Samstag, 27. April 2024

Fernwärmenetz:
Software hilft bei Umstrukturierung


[12.7.2023] In Fernwärmenetze sollen mehr alternative Energiequellen einspeisen. Allerdings muss dazu die Temperatur im Verteilnetz deutlich verringert werden. Zonenweise lässt sich dies mit intelligenten End-to-End-Lösungen umsetzen.

Politisch mit Hochdruck wird derzeit die Wärmewende in Deutschland vorangetrieben. Als eine ihrer Schlüsseltechnologien werden Fernwärmenetze bewertet, die wegen ihres geringen Primärenergieeinsatzes generell eine geringere Umweltbelastung darstellen. Trotzdem fällt der Anteil der Fernwärme an der Gesamtenergieversorgung bislang eher gering aus. Im Jahr 2022 wurden gerade einmal 14,3 Prozent aller Wohnungen mit Fernwärme beheizt. Das entspricht in etwa jedem siebten deutschen Haushalt. Zu begründen ist dies vor allem mit dem aufwendigen Bau der Wärmenetze, der sich nur lohnt, wenn möglichst viele Haushalte in einem kleinen Radius versorgt werden können. Fernwärmenetze sind deshalb vor allem in Ballungsräumen wie Berlin oder Hamburg verbreitet. Dort liegt der Anteil der Fernwärmenutzer mit durchschnittlich 36 Prozent deutlich höher.
Um den Fernwärmesektor noch nachhaltiger zu gestalten und Deutschland weniger abhängig von fossilen Energieträgern zu machen, müssen die bestehenden Wärmenetze schrittweise auf alternative Energiequellen umgestellt werden. Noch wird ein Großteil der Fernwärme in Deutschland durch fossile Energieträger erzeugt. Bei nur rund 17 Prozent lag der Anteil erneuerbarer Energien im Jahr 2021. In Schweden sind es durchschnittlich 80 Prozent.

Problem der einheitlichen Temperaturabsenkung

Grundsätzlich kann eine Vielzahl an Energiequellen in Fernwärmenetze einspeisen. Eine der vielversprechendsten Alternativen zu Gas, Kohle und Öl stellt die in industriellen Prozessen entstehende Abwärme dar. Als Nebenprodukt geht sie oft ungenutzt verloren und lässt sich deshalb hervorragend in der Wärmeversorgung einsetzen. Auch die Abwärme aus Geo- und Solarthermieanlagen oder Rechenzentren kommt als Energiequelle infrage. Nach Angaben des Branchenverbands Bitkom könnten allein durch die Nutzung von Rechenzentrumsabwärme jährlich rund 350.000 Wohnungen in Deutschland versorgt werden – das entspricht in etwa der Wohnungsanzahl Bremens. Europaweit könnte die Abwärme aus Rechenzentren nach einer Berechnung von Eurostat sogar zwei bis drei Prozent der Energie liefern, die europäische Haushalte zum Heizen brauchen. Weitere mögliche Nutzungsquellen für Fernwärmenetze sind Müllverbrennungsanlagen, Heizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Biogas sowie feste Biomasse in Form von Pellets, Hackschnitzeln oder Scheitholz.
Die Verwendung alternativer Energiequellen in Fernwärmenetzen geht mit einigen Herausforderungen einher. Zunächst muss beispielsweise die Temperatur im Verteilungsnetz deutlich verringert werden. Üblicherweise sind diese aber auf die Versorgung der Gebäude mit dem höchsten Energiebedarf ausgelegt. Das übrige Netz wird deshalb mit viel höheren Temperaturen versorgt als erforderlich. Da die vorhandene Energiemenge in den Fernwärmenetzen permanent zur Verfügung steht, aber nicht ständig abgerufen wird, geht wertvolle Energie verloren. Durch die hohen Temperaturunterschiede zwischen dem Wasser in den Rohrleitungen und dem Erdreich kommt es zu teils hohen Wärmeverlusten. Hinzu kommt, dass Fernwärmenetze in der Regel über Jahrzehnte hinweg gewachsen und daher sehr verzweigt sind. Das gestaltet eine einheitliche Temperaturabsenkung unter Berücksichtigung individueller Verbrauchergruppen sehr aufwendig.

Netztransformation schon heute

Dank intelligenter End-to-End-Lösungen können Fernwärmeanbieter ihre Netze trotzdem schon jetzt so optimieren, dass eine bedarfsorientierte Versorgung möglich wird. Moderne Anwendungen wie Grundfos iGRID erlauben eine zonenweise Transformation: Eine intelligente Datenerfassung und -auswertung in Echtzeit sorgt dafür, dass die Energieversorgung in diesen Zonen besser angepasst werden kann. In jenen Bereichen des Fernwärmenetzes, die eine geringere Wärmeleistung benötigen, lässt sich die Vor- und Rücklauftemperatur senken. Dazu wird das kältere Rücklaufwasser in die Vorlaufleitung eines beliebigen Abzweigs im Netz gemischt und das dahinter liegende Areal bedarfsgerecht versorgt. Um bis zu 20 Prozent können auf diese Weise die Wärmeverluste im Versorgungsnetz reduziert werden. Auch die Lebensdauer der bestehenden Netze erhöht sich um mehr als das Dreifache. Zudem lassen sich durch die direkte Einbindung von Wärmepumpen in den neuen Niedertemperaturzonen neue Energiequellen viel effizienter einsetzen.
Die Bundesregierung will die Abwärmenutzung aus alternativen Energiequellen stärker voranbringen und hat in diesem Zuge einen Vorschlag für ein neues Energieeffizienzgesetz vorgelegt. Dieses könnte erheblich dazu beitragen, die Energiesicherheit in Deutschland zu steigern. Aber auch international werden der Ausbau der Fernwärme und die Integration alternativer Energiequellen vorangebracht und Digitalisierungsprozesse weiter optimiert.

Manuel Elbert

Elbert, Manuel
Manuel Elbert ist seit dem Jahr 2021 Area Sales Director in der Commercial Building Service Division D-A-CH bei Grundfos. Von April 2019 bis Dezember 2020 war er bereits Sales Director Commercial Building DA bei Grundfos, ab September 2019 außerdem Commercial Excellence Ambassador DACH.

https://www.grundfos.com/de

Stichwörter: Informationstechnik, Grundfos



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