[7.3.2023] Das Gruppenklärwerk in Barsinghausen nutzt das in Faulbehältern entstehende Klärgas, um ein Blockheizkraftwerk zu betreiben.
Das in der Nähe von Hannover gelegene Gruppenklärwerk Barsinghausen ist auf 67.000 Einwohner angelegt und reinigt die Abwässer der umliegenden Gemeinden und Betriebe. In den vergangenen beiden Jahren wurde das 1976 errichtete Gruppenklärwerk grundlegend modernisiert, um die Betriebskosten und den CO2-Ausstoß zu senken. Der EU-Fonds für regionale Entwicklung unterstützte das Vorhaben mit einer Million Euro. Das Projekt verfolgte das Ziel, eine Faulstufe zur anaeroben Klärschlammstabilisierung zu bauen und das gewonnene Klärgas durch ein Blockheizkraftwerk (BHKW) zu nutzen.
Die Gesamtanlage wurde von der PFI-Planungsgemeinschaft konzipiert und erforderte eine Investition von circa fünf Millionen Euro. Nach 15 Monaten Bauzeit wurde sie Anfang Juni 2022 in Betrieb genommen. Sie umfasst zwei parallel betriebene Faulbehälter mit jeweils 825 Kubikmeter Volumen, einen 400 Kubikmeter fassenden Gasspeicher, die in einem Container untergebrachte Gasreinigung und das vom Unternehmen Sokratherm gelieferte BHKW-Kompaktmodul FG 123.
BHKW deckt die Hälfte des Energiebedarfs
Das Blockheizkraftwerk erzeugt bei voller Leistung aus dem gewonnenen Klärgas 99 Kilowatt (kW) Strom und 146 kW Wärme. Letztere beheizt die Faultürme, Reinigungsbecken und Betriebsgebäude. Seine Leistung regelt die Leitsteuerung der Kläranlage, die unter anderem den Füllstand des Gasspeichers einbezieht. Um auch bei geringem Wärmebedarf die Verstromung des Klärgases zu ermöglichen und ein Abfackeln von Klärgas zu vermeiden, ist auf dem Dach des BHKW-Containers ein Notkühler vorgesehen. Mit der Energie, die das BHKW aus regenerativem und vor Ort gewonnenem Brennstoff erzeugt, deckt es knapp die Hälfte des Energiebedarfs der Kläranlage.
Eine Auswertung der Fernüberwachung zeigt den reibungslosen Betrieb der BHKW-Anlage in den ersten sechs Betriebsmonaten: Sie erzeugte in über 4.000 Betriebsstunden circa 391.000 Kilowattstunden (kWh) Strom und lief knapp die Hälfte der Zeit auf Nennleistung. Die Betriebszeit pro Start übertraf mit durchschnittlich 72 Stunden den Mindestwert von drei Stunden um ein Vielfaches und lässt einen verschleißarmen Dauerbetrieb der Anlage erwarten. Voraussichtlich wird sie an über 8.000 Stunden pro Jahr aus dem Abfallprodukt Klärgas Strom und Wärme erzeugen. Die Behandlung reduziert zudem die Menge des jährlich landwirtschaftlich zu verwertenden Klärschlamms erheblich: Rund 1.500 Tonnen Klärschlamm müssen nicht mehr mit Tanklastwagen von der Kläranlage abtransportiert werden. In Summe liegt die jährliche Einsparung der Kläranlage durch die Maßnahmen bei rund 350.000 Euro und kann bei steigenden Kosten für Strom- und Gasbezug auch deutlich höher ausfallen. Die jährliche CO2-Einsparung beträgt 960 Tonnen.
Klimaschutz umgesetzt
Bei einer Führung über das Betriebsgelände wenige Wochen nach Inbetriebnahme zeigte sich Barsinghausens Bürgermeister Henning Schünhof (SPD) von der neuen Anlage begeistert: „Ich bin beeindruckt und freue mich über die Nachhaltigkeit, die in der aktuellen Situation hier gezeigt wird.“ In diesem Punkt ist er sich mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Bernward Schlossarek einig, der ein Jahr zuvor auf der Baustelle der Kläranlage feststellte: „Es zeigt
sich immer wieder, häufig wird an Orten zukunftsweisende Arbeit geleistet, wo man es nicht unbedingt vermutet. Hier wird nicht über Klimaschutz gesprochen, hier wird er einfach umgesetzt.“
Wilhelm Meinhold ist Marketingleiter bei der Sokratherm GmbH Energie-und Wärmetechnik.
https://www.barsinghausen.dehttps://www.sokratherm.deDieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar/Februar 2023 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
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Bildquelle: Heiko Bartling