[9.4.2024] Das Land Berlin darf das Fernwärmenetz von Vattenfall in der Hauptstadt übernehmen. Dies hat das Bundeskartellamt jetzt genehmigt.
Wie das Bundeskartellamt mitteilt, hat es jetzt die beabsichtigte Übernahme des derzeit von der Vattenfall Wärme Berlin AG betriebenen Fernwärmenetzes in Berlin durch das Land Berlin freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, erläutert: „Fusionskontrollrechtlich ist das Vorhaben nicht zu beanstanden. Der Betreiber eines Fernwärmenetzes ist Monopolist in dem jeweiligen Netz. Die Kundinnen und Kunden können, anders als etwa bei der Strom- oder Gasversorgung, nicht auf einen anderen Versorger ausweichen. Wir sprechen hier auch von ‚gefangenen Kunden‘. An dieser Lage ändert sich durch den Eigentümerwechsel nichts.“
Laut Bundeskartellamt ist eine Verschlechterung der strukturellen Wettbewerbsbedingungen, die mit dem Instrument der Fusionskontrolle verhindert werden könnte, mit einer Netzübernahme im Fernwärmebereich regelmäßig nicht verbunden. Auch mit Blick auf einen weiteren Ausbau der Fernwärme lasse die Übernahme des Fernwärmenetzes durch das Land Berlin keine Verschlechterung der wettbewerblichen Bedingungen erwarten.
Bedeutung der Fernwärme soll zunehmen
Andreas Mundt führt weiter aus: „Im Zuge der angestrebten Wärmewende soll die Bedeutung der Fernwärme deutlich zunehmen. Für die Akzeptanz dieser Entwicklung ist es wichtig, dass der Fernwärmeversorger seine marktbeherrschende Stellung nicht missbraucht unabhängig davon, ob das Fernwärmenetz in öffentlicher oder privater Hand steht. Zudem müssen auch für neue Anbieter faire Chancen bestehen, bei einem etwaigen Neubau von Fernwärmenetzen zum Zuge zu kommen.“
Für die marktbeherrschenden Fernwärmeversorger gilt das kartellrechtliche Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, heißt es vom Bundeskartellamt. Dieses und auch die Landeskartellbehörden haben in der Vergangenheit bereits die Höhe von Fernwärmepreisen überprüft und bei einem festgestellten Missbrauch Preissenkungen durchgesetzt. Aktuell prüfe das Bundeskartellamt im Rahmen mehrerer Musterverfahren, ob Versorger durch die konkrete Ausgestaltung ihrer Preisanpassungsklauseln ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen.
Kartellrechtliches Missbrauchsverbot
Für den Auf- und Ausbau von Fernwärmenetzen seien Versorger in der Regel auf eine Vereinbarung über die Inanspruchnahme öffentlicher Wege für die Verlegung von Leitungen (Wegerechte) angewiesen. Nach ständiger Rechtsprechung verfügten Kommunen als Anbieter dieser unverzichtbaren Vorleistung der Fernwärmeversorgung über eine marktbeherrschende Stellung. Daher sei bei der Gewährung von neuen Wegerechten das kartellrechtliche Missbrauchsverbot zu beachten und ein diskriminierungsfreies Vorgehen zu wählen. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Bevorzugung der eigenen kommunalen oder landeseigenen Fernwärmeversorgung wäre hingegen kartellrechtlich unzulässig.
Das am Anfang des Jahres in Kraft getretene Wärmeplanungsgesetz (WPG) ermögliche ebenfalls keine einseitige Bevorzugung einer kommunalen oder landeseigenen Fernwärmeversorgung. Die im WPG vorgesehene verpflichtende kommunale Wärmeplanung ziele vielmehr ausschließlich darauf ab, diejenigen Gebiete einer Kommune zu identifizieren, die sich für eine Versorgung mit Fernwärme grundsätzlich eignen. Eine Vorfestlegung, welcher konkrete Versorger die entsprechenden Fernwärmenetze errichtet und betreibt, sei hingegen nicht Gegenstand der Wärmeplanung. Das WPG sehe vielmehr ausdrücklich vor, dass im Rahmen der Umsetzung der Wärmeplanung das kartellrechtliche Missbrauchsverbot einzuhalten ist.
(th)
https://www.bundeskartellamt.dehttps://www.berlin.de
Stichwörter:
Rekommunalisierung,
Vattenfall,
Berlin,
Bundeskartellamt