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Windenergie:
Repowering stärken


[24.3.2021] Die Nachfrage nach grünem Strom wird in den kommenden Jahren deutlich steigen. Um schnell mehr Strom aus Windenergieanlagen bereitstellen zu können, muss das Repowering gesetzlich besser gestellt und etwa das Tempo bei Genehmigungsverfahren erhöht werden.

Repowering-Projekt auf dem Dirkshof im nordfriesischen Sönke-Nissen-Koog. Die deutsche Energielandschaft steht vor einem Wendepunkt: Ende 2022 wird die Atomkraft aus dem deutschen Strommix fallen, die Verstromung von Braun- und Steinkohle wird bis zum Jahr 2038 beendet. Die CO2-Bepreisung wird diesen Ausstieg aus wirtschaftlichen Gründen sicher deutlich beschleunigen, wie die bereits erfolgten Ausschreibungen für die Stilllegung von Kohlekraftwerken zeigen. Für die Erneuerbaren bedeutet das vor allem eins: größere Verantwortung. Wind, Solar und Biogas sowie andere erneuerbare Energien werden zum einen die bisherigen Strommengen der fossilen Brennstoffe ersetzen, zum anderen den weiter wachsenden Strombedarf decken müssen.
Die Windbranche ist bereit, ihren Teil an diesen steigenden Anforderungen zu leisten. Dafür braucht es jedoch neue Flächen, ein starkes Repowering und insgesamt den Abbau von Blockaden und Hemmnissen in den Genehmigungsverfahren. Eine Flächenvorgabe von zwei Prozent für jedes Bundesland könnte zusätzliche Planungssicherheit schaffen.

Leistungen vervielfachen

Eine Schlüsselrolle für eine schnelle Erhöhung der Bereitstellung von Strom aus Windenergieanlagen kann das Repowering einnehmen. Gut 15.000 Megawatt (MW) Windenergie scheiden bis zum Jahr 2025 aus der Systematik des EEG aus. Sicher lässt sich eine Zeitlang ein Weiterbetrieb organisieren. Zugleich besteht aber die Chance, Deutschland zum zentralen Leitmarkt für das Repowering zu machen und die Erneuerung des Kraftwerksparks systematisch umzusetzen. Das Potenzial ist riesig: Während im aktuellen Anlagenpark eine durchschnittliche installierte Leistung von 1,8 Megawatt pro Windenergieanlage kennzeichnend ist, verfügen die 2020 genehmigten Anlagen bereits über eine durchschnittliche Leistung von 4,2 Megawatt.
Damit das Repowering in Gang kommt, sind erleichterte und flexiblere Regelungen in den Genehmigungsverfahren notwendig. Mit dieser Forderung steht der Bundesverband WindEnergie (BWE) nicht allein: Die Europäische Union, die Ministerpräsidentenkonferenz im Juni 2020, der Bundesrat und zuletzt im Rahmen eines Entschließungsantrages zum EEG 2021 auch der Bundestag fordern ebenfalls, das Repowering gesetzlich besser zu stellen. Der Fokus liegt dabei auf der Flächensicherung und vereinfachten Genehmigungsverfahren.

Nationale Strategie nötig

Die gemeinsamen Anstrengungen des Bundes, der Bundesländer, der Kommunen und der Branche lassen sich in einer nationalen Repowering-Strategie umsetzen. Der BWE schlägt in diesem Zusammenhang mehrere Maßnahmen vor.
Zunächst müssen die Bundesländer Klarheit über die Flächenkulisse schaffen und ein Repowering-Recht für Bestandsflächen auf den Weg bringen. Über eine Weiternutzung der infrastrukturell erschlossenen und gut akzeptierten Bestandsflächen lassen sich zugleich die Eingriffe in Natur und Landschaftsraum minimieren. Das Einvernehmen der Standortkommune ist hierbei natürlich wichtig. Bestehende Bebauungs- und Flächennutzungspläne der Kommunen können berücksichtigt werden.

Gestaltungsräume mutiger nutzen

Um das Repowering in der Regionalplanung zu stärken, müssen die Bundesländer und die Kommunen die bestehenden Gestaltungsräume mutiger nutzen. So lassen sich entsprechende Vorhaben im Rahmen der Planaufstellung sowohl auf Bestandsflächen als auch bei Neuausweisungen erleichtern. Das Land Sachsen-Anhalt hat beispielsweise Regelungen getroffen, die eine hohe räumliche Flexibilität sicherstellen. Denkbar wäre auch, dass im Fall von Moratorien weiter Ausnahmegenehmigungen erteilt werden oder dass die Raumordnung Vorbehaltsgebiete festlegt, in denen ein Repowering nicht von vornherein ausgeschlossen ist.
Die wichtigste Aufgabe liegt zweifelsohne darin, die Genehmigungsverfahren deutlich zu beschleunigen. Die Bundesländer sind gefordert, die zuständigen Behörden mit ausreichend Personal und technischem Equipment auszustatten. Wie im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSch) vorgesehen, sind Projekt-Manager nötig, die den Genehmigungsbehörden beratend zur Seite stehen und diese technisch sowie organisatorisch unterstützen. Sie könnten beispielsweise bei der Vollständigkeitsprüfung der Antragsunterlagen helfen. Als wichtig erachtet der BWE außerdem, dass zwingend die Zustimmung der BImSch-Behörde notwendig ist, sollten Fristen von Fachbehörden für Stellungnahmen versäumt werden oder ganz ausbleiben. Erforderlich ist darüber hinaus eine Schiedsstelle bei den Verwaltungsgerichten, die bereits während des Genehmigungsverfahrens isolierte Einzelfragen prüfen und klären kann.

Brücke zum Repowering

Auf bereits erschlossenen Flächen sind Eingriffe in die Natur und die Landschaft deutlich geringfügiger als bei neuen Standorten. Das gilt es bei der Wiedernutzung von Flächen anzuerkennen. Mindestens dann, wenn in Bestandsflächen repowert wird, müssen bei der Festsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen die für die Bestandsanlage bereits veranlassten Maßnahmen berücksichtigt werden.
Planerische Sicherung der Flächen und Genehmigungsverfahren nehmen mitunter viel Zeit in Anspruch. Damit gut erschlossene und akzeptierte Fläche nicht verlorengehen, lässt sich der Weiterbetrieb als Brücke zum Repowering nutzen. Denn ansonsten muss nach der Stilllegung der Anlage deren Rückbau erfolgen. Damit geht zugleich die Fläche verloren.
Nach starkem Druck sieht das EEG 2021 eine Anschlussförderung vor. Zusätzlich zum Monatsmarktwert wird es für Anlagen, die nicht in der Direktvermarktung sind, bis Ende Juni 2021 einen Aufschlag von einem Cent pro Kilowattstunde (kWh), 0,5 Cent/kWh bis Ende September 2021 und 0,25 Cent/kWh bis Ende 2021 geben. Gleichzeitig sind auf Flächen, auf denen kein Repowering möglich ist, Ausschreibungen für Bestandsanlagen im Umfang von 1.500 Megawatt (MW) für das Jahr 2021 und im Umfang von 1.000 MW für das Jahr 2022 angekündigt. Über diese Ausschreibungen soll eine Anschlussvergütung bis Ende 2022 möglich werden. Wie wirksam die Regelungen sind, muss sich in der Praxis erweisen. Die Begrenzung der Anschlussförderung unterstreicht jedoch, dass der Gesetzgeber eher auf das Repowering setzt.

Bewährte Standorte erhalten

Flächen sind ein begrenzender Faktor für die Leistungsfähigkeit der Windenergie. Der BWE hat schon im Jahr 2011 darauf hingewiesen, dass zwei Prozent der Fläche in jedem Bundesland einen nachhaltig hohen Beitrag der Windenergie an Land für die Energiewende möglich machen. Auf dieser Fläche können bis 2050 insgesamt 200 Gigawatt installierte Leistung 770 Terawattstunden (TWh) sauberen Strom liefern.
In den Pionierregionen der Windenergie steht in den nächsten Jahren der Strukturwandel an. Alte Anlagen sollen durch neue, leistungsfähigere und effizientere Anlagen ersetzt werden. Die gut eingeführten Flächen gilt es, möglichst weiter zu nutzen. Dafür braucht es ein politisches Commitment, die landesplanerische und raumordnerische Begleitung sowie erleichterte Genehmigungsprozesse. Angesichts von gut 15.000 Megawatt an Leistung, die in den kommenden fünf Jahren aus dem EEG fallen, kann Deutschland dabei zum Leitmarkt für das Repowering in Europa werden.

Hermann Albers

Albers, Hermann
Hermann Albers ist seit dem Jahr 1989 im Bereich Windenergie aktiv, unter anderem als Geschäftsführer mehrerer Bürgerwindparkgesellschaften. Seit dem Jahr 2014 ist Albers Präsident des Bundesverbands WindEnergie (BWE). Zudem ist er Vize-Präsident im Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE).

https://www.wind-energie.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe März/April 2021 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Windenergie, Ökostrom, Repowering

Bildquelle: Bundesverband WindEnergie (BWE)

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