[17.4.2023] Organische Batteriespeicher könnten der energetischen Transformation deutschland- und weltweit zum Durchbruch verhelfen. Im Rahmen des Projekts UniBlu werden Uniper und CMBlu Energy eine große Organic-SolidFlow-Batterie nun zwei Jahre lang im Pilotbetrieb testen.
Raus aus den Laboren, rein in den industriellen Maßstab. Mit dieser Prämisse starteten der Energiekonzern Uniper und der Energiespeicherhersteller CMBlu Energy im Sommer 2022 ihr Kooperationsprojekt UniBlu. Im Rahmen des Pilotvorhabens wird erstmalig eine große Organic-SolidFlow-Batterie in Deutschland installiert. Die innovative Batterie mit einer Leistung von einem Megawatt (MW) und einer Kapazität von einer Megawattstunde (MWh) steht am Uniper-Standort Staudinger im hessischen Großkrotzenburg und dient dazu, die technologische und wirtschaftliche Nutzung des Speicherprototypen von CMBlu Energy für die angestrebten Anwendungsgebiete zu validieren.
Fest und flüssig
Der Fokus liegt dabei auf dem Testen der Batterie beim Einsatz für verschiedene Marktkanäle. Die relativ kurze Speicherdauer des als Ein-Stunden-Batterie ausgelegten Stromspeichers erlaubt es, das System sehr häufig zu zyklieren und somit maximale Betriebserfahrung zu sammeln. Nachdem die genaue Konzeption des Großspeichers Ende des Jahres 2022 abgeschlossen wurde, wird die organische Batterie voraussichtlich im Sommer 2023 installiert und dann den Betrieb aufnehmen. Das Kooperationsprojekt UniBlu wird entscheidend dazu beitragen, die organische SolidFlow-Batterie „fit for purpose“ zu machen: Uniper bietet die Infrastruktur, CMBlu Energy die Technologie.
Dieser wird die Eigenschaft zugeschrieben, ein echter Gamechanger für den Erfolg der Energiewende zu sein. Denn die organischen CMBlu-Batteriespeicher verwenden feste (Solid) und flüssige (Flow) Elektrolyte auf Kohlenstoffbasis und benötigen daher keine seltenen Erden oder Metalle. Die verwendeten Materialien sind weltweit in praktisch unbegrenztem Umfang verfügbar und die Lieferketten entsprechend unproblematisch. Das macht sich auch beim Herstellungspreis bemerkbar, der unter dem von industriell produzierten Lithium-Ionen-Batterien liegt. Die CMBlu-Großspeicher sind im Gegensatz zu diesen zudem weder brennbar noch explosiv und somit äußerst sicher in der Anwendung. Sie verfügen über eine sehr hohe Energiedichte mit einer Round-Trip-Efficiency von über 80 Prozent, eine lange Lebensdauer und sind vollständig recyclebar. Mit den nachhaltigen Batteriespeichern lassen sich Leistung und Kapazität unabhängig voneinander skalieren und somit sehr große Energiemengen bis in den Gigawattstundenbereich speichern.
Unterbrechungsfreie Versorgung
Die Großspeicher sollen der energetischen Transformation deutschland- und weltweit zum Durchbruch verhelfen: Indem erneuerbare Energien durch die Speicher häufiger und langfristiger zur Verfügung stehen, also grundlastfähig werden, kann die Stromerzeugung durch konventionelle Kraftwerke zurückgefahren werden. Strom, der beispielsweise in einer sehr sonnenreichen oder windigen Region erzeugt wird, kann in großen Lagerhäusern voller SolidFlow-Batterien gesammelt und bedarfsweise abgegeben werden. Das verstetigt das Angebot an Strom aus erneuerbaren Quellen, erhöht deren Grundlastfähigkeit und senkt damit im besten Fall die Stromkosten. Auch im Fall von Blackouts im vorgelagerten Netz sollen die SolidFlow-Batterien künftig eine unterbrechungsfreie Stromversorgung gewährleisten, indem sie Kritische Infrastruktur am Laufen halten, bis alle Notfallsysteme greifen.
Diese technologischen und wirtschaftlichen Argumente haben auch das Interesse von Uniper geweckt: „Uniper hat klare Dekarbonisierungsziele – gleichzeitig stehen wir für Versorgungssicherheit ein. Dabei spielen innovative Technologien eine wichtige Rolle, die unsere Aktivitäten rund um die erneuerbaren Energien unterstützen. Mit CMBlu Energy haben wir bewusst einen Partner gewählt, der als weltweit einziger Entwickler und Anbieter von SolidFlow-Batterien Innovationsführer bei der Herstellung sicherer, nachhaltiger und günstiger Großspeicher ist“, sagt Arne Hauner, Director Innovation bei Uniper. Er ergänzt: „Von der Organic-SolidFlow-Batterie von CMBlu erwarten wir eine bessere Zyklenfestigkeit als für andere Batteriesysteme in dieser Größenordnung und dass sie sich dank des modularen Aufbaus auch bedarfsgerecht erweitern lässt.“
Schrittweiser Ausbau geplant
Mit dem UniBlu-Projekt legt Uniper an seinem Kraftwerksstandort Staudinger – zehn Kilometer entfernt von der CMBlu-Energy-Zentrale in Alzenau – den Grundstein für einen sukzessiven Ausbau des SolidFlow-Stromspeichers. Ziel ist es, am zentral gelegenen Energieknotenpunkt in Großkrotzenburg schrittweise einen Multi-Megawatt-Speicher aufzubauen. Verläuft das Projekt in den nächsten Monaten und Jahren erfolgreich, kann das Konzept auch auf andere Kraftwerksstandorte von Uniper übertragen werden. So können aus vielen Kohle- und Gaskraftwerken, die im Zuge der Energiewende in Deutschland künftig stufenweise abgeschaltet werden, Standorte für große SolidFlow-Energiespeicher werden, die mit ihrer langen Speicherdauer und großen Kapazität die Volatilität erneuerbarer Energien ausgleichen, die Stromnetze durch Peak Shaving stabilisieren oder energieintensiven Industrien als Back-up-Lösung im Fall von Dunkelflauten dienen.
Ein weiterer Vorteil: SolidFlow-Batterien lassen sich im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Batterien, wo dies aus brandschutztechnischen Gründen nicht möglich ist, auch auf engstem Raum unbegrenzt hoch stapeln. Mit den standardmäßigen Fünf-Stunden-Batteriemodulen von je 40 Kilowatt beziehungsweise 200 Kilowattstunden von CMBlu Energy könnte man in einer zehn Meter hohen Halle somit eine Megawattstunde Energie auf einer Fläche von unter drei Quadratmetern unterbringen. In einem 50 mal 50 Meter großen Gebäude mit dieser Höhe wäre also inklusive Verkehrsflächen Platz für 1.250 SolidFlow-Batteriemodule mit insgesamt 250 MWh.
Platzsparende Unterbringung
Bis es so weit ist, müssen die Strings und Batterieeinheiten, die bei Uniper im Kraftwerk Staudinger installiert werden, im Rahmen der zunächst zweijährigen Betriebszeit tausende Zyklen der Be- und Entladung absolvieren. Dazu werden sie in die vorhandene Infrastruktur des Kraftwerks eingebunden. Die Pilotanlage wird also nicht von der im Kraftwerk erzeugten Energie gespeist, sondern ist an einen separaten Netzanschluss des Kraftwerks gekoppelt.
Hinsichtlich des Standorts der Batterie auf dem Staudinger-Gelände war man bei der Planung des Projekts verhältnismäßig flexibel. Aufgrund der weder brennbaren noch explosiven Materialien des Großspeichers kann er platzsparend direkt in einer ehemaligen Maschinenhalle untergebracht werden. Dank der Stapelbarkeit der Speichermodule nimmt die ganze SolidFlow-Batterie nur knapp 200 Quadratmeter ein. So steht im Kraftwerk Staudinger zukünftig konventionelle Stromerzeugungstechnik direkt neben modernster, organischer Energiespeichertechnologie. Das Projekt UniBlu stellt somit auch einen Ausblick auf die anstehende Transformation der Energiewirtschaft dar, die alten Kraftwerksstandorten vollkommen neue Funktionen gibt.
Dr. Peter Geigle
Der Autor, Dr. Peter Geigle
Dr. Peter Geigle ist approbierter Arzt und verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in Biotechnologie und Medizin. Seine vielfältigen Erkenntnisse und Erfahrungen aus erfolgreichen Start-ups brachte er auch in das von ihm im Jahr 2014 gegründete Unternehmen CMBlu Energy ein.
https://www.uniper.energyhttps://www.cmblu.com/deDieser Beitrag ist in der Ausgabe März/April 2023 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
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Bildquelle: CMBlu Energy