[14.8.2015] Der Bedarf zum Netzausbau lässt sich drastisch reduzieren, wenn die Einspeisung aus erneuerbaren Energien passgenau reduziert wird. Im Kreis Wittmund in Niedersachsen wird das intelligente Einspeise-Management derzeit von Energieversorger EWE erprobt.
Die Stromnetze können ohne teuren Netzausbau deutlich mehr Ökostrom aufnehmen, wenn dessen Einspeisung intelligent gesteuert wird. Zu diesem Ergebnis gelangt eine Studie, die das Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (IAEW) der Technischen Hochschule Aachen im Auftrag des Energiedienstleisters EWE durchgeführt hat. Laut EWE lässt sich die Infrastruktur besser auslasten, wenn Stromnetzbetreiber einen kleinen Teil der Einspeisung aus erneuerbaren Energien passgenau reduzieren. „Wenn wir Wind- und Solaranlagen dort, wo ein Engpass auftritt, gerade so lange und soweit herunter fahren, dass sich die Lage entspannt, müssen wir weniger Anlagen abschalten und können doppelt so viel Ökostrom transportieren, ohne neue Leitungen zu verlegen“, erklärt Ines Kolmsee, Technikvorstand bei EWE. Dieses intelligente Einspeise-Management wird derzeit von EWE im Kreis Wittmund in Niedersachsen erprobt. Ob sich der Ansatz auf andere deutsche Regionen übertragen lässt, hat das IAEW überprüft. Demnach könnten rund drei Viertel der untersuchten Stromverteilnetze ihre Aufnahmekapazität verdoppeln, wenn die Einspeisung je Wind- und Sonnenenergieanlage bedarfsabhängig um maximal fünf Prozent reduziert werde.
Regelung per Fernsteuerung
Auch der Gesetzgeber interessiert sich für das intelligente Einspeise-Management: In seinem Weißbuch zur Energiemarktreform will das Bundeswirtschaftsministerium solche Tempolimits zu Stoßzeiten im Netz ermöglichen. Unklar ist jedoch, wie das Verkehrsleitsystem dafür aussehen soll. Die Aachener Forscher haben verschiedene Methoden verglichen und sehen in intelligenter Mess- und Steuertechnik das größte Potenzial. „Werden Windkraft- und Photovoltaikanlagen präzise nach Bedarf ferngesteuert, bleibt kaum noch Ökostrom ungenutzt“, sagt Kolmsee. Nach den Berechnungen des Instituts IAEW würden solche Verkehrsleitsysteme die Energiewende nicht nur im Mittelspannungsnetz effizienter gestalten. Auch im Ortsnetz, wo die meisten kleinen Anlagen einspeisen, könnten sie unterstützen. Dort liessen sich mit regelbaren Transformatoren, die automatisch auf Schwankungen im Netz reagieren, Engpässe entschärfen. Eine intelligente Steuerung der Ökostrom-Anlagen erlaube es, dieses Potenzial voll auszuschöpfen.
(ma)
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