.12.2025] Die Stadt Osnabrück hat ihre kommunale Wärmeplanung abgeschlossen und damit frühzeitig die Grundlage für eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2040 gelegt. Der Stadtrat hat das Konzept samt erster Umsetzungsaufträge beschlossen und damit den Übergang von der Planung in die Praxis eingeleitet. mehr...

Nordrhein-Westfalen: Bündnis für Heizwende gegründet

[15.12.2025] Nordrhein-Westfalen bündelt Kräfte aus Politik, Wirtschaft und Verbraucherschutz, um den Umstieg auf moderne und sparsame Heizsysteme zu erleichtern. Ein neues Bündnis startet unter dem Titel „Heizkeller der Zukunft“ eine landesweite Offensive für bezahlbares und klimafreundliches Heizen. mehr...

Schornsheim: Klimaneutrales Neubaugebiet fertiggestellt

[11.12.2025] Schornsheim hat das neue Neubaugebiet Gänsweide übernommen, das komplett auf Erdwärme setzt. MVV zufolge ist es das erste Gebiet der Verbandsgemeinde Wörrstadt, das mit einem kalten Nahwärmenetz erschlossen wurde. mehr...

Agentur für Erneuerbare Energien: Hintergrundpapier bewertet Wärmewende

[11.12.2025] Ein Hintergrundpapier der Agentur für Erneuerbare Energien zeigt deutliche Unterschiede beim Fortschritt der Wärmewende in den Bundesländern. Die Analyse beleuchtet sowohl den Ausbau erneuerbarer Wärme als auch den Stand der kommunalen Wärmeplanung. mehr...

Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim: Bürgerbeteiligung beeinflusst Fernwärmeplanung

[11.12.2025] In Ludwigsburg und Kornwestheim beeinflusst die Bürgerbeteiligung erstmals spürbar die Fernwärmeplanung. Wie die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim berichten, führt die Nachfrage der Anwohner direkt zu vorgezogenen Ausbauschritten. mehr...

naturstrom: Zuschlag für Wärmeplanung erhalten

[10.12.2025] naturstrom und EnergyEffizienz haben erstmals gemeinsam den Zuschlag für eine kommunale Wärmeplanung erhalten. Die beiden Unternehmen sollen die Wärmeplanung für die Kommunale Allianz Aurach-Zenn in Nordbayern erarbeiten. mehr...

Wärmewende Akademie: Positive Bilanz nach einem Jahr

[10.12.2025] Die Mannheimer Wärmewende Akademie zieht ein Jahr nach ihrer Eröffnung eine positive Bilanz: Über 90 Handwerksbetriebe haben ihre Schulungen durchlaufen und unterstützen die Umstellung auf klimafreundliche Heizsysteme. mehr...

Neutraubling: Biomasseheizwerk ans Wärmenetz gegangen

[08.12.2025] REWAG hat in Neutraubling jetzt ein Biomasseheizwerk offiziell in Betrieb genommen. Die Anlage soll das Wärmenetz stabilisieren und ein weiterer Schritt zur Dekarbonisierung sein. mehr...

Deutsche Telekom: Abwärme für Berliner Wohnkomplex

[04.12.2025] Ein denkmalgeschützter Wohnkomplex in Berlin-Schöneberg wird künftig zu großen Teilen mit Abwärme aus einem Telekom-Rechenzentrum beheizt. Das geplante System soll rund zwei Drittel des Wärmebedarfs der 500 Wohnungen abdecken, ohne die Mieter finanziell zusätzlich zu belasten. mehr...

Wuppertal: Online-Beteiligung zur Wärmeplanung gestartet

[04.12.2025] Wuppertal bittet die Bevölkerung erneut um Hinweise zur kommunalen Wärmeplanung und öffnet dafür eine zweite Online-Beteiligung. Bis zum 12. Dezember können Bürgerinnen und Bürger laut wer denkt was Vorschläge zur klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2045 einreichen. mehr...

Heidelberg: 86 Millionen Euro Förderung vom Bund

[03.12.2025] Heidelberg erhält für drei zentrale Projekte der Wärmewende 86 Millionen Euro Fördermittel des Bundes. mehr...

Kommunale Wärmeplanung: Vorläufige Ergebnisse mehrerer Städte

[27.11.2025] Mehrere deutsche Städte legen erste oder vorläufige Ergebnisse ihrer kommunalen Wärmeplanung vor und öffnen die Beteiligung für Bürgerinnen und Bürger. Die Zwischenstände aus Leverkusen, Kaiserslautern und Hamburg zeigen, wo Netzausbau, Sanierungen und erneuerbare Quellen künftig ansetzen könnten. mehr...

Konstanz: Gründung von Wärmeverbund

[27.11.2025] Die Stadtwerke Konstanz gründen gemeinsam mit Solarcomplex eine Gesellschaft für den Aufbau eines regenerativen Wärmeverbunds im neuen Stadtteil Hafner. Der Entscheidung des Gemeinderats zufolge soll Wärmeversorgung Hafner Wärmepumpen und eine eigene Photovoltaikanlage bündeln. mehr...

IÖW: Projekt zu Nahwärmenetzen in kleinen Kommunen

[26.11.2025] Ein Projekt des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) zeigt, wie kleine Kommunen Nahwärmenetze auch ohne eigenes Stadtwerk umsetzen können. Dem IÖW zufolge sind eine gesicherte Nachfrage vor Ort und ein tragfähiges Betreibermodell die Schlüssel zum Erfolg. mehr...

dena: Kommunenbefragung zur Wärmeplanung

[25.11.2025] Viele Kommunen kommen bei der kommunalen Wärmeplanung schneller voran als im Vorjahr. Laut dena zeigt die jüngste KWW-Kommunenbefragung, dass gründliche Vorbereitung der entscheidende Faktor für reibungslosere Abläufe ist. mehr...