[25.8.2020] In der Studie „Lasst den Flüssen ihren Lauf“ fordert WWF Deutschland den Stopp des Neubaus von Wasserkraftwerken in Bayern. Scharfe Kritik an der Naturschutzorganisation üben die Wasserkraft-Verbände VWB und LVBW.
WWF Deutschland hat am Mittwoch vergangener Woche (19. August 2020) die Studie „Lasst den Flüssen ihren Lauf“ zum Zustand der Fließgewässer in Bayern veröffentlicht. Demnach werden die Flüsse im Freistaat von 57.000 Querbauwerken zerschnitten. Nur elf Prozent dieser Barrieren seien frei durchgängig, könnten also problemlos von Fischen überwunden werden. Dies habe eine Analyse von Daten des Bayerischen Landesamts für Umwelt ergeben.
Flüsse leiden an Verstopfung
Laut der Naturschutzorganisation blockiert rein rechnerisch alle 500 Meter eine Barriere den Weg der Fische sowie den Durchgang des Sediments in Form von Sand und Geröll. Wolfgang Hug, Leiter des WWF-Büros in Bayern, erklärt: „Die bayerischen Flüsse leiden an Verstopfung, fließen kaum noch natürlich.“ Obwohl kein größerer Fluss in Bayern frei von Wasserkraft ist, seien trotz geringer Stromausbeute zahlreiche weitere Projekte in Planung. Gerade einmal 1,5 Prozent des bayerischen Stroms würden von den rund 4.000 Kleinwasserkraftwerken erzeugt. In der Studie fordert der WWF deshalb den sofortigen Stopp des Neubaus von Wasserkraftwerken und stattdessen ein ambitioniertes Rückbau-Programm für Barrieren.
Verbände sind fassungslos
Für die Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern (VWB) und den Landesverband Bayerischer Wasserkraftwerke (LVBW) ist diese Forderung nicht nachvollziehbar. Der VWB-Vorsitzende Fritz Schweiger kommentiert: „Wir sind fassungslos ob der einseitigen Darstellung und der pauschalen Schuldzuweisung durch den WWF.“ Die Forderung eines Baustopps basiere auf falschen Voraussetzungen und Interpretationen. Wasserkraftanlagen befinden sich laut VWB lediglich an 4.000 der 57.000 Querbauwerke. „Das ist ein Bruchteil, und außerdem sind viele von ihnen in den vergangenen Jahren ökologisch verbessert worden“, sagt Schweiger. Die Wasserkraftanlagen könnten somit nicht die alleinige Ursache für die vom WWF konstatierte mangelhafte Qualität und Durchgängigkeit von 85 Prozent der bayerischen Flussgewässer sein. Hans-Peter Lang vom LVBW ergänzt: „Es gibt sehr viele, sehr unterschiedliche Umgebungsbedingungen, die einen negativen Einfluss auf die Wasserqualität haben. Man macht es sich sehr einfach, wenn man einfach nur den Wasserkraftanlagen die Schuld für alle Defizite in die Schuhe schiebt.“
Kleine Wasserkraft ist nicht klein
Die beiden Verbände machen auch darauf aufmerksam, dass die kleine Wasserkraft nicht klein ist. Dazu sagt der VWB-Vorsitzende Schweiger: „Immerhin erzeugen die Anlagen über eine Milliarde Kilowattstunden Strom im Jahr. Damit kann rechnerisch der Strombedarf aller Haushalte in der Oberpfalz gedeckt werden.“ Darüber hinaus sei Strom aus Wasserkraftanlagen CO2-frei, er werde regional erzeugt und vermeide damit Energieverluste und trage zur Stabilisierung örtlicher öffentlicher Stromversorgungsnetze bei. „Wir fordern eine sachliche Auseinandersetzung mit der Wasserkrafttechnologie und keine ideologiegetriebene Fehlinterpretation von Tatsachen, um eine für die Energiewende und den Klimaschutz notwendige Technologie zu verunglimpfen“, appellieren Fritz Schweiger und Hans-Peter Lang im Namen ihrer Verbände.
(al)
WWF-Publikation „Lasst den Flüssen ihren Lauf – Ein Hintergrundbericht zum Zustand der Fließgewässer in Bayern“ (PDF, 13,6 MB) (Deep Link)
https://www.wasserkraft-bayern.dehttps://www.lvbw-wasserkraft.de
Stichwörter:
Wasserkraft,
WWF,
VWB,
LVBW
Bildquelle v.o.n.u.: Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern (VWB), Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern (VWB)