[13.3.2019] Die baden-württembergische Energiekartellbehörde hat die Stadt Remseck am Neckar verpflichtet, ihre Strom- und Gaskonzessionen neu auszuschreiben. Eine Prüfung hat ergeben, dass bei den Ausschreibungen schwerwiegende Verfahrensfehler gemacht wurden. Sogar gegen das Neutralitätsgebot wurde verstoßen.
Die Landeskartellbehörde für Energie und Wasser Baden-Württemberg (EKartB) hat die Konzessionsvergaben der Stadt Remseck am Neckar für Strom und Gas aus den Jahren 2013 und 2014 beanstandet und die Stadt dazu verpflichtet, das Ausschreibungsverfahren zügig und entsprechend der gesetzlichen Vorgaben zu wiederholen.
Der Hintergrund: Im Jahr 2013 vergab die Kommune die Stromkonzession an einen Zusammenschluss der Stadtwerke Waiblingen und der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim. Diese beiden Unternehmen setzten sich gemeinsam auch im darauffolgenden Jahr bei der Vergabe der Gaskonzession durch. Die Altkonzessionäre (EnBW Regional, heute Netze BW, und Süwag Energie) übergaben den Netzbetrieb jedoch nicht. Dies hatte zur Folge, dass die rund 12.500 Haushaltskunden in Remseck teilweise höhere Netzentgelte bezahlen mussten.
Deshalb leitete die EKartB ein förmliches Kartellverfahren ein und prüfte die Konzessionsverfahren im Detail. Dabei stieß die Behörde auf schwerwiegende Verfahrensfehler, darunter fehlerhafte Bewertungen. Als besonders gravierend wertete die Behörde einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot: Die Stadt ließ sich in den Verfahren von einer großen Wirtschaftsberatungsgesellschaft und einer überregional tätigen Rechtsanwaltskanzlei beraten, die beide miteinander kooperieren. Diese übernahmen die Auswertungen der einzelnen Angebote und bereiteten Bewertungsvorschläge vor, denen der Gemeinderat der Stadt Remseck folgte. Zugleich berieten diese Beratungsgesellschaften aber auch die Stadtwerke Waiblingen und die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim. Damit bestand ein unzulässiger Interessenskonflikt und eine neutrale Durchführung der Vergabeverfahren war nicht mehr gewährleistet, so die Kartellbehörde.
Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen), in dessen Ressort die Behörde angesiedelt ist, wies darauf hin, dass Konzessionsverträge für Strom und Gas in der Regel auf 20 Jahre angelegt sind. „Grobe Verstöße gegen elementare Wettbewerbsregeln darf die staatliche Kartellaufsicht daher auch dann nicht ignorieren, wenn die Behörde erst nach einigen Jahren davon erfährt“, so der Minister. Dies gelte erst recht, wenn die Bürger hierdurch benachteiligt würden und aufgrund der höheren Netzentgelte heute letztlich mehr für Strom und Gas bezahlen müssten, als wenn die Stadt Remseck die Regeln befolgt hätte.
(al)
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