[20.12.2018] Solarstromspeicher liegen voll im Trend. Das zeigt der Jahresbericht zum Speichermonitoring der RWTH Aachen. Untersucht wurden dabei neben Markt- und Technologieentwicklungen auch technische Charakteristika von Heimspeichern.
Heimspeicher bieten das Potenzial, Solarstrom über den Tag zu speichern und in den Abendstunden zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig werden die Stromnetze durch die Speicherung von überschüssigem Photovoltaikstrom signifikant entlastet. Damit liegen Heimspeicher voll im Trend der Energiewende: Mehr als jede zweite neuinstallierte Photovoltaikanlage (PV-Anlage) bis zu einer Leistung von 30 Kilowatt peak (kWp) wird nach Angaben der RWTH Aachen derzeit zusammen mit einem Heimspeicher installiert. Während der PV-Markt eine langjährige Geschichte in Deutschland aufweist, haben sich Heimspeicher seit dem Jahr 2013 in kürzester Zeit vom Nischen- zum Massenmarkt entwickelt und in diesem Jahr die Grenze von insgesamt 100.000 installierten Speichersystemen überschritten. Damit sind bereits eine Batterieleistung von über 300 Megawatt (MW) und eine Batteriekapazität von über 800 Megawattstunden (MWh) in deutschen Haushalten installiert.
Förderung setzt Anreize
Gerade in den ersten Jahren hat das bundesweite Marktanreizprogramm für Solarstromspeicher eine tragende Rolle bezüglich des Marktwachstums eingenommen. Das Förderprogramm Erneuerbare Energien „Speicher“ wurde 2013 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in Zusammenarbeit mit der KfW-Bank aufgesetzt und fördert stationäre Batteriespeicher für die Speicherung von Solarstrom aus Photovoltaikanlagen. Die Förderung erfolgt durch zinsgünstige Kredite der KfW-Bank sowie durch Tilgungszuschüsse von derzeit zehn Prozent der förderfähigen Investitionskosten durch das BMWi.
Um eine nachhaltig positive Entwicklung der Technologie zu erwirken, sind nur solche Speichersysteme förderfähig, die eine Reihe von technischen Anforderungen erfüllen. Hierzu zählen unter anderem eine netzdienliche Reduzierung der maximalen Einspeiseleistung der Photovoltaikanlage auf 50 Prozent der installierten PV-Nennleistung, eine zehnjährige Zeitwertersatzgarantie des Batteriespeichers sowie die Offenlegung der relevanten Kommunikationsschnittstellen zur zukünftigen Integration bidirektionaler Netzdienstleistungen.
Begleitet wird das Förderprogramm von einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt, das unter dem Namen Speichermonitoring vom Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) der RWTH Aachen durchgeführt wird. Im Fokus der Forschungsaktivitäten stehen die Markt- und Technologieentwicklung von Solarstromspeichern, die Abschätzung der durch einen vermehrten solaren Eigenverbrauch verursachten direkten Effekte auf Steuern, Umlagen und Abgaben sowie die Quantifizierung technischer Charakteristika wie die erreichten Effizienzen, die Belastungshäufigkeiten oder die Kapazitätsverluste von Speichersystemen. Das Speichermonitoring hat im Juli 2018 unter www.speichermonitoring.de einen umfangreichen Jahresbericht veröffentlicht, dessen zentrale Erkenntnisse in diesem Artikel zusammengefasst werden.
Systeme werden günstiger
Zum einen zeigt der Jahresbericht, dass die Endkundenpreise von Solarstromspeichern rasant sinken. So sind die Preise für Lithium-Ionen-Speichersysteme seit Mitte 2013 um über 50 Prozent gefallen. Die durchschnittlichen Endverbraucherpreise lagen Ende 2017 bei rund 1.300 Euro pro Kilowattstunde (inklusive Leistungselektronik und Mehrwertsteuer). Größere Batteriespeichersysteme waren sogar bereits für weniger als 800 Euro pro Kilowattstunde erhältlich. Die zukünftige Preisentwicklung für diese Speichersysteme wird maßgeblich durch die steigende Bedeutung der Elektromobilität beeinflusst: Einerseits ergeben sich durch die weltweit steigenden Produktionskapazitäten Potenziale für weitere Preissenkungen in Folge von Skaleneffekten. Andererseits können durch die hohe Nachfrage im Automobilmarkt Lieferengpässe und Zellknappheit entstehen, die insbesondere kleinere Speichersystemhersteller vor Herausforderungen stellen könnten. Der durchschnittliche Kaufpreis von Heimspeichern liegt seit 2013 nahezu konstant bei rund 10.000 Euro. Sinkende Speicherpreise führten dabei sukzessive zu größeren Batteriekapazitäten.
Unter anderem aufgrund der rasant fallenden Preise ist der Marktanteil von Heimspeichern mit Lithium-Ionen-Batterien seit 2013 kontinuierlich gestiegen und liegt derzeit innerhalb der KfW-Förderung bei rund 99 Prozent. Speichersysteme mit Blei-Säure-Batterien, die noch bis Mitte 2014 relevante Marktanteile innehatten, sind heute nahezu vollständig aus dem Markt gedrängt. Alternative Speichertechnologien, wie Redox-Flow- oder Hochtemperaturbatterien, spielen im kommerziellen Heimspeichermarkt derzeit keine nennenswerte Rolle. Die nutzbare Batteriekapazität von Lithium-Ionen-Speichersystemen lag Ende 2017 durchschnittlich bei etwa acht Kilowattstunden.
Motivation zur Investition
Der Großteil der heutigen Betreiber von dezentralen Solarstromspeichern möchte mit der Investition einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten und sich dabei langfristig gegen steigende Strompreise absichern. Daneben steht für viele Speicherbetreiber auch ein generelles Interesse an der Technologie im Vordergrund. Die persönliche Erwartung an einen wirtschaftlich profitablen Heimspeicherbetrieb ist seit dem Jahr 2013 von etwa 40 auf 55 Prozent der befragten Betreiber gestiegen.
Dezentrale Speichersysteme erhöhen durch ihren Betrieb die Menge des lokal verbrauchten Solarstroms. In der Folge wird durchschnittlich noch etwa die Hälfte der lokal erzeugten Photovoltaikenergie in das öffentliche Netz eingespeist. Gleichzeitig werden nur noch rund 40 Prozent des Stromverbrauchs aus dem öffentlichen Netz bezogen. Dabei weisen Eigenverbrauchsanteile und Autarkiegrade ein stark saisonales Verhalten auf: Denn etwa 70 Prozent der Erzeugung von Solarstrom fallen in die Sommermonate, in denen die Haushalte einen verringerten Stromverbrauch haben. Im Winter liegen die solaren Erzeugungsraten hingegen bei niedrigen Werten, der Stromverbrauch ist gegenüber dem Sommer jedoch erhöht. Die Folge: Während im Winter lediglich geringe Autarkiegrade erreicht werden, weisen viele Haushalte in den Sommermonaten einen mittleren Autarkiegrad von über 80 Prozent auf.
Lebensdauer verlängern
Da selbstverbrauchter Solarstrom nicht vergütet werden muss, wird das EEG-Konto durch geringere Einspeisungen grundsätzlich entlastet. Gleichzeitig zahlen Heimspeicherbetreiber durch ihren geringeren Netzbezug jedoch auch weniger Steuern und Umlagen. Unter Berücksichtigung aller Steuern, Umlagen und Abgaben ist die Gesamtbilanz der Einnahmen und Ausgaben für alle im Jahr 2017 betriebenen Photovoltaikanlagen mit Speicher in etwa ausgeglichen.
Hochauflösende Messungen im Labor sowie an zwanzig privat betriebenen Speichersystemen erlauben umfangreiche Analysen der Netzrückwirkungen dezentraler Batteriespeicher. Es zeigt sich, dass verschiedene Ansätze zur Einspeisebegrenzung der PV-Erzeugung existieren. Prognosebasierte Betriebsstrategien nützen dabei sowohl dem Stromnetz als auch den Betreibern. Durch den Einsatz von Prognosen erfolgt die Begrenzung der Einspeiseleistung durch die gezielte Ladung der Batterien in der Mittagszeit. Dadurch können Abregelungsverluste minimiert und die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Batterien verlängert werden. Kapazitätstests an privat betriebenen Heimspeichern zeigen außerdem, dass es bei den meisten untersuchten Speichersystemen keine grundsätzlichen Alterungsprobleme gibt. Uneinheitliche Definitionen des Kapazitätsbegriffs in der Branche sind jedoch als problematisch anzusehen. Betreibern wird es dadurch erschwert, informierte Kaufentscheidungen zu treffen oder berechtigte Garantieansprüche geltend zu machen. In Zusammenarbeit mit Herstellern, Verbänden und Forschungsinstituten arbeitet das ISEA derzeit an einer Vereinheitlichung der Definitionen sowie an einer Lösung zur schnellen und wissenschaftlich fundierten Beurteilung möglicher Garantiefälle.
Kaum Kapazitätsverluste
Im Rahmen von zwei Kapazitätstests in den Jahren 2017 und 2018 wurden darüber hinaus die auf der DC-Seite (Direct Current, Gleichstrom) gemessenen nutzbaren Batteriekapazitäten der betrachteten Speichersysteme aufgezeigt. Dabei wurden die Messwerte auf die in den Datenblättern angegebenen Kapazitäten normiert. Ergebnis: Die Kapazitäten der meisten Speichersysteme haben sich im Vergleich zu den Check-ups im Jahr 2017 nur in geringem Maße verändert. Teilweise wurden bei der zweiten Messung sogar etwas höhere Kapazitätswerte gemessen. Dies kann auf Software-Anpassungen der Heimspeicher, leicht unterschiedliche Umgebungsbedingungen und übliche Messunsicherheiten zurückgeführt werden. Tendenziell verzeichnen die meisten Speicher jedoch nur einen moderaten Kapazitätsverlust. Lediglich eines der zwanzig vermessenen Speichersysteme weist mit 19 Prozentpunkten einen massiven Kapazitätsverlust innerhalb des betrachteten Zeitraums auf.
Garantierelevanten Mindestkapazität
Insgesamt kann aus den Tests gefolgert werden, dass der Kapazitätsverlust der meisten vermessenen Heimspeicher mit Lithium-Ionen-Batterien im zu erwartenden Bereich liegt. Eine beschleunigte Alterung konnte bei diesen Systemen bisher nicht festgestellt werden. Dennoch gibt es auch Speichersysteme, die in beiden Testserien im Vergleich zur Kapazitätsangabe laut Datenblatt bereits deutlich geminderte Kapazitäten aufweisen. Zwar liegen die gemessenen Kapazitäten auch bei diesen Speichersystemen meistens noch oberhalb der garantierelevanten Mindestkapazität von 80 Prozent, es ist aber nicht auszuschließen, dass einige der vermessenen Speichersysteme in absehbarer Zeit zu Garantiefällen werden. Die Messergebnisse von zwei Speichersystemen liegen bereits unterhalb der 80-Prozent-Grenze, die in der Literatur als Lebensdauerende definiert wird. In diesen Situationen sollten die jeweiligen Hersteller im Sinne ihrer Kunden schnelle und unkomplizierte Lösungen anbieten, die keine versteckten Kosten zu Lasten der Betreiber enthalten. Zusammen mit der Branche arbeitet das ISEA an der Etablierung kundenfreundlicher Möglichkeiten zur Lösung dieser Problematik.
Jan Figgener
Figgener, Jan
Jan Figgener hat Elektrotechnik und Wirtschaft in Aachen und Istanbul studiert. Seit 2017 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) der RWTH Aachen gemeinsam mit einem Team von Wissenschaftlern für die Begleitforschung zum bundesweiten Förderprogramm für dezentrale Solarstromspeicher verantwortlich.
http://www.isea.rwth-aachen.dehttp://www.speichermonitoring.deDieser Beitrag ist in der November/Dezember-Ausgabe von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
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Bildquelle v.o.n.u.: Martin Joller/Fotolia.com, RWTH Aachen/ISEA