[2.9.2019] Mit dem Innovationsprogramm Hydropower 4.0 will das Unternehmen Verbund Erzeugungsanlagen in Zukunft noch sicherer und effizienter machen. Das erste digitale Wasserkraftwerk steht in der Steiermark.
Seit über 100 Jahren hat sich die Wasserkraft als bedeutendste erneuerbare Energiequelle bewährt. Rund 20 Prozent des Strombedarfs weltweit werden aus Wasser gewonnen – Tendenz steigend. Das österreichische Unternehmen Verbund – einer der größten Wasserkraftstromerzeuger Europas – läutet jetzt die digitale Revolution der Branche ein: mit dem ersten digitalisierten Wasserkraftwerk 4.0, dem Murkraftwerk Rabenstein.
Tag und Nacht produziert das in der Gemeinde Frohnleiten in der Steiermark gelegene Verbund-Kraftwerk witterungsunabhängig CO2- und kernenergiefreien Strom. Es ist das erste Pilotkraftwerk im Innovationsprogramm „Hydropower 4.0 – Digitales Wasserkraftwerk“ von Verbund, dessen Ziel es ist, Kraftwerke in Zukunft noch sicherer und effizienter zu machen. Und zwar mit intelligenten Sensorik-Konzepten, Anomaliedetektions- und Prognosemodellen, digitalen Zwillingen, mobilen Assistenzsystemen, virtuellen Kraftwerksmodellen sowie mithilfe vernetzter Plattformlösungen.
Intelligente Störfall-Überwachung
Im Wasserkraftwerk der Zukunft stellen intelligente Sensorik-Konzepte wie akustische Überwachungssysteme, verknüpft mit künstlicher Intelligenz, die Datenbasis für Anomaliedetektions- und Prognosemodelle bereit. Das ist deshalb entscheidend, weil mit derartigen Modellen Störfälle oder Maschinenversagen rechtzeitig vorhergesagt werden können. Zusätzlich errechnen so genannte digitale Zwillinge – speziell entwickelte Prognosemodelle – anhand von Sensordaten die Restlebensdauer von wichtigen Maschinenteilen.
Lässt sich trotz der digitalen Überwachungssysteme ein Störfall nicht vermeiden, helfen mobile Assistenzsysteme: Sie stellen in Sekundenschnelle und an jedem Winkel des Kraftwerks alle für die rasche Störungsbehebung erforderlichen Informationen über mobile Endgeräte wie Tablet, Handy oder Datenbrille bereit. Ein virtuell begehbares Kraftwerksmodell bietet außerdem neue, vielversprechende Möglichkeiten für Schulungszwecke, Vorbereitungen auf Krisenfälle, Umbauprojekte sowie in bestimmten Fällen auch für den Betrieb und die Instandhaltung von Wasserkraftwerken.
Auch im Bereich Inspektion und Vermessung der Anlagen oder des Gewässeruntergrunds können dank moderner, vorwiegend aus dem Offshore-Bereich stammender Technologien neue Konzepte entwickelt werden. So genannte Remotely Operated Vehicles (ROV) und Autonomous Surface Vehicles (ASV) kommen bereits im realen Betrieb in einzelnen Kraftwerken zum Einsatz, sodass die autonome Vermessung und Inspektion bald in allen Anlagen Realität werden könnte.
Nicht zuletzt sollen vernetzte Plattformlösungen im Wasserkraftwerk bisher isolierte Daten- und Informationssysteme verbinden. Daten sollen bereichsübergreifend und auf Knopfdruck dezentral und zentral zur Verfügung stehen und schnelle Analysen ermöglichen.
Game Changer Digitalisierung
Insgesamt betreibt Verbund 127 Wasserkraftwerke in Deutschland und Österreich. Für den Vertrieb des Stroms auf dem deutschen Markt ist Verbund Trading & Sales Deutschland mit Sitz in München und Düsseldorf zuständig. Seit über 20 Jahren vermarktet die Handelstochter Strom aus Wasserkraft hauptsächlich an Geschäftskunden, Weiterverteiler und Energieversorger in ganz Deutschland. Neben Bahnstromkunden sind das aktuell rund 160 Stadtwerke.
Ruth Alt-Jansky und Thomas Bächle, die Geschäftsführer von Verbund Trading & Sales Deutschland, sagen: „Um dem Game Changer Digitalisierung gerecht zu werden und sich im Markt durchzusetzen, werden zwei Faktoren für die Energieversorger von heute erfolgsentscheidend sein: Effizienzsteigerung und Prozessverbesserung. Gerade hier sehen wir vielfältige Einsatzmöglichkeiten bei der Wasserkraft.“ Was vor wenigen Jahrzehnten noch bahnbrechend war – etwa die zentrale Fernsteuerung ganzer Wasserkraftwerksgruppen – sei heute technisch bewährter Standard in der Wasserkraftbranche. Das digitale Kraftwerk Rabenstein sei ein entscheidender Schritt, um die Wertigkeit der Wasserkraft zu stärken, für die Anforderungen der Energiewende zu rüsten und ihre bereits hohe Effizienz und Verlässlichkeit weiter zu erhöhen.
Nachhaltigkeit und Transparenz
In Deutschland ist Verbund zweitgrößter Produzent von Wasserkraftstrom, in Bayern sogar die Nummer eins. „Deutschland ist ein absoluter Kernmarkt für uns. Wir setzen an Stadtwerke und Weiterverteiler rund acht Milliarden Kilowattstunden Grünstrom im Jahr ab, betreiben hier 22 Kraftwerke am Inn, die allesamt TÜV-SÜD-zertifiziert sind und höchsten ökologischen Ansprüchen genügen“, so Bächle. Großkunden erhalten Strom verschiedener Qualitäten aus ihrem Wunschkraftwerk und können ihren Verbrauchern sogar Führungen durch „ihr“ Kraftwerk in Deutschland und Österreich anbieten. „Wir arbeiten gezielt mit Branchen zusammen, die den besonderen Wert von Strom aus Wasserkraft kennen und an ihre Endkunden weitergeben möchten“, schildert Geschäftsführerin Ruth Alt-Jansky. Gerade für deutsche Industrieunternehmen gewinnen demnach Themen wie Nachhaltigkeit, Transparenz, eine saubere Stromherkunft und ein glaubwürdiges Image immer mehr an Bedeutung.
Alt-Jansky: „Wir bieten ausschließlich Wasserkraftstrom aus CO2-neutraler Produktion an, sind damit in einem hohen Maße glaubwürdig. Das schätzen unsere Kunden.“ Als einer der umweltfreundlichsten Energiekonzerne in puncto emittierte CO2-Menge pro produzierter Megawattstunde sei Verbund ein sehr glaubwürdiger Partner mit starkem Image. So gehören heute bereits mehrere namhafte Automobilhersteller zum Kundenstamm von Verbund in Deutschland: „Diese Hersteller beziehen unseren H2Ö-Premiumstrom aus zertifizierten Wasserkraftwerken, um den CO2-Ausschuss bei der Produktion ihrer Flotten kosteneffizient zu senken und ihre Stromkennzeichnung zu verbessern“, erläutert Geschäftsführer Thomas Bächle.
CO2-Vermeidung belohnen
„Was den Stellenwert der Wasserkraft bei der Industrie angeht, muss Verbund hierzulande noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten“, erklärt Bächle. In der Industrie fließe schon der kleinste Preisaufschlag direkt in die Kostenkette. Und viele Unternehmen seien nicht bereit, mehr für sauberen Strom zu bezahlen. „Das wird sich erst dann ändern, wenn CO2-Vermeidung belohnt wird, wie dies aktuell wieder in Deutschland diskutiert wird“, ist sich Alt-Jansky sicher.
Bei der Dekarbonisierung unterstützt Verbund Industriekunden bereits jetzt mit umfassenden Grünstromlösungen auf Basis der Wasserkraftwerke. „Wir verkaufen nicht einfach nur Strom aus Wasserkraft, sondern wir helfen unseren Kunden, sich ökologisch umfassend gut aufzustellen. Und wir können hier wesentlich mehr anbieten als andere: Weil wir Zugang zur Börse haben und dort alle Produkte über die Wasserkraft abbilden können“, so Alt-Jansky.
„Wer Strom aus Wasserkraft beziehen will und Wert auf einen ökologisch zweifelsfreien Stromlieferanten legt, ist mit Verbund gut beraten“, sagen Ruth Alt-Jansky und Thomas Bächle. Zumal der Konzern einen Großteil seiner Einnahmen in Umweltschutz und Effizienzsteigerungsmaßnahmen rund um die Kraftwerksregionen investiere – insgesamt 280 Millionen Euro bis 2025. Davon können auch deutsche Stadtwerke profitieren, indem sie exklusive Vermarktungsrechte an diesen Maßnahmen erwerben und es den Kunden so ermöglichen, aktiv zu noch nachhaltigerem Strom beizutragen.
Katja Locker ist verantwortlich für Marketing & PR bei der Verbund Trading & Sales Deutschland GmbH, München.
https://www.verbund.comDieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli/August von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
Stichwörter:
Wasserkraft,
VERBUND,
Hydropower 4.0
Bildquelle: VERBUND