[28.7.2014] Ohne kommunale Ver- und Entsorgungsunternehmen wird der flächendeckende Breitband-Ausbau nicht zu bewerkstelligen sein, da rein gewinnorientierte Anbieter zu viele Gebiete auslassen. Dafür brauchen kommunale Unternehmen aber positive, investitionsfördernde Bedingungen.
Breitband-Verbindungen und moderne Netze sind heute integraler Teil der Stadtentwicklung und ein zentraler Standortfaktor. Sie entscheiden über die Ansiedlung moderner Arbeitsplätze, das wirtschaftliche Wachstum der Regionen und die Lebensqualität. Gerade für den ländlichen Raum ist die Breitband-Anbindung eine, vielleicht sogar die ausschlaggebende Infrastruktur. Bislang wurden jedoch viele ländliche Regionen in den Breitband-Ausbau nicht einbezogen, was sich langfristig nachteilig auf ihre Standortattraktivität auswirken dürfte. Der Aufbau von Glasfasernetzen außerhalb dichtbebauter Siedlungsstrukturen ist für börsen- und renditeorientierte Unternehmen nicht attraktiv: Je dünner Gebiete besiedelt sind, desto höher sind die Kosten pro Hausanschluss. Im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen Unternehmen bringen gerade die kommunalen Unternehmen den Breitband-Ausbau in ländlichen und halbstädtischen Regionen voran.
Kommunikative Daseinsvorsorge
Die Bundesregierung hat den besonderen Bedarf im ländlichen Raum erkannt und im Koalitionsvertrag als kommunikative Daseinsvorsorge bezeichnet. Aufgrund ihrer lokalen Infrastrukturkompetenzen sind gerade kommunale Unternehmen in besonderer Weise für diese Dienstleistung prädestiniert, da sich durch eine Vernetzung ihrer Kernaufgaben, dem Betrieb von Energie-, Wasser- oder Abwassernetzen, im Bereich des Breitband-Ausbaus vielfältige Synergien ergeben. Durch die Nutzung der bestehenden Infrastrukturen wie Leerrohre und Glasfaserleitungen oder die Mitverlegung bei Arbeiten im Netz für andere im Breitband-Ausbau tätige Unternehmen lassen sich beispielsweise beträchtliche Summen an Tiefbaukosten, die den größten Kostenblock im Breitband-Ausbau ausmachen, einsparen. Der Breitband-Ausbau kann darüber hinaus in verschiedenen Sparten der kommunalen Unternehmen Synergien für das Kerngeschäft schaffen. So etwa beim Aufbau intelligenter Elektrizitätsnetze oder dem Einsatz von Smart Metern. Hier ist der Rückgriff auf ein Glasfasernetz vor allem im Hinblick auf die Verlässlichkeit und die Datensicherheit naheliegend. In Kombination mit einer Weitervermarktung zu öffentlichen Telekommunikationszwecken lässt sich auch die Wirtschaftlichkeit des Breitband-Ausbaus steigern; es lassen sich sogar neue Geschäftsfelder für kommunale Unternehmen entwickeln.
Stadtwerke bringen Breitband in die Fläche
Auch im Endkundensegment, sprich öffentliche Telefondienste, Internet- und TV-Dienste, sind kommunale Unternehmen erfolgreich aktiv. Dabei arbeiten neben großen Playern wie dem Anbieter M-net Telekommunikation der Stadtwerke München oder der Firma EWE TEL auch kleine Stadtwerke wie Böblingen und Sindelfingen daran, die weißen Flächen zu erschließen und Breitband in die Fläche zu bringen. Derzeit engagieren sich insgesamt rund 150 von 1.400 VKU-Mitgliedern beim Breitband-Ausbau in der Fläche. Allein bis 2011 investierten diese Unternehmen bereits in 10.000 Kilometer Glasfasernetz, Tendenz steigend: Bis zum Jahr 2015 könnte das Netz insgesamt auf knapp 35.000 Kilometer erweitert werden, was eine Breitband-Versorgung für eine Million Haushalte bedeutet. Dabei erfolgt ein Großteil des Breitband-Ausbaus kommunaler Unternehmen als besonders zukunftssichere und leistungsfähige Glasfaseranbindung bis in die Gebäude (so genannte Fibre to the Home) hinein.
Um diese Anstrengungen weiter zu intensivieren, ist es dringend erforderlich, die kommunalen Unternehmen bei diesem wichtigen Vorhaben stärker zu unterstützen. Der Breitband-Ausbau ist mit immensen Kosten verbunden, die die kommunalen Unternehmen vor Ort häufig nicht alleine stemmen können. Deshalb benötigen sie einen leichteren Zugang zu Fördermitteln und -programmen. Auch müssen Kooperationen zwischen den kommunalen Unternehmen und den Städten, Gemeinden und Kreisen gestärkt werden, denn sie sind Erfolgsmodelle der öffentlichen Aufgabenorganisation.
Breitband-Ausbau im Wettbewerb
Erreicht werden kann der Breitband-Ausbau nur im Wettbewerb und durch eine Anbieter- und Technologievielfalt. Oligopolbildung schadet dem Wettbewerb. Der ungehinderte Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung der Telekom muss erhalten bleiben, da deren Nutzung als Zwischenschritt zu einer flächendeckenden Glasfaserinfrastruktur unabdingbar ist. Aus Sicht des VKU müssen insbesondere die Beiträge der kommunalen Unternehmen zum Breitband-Ausbau auf der politischen Bühne stärkere Beachtung finden. Die Diskussionen im Bundestag und innerhalb der Netzallianz von Bundesminister Alexander Dobrindt müssen in engem Austausch mit dem VKU und seinen Mitgliedsunternehmen erfolgen, um einen flächendeckenden Breitband-Ausbau zu gewährleisten.
Hans-Joachim Reck
Reck, Hans-Joachim
Der Jurist Hans-Joachim Reck ist seit dem 1. September 2007 Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) in Berlin und seit dem 12. Dezember 2011 Präsident des Europäischen Zentralverbands der öffentlichen Arbeitgeber und Unternehmen in Europa (CEEP).
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli/August von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
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Bildquelle: Christian Neßlinger/pixelio/PEAK Agentur für Kommunikation