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Erdgas eisgekühlt


[5.6.2019] Emissionsarme Gaskraftwerke könnten den Ausstieg aus Kohle- und Atomenergie absichern. Dazu müssen die bestehenden Kraftwerksparks besser ausgelastet und die Gas-Infrastruktur ausgebaut werden – etwa durch LNG-Technologie.

LNG-Tanker: Mit einer Schiffsladung können bis zu 90.000 Haushalte ein Jahr lang mit Gas versorgt werden. Über 80 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland entstehen durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Um die gesteckten Klimaziele 2020 und 2030 zu erreichen, muss der Treibhausgasausstoß deutlich verringert
werden. Als sauberstem fossilem Brennstoff kommt Erdgas dabei eine Schlüsselrolle zu. Damit ist Erdgas für die Energiewende unverzichtbar. Gaskraftwerke emittieren bei der Erzeugung bis zu 70 Prozent weniger CO2 als Braunkohle. Gleichzeitig erzeugen sie dreimal mehr Energie pro emittierter Tonne CO2. Erdgas deckt bereits knapp ein Viertel des deutschen Energiebedarfs und ist neben Kohle der zweitwichtigste Energieträger. Durch den weltweiten Trend zur Dekarbonisierung und den nun beschlossenen deutschen Kohleausstieg bis zum Jahr 2038 wird die Bedeutung von Erdgas auch 2019 und darüber hinaus wachsen.

Gaskraftwerksbestand sichern

Emissionsarme Gaskraftwerke sollen den schrittweisen Ausstieg aus Kohle- und Atomenergie ermöglichen, ohne die Versorgung zu gefährden und die Strompreise in die Höhe schnellen zu lassen. Das wird dadurch möglich, dass Erdgas nicht nur relativ emissionsarm verbrennt, sondern auch eine stabile und schnell verfügbare Energiequelle darstellt. Damit dieser angestrebte Fuel Switch von Kohle zu Gas gelingt, braucht es Maßnahmen, die den Gaskraftwerksbestand sichern und den Neubau von emissionsarmen Gaskraftwerken anreizen. Deutschland verfügt mit 23 Milliarden Kubikmetern zwar über die größten Erdgasspeichervolumina in Europa, aktuell werden jedoch nur 38 Prozent der Kapazität der Gaskraftwerke genutzt.
Um Emissionen zu senken, müssen die bestehenden Kraftwerksparks besser ausgelastet und die Gas-Infrastruktur ausgebaut werden – etwa durch LNG-Technologie (Liquefied Natural Gas). Dabei wird Gas für den Transport auf See auf minus 159 Grad Celsius heruntergekühlt. Das entstehende Flüssigerdgas hat nur noch ein Sechshundertstel des Volumens. So können mit einer Schiffsladung bis zu 90.000 Haushalte ein Jahr lang mit Gas versorgt werden.

Weltweite Nachfrage beeinflusst Preise

Durch den Ausbau der LNG-Infrastruktur wurde eine komplett neue Versorgungsoption geschaffen. Die Möglichkeit, verflüssigtes Gas per Schiff über die Weltmeere zu transportieren, hat den europäischen Gasmarkt in den vergangenen zehn Jahren stark verändert: Er ist so eng wie nie zuvor mit anderen Gasmärkten auf dem Globus verknüpft. Da eine verflüssigte Erdgasladung auf einem LNG-Frachter flexibel an jeden Ort gesteuert werden kann, beeinflusst die weltweite Nachfrage nicht nur die Routen, sondern auch die Preise.
Während Europa somit einerseits auf neue Anbieter – etwa aus den USA oder Katar – zurückgreifen kann, entsteht zugleich ein Wettbewerb mit anderen Nachfragern wie China, Indien, Südkorea oder Japan. Derzeit ist Deutschland noch auf den Import von LNG über Terminals in den Niederlanden und Belgien angewiesen. Da perspektivisch betrachtet die Gasproduktion aus eigenen Quellen deutlich zurückgehen wird, entsteht eine Gas-Importlücke, die Europa in den kommenden Jahren jedoch mehr und mehr füllen muss.

LNG-Terminal Wilhelmshaven

Der steigende Bedarf an Gas zwingt Deutschland dazu, sich nach alternativen Energielieferanten umzusehen. In den vergangenen 40 Jahren war der deutsche Gasmarkt in erster Linie durch Importe aus Russland geprägt. Um unabhängiger vom internationalen und russischen Gasmarkt zu werden, entwickelt Uniper mit Partnern das erste deutsche Flüssiggas-Projekt in Wilhelmshaven. Der Standort verfügt bereits über die erforderliche Infrastruktur und ist für LNG-Tanker jeder Größenklasse als einziger deutscher Tiefwasserhafen ohne Einschränkung durch die Gezeiten erreichbar. Entwickelt sich das Projekt zur Floating Storage and Regasification Unit (FSRU) wie gewünscht – eine schwimmende Anlage, in der LNG wieder in den gasförmigen Zustand zurückgewandelt wird – könnte sie 2020 in Betrieb genommen werden.

Kostengünstige Umwandlung

Dabei werden Tanker und Anlage über Schläuche verbunden: Nach der Regasifizierung an Bord der FSRU wird das Gas über drei Entladungsarme zur Messstation geleitet und in das Gasnetz eingespeist. Eine FSRU ermöglicht diese Umwandlung zu deutlich geringeren Kosten als der Neubau eines festen Terminals an Land. Dieses Flüssiggas-Projekt gewährt Deutschland einen direkten Zugang zum internationalen LNG-Handel und trägt maßgeblich zur Versorgungssicherheit und der Bezahlbarkeit von flüssigem Erdgas bei.
Die Anlage wird über eine geplante Aussendeleistung von zehn Milliarden Kubikmetern pro Jahr und Speicherkapazitäten von 263.000 Kubikmetern verfügen. Sie wird unter anderem Unternehmen aus den USA die Möglichkeit bieten, LNG in den deutschen und europäischen Markt zu liefern. Auch die Region profitiert: Das Projekt positioniert Wilhelmshaven als Drehscheibe für Energie in Deutschland – mit besonderem Fokus auf den Handel mit LNG.

Einsatzgebiet Verkehr

Als emissionsarme Alternative zu Diesel oder Schweröl gewinnt LNG besonders in der Schifffahrt und im Straßengüterverkehr an Bedeutung. Der Verkehr wird als einer der größten Produzenten von CO2 perspektivisch zum größten Problem beim Thema Klimaschutz. Er macht bereits jetzt ein Fünftel des in Deutschland ausgestoßenen Kohlenstoffdioxids aus – Tendenz steigend. LNG kann als umweltfreundlicher und vergleichsweise sauberer Kraftstoff für Lkw nicht nur dazu beitragen, die Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich zu reduzieren, die Lastwagen fahren auch wesentlich leiser als vergleichbare Fahrzeuge mit Dieselmotor. Aus einer dena-Studie geht hervor, dass für den Transport schwerer Güter auf der Straße und über lange Distanzen LNG-Lkw die einzige marktreife Alternative darstellen. Auch eine von Shell veröffentlichte Marktanalyse zeigt das Potenzial von Flüssigerdgas: In einigen chinesischen Metropolen hat der vermehrte Einsatz von LNG zu einer Luftverbesserung geführt.

Gundolf Schweppe

Schweppe, Gundolf
Gundolf Schweppe ist seit Juli 2017 Vertriebschef bei Uniper. Er verfügt über langjährige, umfassende Erfahrungen in der Energiewirtschaft, unter anderem im Bereich des Privatkunden- und Großhandelsvertriebs. Der Volljurist hat an den Universitäten Würzburg und Freiburg sowie im französischen Marseille studiert.

https://www.uniper.energy
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Mai/Juni 2019 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Erdgas, Uniper, Energieeffizienz

Bildquelle: alexyz3d/Fotolia.com

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